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von Jan Brainweak, Januar 2007

&copy Fotos: Mani Wollner



Wozu das alles?

Sommer 2006. Der professionelle Radsport in seiner schwersten Krise. Auch als langjähriger (und weiß Gott nicht blauäugiger) Betrachter der Szene ist man verblüfft, mit welcher Dreistigkeit und kriminellen Energie nach den Geschehnissen von 1998 einfach weitergemacht wurde.



Schuld? Manchmal weniger als 8 km entfernt...

Aus alter Gewohnheit verfolgt man trotzdem weiterhin das Renngeschehen im TV. Leidenschaftslos und distanziert lümmelt man auf der Couch und registriert, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit der Tour de France seit '98 weiter gestiegen ist. Schwere Bergetappen werden mittlerweile so schnell gefahren, wie vor noch nicht allzulanger Zeit die flachen Teilstücke. Angewidert fragt man sich, warum man einer Freak-Show solchen Ausmaßes seine kostbare Zeit widmet, als es einen plötzlich vom Bildschirm her anbrüllt:

 

"Was bist Du denn für ein Idiot?

Was bist Du für ein Penner?

Hast Du heute schon Deinen Arbeitgeber beschissen?

Hast Du noch nie Deine Frau beschissen?

Hast Du noch nie Drogen genommen?

Was bist Du denn für ein Idiot?

 

Schau erst mal in Deine Seele!

Bist Du sauber? Bist Du fleckenlos rein??

Dann erst richte über uns!"



 

Ich zucke zusammen und will schon antworten: "Von meinen Arbeitgebern wurde ich immer beschissen und von den Frauen nur ausgenutzt. Ansonsten sage ich ohne meinen Anwalt gar nichts mehr!" Da bemerke ich, dass die Suada nicht an mich, sondern den Reporter von Spiegel-TV gerichtet ist. Mir fällt ein Stein vom Herzen.



Das "Bild" entspricht nicht immer der Realität...

Andererseits: Was bin ich denn für ein Penner? Was bin ich für ein Idiot, der sich mit Haut und Haar dem muskelgetriebenen Zweirad verschrieben hat. Der die meisten seiner Wege mit dem Rad zurücklegt und in seiner Freizeit anderen beim schnellen Radfahren zusieht. Oder sich im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten selbst daran versucht. Und das, obwohl es "noch nicht einmal etwas einbringt", wie meine Mutter immer klagt.

 

Da meine Radsportkarriere in den letzten Zügen liegt, wäre es möglicherweise Zeit, Bilanz zu ziehen, Erinnerungen zu Papier zu bringen, Enthüllungen und Geständnisse zu machen. Um mich selbst zu erleichtern und frohgemut ins kühle Grab steigen - oder um ein neues Leben beginnen zu können. Zur Warnung und Mahnung für die Nachgeborenen. Und (vielleicht) zu ihrer Erbauung.



Als mögliche Titel gehen mir durch den Kopf:

 

BEIM ZWIEBELN DER VORHAUT - weil ich möglicherweise meine frühere Mitgliedschaft im verbrecherischen ADAC enthüllen werde - aber ich war jung und brauchte den Pannendienst wegen meiner Rostlauben

 

TRIUMPH DES INNEREN SCHWEINEHUNDES

 

TOUR DES STERBENS - wie ich zwar die Hepatitis besiegte, aber beim Radmarathon trotzdem keinen Blumentopf gewann

 

SEKUNDEN ZÄHLEN NICHT – Der Anstieg zum Kandel kann Stunden dauern

 

Ich entscheide mich dann aber doch für das unprätentiöse

 

WEDER GANZ NOCH GAR NICHT - Bekenntnisse eines mittelmäßigen Hobbyradlers




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