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WM 2010 - Melbourne

von Ocana



Mit der 77. Straßenweltmeisterschaft, wird man erstmals in Australien Station machen. Dies ist zugleich auch erst die siebte Weltmeisterschaft, die außerhalb Europas stattfinden wird.

>> Das Straßenrennen 2010...

 

In der Folge soll auf eben jene sechs Austragungen und ihre Besonderheiten eingegangen werden. Bis ins Jahr 1994 wurden die Straßen- und Bahnwettbewerbe noch gemeinsam abgehalten, daher soll ein kurzer Seitenblick auf diese Wettbewerbe nicht fehlen.Dennoch soll das Straßenrennen der Elite hier im Vordergrund stehen. Doch auch ein Blick nach Australien soll nicht fehlen. In den Jahren 1956 und 2000 fanden dort die olympischen Spiele statt und auch Olympiasieger wurden dort gekürt. Jan Ullrich Siegesfahrt von Sydney ist uns allen noch in Erinnerung. Über das Rennen von Montreal im Jahr 1956 ist allerdings weniger bekannt. Dies gilt es zu ändern.



1974 – Montreal, Kanada

Es sollte bis ins Jahr 1974 dauern, ehe man sich seitens der UCI entschloss den Sprung hinaus aus Europa zu wagen. Die Stadt Montreal hatte die olympischen Sommerspiele 1976 an Land gezogen und im Vorfeld sollte anhand einiger größerer Sportveranstaltungen ein Testlauf für eben diese abgehalten werden. Dazu gehörte eben auch jene Radweltmeisterschaft, die nun in ein Land kommen sollte, dass zwar sportverrückt war, aber dann doch eher vor allem dem Eishockey nachging. Dennoch waren die Kanadier – zudem viele von ihnen ja aufgrund der frankophilen Abstammung dem Cyclisme doch irgendwie verbunden – sehr leicht für diese Sportart zu begeistern. Für weniger Begeisterung sorgte die Weltmeisterschaft auf der anderen Seite des Atlantiks bei einigen nationalen Radsportverbänden, die sich nicht in der Lage sahen die nötigen Geldmittel für die Reise bereit zu stellen.

So starteten am 25. August auch nur 66 Fahrer in das 262,5 Kilometer lange Rennen.Darunter auch fünf deutsche Starter, von denen aber nur der Mannheimer Jürgen Tschan das Ziele sehen sollte, zu dem auch noch als letzter der 18 klassierten Fahrer. Immerhin die großen Radsportverbände aus Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien waren in voller Mannschaftsstärke anwesend Aber wie es eben so ist waren die einen zerstritten und den anderen fehlte ein ordentlicher Siegfahrer, der bei solch schweren Rennen um den Sieg mitfahren konnte. Besonders heikel war die Situation im belgischen Team. Die beiden Kapitäne Eddy Merckx und Freddy Maertens standen auf Kriegsfuß miteinander. Im Vorjahr wurde Merckx in Barcelona nur Vierter aus einer Vierergruppe mit Gimondi, Ocaña und eben Maertens. Eben jener habe ihn um den Sieg betrogen, so Merckx. Während es für Maertens aber klar war, dass Eddy im Vorjahr den Sieg an Gimondi verkauft habe. So wollte man die Dinge im Rennen klären, wie es vielsagend im Vorfeld hieß. Und da war die Merckxsche Unszerstörbarkeit doch ein wenig angeknackst, denn im Gegensatz zu all den Jahren zuvor hatte er im Frühjahr seine Probleme, gewann dann aber seinen fünften Giro hauchdünn 12 Sekunden vor Gianbattista Baronchelli und nach der ersten Tour de Suisse, konnte er auch noch seine fünfte Tour de France im Sommer einfahren. Dennoch alles nicht mehr mit der Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit früherer Jahre. Dennoch war es wohl dieser besondere Druck, der den Belgier zu einer erneuten Höchstleistung anspornen sollte. Der Kurs jedenfalls schien ihm wie auf den Leib geschneidert. 21 Runden mit 12,5 Kilometern waren zu fahren und jedesmal ging es zum Ziel den Mont-Royal hinauf. Eine ca. 2 Kilometer lange Steigung mit Spitzen bis zu 12%. Bevor Merckx aber loslegen durfte war es der Franzose Bernard Thévenet, der von den 150.000 Zuschauern frenetisch angefeuert wurde und über 100 Kilometer als Solospitze für die nötige Rennanimation sorgte. Bis zur vorletzten Runde konnte Thévenet sein hohes Tempo halten, danach forderten die Anstrengung und auch die hohe Hitze ihren Tribut. So verlor er von seinem 2-minütigenVorsprung alleine 90 Sekunden an diesem einen Anstieg, vor allem weil hinten Merckx das Tempo unbarmherzig erhöhte und so die Verfolgergruppe gleich mit sprengte. Alle waren jetzt in Schwierigkeiten. Nur noch Merckx, der ewige Poulidor, Santambrogio und der Franzose Martinez waren noch übrig und die letzten drei hatten ihre liebe Mühe überhaupt am Hinterrad des Kannibalen zu bleiben. Im letzten Anstieg war es dann gar nur noch der inzwischen 38 Jahre alte Popou, der an Merckx kleben blieb, diesem aber im Sprint nichts entgegensetzen konnte. So wurde Eddy Merckx zum dritten Mal Weltmeister und schaffte zu dem noch das schier unmögliche Triple aus Giro, Tour und WM. Und auch wenn Merckx in diesem Jahr zum ersten Mal seit 1965 keinen großen Klassiker mehr gewinnen konnte, so stand er dennoch mit 29 Jahren auf dem Zenit seines Könnens.



