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Niniel bei Rund um Köln

Text: Niniel

 

<typohead type=3>Prolog</typohead>

 

21. April 2003. 0.24 Uhr.

 

Mit schmerzenden Knochen, Muskeln und sonstigem Körpergewebe liege ich irgendwo in Bochum auf einer Luftmatratze darnieder. Und mit der Erkenntnis, dass Radsportfan ein anstrengender, entkräftender und genialer Job ist...

 

Begonnen hatte alles an einem Tag Anfang April, als Lina mir eröffnete, sie würde zu "Rund um Köln" fahren. Mehr im Scherz fragte ich meinen Bruder Berni, Zivildienstleistender und Radsportdiskussionspartner, ob er zufällig am Ostermontag frei hätte, und ob wir nicht unsere Schwester in Bochum besuchen wollten, um nebenbei zu RuK zu fahren.

 

Keine Ahnung, warum er das erst genommen hat, jedenfalls verkündete er mir einige Zeit später, dass wir eine offizielle Einladung nach Bochum hätten...also fügte ich mich in mein Schicksal und mein erstes Radrennen (seit der Friedensfahrt 1986 oder 87) stand bevor...

 

<typohead type=3>The wild wild west</typohead>

 

Am Ostersonntag 7 Stunden mit dem Zug nach Bochum. Eine schlaflose Nacht.

 

Montag Morgen zu spät aufstehen, trockene Brötchen einpacken, die halbe Strecke nach Leverkusen mit dem Zug schwarz fahren ("Ach, das ist jetzt der nächste Verkehrsverbund? Naja, wir sind ja ausm Osten..."). In Leverkusen auf dem Bahnhof erwartet uns eine Horde Kids: Lina samt Geschwister.

 

Ortsunkundig, wie wir sind, fragten wir uns irgendwie durch, und nach unendlich langer Wanderung durch Leverkusen und ständigen Bemerkungen von Linas Brüdern Rune und Lennart (geh niemals mit Schalke-Fans durch Leverkusen, wenn Leverkusen am Tag vorher gegen Schalke verloren hat...) erreichten wir das, was später der Start sein sollte. Außer einem Ulle-Fanclub war da noch nicht viel los, und wir wollten auch nicht länger verweilen...

 

Mangels Erfahrung fragten wir einfach so nen UCI-Typen, der uns in Richtung Ramada-Hotel schickte. Mir tat inzwischen alles weh, und es war furchtbar warm, und diese Massen von Hobbyradlern mit Coast-Trikot nervten gewaltig...zumal nur die wenigsten jung und gutaussehend waren...

 

Berni stellte indessen diverse Berechnungen auf, dass sich das Hotel ca. 300 Meter vom Bahnhof entfernt befände und wir uns die 3 km durch Leverkusen auch hätten sparen können...

 

<typohead type=3>Franzosen, Flaschen, Frühstück und Flucht</typohead>

 

Auch der Anblick des Telekom-Busses hinter dem Hotel konnte mich nicht trösten. Die Lina-family schon eher, und so plazierten wir uns vor dem Hoteleingang bei einem Blumenkasten. Ich durchlebte meine erste ernsthafte Chick-Krise, fragte mich nach dem Sinn des Chickdaseins und war gedrückter Stimmung. Außerdem hatte ich kein Frühstück gehabt und kaute auf einem trockenen Brötchen herum, während sich die Quicksteps als erste aus dem Hotel wagten. Wadecki hatte anscheinend einen schlechten Tag und grummelte mißmutig vor sich hin.

 

Sinkewitz war gut drauf und die Lina-family kam zu ihren ersten Autogrammen. Während sie die Fahrer mit Stift und Kamera bedrängten, warf ich einen Blick auf Linas Starterliste. Berni tat es mir gleich und erstellte sich seine Liste von beobachtungswürdigen Fahrern.

 

Währenddessen fuhr Tom Steels Runden um unsere "Basisstation Blumenkasten" und Lina und Elena jagten Dennis Kraft um das Hotel ;)

 

Während sich das Interesse der übrigen anwesenden Fans vorwiegend auf Wiesenhof, Telekom und Coast konzentrierte, beschäftigten Berni und ich uns mit JeanDelatours angucken, die lustig labernd und sich einölend neben uns herumtollten.

 

Manch eine(r) von euch kennt vielleicht die Wirkung von französisch sprechenden, männlichen Wesen mit shaved legs auf ein Mädchen wie mich *g*...

 

Nachdem Berni für Lina eine deNardi-Flasche erbettelt hatte, freundete er sich mit den Delatours an. Die freuten sich über Unterhaltung und seinen australischen Cobwoyhut. Ich saß nur kopfschüttelnd und grinsend daneben und folgte ungläubig dieser Szene, wie mein reifer, vernünftiger Bruder beim Ablick von Halgand, Lefèvre, Nazon und Co in Chickgefühle verfällt...

