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Historische Rennberichte



1. Damenrennen auf der Nürnberger Velociped-Rennbahn 1895

Diese Informationen wurden recherchiert und zusammen gestellt von Peter Ullein, Nürnberg. Nürnberger Fahrradgeschichte(n)



Bericht zum ersten Damen-Radwettfahren in Nürnberg, das am 30. Juni und 1. Juli 1895 auf der Velociped-Rennbahn an der Rothenburger Straße ausgetragen wurde



1. Tag 30. Juni 1895<br>1. Juli - Fränkischer Kurier:

>>> c4f: Frauenradfahren im 19. Jahrhundert
Leistung und Sport


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„Das gestrige Damen-Velocipedwettfahren auf der Rennbahn an der Rothenburgerstraße hatte trotz der wahrhaft tropischen Hitze sich eines guten Besuches zu erfreuen und verlief ohne jeglichen Unfall.

Von hier und Fürth betheiligten sich je eine Dame an dem Rennen.

Dasselbe umfaßte 5 Nummern, doch wurde zwischen dem 4. und 5. Rennen der Abwechslung halber noch ein Herrenfahren eingeschoben.

 

Die Rennen nahmen folgenden Verlauf:

Erstfahren für Damen (2.000 Mtr., 3 Preise; offen für solche Damen, die noch keinen Preis auf der Rennbahn erhalten).

Am Starte erschienen bei 12 Anmeldungen:

Frau Anna Wenig-München,

Frl. Sabine Fröhlich-München,

Frl. Mirzl Strommer-Wien und

Frau Emma Knuß, Fürth.

Gleich in der 1. Runde kam Frl. Strommer in Folge Anfahrens zu Fall, ohne indeß irgendwie Schaden zu nehmen. In der 4. Runde setzte sich Frau Wenig an die Spitze und lief ungefähr ½ Runde vor ihren beiden Mitkonkurrentinnen, zwischen denen sich noch ein scharfer Endkampf entspann, über’s Band.

Erste wurde Frau Wenig in 3 Min. 19 4/5 Sek.,

Frau Knuß Zweite in 3 Min. 53 Sek.,

Frl. Fröhlich Dritte in 4 Min.



 

Das 2. Rennen: Monocycle-Fahren für Herren (2 Runden, 2 Preise), an dem sich bei 4 Anmeldungen nur 2: Aug. Heinz-Nürnberg und Christ. Wörner-München betheiligten, bot sehr wenig Interesse.

Heinz siegte, da sein Gegner kurz vor der letzten Kurve zu Fall kam, mit fast einer Runde. Derselbe gebrauchte 2 Min. 23 Sek. während sein Gegner erst nach 3 Min. 5 Sek. landete.

 

 

Größeres Interesse bot das 3. Rennen: Niederrad-Hauptfahren für Damen (2.000 Mtr., 3 Preise, 1 Führungspreis), an welchem von 8 angemeldeten Damen theilnahmen, nämlich

1) Frau Anna Wenig-München,

2) Frl. Mirzl Strommer-Wien,

3) Frl. Fanny Zöpf-Moosburg,

4) Frl. Amanda Loschke-München,

5) Frau Emma Knuß-Fürth.

Gleich von Anfang an wurde unter Führung von Frl. Zöpf, die dieselbe auch bis zur letzten Runde beibehielt, ein ziemlich scharfes Tempo eingeschlagen, hart auf folgte Frl. Loschke, während die anderen Konkurrentinnen weit zurückblieben; Frl. Strommer gab nach der 3. und Frau Knuß nach der 4. Runde den aussichtslosen Wettkampf auf.

Zwischen Frl. Loschke und Frl. Zöpf entwickelte sich noch ein heißer Endkampf, der kurz vor dem Ziel zu Gunsten der Ersteren entschieden wurde, welche die Strecke in 3 Min. 3 Sek. durchlief.

Zweite wurde Frl. Zöpf in 3 Min 10 Sek., Dritte Frau Wenig in 4 Min. 30 Sekunden.

Frl. Zöpf bekam außerdem noch den Führungspreis.

 

Das interessanteste Rennen des Tages war das Niederrad-Vorgabefahren für Damen (3.000 Meter, 3 Preise), zu dem bei 16 Anmeldungen 7 Damen am Start erschienen, nämlich:

1) Frau Anna Wenig-München (150 Meter Vorgabe),

2) Frl. Sabine Fröhlich-München (300 Mtr.).

3) Frl. Mirzl Strommer-Wien (300 Mtr.),

4) Gretchen Klaußner-Nürnberg (500 Mtr.) (*),

5) Frl. Fanny Zöpf-Moosburg,

6) Frl. Amanda Loschke-München, welche beide vom Mal abfuhren, und

7) Frau Emma Knuß-Fürth

Die beiden Maldamen setzten sofort mit scharfem Tempo ein, so daß sie nach der 3. Runde bereits sämmtliche Vorgaben eingeholt hatten und dann ihren Konkurrentinnen davonfuhren.

