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Datum: 27. März 1932
Strecke: 255,7 km
Fahrer am Start: 124
Fahrer im Ziel: 69
Durchschnittsgeschwindigkeit: 37,4 km/h (Rekord)
10 deutsche Berufsstraßenfahrer waren mit am Start des 'Rennens des Mannes der letzten 20 km', wie Paris-Roubaix damals bezeichnet wurde. Denn obwohl die ersten Kilometer von giftigen Steigungen bestimmt wurden, galt es allgemein als falsch, etwas besonders Rennenentscheidendes vor den Pflasterabschnitten versuchen zu wollen und wer in diesem Höllenritt gegen Ende noch die meiste Kraft hatte und/oder taktisch am klügsten fuhr sowie das Glück auf seiner Seite hatte, stand mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz oben auf dem Treppchen.
Favorit war 1932 der Belgier Romain Gyssels, der 14 Tage zuvor zum zweiten Male die Flandern-Rundfahrt für sich entschieden hatte.
Morgens um 7:30 Uhr startete das Rennen am Lunapark in Paris. Nachts hatte es zwar geregnet, doch nun war es trocken, sodass sich Tausende Radsportbegeisterte auf Rädern, Motorrädern und mit Automobilen einfanden, um den Profiradlertross zu begleiten.
Kurz nach dem Start auf der Steigung von Argenteuil |
Nach 10 Kilometern enteilten die Franzosen Mauclair und Merviel und schufen sich bis Kilometer 96 einen Vorsprung von 4 Minuten. Das Peloton gab Ruhe. Doch jetzt reichte es den Belgiern, sie forcierten das Tempo und 30 Kilometer später war das Polster der beiden Fluchtgenossen auf 30 Sekunden geschrumpft. Da kam die Verpflegungskontrolle von Amiens und brachte etwas Chaos ins Feld. Eine Stilhalteübereinkunft scheint es damals nicht gegeben zu haben. Viele versuchten so schnell wie möglich an ihre Beutel zu kommen und den Gegnern zu enteilen, mit dem Ergebnis, dass es krachte: "Die Verpflegung gab Veranlassung zu dem traditionellen Spurt, bei dem sich natürlich wieder fünf, sechs Mann der Spitzengruppe am Boden wälzen, darunter auch Rinaldi, der sein Rad zerbricht." Andere Fahrer hielten sich zu lange auf und verloren den Anschluss.
In der Verpflegungskontrolle zu Amiens. Von rechts nach links: Rigaux, Speicher, Marcel Bidot |
Le Drogo und Roosemont können sich zwar absetzen und zu den beiden Führenden aufschließen, doch Le Drogo platzt ein Reifen, er verliert den Anschluss und Mauclair scheint müde, er muss an der Steigung von Doullens ( 158,2 km) reißen lassen. Das verbliebene Duo Roosemont und Merviel überqueren den Scheitelpunkt noch als erste, doch P. Magne, Schepers, Bidot, Péglion, Demuyère, Ronsse und Le Calvez stürmen heran und setzen sich mit an die Spitze.
Der Belgier Roosemont und der Franzose Merviel mit Vorsprung an der Spitze auf der Steigung von Doullens. |
Jetzt kommt Bewegung ins Feld, immer neue Fahrer schließen auf, andere fallen zurück, zeitweise besteht die Spitzengruppe aus 50 - 60 Fahrern. Fluchtversuche gibt es eine Menge, doch man lässt niemanden fahren. Plötzlich tritt der Deutsche Herbert Sieronski an und hat schnell 100 m Vorsprung. Marcel Bidot folgt ihm einige Minuten später und beide jagen davon. Lediglich Péglion schafft es noch sich vom Feld zu lösen, kann aber die beiden Führenden nicht erreichen. In Arras nach 190,7 Kilomtern liegen Sieronski und Bidot 45 Sekunden vor Péglion, der einen Vorsprung von 2 Minuten und 16 Sekunden auf 14 Verfolger hat, mit dabei Herman Buse und Kurt Stöpel, der leider 30 Kilometer vor dem Ziel 3 Reifenschäden erleidet und zurückfällt.
