217 Fahrer hatten sich am Ostersonntag eingefunden um die Fahrt in die Hölle des Nordens, in die kriegszerstörte Region, aufzunehmen. Mit dabei einige Prominenz: Die Gebrüder Fausto und Serse Coppi sowie Fiorenze Magne aus Italien, Ferdi Kübler, der schweizer Crack, Vorjahressieger Rick Van Steenbergen, Marcel Kint und Brik Schotte aus Belgien sowie die Franzosen Louison Bobet, Louis Caput und André Mahé. Schönes Wetter, das eher in den Juni als in den April passte, versprach Milderung der Strapazen aber auch weniger Dramatik.
Eine der spannenden Frage war, würde der im Vorjahr von Van Steenbergen aufgestellte Streckenrekord von 43,612 km/h gebrochen werden können? Vorab: Er wurde es nicht, er wurde erst 1964 von Peter Post neu aufgestellt. Eine andere, würde es ein Duell zwischen Van Steenbergen und Fausto Coppi geben?
Einige Attacken gab es, sie blieben aber ohne Konsequenzen. Alle warteten gespannt auf die Côte von Doullens, hier könnte doch, wie schon häufig, eine Vorentscheidung fallen. Wahrhaftig, zwei Mann griffen an, Bernard Gauthier und Louis Deprez setzten sich ab, eine weitere Gruppe löste sich und schluckte die beiden Ausreißer nach wenigen Kilometern. Gemeinsam jagten sie gen Roubaix, das Peloton nicht weit dahinter.
EntscheidungenDie Entscheidung bahnte sich erst 26 Kilometer vor dem Vélodrome an: Jacques Moujica griff an, Mathieu und Leenen folgten. Aus dem 1 Min und 45 Sek dahinter liegenden Peloton konnte sich André Mahé verdrücken und aufschließen. Mathieu stürzte und musste reißen lassen. Niemand zweifelte mehr daran, dass die drei Führenden den Sieg unter sich ausmachen würden. Gemeinsam erreichten sie das Stadion, nur dass sie die Innenbahn zu Fuß mit geschultertem Rad über die Pressetribüne betraten - ein Ordner hatte in den Wirren das Trio zusammen mit den Begleitfahrzeugen vom Eingang weggelotst. Ein Journalist wies ihnen danach den Weg durch den kleinen Presseeingang. Während Moujica, dessen Pedal auf den letzten Metern noch gebrochen war, nicht mitsprinten konnte, rollte Mahé vor Leenen über den Zielstrich.
Rennleiter Boudard war zwar etwas verwirrt ob der Geschehnisse, zögerte aber nicht lange, überreichte André Mahé den Siegestrauß und schickte ihn auf die Ehrenrunde. Allerdings hatten beide nicht mit den Coppi-Brüdern gerechnet, die sofort offiziell Einspruch erhoben, schließlich gibt es vorgeschriebene Routen, an die sich alle halten müssen. Prompt wurde jetzt Serse zum Sieger ausgerufen.
Fünf Tage später warf die Französische Radfahrerunion nach einer zweistündigen Beratung auch diese Entscheidung um, erneut konnte Mahé vor Leenen jubeln. Doch da kannten sie die Italiener schlecht, den Coppis spielte man so nicht mit. Die UCI wurde angerufen und diese beschloss das Urteil aufzuheben, die entgültige Entscheidung solle im November fallen. Fausto wusste dies zu nutzen, kurz vor dem angesetzten Termin ließ er verlauten, dass er sehr gerne im nächsten Jahr dieses wundervolle Rennen bestreiten wolle, doch wenn seinem Bruder der Sieg nicht zuerkannt würde, wäre er sehr wahrscheinlich nicht am Start.... Da die Belgier auch nichts gegen Serse einzuwenden hatten und der französische UCI-Vorsitzende Achille Joinard wiedergewählt werden wollte, musste ein Kompromiss her: Serse Coppi und André Mahé wurden zu Siegern ex aequa, gleichberechtigten Gewinnern, erklärt.
Fausto Coppi hielt Wort, er trat 1950 an und gewann wie es sich gehörte. Endklassement
4. Jacques Moujica (Fra) 5. Georges Martin (Fra) 6. André Declercq (Bel) 7. Florent Mathieu (Bel) 8. Roger Gyselinck (Bel) 9. Albert Anciaux (Bel) 10. Josef Verhaert (Bel) >>> mehr Info
Quellen: P. Sergent, A Century of Paris-Roubaix, 1997 Miroir Sprint, Nr. 150, 19. 4. 1949
© cycling4fans.de Maki, März 2006
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