von Tourmalet
Spanien hat in den letzten Jahren radsporttechnisch eine ganze Reihe von beeindruckenden Erfolgen errungen: Neben Giro-, Tour- und Vueltasiegen zählen auch das olympische Straßenrennen oder Klassiker wie MSR zu den großen Triumphen iberischer Profis. Nicht ganz ins Bild passen da die Radsport-Weltmeisterschaften, bei denen die Spanier nun schon seit sechs Jahren auf einen weiteren Titel warten. Nach dem Willen des spanischen Selektionärs Jose Luis de Santos soll bei diesem Problem folgende Auswahl Abhilfe schaffen:
Als Kapitän der spanischen Armada geht der dreimalige Weltmeister Oscar Freire Gomez ins Rennen. Sollte es ihm als erstem Radprofi überhaupt gelingen einen vierten WM-Titel zu erringen, wäre dies sicherlich die Krönung seiner großen, von viel Verletzungspech geplagten, Karriere. Auch wenn der Kurs in Melbourne von Tag zu Tag schwerer zu werden scheint, stehen seine Chancen dafür gar nicht mal schlecht, gibt es doch kaum einen anderen Sprinter, der auch schwerste Eintagesrennen ähnlich gut meistern kann wie Freire. Falls Freire aus welchen Gründen auch immer nicht zum Zuge kommen sollte, können die Spanier immer noch auf ihre beiden Sanchez, Luis Leon sowie Samuel hoffen. Die Beiden tragen nicht nur den gleichen Nachnamen, sondern besitzen auch ähnliche Fähigkeiten: Ihnen liegen schwere Eintagesrennen, sie sind erstklassige Abfahrer und sie sind kreuzgefährlich in Sprints aus kleinen Spitzengruppen. Darüber hinaus hatten sie eine sehr gute Saison 2010 und haben auch zuletzt bei der Vuelta bzw. in Kanada gute Form bewiesen. Die Rolle des formstarken Edeldomestiken füllt bei den Spaniern dieses Mal Haimar Zubeldia aus. Nachdem der erfahrene Baske aufgrund einer bei der Dauphiné erlittenen Verletzung nicht an der Tour teilnehmen konnte, hat er sich im August / September mit richtig starken Resultaten bei schweren Eintagesrennen und kleinen Rundfahrten zurückgemeldet. Mit ihm dürfte sich auf den letzten 50 Kilometern Carlos Barredo für die Mannschaft aufopfern. Dieser beeindruckte bei der Tour mit veritablen (Nah)-Kämpferqualitäten, die sich für ihn jedoch erst bei der Vuelta mit einem Tagessieg an den Lagos de Covadonga auszahlen sollten. Ebenfalls mit einem Etappensieg von der Vuelta kommt Imanol Erviti, der sich genauso wie die Vueltateilnehmer Ruben Plaza und David Garcia Dapena als treuer Helfer wird erweisen dürfen. Etwas rätselhaft mag die Nominierung von Francisco Ventoso erscheinen, ist er doch landauf, landab als Sprinter bekannt. Da der Autor dieser Zeilen an seiner Präsenz im Finale ob der Strecke zweifelt, geht er davon aus, dass Ventoso in bester Cookscher Manier auf den ersten 200 Kilometern als Arbeitstier dienen wird.
Gespannt darf man sein, ob die klare Fixierung auf Freire als Kapitän Früchte trägt, oder ob diese Beteuerungen gar die arglistige Täuschung der Konkurrenz im Schilde führen. Für die Gegner der Spanier schadet es sicher nicht, auch die beiden Sanchez im Blick zu behalten, da diese, gerade bei einem sehr selektiven Rennverlauf, immer für einen Sieg gut sind. Insgesamt erscheint die spanische Mannschaft sehr stark und dürfte das Rennen auf die eine oder andere Weise prägen.
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