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Radlerprosa



etc. PP - Posers Prosa

Ernstes, Lustiges, Skurriles von Radsportfan Manfred Poser



Radrennen in Afrika

Die Fußballweltmeisterschaft in Afrika – und ein vernachlässigter Kontinent hat seine große Stunde. Schreiben wir also etwas über das Radfahren in Afrika. Als ich im Frühjahr 2004 meinen Roman „Mörderisches Rom“ anfing, sollten darin Afrika, Jazzmusik, schöne Frauen, mutige Radler und das Chaos in Rom vorkommen. Auf Afrika kam ich, weil ich 1978 die Sahara und 1984 Ostafrika bereist hatte und in Rom einen ehemaligen Berufsboxer aus Uganda kannte, Joe, der in einer Hütte am Tiber lebte. Den besuchte ich oft.

 

Ich kam also auf den Einfall, Mitglieder eines Fahrradklubs in Rom sollten Geld für Uganda sammeln, damit man dort Fahrräder kaufen könne. Ein Paar aus Afrika reist an, und die Probleme beginnen ... Dass es in Deutschland eine Organisation gab, die exakt Spendengelder für Fahrräder sammelten, die nach Uganda gehen sollten, wusste ich damals nicht.



Radfahrer helfen Afrika

Der Verein heißt Jugendhilfe Ostafrika und befindet sich in Karlsruhe. Emmeram Raßhofer, ein Münchner Arzt, hat sich dafür große Verdienste erworben. Leider ist er am 25. Januar 2009 mit erst 43 Jahren gestorben. Ich hatte mir fest vorgenommen, einen Teil meiner Romaneinkünfte dem Verein zu spenden, natürlich am liebsten die 6000 Euro, die im Buch vorkommen. Es ist aber nichts daraus geworden, da sich der Krimi schlecht verkaufte und ich beim Verlag immer noch wegen eines Vorschusses in der Kreide stehe. (Kontakt: Jugendhilfe Ostafrika, Eva Rudolph, Blattwiesenstraße 6, 76227 Karlsruhe; >>> Fahrradpatenschaft)

 

In der Schweiz wurde auch dieses Jahr wieder die Aktion „Bike to Work“ lanciert. 2009 machten 50 000 Velofahrer und –fahrerinnen von 1095 Firmen mit und fuhren einen Weg zur Arbeit mit dem Rad. Dieses Jahr dauert die Aktion den ganzen Juni und ist erstmals mit einer (freiwilligen) Spendenaktion verbunden. In einer Publikation heißt es: „Unternehmen können pro gefahrenen Kilometer und Mitarbeitenden einen Beitrag an die Hilfswerke Cerebral und Gump & Drahtesel – Velos für Afrika – einzahlen.“ Gump & Drahtesel ist eine Fahrrad-Recycling-Firma in Bern.

 

In Italien konstituierte sich im März 2006 die Initiative „Bici d’Italia in Africa“ (Italienische Räder für Afrika), bestehend aus 13 Verbänden unter Obhut der Stiftung der Bank Monte Paschi di Siena. Dazu gehören die Stiftung des Rennrad-Rennens „L’Eroica“ und der Verein der Langstreckenfahrer Audax Randonneur Italia. Von 15. bis 21. Februar 2010 legten Radfahrer eine „Schweige-Solidaritäts-Tour“ zurück, die 700 Kilometer von Bamako (Hauptstadt von Mali) bis Dakar (Hauptstadt von Senegal) umfasste. Die Aktivitäten der Gruppe konzentrieren sich auf die Klinik Nanolo und die Grundschule Dissin. Im vergangenen Jahr sammelten Italiener 4 Tonnen Material für die Erste Hilfe und die Reinigung, das nach Burkina Faso geschickt wurde.

Das Rad ist wichtig für Afrika. Radler in Kenia
Bicycle Portraits project - everyday South Africans and their bicycles.


Tour du Faso und Tropicale Amissa Bongo

Doch in Afrika werden auch Radrennen gefahren. 1987 wurde die Tour du Faso ins Leben gerufen, eine Fahrt über 10 Etappen im zentralafrikanischen Land Burkina Faso. 1996 gewann es der Deutsche Guido Fulst. Bis 1998 war es ein Amateurrennen, ab 2005 ist es unter der Kategorie 2.2. bei der UCI klassifiziert.