Als erste landete Frl. Zöpf in 6 Min. 1 2/5 Sekunden, dichtauf folgte

Frl. Loschke in 6 Min 1 3/5 Sekunden, während

Fr. Wenig nach 6 Min. 14 Sek. über’s Band fuhr.

 

 

Nach diesem Rennen wurde ein Niederradfahren eingelegt, an dem sich 7 Fahrer betheiligten. Das Feld blieb, da ein wahres Bummeltempo eingehalten wurde, was den Fahrern von Seiten des Publikums Zischen und Pfeiffen eintrug, bis zur letzten Runde geschlossen.

Als Erster siegte nach scharfem Endkampf Otto Thilo-Nürnberg in 3 Min. 45 2/5 Sek.,

als Zweiter F. Riehl-Nürnberg in 3 Min. 46 1/5 Sek. und

als Dritter Willy Bischoff-Nürnberg in 3 Min. 46 1/5 Sek.

 

 

Beim Schlußrennen: Tandem-Fahren (Tandemmannschaft gemischt, Herr und Dame, 2.000 Meter, 3 Preise) starteten 3 Paare und zwar

1) Frl. Amanda Loschke und Chr. Wörner,

2) Frl. Fanny Zöpf und Otto Thilo,

3) Fr. Anna Wenig und Willy Bischoff,<(blockquote>

die auch in derselben Reihenfolge über’s Mal gingen. Das erste Paar brauchte 3 Min. 29 4/5 Sek., das zweite 3 Min. 34 Sek. und das dritte 4 Min. 3 Sek.

 

 

Damit hatte das Rennen des gestrigen 1. Tages, das besonders den Damen Zöpf und Loschke viel Beifall vom Publikum für ihre vorzüglichen Leistungen eintrug, ihr Ende erreicht.“ (**)

 



2. Tag 1. Juli 1895

1895 1. Juli - F.K.:

„Das heutige Damen-Velocipedfahren auf der Rennbahn der Rothenburgerstraße beginnt erst um 5 Uhr. Zu demselben sind neu gemeldet:

Frl. Dora Dotzer-München, welche am Sonntag im Hauptfahren in Köln Frl. Fanny

Zöpf-Moosburg besiegte, ferner

Frl. Barbara Dorée-Berlin und

Frau Anna Vallé-München.

Besonders interessant dürfte sich der Match zwischen Frl. Zöpf und dem Rennfahrer Otto Thilo dahier über eine Strecke von 10.000 Meter gestalten. Erstere erhält dabei 1.000 Meter Vorgabe.“ ***

 



Anzeige Damen-Velociped-Fahren (1895)
F.K., 1.7.1895, Nr. 330, S. 3


1895, 2. Juli - F.K.:

„Der gestrige 2. Tag des Damen-Velocipedrennens auf dem Rennplatze an der Rothenburger Straße war wiederum von schönstem Wetter begünstigt, hatte aber nur sehr schwachen Besuch aufzuweisen.

Ohne jeglichen Unfall und rasch nacheinander wickelten sich die Rennen ab, von denen besonders der 10 Kilometer-Match zwischen Frl. Zöpf und Hrn. Thilo sowie auch das Niederrad-Hauptfahren, in der 3 gleich starke Konkurrentinnen um die Palme stritten, besonderes Intreresse wachriefen. Die Wettfahren, welche pünktlich um 5 Uhr begannen, nahmen nachstehenden Verlauf:

 

Im Eröffnungsfahren für Damen (2.000 Meter, 3 Preise), an welchem sich

Frau Kathi Wenig-München,

Frl. Mirzl Strommer-Wien,

Frl. Dora Dotzer-München,

Frl. Fanny Zöpf-Moosburg,

Frl. Amanda Loschke-München und

Frl. Barbara Dorée-Berlin

betheiligten, siegte nach einem schönem Endkampfe

Frl. Dora Dotzer als Erste in 4 Min. 46 Sek.,

Frl. Amanda Loschke als Zweite in 4 Min 46 3/5 Sek. und

als Dritte Frl. Fanny Zöpf in 4 Min 48 Sek.

 

 

Zum Langsamfahren für Damen ( 2 Preise, 1 Bahnrunde) waren 7 Nennungen eingelaufen, 4 erschienen am Start und zwar:

Frau Kathi Wenig-München,

Frl. Gretchen Klaußner-Nürnberg,

Frl. Fanny Zöpf-Moosburg und

Frau Emma Knuß-Fürth.

Die beiden Erstgenannten gaben das Rennen bereits in bezw. nach der ersten Runde auf, Frl. Zöpf durchfuhr ungefähr ¾ Runde, während Frau Knuß nach schöner langsamer Fahrt allein am Ziel anlangte.

Sie hatte für die Runde 9 Minuten und 5 Sekunden gebraucht.

 

 

Mit Spannung und allseitigem Interesse sah man dem 3. Rennen entgegen, dem Match zwischen Frl. Fanny Zöpf-Moosburg und dem Rennfahrer Otto Thilo-Nürnberg (Strecke 10.000 Meter = 25 Runden), bei dem Frl. Zöpf 1.000 Meter Vorgabe erhielt.

