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Française des Jeux - das Tour-Team 2009

von chreezer



Française des Jeux – die beliebteste Tour-Mannschaft der französischen Bevölkerung. So sagen es Umfragen. Nicht überraschend also, dass der Sponsor trotz nicht übermäßiger Erfolge dem Team weiterhin die Stange hält. Es kann sich durchaus bewähren einen, soweit man das beurteilen kann, halbwegs sauberen Ansatz im Profiradsport zu wählen. Wunderdinge erwartet keiner bei der Tour de France, aber der eine Etappensieg, der muss her! Oft gelingt es ihnen aber nicht, zuletzt Casar 2007. Davor muss man auch schon bis ins Jahr 2003 zurück gehen, als die Australier McGee und Cooke für das damals noch FDJeux.com genannte Team gleich zwei Etappen holten. Wer soll 2009 das Saisonziel Nr.1 erfüllen? Diese Frage ließ Marc Madiot lange offen, erst unmittelbar vor und nach den nationalen Meisterschaften sind die Entscheidungen gefallen.

 

Wer von den aussichtsreichen Kandidaten hat es wider Erwarten nicht in den Tour-Kader geschafft? Da wären zum Beispiel die beiden Zweitjahresprofis Anthony Roux und Yoann Offredo, beide mit ihrem ersten Profisieg in diesem Jahr. Aber beide haben noch keine einzige GT in den Beinen, da wäre die Tour wirklich zu früh gekommen. Ebenfalls keine Berücksichtigung fand Mathieu Ladagnous, der, man denke an die Etappe nach Compiègne, vor zwei Jahren ein ansehnliches Tour-Debüt hingelegt hat. Sein Frühjahr war gut, der unmittelbaren Tourvorbereitung hat aber der letzte Kick gefehlt. Und sowieso hat im Vorfeld der Grand Boucle mehr denn je das Dreschen der „Es können nur neun Mann starten“-Phrase seine Berechtigung. Die zwei prominentesten Nichtberücksichtungen sind aber sicherlich Sébastien Chavanel und Remy di Gregorio.

 

Der kleine Chavanel ist zwar seit jeher Feind jeder Brücke, aber für ein paar gute Top10-Platzierungen war er dann doch immer gut. Aber diese Saison fehlte im Vorfeld schlichtweg der entsprechende Leistungsnachweis. Zum Vergleich: Chavanel hat keinen Saisonsieg, sein direkter Konkurrent um den Platz als Tour-Sprinter, Yauheni Hutarovich, hat derer schon Fünf.

 

Di Gregorio hat den Kampf um den letzten Platz im Team knapp gegen Jérémy Roy verloren. Viele hätten ihn gern gesehen und es hätte sicher genauso gut auch andersherum ausgehen können, denn Di Gregorios Frühjahr war keineswegs schlecht und seine Form zuletzt auch ordentlich (Fünfter bei der Route du Sud). Eine gute Show in den Bergen wäre mit ihm fast sicher gewesen, aber er hat nicht den prestigeträchtigen Erfolg auf seiner Habenseite den Roy in diesem Jahr bei Paris-Nizza landen konnte. Die Teamleitung wird die Chancen auf den so wichtigen Etappenerfolg bei ihm einfach als geringer eingeschätzt haben als bei seinem Konkurrenten.

 

Die begehrten Startplätze haben sich diese neun Mann gesichert:

 



• Sandy Casar (FRA), 30 Jahre, Achte Teilnahme

• Jérôme Coppel (FRA), 22 Jahre, Erste Teilnahme

• Anthony Geslin (FRA), 29 Jahre, Fünfte Teilnahme

• Sébastien Joly (FRA), 30 Jahre, Vierte Teilnahme

• Yauheni Hutarovitch (BLR), 25 Jahre, Erste Teilnahme

• Christophe Le Mével (FRA), 28 Jahre, Vierte Teilnahme

• Jérémy Roy (FRA), 26 Jahre, Zweite Teilnahme

• Benoît Vaugrenard (FRA), 27 Jahre, Vierte Teilnahme

• Jussi Veikkanen (FIN), 28 Jahre, Erste Teilnahme

 



Der Kapitän

Sandy Casar

Sandy Casar ist der unumstrittene Kapitän des Teams. Die Rolle kommt natürlich nicht von hier auf jetzt, sondern er hat sie schon seit Jahren inne und für das Team wichtige Erfolge eingefahren. Zum Beispiel 2006 als Gesamt-Sechster beim Giro d’Italia, 2007 mit seinen Tour-Etappensieg nach Angoulême und nicht zuletzt sein 13.Gesamtplatz im Vorjahr (und damit bester Franzose!).

Nun bestreitet er seine achte Tour in Folge. Sein Frühjahr lief diskret, aber zufriedenstellend (13.Paris-Nizza, 12.Baskenland), Verletzungen blieben aus und der 20.Platz bei der Tour de Suisse deutet darauf hin, dass Form vorhanden ist. Casar kann eigentlich alles auf hohem, aber nicht Weltspitze-Niveau – also auch sprinten aus kleinen Gruppen, die Radsporthochburg Luxemburg wird es wissen (Tour de Suisse 2003). Deswegen wird primär der Fokus auf einem Etappensieg liegen. Wenn der Rennverlauf es ergibt, wird er die Top20 im Gesamtklassement aber auch nicht herschenken.

 



Der Co-Kapitän

Ischiasnerv, Schlüsselbein - Christophe Le Mével war in seiner bisherigen Karriere nicht immer von Glück übersät. Aber den Teamwechsel von Crédit Agricole zu Française des Jeux kann man schon jetzt als Glücksfall bezeichnen. Während er im letzten Jahr noch oft die zweite Geige spielte, hat er diese Saison bei den Rundfahrten meist die Kapitänsrolle inne. Zehnter bei Paris-Nizza, Zwölfter in Katalonien und Zehnter bei der Dauphiné – rein zahlenmäßig ist er sogar der derzeit beste Klassement-Fahrer seines Teams.