>>> UCI Africa Tour 2009 - 2010, Men Elite and Under 23



Im Jahr 2006 war die Rundfahrt 1300 Kilometer lang (2008 1230km). Berge sucht man vergebens. Jéremie Ouedraugo Rabaki, heute 33 Jahre alt, war neuntes von zehn Kindern. Er holte sich 80 Siege, war zwei Mal afrikanischer Meister und 2005 Sieger der Tour von Burkina Faso und des Boucle du Coton. Er sagte: „Burkina Faso ist flach wie ein Küchentisch. Es gibt kein Rennen, das nicht mit einem Spurt enden würde.“



Nun hat die Tropicale Amissa Bongo in Gabun der Tour du Faso den Rang abgelaufen: Das Rennen ist nun Kategorie 2.1., also höher eingestuft und die erste Veranstaltung des Jahres im UCI-Rennkalender. Dieses Jahr fand die Tropicale von 19., bis 24. Januar statt. Gewidmet ist sie Mademoiselle Albertine Amissa Bongo Ondimba, und das Bild der betreffenden Stiftung zeigt eine schöne junge Frau. Sie war die Tochter von Präsident Omar Bongo Ondimba und starb früh. Sie mochte den Sport.

 

Dieses Jahr nahmen 15 Mannschaften mit 90 Fahrern teil. Die Gesamtwertung sah nach der letzten Etappe, einem Rundkurs über 130 Kilometer von Libreville nach Owendo (gewonnen von dem Dänen Michael Reihs), so aus: 1. Charteau, Anthony (Bbox-Bouygues Télécom) 2. MacLeod, Ian (Team MTN Südafrika) 3. Loubet, Julien (AG2R-La Mondiale, Frankreich) 4. Dumoulin, Samuel (Cofidis, Frankreich) 5. Moinard, Amaël (Cofidis). Natürlich haben sich Europäer den Kuchen geholt und ihn unter sich aufgeteilt. Nächstes Jahr wollen einige bekannte Profis teilnehmen, unter ihnen David Moncoutié. Da können wir nun rasch 40 Jahre zurückblicken, als schon einmal Stars nach Zentralafrika kamen.



vom Kriterium zur Tour

Am 13. Dezember 1959, damals hieß das Land Obervolta und war französische Kolonie, fuhren in Ougadougou Jacques Anquetil (mehrmaliger Tour-de-France-Sieger), Raphaël Geminiani, Roger Rivière (Portrait), Henri Anglade und Fausto Coppi (Portrait). Anquetil siegte vor Coppi. Im zweiten Rennen schlug der 18-jährige Zabre Kouka den großen Italiener und gewann ein Auto. Das alles ist deshalb traurig, weil Coppi aus Afrika mit der Malaria heimkam, die ihm am 4. Januar 1960 das Leben kostete, mit 40 Jahren. Und Rivière hatte im selben Jahr seinen fürchterlichen Sturz bei der Tour, an dessen Spätfolgen er dann starb.

Fausto Coppi mit



Roger Rivière


Das verrückteste Radrennen der Welt

1987 löste die erste Tour de Fasso das Kriterium ab, das bis dahin jährlich stattgefunden hatte. In dem Buch „Das verrückteste Radrennen der Welt“ von Marco Pastonesi (La corsa più pazza del mondo, Ediciclo, 2007) geht es um die Tour du Faso. Jéremie Rabaki wird mit den Sätzen zitiert: „Ich habe zwei Räder, eins für Rennen und eins für das Training. Wenn eines kaputtgeht, repariere ich es selber. Oft kann einer, dem das Rad im Rennen kaputtgeht, es nicht wechseln. Er hält an und repariert. Oder manchmal fährt er mit dem Rad eines Zuschauers weiter.