1977 – San Cristóbal, Venezuela

Und über eben jenen Zenit war Merckx dann um Jahr 1977 einfach hinaus. Nach durchaus 255 epischen Kilometern bei strömendem Regen belegte er im venezolanischen San Cristóbal seine glorreiche Karriere als Letzter des Wettbewerbs.

Aber nicht der Kannibale soll das Thema dieser Weltmeisterschaft sein. Südamerika also und dann auch noch San Cristóbal mitten in den Anden. Die Begeisterung über diesen Rennort wird nicht groß gewesen sein, zumal der Kurs auch einfach alles andere als leicht war. Doch das Öl hatte Venezuela reicht gemacht und so wollte man sich auch mit einer entsprechenden Veranstaltung schmücken.

So gingen dann am 4. September auch nur 89 Fahrer an den Start. Unter ihnen auch acht Fahrer aus Deutschland. Einen von ihnen sollte man am Ende des Rennens auch auf dem Podium sehen. Allerdings äußerst enttäuscht und frustriert. Denn der Frankfurter Dietrich Thurau war äußerst engagiertes Rennen gefahren, hatte die richtigen Gruppen immer im Blick und war am Ende auch der einzige, der sich sich mit Francesco Moser aus Italien absetzen konnte. Eben jener Thurau, der im Sommer als Deutschlands erster großer Radsportheld durch die Tour de France geflogen war, fünf Etappen gewinnen konnte und fünfzehn Tage das gelbe Trikot tragen konnte. Doch Thurau hatte wie viele andere Pech bzw. nicht das beste Material. Im strömenden Regen, der allerhand Dreck auf die Straße spülte, erwischten ihn gleich drei Defekte. Moser hatte nicht einen und somit im Sprint um den Titel einfach die etwas größeren Kraftreserven. Denn eigentlich war Thurau der endschnellere Fahrer. Den Triumph der Italiener komplettierte Franco Bitossi mit Rang 3.



1986 – Colorado Springs, USA

Ganze neun Jahre sollten vergehen ehe man sich in ein weiteres Boomland des Radsports aufmachen sollte. Es ging in die USA und auch hier hatte man so seine geographischen Leckereien auf die Teller der Radprofis gelegt. So ging es in einer Höhe von 2030 bis 2200 Metern um das Regenbogentrikot. Keinesfalls ideale Bedingungen, wenn man eigentlich das ganze Jahr in Europa fährt und eben nicht in diesen Höhenlagen trainiert und lebt. Und dennoch waren es mit 141 Startern einige mehr als noch einige Jahre zuvor in Venezuela bzw. Kanada. So nahm gleich eine Vielzahl von Startern am Coors Classic zur Akklimatisierung im Vorfeld statt. Dieses wurde von Hinault gewonnen. So blieben viele der Fahrer bis zu vier Wochen vorher in den USA, um dann am 6. September 1986 in bester Form auf den Kurs zu gehen, der in 17 Runden auf dem Gelände einer Militärakademie stattfand.

