Cycling4fans HOME | LESERPOST | SITEMAP | KONTAKT | ÜBER C4F












 

Antidoping



Dossier Reform Antidoping





Was läuft falsch im weltweiten Anti-Doping-System?

Dmitriy Bondarev: Understanding legitimacy of anti-doping policies


Gunter Gebauer, 2000:
Wenn man meint, Doping sei ein soziales Problem, muss man zuerst erkunden, ob es überhaupt eine Bereitschaft dafür gibt, wissen zu wollen, was mit den Körpern der Athleten des eigenen Landes geschieht. Man wird dann vielleicht feststellen, dass es in manchen außer-europäischen Ländern Doping als gesellschaftliche Tatsache nicht gibt.
...
Wenn man den Kampf gegen Doping zu einem Kampf um ethische Werte macht, hat man diesen schon verloren. Gewiss sind Werte im Sport involviert, aber selbst wenn ethische Werte sein sollten, bleibt immer noch unklar, ob sie für Angehörige anderer Kulturen, die ihre eigenen Werte haben, einsehbar sind.

Gunter Gebauer, 2018:
die moderne olympische Bewegung ist eine europäische Fantasie, entstanden aus der Griechenland-Schwärmerei des 19. Jahrhunderts. Es hat sehr gut funktioniert, die antiken Bilder in die Moderne zu transplantieren. Die Idee des Wettkampfs funktionierte sofort, und es war Coubertins Idee, das mit Nationalismus zu verbinden. Man hat dann aber schnell bemerkt, dass einem das entgleitet. Die Idee des Staatssports hat sich immer mehr ausgebreitet. Aber trotzdem ist die Idee eines Weltsports zu begrüßen. Der ideelle Überbau geht verloren, aber das kann man nicht diesen Weltteilen anlasten. Es gibt nun mal verschiedene Menschenbilder. Nur: Das Endprodukt ist nicht mehr besonders attraktiv. 14 Tage lang wird das nun ausgeblendet, man sitzt vor dem Fernseher und sagt sich: Ich will sauberes, schönes Olympia für wenig Geld, aber mit sehr viel Freude und sehr schönen Wettkämpfen in Ländern, die ich noch nicht kenne. Aber das beißt sich.
.......................................................

Angesichts der Russland-Affaire, die längst nicht vom Tisch ist und zahlreicher Meldungen über hohe Dopingraten unter Leistungssportlern, die in keinem Verhältnis stehen zu Zahlen der durch das Dopingkontrollprogramm überführten Sportler*innen, wird diese Frage immer häufiger gestellt. Das Vertrauen in die Anti-Doping-Bemühungen der Verbände und in das WADA- und NADO-System scheint schwer beschädigt.

Fast schon hektisch reagierten das IOC und die IAAF auf die Skandale mit Reformvorschlägen, die wiederum weltweit kritisiert wurden und noch keine wirksamen Veränderungen erkennen lassen. Grundlegende Analysen der Schwächen und Stärken des Gesamtsystems Anti-Doping sind jedoch selten, entsprechend schwierig gestaltet sich die Suche nach umfassenden Reformvorschlägen mit Angabe praktikabler Schritte zur Durchsetzung von Verbesserungen.

 

Zur Debatte stehen die Strukturen der nationalen und internationalen Verbände im Kontext von Machtansprüchen- und Interessensansprüchen, Korruption, ökonomischen und politischen Abhängigkeiten. Nicht selten sind Vernetzungen mit bestehenden Anti-Doping-Organisationen. Angesichts von 194 Staaten auf der Welt mit höchst unterschiedlichen sozialen, kulturellen, ökonomischen, rechtlichen und politischen Gegebenheiten gestalten sich Vergleiche schwierig. Welche Rolle spielt in den einzelnen Kulturen überhaupt Sport, Leistungssport, olympischer Sport? Ist z. B. unser heutiges Verständnis über Dopingbetrug das Ergebnis einer Entwicklung, die überwiegend in Westeuropa ihren Anfang nahm und heute den Anspruch hat, weltweit zu gelten?