Tour 2008

Die Straßen sind ziemlich gut, die Rennen finden am Sonntag statt, am Start sind wir rund neunzig, und hinten ist ein Hilfsfahrzeug, aber für alle. Bei uns ist Doping kein Problem; das Problem ist, wo man etwas zu essen findet. Ich esse Reis und Mais, manchmal Huhn, aber anderes Fleisch nicht, weil ich nicht wüsste, wie man es aufbewahren könnte. Dann Süßkartoffeln und Bananen. Und Wasser in der Trinkflasche. Um ehrlich zu sein: Es gibt Fahrer, die sind stärker als ich. Aber die haben kein Fahrrad.“

 

François Dureux erzählte: „1987 sind wir von Banfora gestartet. Zehn Tage, zehn Etappen, kaum mehr als 1000 Kilometer, die besten Afrikaner, die besten Europäer. Nur sind die besten Europäer nicht gekommen. Statt dessen kam eine Mannschaft der Sowjetunion, die das Rennen diktierte: Sechs Etappen und das Mannschaftszeitfahren haben sie gewonnen, und die ersten Plätze in der Gesamtwertung hatten sie.“ – Auf der letzten Etappe musste ein Sieg für Burkina Faso her. Nach Ougadougou. „Alle drückten ein Auge zu, als Sayouba Zongo auf einen Lastwagen stieg und sich dort versteckte, bis er einen ordentlichen Vorsprung herausgefahren hatte. Dann sprang er vom Lastwagen und fuhr dem Sieg entgegen.“



Roger de Vlaeminck war damals (2006) sportlicher Leiter des Teams von Simbabwe. Der Schöpfer der Tour du Faso ist Jean Marie Leblanc. „Ich habe mit dem Radsport als Abenteuer angefangen, dann habe ich mit Radsport als professioneller Tätigkeit weitergemacht, und jetzt höre ich mit dem Radsport als Abenteuer auf. Das hier ist ein Radsport des Mutes und der Widerstandsfähigkeit, der rudimentäre Radsport, aber der gute. Burkina Faso ist ein armes Land, und angesichts des Hungers ist der Radsport etwas Besonderes. Er ist ein soziales Phänomen, ein Faktor der Solidarität, eine ökonomische und kulturelle Hilfe. Eine Brücke zwischen Europa und Afrika.“ (Bericht über die Tour 2009)



Zeigen, wo Gabun liegt

Bei der Tropicale Amissa Bongo waren 2010 10 afrikanische Mannschaften am Start: Nordafrika (Marokko, Tunesien, Ägypten), Westafrika (Burkina, Elfenbeinküste), Zentralafrika (Kamerun, Gabun), Ostafrika (Ruanda, Kenia), Südafrika. Dazu kamen vier europäische Mannschaften, von denen drei der Tour de France angehören (AG2R-La Mondiale, Bbox-Bouygues Télécom, Cofidis). Aus Dänemark stieß das Team Designa-Kooken hinzu.



Generaldirektor Jean-Claude Hérault erzählt auf der Internet-Seite der Tropicale von der Geschichte des afrikanischen Rennsports, die jung ist (Petite histoire du cyclisme en Afrique). Erst 1986 kamen die Bilder der Tour de France nach Afrika, waren Bernard Hinault und Greg Lemond zu bewundern. Im Jahr darauf wurde Ende Juni die Tour du Faso in Angriff genommen (die Hérault von 2001 bis 2007 leitete), aber es entstanden auch Rundfahrten durch Kamerun, Senegal, Tunesien, Marokko, Libyen, Südafrika und Ruanda. Die Tropicale Amissa Bongo entstand durch ein Zusammenwirken von Alfred Mabicka, Sportminister von Gabun, mit dem ehemaligen Radprofi Philippe Crépel.

 

Crépel, sportlicher Chef der Veranstaltung, wies in einem Interview auf der Internetseite auf das gute Wetter im Januar hin und die guten Unterbringungsmöglichkeiten. Für eine Einladung müsse man den Leuten aber erst einmal „auf der Landkarte zeigen, wo Gabun liegt“. Ach, es ist ein langer Weg. Aber warum nicht Afrika statt Mallorca oder Zypern? Ein paar Stunden mehr im Flugzeug machen auch nicht viel aus. Wir müssen etwas für Afrika tun, und das geht am besten, wenn wir dabei etwas für uns selbst tun.


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