Lange blieb das Rennen offen, vor allem die Favoriten LeMond und Fignon hielten sich etwas zurück. So konnte sich vier Runden vor Schluss eine Gruppe von elf Fahrern absetzen, aus der sich dann 25 Kilometer vor dem Ziel Charly Mottet, Rolf Gölz, der Schwede Stefan Brykt und Moreno Argentin lösen konnten. Letztere drei hatten ihre form schon beim Coors Classic mit jeweils einem Etappensieg unterstreichen. Doch schnell wurde klar, dass dem Schweden die Kraft für eine solche Distanz fehlte und nach dem hinten dann auch noch Fignon eine Attacke fuhr, nahm auf Mottet aus der Führung raus und hängte sich an Argentin und Gölz, die nun alles von vorne fahren mussten. Und so kam es für Gölz wie es leider manchmal so kommt. Fünf Kilometer gingen ihm sämtliche Kräfte aus und er verlor ganze zwei Minuten auf den späteren Sieger Argentin, der trotz Führungsarbeit keine Probleme mit Mottet im Sprint hatte. Der Italiener wusste jedenfalls bei wem er sich für den Sieg zu bedanken hatte und wen er anschließend auch in sein Team holte.



1990 – Utsunomiya, Japan

Auch für den vierten Außereuropäischen Stop begnügte man sich nicht nicht nur mit einem neuen Land, sondern es sollte gleich ein neuer Kontinent her. Asien. Totales Niemandsland im Jahr 1990 was den Straßensport angeht. Dafür war der Bahnsport äußerst beliebt. In Japan liebt man Keirin, dazu war Koichi Nakano immerhin zehnfacher Weltmeister im Sprint. Kaum verwunderlich also, dass bei den Bahnwettbewerben wesentlich mehr Zuschauer waren als an der Straße.

Eine Besonderheit waren auch die insgesamt fünfzehn deutschen Starter. Fünf aus der BRD und zehn aus der DDR, die erstmalig eine Profilizenz lösen konnten. So kam diese besondere Konstellation erstmalig und einmalig zu Stande. Bester deutscher Fahrer wurde Andreas Kappes auf Rang 8.

Der 14,5 Kilometer lange Rundkurs war 18 mal zu fahren und ergab so 261 Kilometer. Zu erwähnen eine recht moderate drei Kilometer lange Steigung direkt nach Start/Ziel. Es war eines dieser Rennen bei denen sich für zwei eher unbekannte Fahrer aus Belgien eine einmalige Gelegenheit eröffnen sollte. Rudy Dhaenens und Dirk De Wolf waren gleich in der ersten Spitzengruppe des Rennens dabei und konnten sich aus dieser Gruppe dann zehn Kilometer vor dme Ziel lösen, um den Sieg untereinander auszufahren. Dabei erwies sich Dhaenens als der stärkere der beiden, die im Ziel aber gemeinsam feierten.

Auch wenn das Rennen wohl am ehesten als UCI Globalisierungsprojekt zu verbuchen ist, etablierte sich auf dem nahezu gleichen Kurs in der Folge der Japan Cup, der sich als Saisonabschluss bei einigen europäischen Teams gewisser Beliebtheit erfreut.



1995 – Duitama, Kolumbien

Auch wenn die besten kolumbianischen Profis der 80er Jahre nicht mehr aktiv waren, erhielt das durchaus radsportverrückte Land den Zuschlag zu einer Weltmeisterschaft. Doch schon bald stellten sich einige kaum wegzudiskutierende Probleme ein. Der Kurs hatte sein Ziel in über 2500 Metern Höhe und da war ja noch der Cogollo. Ein bis zu 18% Anstieg, der die Fahrer gar über 2800 Meter Höhe bringen sollte. Auch wenn die WM erstmals im Oktober stattfinden sollte, hatte kaum einer Geld und Zeit sich in der notwendigen Weise auf dieses Rennen vorzubereiten. So standen auch nur 98 Fahrer am Start. Darunter vier deutsche Fahrer. Udo Bölts sollte die Bedingungen anschließend als die härtesten seiner Karriere schildern. Das Rennen wurde nur von 20 Fahrern beendet.

