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der erste Giro 1909

von Blaho, Mai 2005



Gattis Rache

Haben Sie schon mal versucht, etwas über Angelo Gatti herauszufinden? Ein Tipp von mir: Falls Sie auf die Idee kommen sollten, es zu probieren, vergessen Sie das Internet!

 

Hier gibt es recht viele Gattis, den Schriftsteller Gatti, den Soldaten Gatti, den vermissten Gatti, den Ferienwohnungsvermieter Gatti und wahrscheinlich auch ein paar Mafiosi mit diesem offensichtlich beliebten Namen.

Trotz der vielen Ergebnisse, war DER Gatti nicht dabei. Meine Recherche galt dem Gatti, der wohl nicht unerheblichen Anteil an der Existenz des Giro d’Italia hat.

 



Angelo war Angestellter bei Bianchi. Zumindest so lange, bis er das Unternehmen im Streit verlies. Das war um das Jahr 1908. Und wenn das Internet so allwissend wäre wie ich mir das erhoffte, dann wüsste ich jetzt das exakte Datum und auch den Grund. So bleibt dies einer von vielen „Weißen Flecken“ in dieser Geschichte.

 

Wie auch immer, unser Angelo war jedenfalls ziemlich angefressen. Und als er zufällig im Jahre 1908 für seine neue Firma auf der Fahrradmesse in Bologna weilte, bekam er die (wohl eigentlich aus gutem Grund noch vertrauliche) Information, dass seine alte Firma in Zusammenarbeit mit dem Touring Club Italiano und der Corriere della Sera ein italienisches Pendant zur französischen Tour de France plante.

 

Kurzentschlossen setzte er die damals noch blutjunge und entsprechend kleine Gazzetta dello Sport von diesem Plan in Kenntnis.

 



erfolgreicher Schnellschuss

Die Redakteure der Gazzetta mussten nun schnell handeln. Und das taten sie! In ihrer nächsten Ausgabe am 07. August 1908 ( oder war es der 24.8. ?) kündigten sie an, im Mai des kommenden Jahres den Giro d’Italia auszurichten.

 

Eine Aktion, wie sie heißblütigen Italienern gut zu Gesicht steht. Vielleicht ein wenig undurchdacht. Denn wie man sich vorstellen kann, war auch zu dieser Zeit nicht alles gratis. Das war unseren Freunden auch durchaus bewusst, deshalb legten sie von vornherein das Preisgeld für den Sieger auf 3.000 Lire fest. Um die Namen dieser tolldreisten Drei nicht im Nirwana der Geschichte untergehen zu lassen: Costamagna (Klingt schon nach grossen Kosten, oder?), Cougnet und Morgagni. Costamagna war der Herausgeber der Zeitung, Tullo Morgagni fungierte als Redakteur und Armando Cougnet war der Chefredakteur der Radsportseiten der Gazzetta.

 

Ich weiß nicht, ob die drei tatsächlich die Hoffnung hatten, jemals eine Finanzierung für ihr Rennen auf die Beine stellen zu können oder ob sie sich nur eine erhöhte Auflage erhofften und der Plan war, das Rennen irgendwann doch wieder abzusagen.

 

Wie auch immer die Idee war, die Dinge verselbständigten sich wohl ab dem Moment als der Corriere delle Serra sich keineswegs um den Giro beraubt sah, sondern im Gegenteil, sich bereiterklärte die 3.000 Lira für den Sieger zu stellen. Nun fehlten wohl noch so circa 25.000 Lira, aber ein Rückzieher war nun wohl nicht mehr möglich, ohne sich komplett lächerlich zu machen. Damit war nun der Stein endgültig ins Rollen gebracht. Allerdings auch die Welle der Unterstützung. Der italienische Radsportverband legte fast 14.000 Lira auf den Tisch und weitere Unternehmen wie auch das Casino von San Remo schlossen sich als Sponsoren der Aktion an.



vor dem Start

Somit war der Giro d’Italia in trockenen Tüchern. Am 13. Mai 1909 schrieben sich 127 Fahrer ein und wurden nachts um 2:53 in Mailand auf den Weg gebracht. Dieser bestand aus 8 Etappen, die sich zu 2.448 km summierten. Die Gazzetta erhöhte die Zahl ihrer Ausgaben von 2 auf 3 pro Woche, um die interessierten Massen auf dem Laufenden zu halten. Die Tagesergebnisse waren auch im Schaufenster von Lancia-Lyon Peugeot zu sehen, wo die eingegangenen Telegramme ausgehängt wurden. Mangels Eurosport-Übertragung gab es auch noch die Möglichkeit, sich unter der Telefonnummer 3369 die aktuellen Ergebnisse durchsagen zu lassen. Fragen sie mich nicht, ob das der Vorläufer unserer 0190er Nummern war.



Einen Sieger sah dieses Rennen natürlich auch. Von den 49 Kämpen, welche die Etappenorte: Bologna, Chieti, Neapel, Rom, Florenz, Genua und Turin hinter sich brachten, nur um wieder in Mailand anzukommen (deswegen wohl Giro), war Luigi Ganna der Schnellste. Er verdiente dabei 5.325 Lire, was in etwa 36 Monatsgehältern des Renndirektors Armando Cougnet entsprach, der immerhin bis 1948 die Geschicke des Giro lenkte. Eine nette Episode ist wohl auch die, dass er dem Seriensieger Alfredo Binda, der den Giro zwischen 1925 und 1933 fünfmal gewann, im Jahr 1930 ein nettes Entgelt bot, damit dieser in diesem Jahr nicht an der Rundfahrt teilnahm. Fünfmal gewannen übrigens auch Fausto Coppi und Eddy Merckx.

letzte Etappe
Zieleinlauf


 

Und jetzt suchen sie doch mal nach Angelo Gatti und sagen sie mir, warum er derart über Bianchi verärgert war.

 

>>> c4f: der Giro d'Italia 1909 in Bildern

 

>>> NACE EL GIRO

 

 

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