Das Rennen wurde von Anfang bis zum Ende schneidig und in sehr gutem Tempo gefahren. Nach der 16. Runde hatte Thilo die Vorgabe eingeholt, überspurtete dann bis zum Schluß des Rennens seine Konkurrentin noch um ca. 1 ½ Runden und erreichte das Band nach 18 Min. 15 Sek., während Frl. Zöpf zu ca. 22 ½ Runden 18 Min. 29 Sek. gebrauchte. Sowohl dem Fahrer wie der Fahrerin wurde vom Publikum lebhafter Beifall gezollt.

 

 

Im Niederrad-Hauptfahren für Damen (2.000 Meter, 3 Preise, 1 Führungspreis), zu dem bei 8 Nennungen 6 starteten, nämlich

Frau Kathi Wenig-München,

Frl. Dora Dotzer-München,

Frl. Fanny Zöpf-Moosburg,

Frl. Amanda Loschke-München,

Frl. Barbara Dorée-Berlin und

Frl. Sabine Fröhlich-München

führte, wie am 1. Tage Frl. Zöpf sämmtliche Runden, dichtauf gefolgt von Frl. Loschke und Dotzer, während das übrige Feld sich stark auseinanderzog.

Bei Beginn der letzten Runde setzte sich Frl. Dotzer mit kräftigem Spurt an die Spitze, und es entwickelte sich nun ein interessanter und hartnäckiger Endkampf zwischen ihr und Frl. Loschke, doch konnte Letztere ihre Konkurrrentin nicht mehr ganz einholen; etwas weiter zurück lag Frl. Zöpf, die von dem vorhergegangenen Match noch sichtlich ermüdet war.

Frl. Dotzer gebrauchte 4 Min 2/5 Sek.,

Frl. Loschke 4 Min 2 Sek. und

Frl. Zöpf 4 Min. 4 Sek.

Der ausgesetzte Führungspreis, der Letzterer zugefallen wäre, kam nicht zur Vertheilung, da die Zeit von 3 Min. 55 Sek. von sämmtlichen siegerinnen – wohl in Folge ziemlich starken Gegenwindes – überschritten wurde.

 

 

Ein recht interessantes und belebtes Bild bot das Schlußrennen: Niederrad-Vorgabefahren für Herren und Damen (2.000 Meter, 3 Preise), dar; es starteten 6 Damen, nämlich

Frl. Gretchen Klaußner-Nürnberg (650 Mtr. Vorgabe),

Frl. Sabine Fröhlich-München (500 Meter),

Frau Kathi Wenig-München (420 Meter),

Frl. Dora Dotzer-München,

Frl. Fanny Zöpf-Moosburg,

Frl. Amanda Loschke-München (je 300 Meter),

und 5 Herren Willy Bischoff, Otto Thilo und H. Roth, sämmtlich von Nürnberg, ferner Christian Wörner-München und als Nachgemeldeter Nastvogel-Nürnberg, die sämmtlich als Scratchman fuhren.

Mit kräftigem Spurt legten die Fahrer los, so daß sie bereits nach der 3. Runde fast sämmtliche Vorgaben geholt hatten und dann die meisten Konkurrentinnen weit hinter sich ließen, nur Frl. Klaußner wurde erst zu Beginn der letzten Runde eingeholt.

Das Feld der Fahrer blieb bis zum Ende geschlossen; als Sieger gingen in folgender Reihenfolge über’s Band:

Otto Thilo in 3 Min. 10 Sek.,

Christ. Wörner in 3 Min 12 Sek. und

Nastvogel in 3 Min. 13 Sek.

Frl. Zöpf war in Folge Uebermüdung bereits nach der 2. Runde ausgeschieden, während Bischoff nach der 4. Runde aufgab.

 

 

Damit hatte das Rennprogramm seine Erledigung gefunden; um aber dem Ganzen

einen humoristischen Abschluß zu geben, war Hr. Restaurateur Lang (Krokodil) einen kleinen Match mit Frl. Amanda Loschke über 4 Runden (Fahrerin gegen Reiter) eingegangen, der mit dem Siege der Ersteren endete, da das zuerst von Hrn. Lang gerittene Pferd 2 Mal ausbrach und nur mit Mühe in die Bahn zurückgebracht werden konnte, welche Prozedur das Publikum jedes Mal in die lachlustigste Stimmung ver-setzte.“ ****

 



* Gretchen Klaußner war im Nürnberger Adressbuch von 1895 nicht eingetragen, möglicherweise weil sie noch nicht volljährig war und keinen eigenen Hausstand hatte. Der Name legt die Vermutung nahe, dass es sich um eine Tochter des Fahrradhändlers J. H. Klaußner gehandelt haben könnte, der sein Geschäft in der Gostenhofer Hauptstraße 14 hatte (Adressbuch von Nürnberg, 1895, III. Abt., S. 219)

** F.K., 1.7.1895, Nr. 330, S. 2, Städtisches

*** F.K., 1.7.1895, Nr. 330, S. 2, Städtisches

**** F.K., 2.7.1895, Nr. 332, S. 4, Städtisches

 


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