Immerhin Spanien und Italien hatten die besten Leute am Start. Und so war es wenig verwunderlich, dass Leute wie Olano, der frischgebackene Zeitfahrweltmeister Indurain, Pantani, Gianetti und Virenque waren, die auf diesem Kurs, der ja zur Hälfte nur bergan führte, dieses Rennen bestimmen sollten. Zu dem schweren Kurs kam dann auch noch ein Gewitter, welches Laurent Roux stoppte, der als Solist die erste Phase des Rennens bestimmte. Schließlich war es Olano der 25 Kilometer vor dem Ziel den entscheidenden Angriff setzte, während der Topfavorit Miguel Indurain hinten die Verfolger kontrollierte, um sich am Ende Silber zu sichern. Kronprinz Olano aber gewann Gold und dass obwohl ihn auf den letzten Kilometern ein platter Hinterreifen quälte. Kaum zu glauben, aber Olano war tatsächlich der erste Spanier dem dies gelang.



2003 – Hamilton, Kanada

Zuletzt ging es 2003 raus aus Europa und wieder nach Kanada. Dass der Radsport inzwischen auch außerhalb Europas angekommen war zeigten die insgesamt 180 Starter deutlich. Leider war das Rennen zu großen Teilen ein ziemlicher Langweiler, bei dem sich die Favoriten gegenseitig belauerten und dass erst spät entschieden werden sollte. Auch mit dem Sieger Igor Astarloa hatten wohl die wenigsten gerechnet, gerade bei dieser Armada an sehr starken Fahrern. Der Baske hatte sich aus einer Favoritengruppe lösen können und konnte das Rennen schließlich auch Dank des Überraschungsmomentes für sich entscheiden.



Olympisches Straßenrennen 1956 in Melbourne, Australien

Lange ist es her. Sogar über fünfzig Jahre, aber Melbourne war schon einmal Ort eines besonderen Radrennens. Im Jahr 1956 wurden hier das olympische Rennen auf der Straße ausgefahren. Gefahren wurde einige Kilometer außerhalb des Stadtkerns in Broadmeadows. 188 Kilometer verteilt auf elf Runden waren zu fahren. Hinzufügen muss man noch, dass diese Olympischen Spiele im Dezember stattfanden, um auch auf der Südhalbkugel optimale, sommerliche Bedingungen vorzufinden. Am Vormittag bei Rennstart fand man diese auch vor, doch am frühen Nachmittag wurde die heiße Rennphase zur sprichwörtlichen Realität. So wurde der leicht wellige Parcours, der vielleicht am ehesten an den WM Kurs in Plouay 2000 erinnert zum knallharten Ausscheidungsrennen. So begannen die großen Radsportnationen bereits nach drei Runden das Tempo zu forcieren, um so unterlegene Fahrer früh aus dem 88 Fahrer umfassenden Feld zu nehmen. In der achten Runde bildete sich schließlich die zunächst entscheidende Gruppe aus der sich der Italiener Ercole Baldini aber sofort absetzte, um eine Solofahrt zum Olympiasieg hinzulegen. Baldini war bereits Weltmeister in der Verfolgung bei den Amateuren und hatte im September auch den Stundenweltrekord aufgestellt. Alleine zu fahren lang dem Modellathleten also äußerst gut. So verwies der 23 Jahre alte „Treno di Forli“ den Franzosen Arnaud Geyre und den Briten Alan Jackson mit zwei Minuten Rückstand auf die Plätze. Der anschließende Vorwurf Baldini habe sich von einem Auto ziehen lassen konnte entkräftet werden.

Der Italiener selbst wurde im Folgejahr Profi und gewann 1958 u.a. Giro d'Italia und die Weltmeisterschaft der Profis auf einem ähnlichen Kurs und mit einer weiteren Solofahrt.



Literatur

Boelsen, Helmer. Die Geschichte der Rad-Weltmeisterschaft. Bielefeld 2007.

www.cyclingweekly.co.uk


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