 

Mit der Aufforderung, er solle nach dem Rennen nochmal vorbeikommen, um sich seine Trinkflasche abzuholen, entließen sie ihn...Leider war mit ihm jetzt nicht mehr sonderlich viel anzufangen, und ich lerne: Männer sind auch Chicks... [ Anmerkung der Redaktion: das war schon lange klar, aber endlich spricht es mal wer aus ;) ]

 

Inzwischen machten wir uns über Haselbacher lustig, der mit seinem Rad aus dem Hotel kam, es an einen Blumentopf lehnte und quatschen ging. Als er wiederkam, war sein Rad in sich zusammengefallen und er schimpfte es aus... armes Rad *mitleidhab*

 

Als schließlich Ulle auftauchte, entschlossen wir uns zur Flucht. Während die Coasties noch Mannschaftsphotos oder was auch immer machten, erarbeiteten wir uns einen kleinen Vorsprung, der leider nichts nützte: ein Stück vom Hotel entfernt wurden wir auf dem Fußweg (!) von Radochla und Co überfahren...

 

Naja, bei den Leverkusener Autofahrern würde ich mich ja auch nicht auf die Straße wagen...

 

<typohead type=3>Und in Köln, da rolln die Räder...</typohead>

 

Der Start war relativ uninteressant. Lina versuchte, Domenico Passuello für Stéphie zu fotografieren und ein paar c4f-Members zu finden...leider ergebnislos. Bald brachen wir in Richtung Bahnhof auf, und Berni und ich kauften uns sogar Fahrkarten für die Strecke nach Köln. Endlich wieder sitzen...

 

In Köln angekommen verabschiedeten sich Linas Brüder, um irgendwo was essen zu gehen, und wir 4 Chicks (Lina, Elena, Berni und ich) machten uns auf den Weg zum Ziel, 2 km am Rhein entlang. Das Wetter war wirklich zu gut, und die Menschenmassen erschreckend für mich Landei aus Sachsen ;)

 

Wir kämpften uns durch und ergatterten einen Platz neben dem VIP Bereich, den wir wirklich nicht schlecht gewählt hatten:

 

1. konnten wir in Ruhe unser Osterei essen

2. bekamen wir relativ viel vom Rennen selber mit, dank Ausblick auf die Videoleinwand und Lautsprecher neben den Ohren.

 

Andererseits hat das natürlich auch Nachteile...jede halbe Stunde diesen schrecklichen Oktoberfest-nachts-um-3-Rund-um-Köln-Song in den Schädel gepumpt zu bekommen...

 

Ich kann mir wirklich angenehmere Beschäftigungen vorstellen...zum Beispiel Frischfleisch betrachten....Dank unseres Sitzplatzes hatten wir hervorragende Sicht auf die Youngs, die gerade ihr Rennen beendet hatten und planlos vor uns hin und herliefen. Also lehnten wir uns zurück und vertrieben uns die Zeit mit Kommentaren wie "Nee, der ist zu blaß!", "Hach, der sieht aus wie 12" oder "Wow, da wird noch was draus..." und ähnlichem...

 

Da inzwischen fast das gesamte Elite-Feld ausgestiegen war, konnten wir auch einen geduschten und umgezogenen Hasi beobachten, der -immer noch mit Rad- gebannt auf die Leinwand starrte - ein göttlicher Anblick...

 

Auch Dennis Kraft und Linus Gerdemann räkelten sich auf dem Bürgersteig (danke an Elena für das Photo *knuddel*). Dank Handy fand uns endlich auch Ninchen, die Lina ein Rabo-Kartenset schenkte, und wir verbrachten die nächste Zeit damit, das Freire-Bild zu bewundern (ist aber echt genial...der Blick...goldig...).

 

<typohead type=3>Der Knubbelnasen-Mann</typohead>

 

Während der Ulle-Fanclub immer lauter wurde und wir immer genervter, bewegten sich 2 Gestalten eines mir bis dahin unbekannten Teams durch den VIP-Bereich auch uns zu. Noch immer weiß ich nicht, was es war - Schicksal, oder eine Folge der Hitze, oder was auch immer - jedenfalls starrte ich die beiden verdutzt an, und der eine lächelte zurück. Lina stand neben mir und grinste mich an, und ich meinte nur: "Lina, die Augen..."

 

Zu meinem Entzücken blieben die beiden in der Nähe, und ich drängte Lina, Fotos zu machen (nebenbei lief uns Bodrogi über den Weg...).

 

Während Berni weiter seine Delatours suchte, belegte ich Lina mit Sätzen wie "Kennst du die? Was isn das?" oder "Oh, warum guckt der denn immer so böse...aber die Augen...".

