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Vittorio Adorni

 

 


Portrait

Spät, schon 19 Jahre alt, begann der 1.82 cm große und 76 kg schwere Vittorio Adorni seine sportliche Laufbahn als Amateurfahrer. Schnell entwickelte er sich zu einem excellenten Allroundfahrer, ob auf der Bahn, gegen die Uhr oder im Gebirge, überall konnte er gut mithalten, lediglich Sprintentscheidungen mußte er meiden. Seine Karriere als Bahnfahrer beendete er allerdings recht schnell, nachdem er für die olympischen Spiele 1960 in Rom (obwohl italienischer Meister in der Einzelverfolgung) nur als Ersatzfahrer nominiert wurde, das war dem ehrgeizigen Adorni eindeutig zu wenig. Unter der Anleitung von Loarco Guerra, Weltmeister von 1931, entwickelte er sich zu einem erfolgreichen und ambitionierten Berufsfahrer auf der Straße, der es genoss, neben seinen einstigen Idolen Anquetil, van Steenbergen und Gaul auf Italiens Straßen zu pedalieren. 1963 wurde er bereits zweiter beim Giro und gewann 2 Etappen. 1965 distanzierte er am Ende nach 4151 km Felice Gimondi und Italo Zilioli mit mehr als 11 Minuten und nahm noch 3 Etappensiege, einen errungen beim 50 km Zeitfahren, mit nachhause. Zwar waren die Giros damals überwiegend eine italienische Angelegenheit, da international die Tour de France ein weit höheres Ansehen genoss, aber im Gegenzug war das Engagement italienischer Teams bei der TdF auch eher gering, da die italienischen Sponsoren kein Interesse für Frankreich zeigten. Adorni fuhr zwar die TdF, konnte dabei aber nicht sonderlich glänzen, sein bestes Ergebnis war der 10. Rang 1964.

 

Adorni war ein Meister der Taktik. Genauestens widmete er sich seiner Vorbereitung und Verpflegung und studierte ebenso das Verhalten seine Gegner, was und wieviel sie aßen, wie und womit sie fuhren, wie sie aussahen. Und er war ein Meister der Täuschung, ein heutiger Großer der Szene hätte wahrscheinlich seine Freunde daran. So entledigte er sich 1961 bei der Belgien-Rundfahrt trotz eisiger Kälte eines Großteils seiner Kleidung um seinen Gegnern zu demonstrieren, dass ihm die Kälte absolut nichts ausmachte. Er gewann die Etappe und damit auch die Rundfahrt. Für ihn war das Bluff, purer Bluff. Ebenso berechnend verhielt er sich bei der Weltmeisterschaft 1968 in Imola: "Diese WM war von der Taktik her etwas ganz Besonderes. Ich hatte die Strecke in den Wochen vor dem großen Start immer wieder studiert. Mir war klar, dass ich - sollte ich in einer Gruppe mit Merckx oder Gimondi ins Finale kommen - im Sprint kaum Chancen hatte. Deshalb trainierte ich in den Wochen zuvor wie ein Besessener. Doch in den Rennen, die ich damals fuhr, blieb ich stets im Peloton hängen. Ich fuhr bewußt keinen Angriff und auch keine Plazierung unter den Besten. Die Konkurrenz sollte den Eindruck bekommen, dass ich total außer Form sei. Als die WM gestartet wurde, nahm ich mir vor bei einer frühen Attacke mitzuziehen. Die Gegner sollten ruhig glauben, dass ich das nie durchhalten würde." Er hat es geschafft, früh ging er mit den Favoriten und 90 km vor dem Ziel konnte er sich entscheidend absetzen. Mit fast 10 Minuten Vorsprung auf Hermann Vanspringel siegte er, Merckx und Van Looy waren weit abgeschlagen in einer WM, bei der von 85 Fahrern nur 19 ins Ziel kamen. Vielleicht verhinderte auch sein damaliger Nebenberuf als Showmaster eine richtige Einschätzung seiner Form durch seine Radler-.Kollegen. Er präsentierte damals von Mai bis September jeden Dienstagabend eine Sport- und Unterhaltungsshow und wer dachte schon, dass beides zusammen ging.

 

Der ruhige und bescheidene Adorni war nicht der Topstar, aber er wußte sich bestens zu verkaufen, seine Einstellung ist mit folgendem Zitat gut beschrieben: "Eigentlich ist es nicht wichtig, wie viele Erfolge man pro Saison erzielt, um seinen Marktwert hoch zu halten. Vielmehr sind es die großen Siege, die zählen. Und so gewann ich jedes Jahr mindestens ein bedeutendes Rennen." Gelegentliche Fahrten auf eigene Rechnung waren also möglich, ansonsten setzte er seine Kräfte für andere ein, als klassischer Edeldomestike. Er verhalf Felice Gimondi zu einigen großen Erfolgen und auch Eddy Merckx profitierte von seiner Unterstützung als er 1968 den Giro gewann - vor Adorni und Gimondi. Angeblich mußte sich Vittorio aber von den Tifosi deswegen viele Missfallensbekundungen anhören. 1968 war Adornis erfolgreichstes Jahr, so gewann er noch den G.P. San Prospero, den Semi-Klassiker Sassari-Cagliari, den G.P. Baden-Baden und wurde 5. bei der Vuelta. Der Volllständigkeit halber: Auch ihm konnte man Doping nachweisen, weshalb er im Frühjahr 1967 für einen Monat gesperrt wurde.

 

Adorni ist seit 1964 verheiratet und hat zwei Kinder, Viviana und Vanni. Nach Beendigung seiner Sportlerlaufbahn wurde er Sportdirektor und gewann mit seinen Fahrern Morino Basso und Felice Gimondi die WM 1972 und 1973. Ab 1974 kümmerte er sich um Sponsoren für verschiedene Sportveranstaltungen, u. a. für den Ski-Weltcup, die Olympischen Winterspiele in Innsbruck 1976 und die Olympischen Sommerspiele in Montreal 1976. Zudem war er zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Italienischen Radsportverbandes. Er arbeitete als Journalist für Zeitungen und das italienische Fernsehen. Seit 1976 hat er ein Versicherungsbüro.

Später war er Mitglied des Executiv-Komitees der UCI und Vorsitzender des Rates des Profi-Radsports bei der UCI, zudem Mitglied der IOC-Kommission für Kultur und Bildung.

 

Quellen:

Die großen Radsportstars, Walter Rottiers, München 1991

Munzinger-Archiv, UCI, IOC

Beroepsrenners, Deel 1, Rob Keuss

 

von Maki


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