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Antidoping



Dossier Reform Antidoping





Herstellung international vergleichbarer Bedingungen

Die Voraussetzungen in den einzelnen Ländern - 194 Nationen auf der Welt - für eine Anti-Doping-Arbeit variieren stark und sind nur schwer miteinander zu vergleichen. Entsprechend unterschiedlich gestalten sich die Möglichkeiten des Anti-Doping-Kampfes. Dabei spielen ökonomische, politische, soziale, kulturelle und nicht zuletzt geografische Besonderheiten entscheidende Rollen. Schon allein juristische Systeme einzelner Länder miteinander zu vergleichen, ist schwierig.

 

In der deutschen, bzw. westlichen Kritik an den Verhältnissen in Ländern mit hoher Dopingrate werden diese Unterschiede häufig ignoriert und alles über unseren eigenen gesellschaftlichen Kamm geschert.

 

Als Beispiele, mit denen exemplarisch aufgezeigt werden kann, wie weit gesellschaftliche Bedingungen die Bedeutung einer sportlichen Karriere bestimmen und damit Dopingverhalten unterstützen bis fordern, können die ostafrikanischen Länder Kenia, Äthiopien und Eritrea betrachtet werden. Deren Dopingsituation war und ist Thema vieler Berichte und Dokumentationen, ohne dass es bislang gelungen ist, entscheidende Änderungen herbei zu führen. Verschärfungen der Kontrollsysteme vor Ort und international dürften nur marginale Veränderungen bewirken. (spiegel.de: Das Geschäft mit den Marathonläufern aus Afrika, 25.1.2020, spe15.fr: Le Kenya devrait-il être banni comme la Russie ? , 16.1.2020)

 

Zudem hat der weltweite Anti-Doping-Kampf mit der WADA an der Spitze die Tendenz, das Kontrollsystem mit der Verbotsliste auszuweiten und zu komplizieren. Langwierige Beteiligungs-, Anhörungs- und Entscheidungsprozesse sind nur noch schwer zu überblicken und überlasten das System.



Michael Ask 2019

Michael ask ist sei 2019 Leiter der Internationalen Vereinigung der Nationalen Anti-Doping-Agenturen iNADO. Auf der Play the Game Konferenz 2019 im Oktober spricht er die oben genannten Probleme an (play the Game: The great doping battle:

 

To Michael Ask, for too many years the system to monitor and assess the compliance of an anti-doping organisation (ADO) has been too random and non-transparent. By the implementation of the International Standard for Code Compliance by Signatories (ISCCS) a huge step forward has been taken in creating a system that tries to align the performance by all ADO’s – whether they are NADO’s or ADO’s connected to the IF’s.

 

“Is the system perfect? By no means. In my opinion it focuses too much on whether or not the ADO lives up to all kinds of technical standards. Even for well-resourced NADO’s like my own, it is impossible at all times to live up to all these standards and regulations,” he said.

 

“Now, I think in many ways it is a natural development for an organisation like WADA to become a paper tiger. WADA’s main task is to regulate and control, and as new ways of cheating re discovered, the answer is to add more rules and regulations. But the paramount question is whether or not this has gotten a little out of hand. It is not unusual that the papers distributed up to WADA FB or ExCo meetings, consists of more than 1000 pages. It is impossible for anyone to comprehend the consequences of all these proposals and suggestions.”

 

According to Michael Ask, it is impossible to implement a lot of those rules and regulations in the less developed part of the world.

 

“We have a tendency to see the world through the lenses of the developed world, but the majority of the problems lies in the third world and can not necessarily be solved with sophisticated solutions. We have big parts of continents like South America, Asia and Africa, where we need to enhance the level of the anti-doping work dramatically, if we one day want to have a true level playing field for all athletes, and we should concentrate on solving these matters first and f



Kord Greve, 2018

Kord Greve, Körperkultur, Körperkult und Leistungswahn

Ethische Reflexionen über das Doping im Freizeitbodybuilding, 2018.