 

Dieses Dossier will Artikel/Arbeiten und Themen vorstellen, die sich mit Schwachstellen des Anti-Doping-Kampfes befassen und Lösungsvorschläge und -ansätze anbieten. Es kann nur Bruchteile der Diskussion ansprechen. Die Doping-Literatur ist umfangreich, insbesondere die Sichtung de wissenschaftlichen Publikationen ist von mir keinesfalls zu leisten. Das ist aber auch nicht meine Intention. Doping ist ein öffentliches Thema, ein Thema, das hohe mediale Aufmerksamkeit erfährt und entsprechend diskutiert wird. Wenn sich etwas am Doping-System ändern soll, müssen die entsprechenden Notwendigkeiten und Reformmöglichkeiten öffentlich bekannt sein. Wissenschaftliche Arbeiten sind dies in der Regel nicht. Wenn sie nicht sogar nur Elfenbeinturmstudien sind. Es wäre daher wünschenswert, wenn vermehrt Studienergebnisse verständlich in die Reformdiskussion eingebracht würden. Der Transparenz und der Demokratisierung der Diskussion täte dies gut.

 

Das Dossier soll Aspekte benennen, die mir relevant erscheinen und vielleicht gerade auch durch kontrovers Diskussionen weiter führen. Änderungen können auf allen Ebenen beginnen.

 

Der erste Beitrag gibt eine allgemeine Übersicht über Artikel zum Thema (nicht thematisch sortiert).

>>> Stimmen aus Deutschland und international

 

Einige wichtige Stichpunkte daraus, die in diesem Dossier noch genauer angesprochen werden sollen:

Unabhängigkeit der Anti-Doping-Strukturen wie WADA, NADO, CAS mit Kontroll- und Sanktionssystemen von Sportverbänden und politischen Einfluss; Wesentlich bessere finanzielle Ausstattung der Anti-Doping-Strukturen als bislang; Untersuchungen und Analysen nationaler Gegebenheiten mit entsprechender Unterstützung im Aufbau weltweiter vergleichbarer Strukturen; Aufbau stabiler und komplexer Präventionsmaßnahmen; Transparenz; Stärkung der Athletenrechte und -mitsprache; Möglichkeiten der Überführung der Umfeldakteure wie Trainer, Ärzte und Funktionäre; Schutz und Motivierung von Whistleblowern; Überarbeitung und Vereinheitlichung des Dopingkontrollprogramms und Sanktionssystems; Antidoping in Bezug zur stetig wachsenden Medikalisierung unserer Gesellschaft und Optimierung des Menschen; Eliminierung von Korruption in den Verbänden; Wiederherstellung von Vertrauen in die Sportorganisationen.



Änderungen WADA-Code 2021:

... ...Schutz von Whistleblowern:Zusätzlich ... wird nun ein neuer Tatbestand (Artikel 2.11.) aufgenommen, um Einschüchterungen, Drohungen oder Vergeltungsmaßnahmen zu sanktionieren, die darauf abzielen, Hinweise oder Informationen zu potenziellen Verstößen an die entsprechenden Stellen zu übermitteln.

Neuer Ansatz im Umgang mit Gesellschaftsdrogen:... Falls der Sportler glaubwürdig belegen kann, dass die darin erfassten Gesellschaftsdrogen (z.B. Kokain, Marihuana, Amphetamine) nicht zum Zwecke der Leistungssteigerung eingenommen wurden, so kann dies mit einer nicht-verhandelbaren Standardsperre von drei Monaten geahndet werden.
...
Eigener Standard für Prävention:Der "International Standard for Education" harmonisiert die weltweite Präventionsarbeit und verpflichtet dazu, Maßnahmen zu setzen, bspw. die verpflichtende Information und Schulung aller Teilnehmer (Sportler, Trainer, Betreuer, Funktionäre) vor sportlichen Großereignissen. Das neue Regelwerk wird die internationalen Verbände und in weiterer Folge die nationalen Verbände in die Pflicht nehmen, entsprechende Maßnahmen zu etablieren.

Alternativer Umgang mit Freizeitsportlern:Die neuen Richtlinien erlauben es, Freizeitsportler anders zu behandeln als Spitzensportler. So können beispielsweise geringere Sanktionen zum Tragen kommen und eine zwingende Veröffentlichung der Namen ausbleiben. Die Definition, wer in die Kategorie Freizeitsportler fällt, obliegt den Anti-Doping Organisationen.

Unabhängigkeit und Transparenz:... Es wurde klargestellt, dass die Verfahren von unabhängigen Gremien durchgeführt werden müssen und Interessenskonflikte in der Anti-Doping Arbeit auszuschließen sind. Die Anforderungen an Regierungen, Internationale und nationale Sportfachverbände, Nationale Anti-Doping Agenturen und Veranstalter wurden vertieft und konkretisiert.







Monika, Februar 2018, Ergänzungen


Gazzetta durchsuchen:
 
 
 
 
 
Cycling4Fans-Forum Cycling4Fans-Forum