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Fredy Budzinski

 

 


Portrait

Seine Erfolge als Radfahrer rechtfertigen kaum eine Erwähnung Fredy Budzinskis. Schon eher seine Versuche als Schrittmacher, hier konnte er etlichen Radgrößen dienen. Dennoch ist sein Name wie kaum ein anderer mit dem frühen deutschen Radsport verbunden. Als engagierter Journalist der Rad-Welt wurde er bald zur Institution. 

 

Holprig begann die schulische Laufbahn des jungen Fredy. Die Schule nahm ihn erst auf, nachdem er getauft wurde. Offenbar hatte er schon früh seine Lust am Dichten und Fabulieren entdeckt, verschonte auch nicht die Lehrer mit "humoristischen Andichtungen", was nicht unbedingt zu seinen Gunsten ausgelegt wurde. Insgesamt war seine Schulzeit nicht sehr von Erfolg gekrönt. Mit 16 Jahren verließ der junge Mann die "Stätte seiner Niederlagen" und ließ sich zum Kaufmann ausbilden.

 

1896 begann er als Amateur mit dem Radfahren. "Am 1. Januar 1901 verliess ich meine kaufmännische Stellung und wurde Berufsfahrer; dass nicht viel zu holen war, dachte ich mir. Mein grösster Tag als Professional war der 28. Mai 1901, als ich mit Rütt, Schilling, Heller und Kudela in den Endlauf des Hauptfahrens kam. Ich kam 1 1/2 Runden vor Schilling als Vierter ein. Schilling hatte Reifenschaden, dafür konnte ich aber nichts. Nun wurde ich Schrittmacher. Ich fuhr 1901 für viele bekannte Rennfahrer, u.a. auch für Görnemann. Der größte Triumph für mich war das 24 Stunden-Rennen, in welchem ich Josef Fischer auf den zweiten Platz brachte. Wenn er schlapp werden wollte, erzählte ich einen faulen Witz und er war wieder frisch."

 



"Für ihre hervorragende Tätigkeit"
Zürich 10. November 1907

Im Oktober 1901 wurde er Mitarbeiter des Verlags der "Rad-Welt". Er fuhr weiter als Amateur Radrennen, widmete sich aber immer intensiver seiner journalistischen und schriftstellerischen Tätigkeit. 1905 schreibt er zufrieden: "Die Wünsche meiner Jugend sind, unberufen, glänzend in Erfüllung gegangen, und ob mein ehemaliger Religionslehrer, weil ich in der Religion sehr schwach war, mit dem Ausspruch Recht hatte: "Du bist einer der unbegabtesten Schüler", überlasse ich meine Freunden zum Urteil."

 

Fredy Budzinski gilt als de Vater der Sechstagerennen in Deutschland. Als die ersten Meldungen aus den USA über diese Rennen in Berlin eintrafen, äußerte er sich noch sehr negativ über dieses Spektakel. Das änderte sich nach einem ausführlichen Gespräch mit Walther Rütt, der bereits1907 in New York teilgenommen hatte. 1909 organisierte Budzinski die ersten deutschen Sixdays und blieb bis an sein Lebensende ein Fan dieser Veranstaltungen.

 

"Der große Budzinski" wurde er später genannt oder auch als "hervorragendster Radsportfachmann der Welt" bezeichnet. Als Chefredakteur der Radsportzeitung "Rad-Welt", die zeitweise eine Auflage von über 100 000 Exemplaren täglich hatte, galt er als Autorität, als Ansprechpartner in schwierigen Fragen auch und gerade für die Rennfahrer. Er ist Autor zahlloser Radsportfachbücher und Rennfahrerbiographien. Die heute noch gültige Punktewertung bei Sechstagerennen geht auf ihn zurück.

 



Direktor Wilke (Treptow) und Fredy Budzinski auf einem Kamelritt von Gizeh nach Sakhara (1908 ?)

Fredy Budzinsky, der mit einer jüdischen Frau verheiratet war, verlor zwar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten alle Ämter, konnte aber durch die Fürsprache des Sportfunktionärs Carl Diehm als Redakteur bei der Zeitschrift 'Der deutsche Radrennfahrer' und bei den Olympischen Spiele in Berlin 1936 als Pressechef arbeiten. Nach dem 2. Weltkrieg war er in Berlin für die Zeitschrift Horizont tätig und schrieb noch bis ins hohe Alter für verschiedene Tageszeitungen wie den Tagesspiegel, die Berliner Morgenpost, den Sport-Kurier und die Frankfurter Rundschau.

 

Bereits 1945 hatte Budzinski das erste Profi-Straßenrennen organisiert. Die Sowjetische Militärverwaltung beauftragte ihn mit der Reorganisation des Berufsradsports (Amateurrennen blieben weiterhin verboten). Dies gestaltete sich jedoch sehr schwierig. Streitigkeiten waren an der Tagesordnung und die eingeschlossene Lage Berlins verhinderte wohl eine Integration in die bundesweite Entwicklung.



Mit Vorliebe ließ sich der rüstige "Vater der Sixdays" auf seinem Hometrainer ablichten und dichtete dazu:

Mutig auf bltzblankem Rennrad
Stürmt ich als Junior hinaus
Steil auf dem Wohnzimmer-Velo
Fahr' ich als Senior im Haus!

(R. Franz)

Der ältere Herr mit dem unschätzbaren Wissen und den immensen Erinnerungen hatte jedoch einen schweren Stand. Die Pfründe wollten neu verteilt sein, zudem war politisches Geschick verlangt, da passte der 70 Jährige nicht mehr gut in die Gegebenheiten.

Fredy Budzinski war es immer wichtig, nicht nur als Journalist sondern auch als Schriftsteller gewürdigt zu werden. Er blieb bis in das hohe Alter von 90 Jahren geistig und körperlich aktiv und überlebte die meisten seiner Radsportfreunde aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts.

 

 

Quellen:

Sport-Album der Radwelt, 3. Jahrgang, 1905

W. Gronen/W. Lemke, Geschichte des Radsports, 1987

Ralf Schröder, Lexikon Radsport, 2005

Renate Franz, Fredy Budzinski, 2007

 

 

&copy Cycling4fans

März 2005, 2007



Interessante Links und Artikel

cycling4fans:

F. Budzinski:

Das erste Berliner Sechstagerennen 1909

Kniffe und Schliche unserer Schrittmacher

Kniffe und Schliche der Straßenfahrer

 

>>> C4F-Buchbesprechung:

Renate Franz:

Fredy Budzinsky, Radsport-Journalist, Sammler, Chronist

Schriftenreihe der Zentralbibliothek der Sportwissenschaften der Deutschen Sporthochschule Köln

Sportverlag Strauß, 2007

 


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