Deshalb kann er auch bei der Tour de France mit Unterstützung des Teams rechnen. Trotzdem ist ein Platz unter den Top20 sicher das höchste der Gefühle.

 



Der Sprinter

Mit Yauheni Hutarovich hat das Team vor zwei Jahren einen sehr beständigen Sprinter akquiriert und da Chavanel diese Saison noch nicht richtig Fahrt aufgenommen hat, ist er derzeit klar die teaminterne Nummer Eins bei Massenankünften. Für den weißrussischen Meister wird die Tour de France die erste GT überhaupt und man darf gespannt sein, wie er sich zwischen den Starsprintern behaupten kann. Bisher glänzte er vornehmlich bei den kleineren Rundfahrten und ob er die Tour überhaupt zu Ende fahren kann, muss zumindest angezweifelt werden.

Aber für den Sponsor dürfte es sich seine Nominierung allemal rechnen, wenn der Name „Française des Jeux“ hin und wieder in den Top10 nach der Etappe auftaucht - und sei es nur in der ersten Woche. Und dazu dürfte Hutarovich das Potential allemal haben.

 



Helfer und Ausreißer, Domestiquen und Baroudeure

Anthony Geslins Tour-Teilnahme wird schon zu Jahresbeginn keiner ernsthaft bezweifelt haben. Vielleicht hat er sich die auch im Vertrag garantieren lassen, denn der Frust über die letztjährige Nicht-Nominierung bei Bouygues Telecom war so groß, dass er gleich mal das Team gewechselt hat. Geslin ist einer der besten Klassikerfahrer Frankreichs und hätte dort durchaus Potential für den ganz großen Wurf. Dieses Jahr hat es immerhin für den Pfeil von Brabant gereicht. Der WM-Dritte von Madrid ist somit der idealste Ausreißer (in einem Team von idealen Ausreißern) und wird auch in den Massensprints, entweder als Helfer für Hutarovich oder auf eigene Kappe, zu beachten sein.

 



Jérôme Coppel

Für das erste weiße Trikot nach dem Prolog in Monaco spricht alle Welt von Tony Martin, aber warum nicht Jérôme Coppel? Okay, wir sind nicht mehr in der U23, wo er ihn im Zeitfahren meistens noch beherrscht hat, und in dieser Saison blieb der ausgewiesene Spezialist eine Empfehlung in seiner Paradedisziplin in dieser Saison noch schuldig. Dafür konnte Coppel bei der Route Adélie de Vitré seinen ersten Profierfolg feiern, was ihm wohl letztendlich auch das Tourticket gesichert haben dürfte. In ein paar Jahren könnte er vielleicht mal auf Klassement fahren, da er auch recht bergfest ist. Für diese Tour heißt es aber nur: Erfahrungen sammeln, durchkommen und das Team im Mannschaftszeitfahren vor der Blamage bewahren.

 

Etwas mehr als ein Jahr hat Sébastien Joly gebraucht um nach seiner Krebs-Erkrankung wieder an sein altes Leistungsniveau anzuknüpfen. Jetzt hat er es wieder erreicht und wird folgerichtig mit der Tour-Teilnahme belohnt. Als einer der Fahrer mit der größten Erfahrung im Team, wird er eine wichtige Stütze für alle sein und natürlich auch selbst sein Heil in der Flucht suchen.

 

Benoît Vaugrenard, mittlerweile schon fast Weltspitze bei den Ardennenklassikern (u.a. Achter bei Lüttich-Bastogne-Lüttich), war zuletzt nicht in der ganz großen Form. Wenn er diese haben würde, könnte er eine gute Platzierung beim Prolog raus fahren und dann in einer eventuellen Spitzengruppe die eventuell durchkommt eventuell das Gelbe Trikot bekommen. Also Fazit: Eventuell doch eher helfen und in der zweiten, dritten Woche ausreißen.

 

Jussi „Ich hatte ihn vor der Attacke gefragt, wie viel er hinten liegt. Er sagte mir ‚zehn Minuten’, so dass wir die Gruppe mit ihm schließlich haben ziehen lassen.“ Veikkanen kann sich bei der Tour auf ein Wiedersehen mit seinem besten Kumpel Linus freuen. Sein Tour-Ticket hat er natürlich nicht nur diesem Umstand zu verdanken (oder plant Française des Jeux ins deutsche Lotteriegeschäft einzusteigen?), sondern vielmehr seiner auffälligen Fahrweise beim letztjährigen Giro d’Italia sowie seinen exzellenten Resultaten im Frühjahr (Mittelmeer-Rundfahrt, Tour Down Under). Auf hügeligen Etappen zu beachten.

 

Neunter Mann im Boot ist wie eingangs erwähnt Jérémy Roy. Er hat nicht viele Resultate auf seiner Seite, aber die wenigen haben es in sich. Vor allem der so wichtige Erfolg bei Paris-Nizza und ein zweiter Etappenplatz bei seiner Premieren-Tour im Vorjahr. Seine Form bei der Tour de Suisse war ansprechend und bei der nationalen Meisterschaft hat er sich fürs Team aufgeopfert. Ähnliches wird auch hier sein täglich Brot sein, wenn er sich nicht gerade für sich selbst in einer Spitzengruppe aufopfert.

 



Benoît Vaugrenard
Jussi Veikkanen


 

für alle Fotos gilt: &copy www.cycling4fans.de bzw. des jeweiligen Fotografen (fotografiert von Maniroller, velo-photos und etixer)


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