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U23 Bundesliga-Rennen in Gera (12.07.03)

Text: Hanna

Fotos: Lina & Hanna



Das Gesetz der Serie Kapitel 1: Radsportler trifft man immer zuerst auf der Autobahn

Servus, Mapei Bayern-Team!

Meine Kartenleserin Lina und ich hatten es ehrlich gesagt nicht anders erwartet: Kurz vor unserem Tagesziel Gera haben wir einen Teamwagen vor der Nase. Genauer gesagt einen voll besetzten Transporter vom Team Mapei Bayern, in dem sich Besitzer rasierter Waden, Räder und allerlei Rennzubehör stapeln.

 



Das Gesetz der Serie Kapitel 2: Folge keinem Teamwagen

Vor dem Start die Orientierungsfahrt.

Die bereits absolvierten Renntage dieser Saison haben uns schlauer gemacht. Wir klemmen uns nicht vertrauensvoll hinter die Mapeis und verlassen uns darauf, dass sie schon den Startort finden werden. Nicht, dass wir den schnellsten Weg dorthin kennen würden, nein. Aber wenn wir eins gelernt haben, dann, dass man zu neunzig Prozent "Teamwagen folgen" mit "Umweg fahren" gleichsetzen kann.

Kaum verlassen wir die Autobahn, trennen sich unsere Wege: Die Mapeis fahren links, wir rechts. Ich betrachte das als Herausforderung zum Kampf in der Klasse "Orientierung in unbekanntem Gebiet - Heute: Der wilde Osten". Mal schauen, wer zuerst am Start ist.



Das Gesetz der Serie Kapitel 3: Irgendwer ist immer nackt

Wie erwartet sind wir vor den Mapeis am Startort und mein Auto wird auf dem nächstbesten Parkplatz abgestellt. Weil es das Schicksal anscheinend so wollte, stehen neben uns ein paar Jungs vom Wiesenhof-Nachwuchsteam. "Hundertneununddreißig" kennt keine Gnade und zieht sich mitten auf dem Parkplatz ohne Rücksicht auf Verluste, uns oder anwesende Kleinkinder um. Sollen wir ihm Fünf-Euro-Scheine an die Unterwäsche stecken?

Oh, ich hätte es fast vergessen zu erwähnen: Linas und meine Kenntnisse auf dem Gebiet der U23 sind äußerst beschränkt, besonders im Bereich der Fahrererkennung. Daher heißen die meisten Jungs einfach ganz im Sinne ihrer Startnummer "Zwölf", "Achtundvierzig" oder "Hundertdreiundzwanzig". Aber wir arbeiten daran, die deutschen Nachwuchshoffnungen auseinander zu halten. Vielleicht könnte sich der eine oder andere ja ein Namensschild um den Hals hängen. Wäre hilfreich.



Das Gesetz der Serie Kapitel 4: Streckensprecher haben Recht

Pünktlich zum Start werden die anwesenden deutschen Hoffnungsträger vom Streckensprecher mit einem "So, jetzt hört mal alle auf den Onkel Georg" begrüßt. Erste Anweisungen an die rasierten Waden tönen aus dem Lautsprecher: "Jungs, immer schön rechts fahren, die Straße ist nicht wie bei der Tour de France komplett abgesperrt, ihr müsst ab und zu mal mit Gegenverkehr rechnen". Urgs. Ob das gut geht?

Bei dem Versuch, eine ordentliche Startaufstellung zu bilden, bricht in den vorderen Reihen großes Drängeln aus, da möglichst jeder in der ersten Reihe stehen will. Habe ich was verpasst, sind wir hier beim Cross? "Onkel Georg" ist jedenfalls ein bisschen mucksch. Zusätzlich fällt ihm noch auf: "Oh, Jungs, ihr müsst alle zwei Meter zurück, sonst können wir die Zeit nicht nehmen".

So richtig rückwärts bewegen will sich keiner und "Onkel Georg" schimpft: "Meine Herren, es kann doch nicht so schwer sein, mal zwei Meter zurückzugehen?! Ihr habt noch 150 Kilometer Zeit, um in der ersten Reihe zu fahren..... also, wenn ihr euch nicht bewegt, können wir das Rennen nicht starten".

Mapei Bayern´s "Neunundachtzig" quiekt "Dann kann ich ja gar nicht gewinnen!" und lässt mich aufgrund der hohen Tonlage seines Quiekens daran zweifeln, ob ich tatsächlich bei der U23 und nicht doch bei der U13 gelandet bin.

Ein paar Minuten nach der Belehrung durch "Onkel Georg" hat sich das gesamte Fahrerfeld rund einen Meter zurückgerüttelt und das Peloton wird auf einen Rundkurs geschickt, der insgesamt zehnmal zu fahren ist. 