Der Berliner Sieronski ist ausgerückt. Der Franzose Marcel Bidot hat ihn eingeholt und führt nunmehr über die Brücke von Courrières. |
Weitere kleine Gruppen jagen hinterher, einige Fahrer kommen näher, andere geben erschöpft auf. Plötzlich können Aerts, Rousse, Schepers, Deloor und Gyssels enteilen, in Hénin Liétard (211,7 km) haben Sieronsky und Bidor nur noch ein dünnes Polster von 1 1/2 Minuten, Péglion fährt noch immer allein hinter den beiden her, wird aber schnell von der aufholenden Gruppe, die nur noch aus Gyssels, Ronsse, Aerts und Schepers besteht, geschluckt.
"Plötzlich steht man vor einer geschlossenen Bahnschranke. Schepers und Aerts zögern, aber Ronsse stürmt mit Gyssels hindurch. Péglion bleibt zurück, und Schepers hat einen Schwächeanfall. Dagegen kommt Aerts in großer Fahrt wieder zu Ronsse und Gyssels auf. Vorn hat Marcel Bidot plötzlich Reifenschaden, aber in diesem Augenblick betrug sein und Sieronskis Vorsprung nur noch etwa 40 Sekunden."
Bidot, der schon als Sieger gehandelt wurde, musste aufgeben. Sieronski wird 10 km vor Roubaix eingeholt, kann sich jedoch an das Hinterrad von Gyssels hängen, der schon sehr früh zum Endspurt antritt. 200 Meter vor dem Zielstrich löst er sich und gewinnt mit drei Längen Vorsprung vor Ronsse, Sieronski liegt weitere zwei Längen dahinter gefolgt von Aerts.
Welch überrragendes Ergebnis für die Belgier, welch wundervolles belgisches Frühjahr.
Romain Gyssels gewinnt den Endspurt in Roubaix vor Ex-Weltmeister Ronsse, dem nicht sichtbaren Berliner Sieronski und Jean Aerts. |
Romain Gyssels stellte mit 37,4 km/h einen neuen Streckenrekord auf. Im Jahr zuvor gelangte es Gaston Rebry den seit dem 23. März 1913 bestehenden Rekord des Luxemburgers Francois Faber 8 35,328km/h zu knacken, nun war Gyssels noch einmal 12 Minuten schneller.
Die Bergprämie für den Ersten der Steigung von Cormailles gewinnt Pierre Magne mit zwei Längen vor Alexander und Le Calvez.
Romain Gyssels nach seinem Siege in Paris-Roubaix mit dem glücklichen Leiter seiner Fahrradfirma "Dilecta". |
1. Roman Gyssels (BEL) 6:49:58
2. Georges Ronsse (BEL), 1 Radlänge zurück
3. Herbert Sieronski (GER), 1. Radlänge zurück
4. Jean Aerts (BEL), 2 Radlängen zurück
5. Alfons Schepers (BEL) 6:50:30
6. Josef Demuysère (BEL) 6:51:13
7. Alfons Ghesquières (BEL) 6:51:45
8. Emile Decroix (BEL) 6:51:49
9. Julien Vervaecke (BEL) 6:52:20
10. Alfons Deloor (BEL) dichtauf
11. Archambaud
12. Tommies
13. Maréchal
14. Hector Martin
15. Rebry
16. F. Vervaecke
17. Péglion
18. Marcel Bidot
19. Roosemont
20. Carrein
21. Hermann Buse
22. Leducq
23. A. Magne
24. Joly
25. Horemans
26. Deudon
27. P. Magne
28. Kurt Stöpel
29. Verdyck
30. Moineau
31. Neuhard
32. Moreels
33. Carl Olböter
34. Blattmann
35. Speicher
36. Bernard
37. Perrain
38. Erne
39. Ludwig Geiyer
40. Willy Kutschbach
41. Marcaillou
42. Meerschaert
43. Loncke
44. Bonduel
45. van Rysselberghe
46. Reyns
47. Jean Wauters
48. Naert
49. Aumerle
50. Robitaille
51. van Tricht
52. Bouillet
53. Buttafocchi
54. Nicolas Frantz
55. Goossens
56. Cornez
57. Rigaux
58. Devoght
59. Thallinger
60. Kurt Nitzschke
61. Haemerlinck
62. Louyet
63. Viaene
64. van Impe
65. Koch (Frankfurt)
66. P. Martens
67. van Hée
68. Baud
69. Maurel
Quellen:
Illustrierter Radrennsport 1932
© cycling4fans.de
Maki, März 2006
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