 

Nach einem kurzen Moment der Unachtsamkeit (soweit ich mich erinnere, hatte Elena mich zu einer Gruppe halbnackter Winfix-Männer gerufen) fand ich Lina bei jenem Unbekannten mit den schönen Augen stehen und ein Autogramm für mich holen (mein einziges übrigens, abgesehen von dem, das Lina mir gegeben hat, für die Zeiten, wenn sie Sevilla geheiratet hat - dann kann ich's für viel Geld verkaufen) - daneben ein Manager von dem Team, der Deutsch konnte und uns aufgeklärt hat, mit wem wir es da eigentlich zu tun haben ("Wie heisst er?" - "Tomas Konecny" - "Kannst du mir das aufschreiben..." ... "er hat ne Vuelta Etappe gewonnen, und war da insgesamt 16." - "ach ja, dann kenn ich den" (Lina))

 

Ich war auch sofort eingeschüchtert ;)

 

Nebenbei hab ich auch noch erfahren, dass der andere Halbgott Martin Laciak heißt, und irgendwelche Sachen über nichtvorhandene Websites... Inzwischen hat Ulle das Rennen gewonnen. Berni kam ganz verstört vorbei, weil er von Ulle und den Reportern verfolgt wurde, als er nichtsahnend spazierenging ("Ulle allein wäre ja nicht so schlimm gewesen, aber diese Horde schreiender Fans und übergewichtiger Presseleute...").

 

Lina hoffte, Karsten Migels zu treffen ( wir wissen, warum...).

 

Ich hoffte, Ulle nicht zu treffen und bald nach Hause zu kommen.

 

Wir wurden beide enttäuscht...

 

Schließlich wurden die Massen weniger. Wir warteten auf Berni, aber er kam nicht. Ich bekam langsam Wut, Lina ein bisschen Panik. Irgendwann hab ich sie und Elena zum Bahnhof geschickt und hoffte, Berni würde irgendwann wieder auftauchen. Noch einer halben Stunde entschloss ich mich, zum Bahnhof zu gehen - sollte er doch sehen, wie er heimkommt - immerhin hatte ich die Fahrkarten...

 

So erlebte ich noch wehmütig die Abfahrt des ZVVZ-Busses, und bekam einen Schock, als hinter mir etwas französisch redete, ich mich umdrehte und Marcel Wüst erblickte - jeder, der meinen Wüst-Verfolgungswahn kennt, weiß warum.

 

Außerdem sah ich mich plötzlich von breitschultrigen, schwarz gekleideten Männern umgeben, die sich um einen kleinen hellblauen Fleck schaarten - Ulle.

 

Sie schoben ihn in einen verdunkleten BMW, und ich kam mir vor wie in einer dieser trashigen Autowerbungen...

 

Ich entfloh, so schnell ich konnte, zur Straßenbahn - wo mich mein grinsender Bruder empfing. Ich wusste nicht, ob ich sauer oder froh sein sollte, entschied mich dann aber für letzteres, als er mir erzählte, wie es ihm ergangen war...

 

<typohead type=3>Happy End </typohead>

 

Auf seiner Suche nach den Delatours war er zuerst den Palmans begegnet, die, auf die Aufforderung des Betreuers hin, zu den Coasties stürmten, um sich Autogramme zu holen. Dann traf er Halgand und Nazon wieder, die ratlos herumstanden und ihn fragten, wie sie zu den Duschen kämen. Berni erkundete sich bei den Techems, die allesamt auf der Straße saßen, und erhielt die Antwort "Keine Ahnung. Ich weiß ja nicht mal, wo unser eigener Teamwagen ist. Falls du ihn sehen solltest, schick ihn mal her..."

 

Auf der weiteren Suche traf er dann den Jean-Delatour-Betreuer ("den kleinen mit dem Rucksack") wieder, der ihm den Weg zu den Duschen wies und mit Fanartikeln überhäufte. Naja, nach längerem Aufenthalt bei den Duschen, über den er mir nichts näheres erzählen wollte (...), kam er, mit Delatour-Flaschen und -Beuteln beladen zurück.

 

Wir trafen die Lina-family auf dem Bahnhof wieder, verabschiedeten uns noch einmal, und als ich endlich wieder in Bochum war, bin ich bein Abendbrot fast eingeschlafen...

 

<typohead type=3>Fazit:</typohead>

 

<typolist>

genial, die Lina mal getroffen zu haben

Leverkusen ist wirklich keine Stadt, in der ich mal wohnen möchte

Tomas zu treffen und Fan von ihm zu werden war das beste, was mir

passieren konnte - siehe Klingenthal...man wird belohnt!

für mein erstes Rennen wirklich gut - vor allem, wenn man im Nachhinein den Schmerz vergisst...

ich werde nie vergessen, wie mein genialer, rational und logisch aufgebauter Mathe -Info-Genie-Bruder zu einem Autogramme heischenden Chick mit leuschtenden Augen wird...

</typolist>

 


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