 



Das Gesetz der Serie Kapitel 5: Radsportler haben eine Rechts-Links-Koordinationsschwäche

Lina vertilgt gerade eine Thüringer Bratwurst, da hat das Feld, angeführt vom Teag Team Köstritzer, die erste Runde zurückgelegt.

"Onkel Georg" ist mit seinen Einweisungen am Start anscheinend auf taube Ohren gestoßen, denn das Feld fährt breit über die Straße gefächert größtenteils links. Wie war das noch mit dem Gegenverkehr?

Nachdem Lina sich ausreichend gestärkt hat, machen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Plätzchen zum Fotografieren. In einer Steigung schlagen wir unsere Zelte auf (bitte nicht wörtlich nehmen, wir haben nicht am Straßenrand gecampt) und erwarten die dritte Vorbeifahrt des Feldes. Dieses wird gerade von "Sechsundachzig" zerpflückt.

 



Das Gesetz der Serie Kapitel 6: Ein guter Beobachtungsplatz ist schon die halbe Miete

Der exklusive Blick von "unserer" Brücke.

Bis zur vierten Vorbeifahrt des Feldes haben wir rund eine Viertelstunde Zeit, die nähere Umgebung auszukundschaften. Wir verlagern unseren Standpunkt auf eine Autobahnbrücke, die wegen einer Baustelle komplett abgesperrt ist und direkt über die Strecke führt. Querfeldein kraxeln wir auf die Brücke hinauf, stellen fest, dass es zwei Meter weiter einen Weg gegeben hätte, und sind bereit, das restliche Rennen von oben zu betrachten.

Als die Radler unter "unserer" Brücke hindurchhuschen findet sich spontan eine Parallele zwischen U23-Bundesliga und Fußball-Bundesliga: Fahrer und Trainer haben auch bei großer Anstrengung noch genug Luft, sich gegenseitig anzufluchen.

Kaum haben Lina und ich uns häuslich auf der Brücke eingerichtet, klebt uns ein Kamerateam an der Backe. Das wollte seinen Bericht durch ein paar Bildchen von uns verschönern/verschandeln (darf sich jetzt jeder aussuchen). Wir sind zickig und scheuchen die beiden Jungs von dannen.



Das Gesetz der Serie Kapitel 7: Immer die Gleichen auf dem Podium

Kurz vor Rennende verlassen wir schweren Herzens unsere liebgewonnene Autobahnbrücke und wenden uns den dröhnenden Mallorca-Hits am Ziel zu.

Einige U23-ler sind schon ausgestiegen und einer wird von seiner mitgereisten Mami mit Klappstuhl und Essen aus der XXL-Tupperdose versorgt. Nachdem Mami drei Mal "Brauchst du noch was?" gefragt hat, wendet sie sich wieder ihrem Gartenmagazin und dem Artikel "trendige Schattenspender" zu.

Das Rennen selbst endet mit einem Doppelsieg für das Team Vermac Sportswear: Robert Retschke gewinnt vor seinem Kollegen Stefan Lockan.  Platz drei sichert sich André Greipel. Der ist gleichzeitig auch noch amtierender deutscher Meister im Köstritzer-Kampftrinken (wer bei der Thüringen-Rundfahrt war, weiss, was ich meine).

Bevor die drei Erstplatzierten aufs Podium klettern dürfen, wird der aktivste Fahrer des Tages geehrt: Nummer "Sechsundachzig", formally known as Sven Krauß. Er zeigt allerdings keine sonderlich große Aktivität, seinen Hintern zum Podium zu bewegen. "Onkel Georg" muss zehn Minuten lang monoton "Sven Krauss bitte zur Siegerehrung, wir würden gerne mal anfangen...." in sein Mikrofon säuseln, bevor irgendwo am Horizont ein Hofbräu-Radler auftaucht. Bis dahin ist Lina schon fast auf einem Bordstein sitzend eingenickt und nach vorne übergekippt.

Natürlich werden auch bei der U23 Blümchen, Küsschen und feuchte Händedrücke an alle verteilt, die aufs Podium klettern dürfen. Leider aber nur Bier in Fässern und nicht in Gläsern, die man sofort leeren kann. Ich denke, das war schon ein schwerer Moment für André Greipel.

The winner takes it all: Robert Retschke (Mitte) gewinnt vor Teamkollegen Stefan Lockan (l.) und André Greipel.


Das Gesetz der Serie Kapitel 8: Die besten Käsebrötchen gibt´s halt doch in den Niederlanden

Zum Schluß noch ein Wort an meine Mitstreiterinnen im C4F-forumseigenen "Praktiker-Thread": Mädels, für den deutschen Käsebrötchen-Nachwuchs sehe ich, bis auf ein, zwei Ausnahmen, schwarz. Traurig aber wahr. Da müssen wir uns wohl international orientieren... .

 

Mehr Fotos vom U23-Bundesligarennen in Gera gibt´s auf

www.peloton-pictures.com


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