Mit der Zunahme der Strassenrennen vergrößerte sich auch das Heer der Rennfahrer. Vom Neuling angefangen bis hinauf zum Fahrer von Namen suchte plötzlich alles sein Heil am Wegesrande, und überall fanden sich Vereine bereit, den Helden von der Landstraße und denen, die es werden wollten, Gelegenheit zur Betätigung zu geben. Der Industrie war das Wiedererwachen des Strassenrennsports sehr willkommen, und in der Freude ihres Herzens opferte sie den Veranstaltungen gern einen Teil ihres Reklamefonds. Diese Freigebigkeit der Industrie wurde aber schlecht belohnt, weil sich nicht nur unter den Rennfahrern, sondern auch unter den Veranstaltern Elemente befanden, denen der Profit über den Sport ging und die mit der Parole: „Der Zweck heiligt die Mittel“, über das Schlachtfeld stürmten.
Die unlauteren Elemente unter den Rennfahrern legten den Wahlspruch: „Rennen ist Krieg“ auf ihre Art aus und glaubten sich berechtigt, mit List gegen ihre Widersacher vorgehen zu dürfen. So wie Not erfinderisch macht, macht auch die Sorge um den Sieg erfinderisch, und bei der zusammengewürfelten Gesellschaft, die in der ersten Zeit der Wiedergeburt unserer Straßenrennen im Trüben zu fischen versuchte, lag die Gefahr eines „corriger la fortune“ recht nahe. Unter dem Schutze der Nacht oder in der Einsamkeit wurde der Kriegsplan ausgeführt und neben der List wandten die „Straßenräuber“ Mittel an, die in das vom Staatsanwalt regierte Gebiet hinübergriffen. Durch diese Wahrnehmungen sah sich die „Rad-Welt“ gezwungen, eine Kriegserklärung an alle diejenigen zu erlassen, die den Erfolg durch unerlaubte Mittel an ihre Fahne heften wollten, und schon nach kurzer Zeit kapitulierten die Piraten des Straßensports, weil sie in den Schriftleitern der „Rad-Welt“ unerbittliche Gegner fanden und die Leser dieses Blattes nicht müde wurden, Beweismaterial für die Uebergriffe und Anschläge auf die ehrlich denkenden Fahrer herbeizuschaffen.
Am schnellsten wurde den wilden Rennveranstaltern der Garaus gemacht. Der Deutsche Radfahrer-Bund, die Allgemeine Radfahrer-Union und der Sächsische Radfahrer-Bund kamen bald hinter die Kniffe und Schliche der „Straßenräuber“, und die Industrie wurde von der Leitung der „Rad-Welt“ über die Ereignisse auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs in Strassenrennen stets auf dem Laufenden erhalten. Als den Herren „Rennveranstaltern“ die Quelle verstopft worden war, hörte der Rennschwindel auf, aber unter dem Deckmantel einer Ortsgruppe der Vereinigung deutscher Straßenfahrer versuchten die Totgeglaubten noch einmal ihr Heil. Die zu schnell gross gewordene V.D.S. konnte ihren Betrieb nicht in wünschenswerter Weise übersehen und in verschiedenen Ortsgruppen erschien der Rennschwindel in neuer Auflage. Von irgend einem Fabrikprämien lüsternen Rennfahrer wurde eine „V.D.S. Ortsgruppe X.Y.“ gezeichnete Ausschreibung erlassen, jede unbequeme Meldung wurde zurückgewiesen und am Renntage trat der „Veranstalter“ mit einer Reihe Fahrer zum Start an, für die man eine neue Klasse schaffen musste, weil die Buchstaben des Alphabets zu ihrer Klassifizierung nicht ausreichten. Der mit dem Rennveranstalter identische „Favorit“ siegte natürlich in dieser „Konkurrenz“, telegraphierte an die Fabrik und erhielt seine „Siegesprämie“.