Zitate aus dem Kapitel 'Zusammenfassung und Nachwort' der Dissertation, die sich nicht allein auf den Freizeit - und Freizeitsport beziehen, sondern den Leistungssport und das aktuell zugrundeliegende Antidopingsystem mit einbeziehen:

Um der Selbsttechnisierung weiter auf den Grund zu gehen, gilt es, zu hinfragen, wie das Subjekt seinen Körper und dessen Bewegung bzw. den erweiterten Umgang mit sich begreift. Denn kulturell kolportierte und selbst nicht hinterfragte Vorverständnisse des Verhältnisses von Körper und Geist strukturieren nicht nur eine jede Diskussion von Anthropotechniken, sondern auch die Möglichkeit zur Verbalisierung der Selbsterfahrung.

...

Noch enger verbunden mit den ökonomischen Strukturen als der Begriff des ‚Eigenhandelns’ ist der der ‚Leistung’. Was als Leistung anzusehen ist, ist niemals von sich aus klar und objektiv, sondern eine Frage der vorherrschenden Machtverhältnisse.

...

Aufgrund der Allgemeingültigkeit der tangierten begrifflichen Bereiche gilt es, Doping nicht nur als isoliertes Problem eines vermeintlich abgeschlossenen Feldes zu begreifen und auch nicht als Individualvergehen. Beide Sichtweisen verdecken die zugrunde liegenden brisanten Fragestellungen nur, die am Doping zu wittern sind. Wo Doping aufgrund eines, durch die WADA-Liste geprägten, Vulgärverständnisses von Mitteln und Praktiken erschlossen und somit auf den Anwender der Praktiken reduziert wird, geht der Blick auf die Interaktionen von Individuum, Gesellschaft und individueller Zielsetzung innerhalb dieser Gesellschaft verloren.

...

Das, was allgemeinhin mit Doping assoziiert wird, kann aus den gezeigten Gründen keinesfalls als Individualvergehen gewertet werden. Vielmehr hängt die Wertung bestimmter Techniken der Körperformung mit den präferierten Körperbildern einer Gesellschaft zusammen. Techniken, die diese befördern, sind Teil einer legalen Industrie, wohingegen Mittel und Techniken, die einen übersteigert asublimen Kraftkörper schaffen, als illegal und schädlich gebrandmarkt werden. Die negative Konnotation, die viele der gezeigten Techniken mit sich bringen, trifft in diesen Fällen zwar das Augenfällige, nicht aber das Folgerichtige.

...

Zukünftige Beiträge zu Verbots- bzw. Legalisierungsdiskussionen könnten zumindest versuchen, den gesellschaftlichen Rahmen, in dem sie stattfinden, mit zu bedenken. Auch wenn recht abstrakte Reflexionen über das qua Anthropotechnik transportierte und umgesetzte Verhältnis von Begriffen wie ‚Körper’, ‚Gesellschaft’, ‚Vernutzung’ und ‚Individuum’ wohl keine realistische Chance haben, direkte Aufnahme in mögliche politische Diskussionen zur Legalität oder Illegalität verschiedener Mittel und Techniken zu haben – hier könnte ein zukünftiger Ansatz der Weiterentwicklung und Übersetzung sein.

 

Leider findet eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie eigentlich gelebt werden will, derzeit nicht wirklich statt. Einzig die Kompatibilität zur vorherrschenden Verwertungslogik bildet die Matrix der Kategorien ‚gut’ und ‚schlecht’. Der, in der Antike zentrale, Begriff des ‚guten Lebens’, ist in den vorethischen Bereich der Ökonomie und Produktion gerutscht. Er dient nicht als Leitbild, sondern als Mittel der Schaffung von Bedürfnissen in eben jenem prägenden wirtschaftlichen System. Wie umfassend das Vordringen der Technisierung und Kapitalisierung unser Daseinsverständnis geformt hat, wird am Umgang mit uns, unserem Körper, überdeutlich.







Monika, Februar 2018, Ergänzungen


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