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Geschichte internationaler Radsport



Irreführung

Teil III, Artikel 'Kniffe der Straßenfahrer'

 

Weniger verbrecherisch, aber trotzdem verwerflich, sind die Kniffe , die zur Irreführung der Gegner angewendet werden. Viele Fahrer gehen von dem Standpunkt aus, dass sie die Unerfahrenheit oder die Unkenntnis der Wege bei ihren Gegnern ausnützen dürfen, weil ja auch Unkenntnis des Gesetzes nicht vor Strafe schützt.



In einem grossen Strassenrennen kannte nur ein Fahrer an einer schwierigen Stelle den richtigen Weg, weil er die Strecke vorher abgefahren hatte. Als die fragliche Wegkreuzung kam, setzte er sich an die Spitze und führte in vollem Tempo in den ... falschen Weg hinein. Die Meute stob hinter ihm  her und freute sich der flotten Führung, aber plötzlich hob der führende Wegekenner die Hand und meldete Reifenschaden. Froh, den scharfen Gegner  los zu sein, raste die wilde Jagd davon und als sie ausser Sicht war, schwang sich der Mann mit dem nicht vorhandenen Reifenschaden auf sein Rad, fuhr bis zur Wegekreuzung zurück und gelangte auf dem richtigen Wege als Sieger an das Ziel.

 

In einem anderen Rennen wurde ein ähnliches „Verfahren“ angewendet. Zwei gute Freunde schlossen sich zusammen, und als die Kopfgruppe abgesondert war, nahm der Schwächere der beiden die Spitze, während sich der andere an das Ende setzte. Als die Wegekreuzung kam, raste der Spitzenreiter mit der ahnungslosen Gruppe in den falschen Weg, aber um einen Mann war die Gruppe kleiner geworden und dieser eine war der „Kampfgenosse“ des Spitzenreiters, der unbemerkt den richtigen Weg eingeschlagen hatte.

 

Das Verweisen auf den falschen Weg ist ein alter Trick und nur ganz Unerfahrene fallen noch darauf hinein, so dass die Füchse auf neue Kniffe sinnen müssen. In einem grossen Strassenrennen hatten zwei Fahrer die Strecke vorher abgefahren und auf dem Wege eine Stelle gefunden, die das Feld nur im Gänsemarsch passieren konnte. Als die Kopfgruppe im Rennen an diese Stelle kam, nahm der Bessere der beiden die Spitze und der „Verbündete“ legte sich an sein Hinterrad. In schnellem Tempo ging es auf den nur wenige Zoll breiten Weg, der auf der einen Seite von Bäumen und Steinen und auf der anderen Seite von einer aufgerissenen Strasse begrenzt wurde.

 



Als das Feld auf diesen Weg gebracht worden war, markierte der Zweite Reifenschaden und fuhr langsamer. Das hinter ihm liegende Feld musste stoppen, da es weder rechts noch links vorbeigehen konnte und in diesem Augenblick enteilte der an erster Stelle liegende Fahrer. Der Ausreisser hätte das Rennen voraussichtlich gewonnen, aber das unrechte Gut gedieh nicht; er erlitt Reifenschaden und fiel ganz aus dem Rennen.

 

Das „Bremsen“ ist ein beliebter Trick bei Bahn- und Straßenfahrern. Nicht immer hemmt das Feld seinen Lauf in der Absicht, einen Ausreisser laufen zu lassen, weil auch andere Fahrer der Kopfgruppe Interesse am Sieg haben, aber es kommt doch vor, dass ein Fahrer bei einem Vorstoss enteilen kann, weil sein Verbündeter keine Miene macht, ihm nachzusetzen und die anderen aus Furcht vor der zu frühen Verausgabung der Kräfte und mit Rücksicht auf die gute Form des „Bremsers“ nicht nachzugehen wagen. Gut müssen die Fahrer sein, die einen solchen Trick anwenden, denn mit schlechten Fahrern macht man kurzen Prozess und lässt sie selbst in die Grube fallen, die sie andern graben wollten.

 

Einen schlauen, aber wenig kameradschaftlichen Trick wandte ein Berliner Wertpreisfahrer an. Als er sich die Kopfgruppe dem Ziel näherte, nahm er die Führung, und etwa 800 m vor dem Ziel rief er plötzlich: „Achtung Schienen!“ Die verblüfften Fahrer stoppten ihre Maschine, während der Rufer antrat und durch seinen Trick 100 m Vorsprung gewann. Es waren nämlich gar keine Schienen zu überfahren, und ehe sich die Fahrer von dem Schrecken erholen konnten, hatte der Schlaumeier das Rennen längst gewonnen. Ueber die ärgerlichen Kundgebungen seiner Gegner setzte sich der Sieger um so leichter hinweg, als er ihnen vorhielt, wie dumm es sei, 800 m vor dem Ziel noch an das Vorhandensein von Eisenbahnschienen zu glauben; zu billigen ist diese absichtliche Täuschung nicht, da sie einen Missbrauch des Vertrauens zu dem führenden Fahrer darstellt.

 



Ein ähnlicher Trick ist das Nachahmen des Geräusches von Reifenschäden. Viele Fahrer haben in dieser Nachahmung eine gewisse Meisterschaft erlangt und nicht nur die Neulinge, sondern auch die Ganzschlauen fallen noch darauf hinein. Wenn das „Pffssst-st-st-st-st“ ertönt, blicke fast alle erschreckt nach ihren Reifen,  und wenn der Imitator in diesem Augenblick antritt, kann er unter Umständen seine Gegner abhängen. Dieser Trick ist auch im Bahnrennen oft mit Erfolg angewendet worden.

 

Alt und plump ist der Trick, einem Fahrer zu sagen: „Du hast Reifenschaden“ und den Augenblick, in dem der Erschreckte seinen Reifen nachsieht, zum Ausreissen zu benutzen.

 

Wirkungsvoller ist das Abfallen vom Felde vor einer zu passierenden Stadt, nachdem man dort einen Radfahrer gedungen hat, der dem Abgefallenen den kürzesten Weg durch die Stadt zeigt. Erst im verflossenen Jahre ist dieser Trick angewendet worden, aber so lange den Fahrern nicht bestimmte Strassen vorgeschrieben werden, kann man gegen diese Ausnutzung der Unkenntnis anderer schwer einschreiten.

 

Weit schlimmer ist das absichtliche Falschweisen durch Entfernung der Richtungspfeile oder durch Versetzen dieser Wegweiser. Es ist vorgekommen, dass die von den Veranstaltern an den Bäumen befestigten Pfeile abgenommen und an den in der falschen Richtung stehenden Bäumen angebracht worden sind und dass man am Wegesrand stehende einzelne Burschen, die sich der Tragweite ihrer Handlungsweise nicht bewusst waren, durch Geld bewogen hat, den nachfolgenden Fahrern einen falschen Weg zu zeigen.

 

Bei langen Straßenrennen wurde vielfach das System der Schnitzeljagd angewendet, und einige Firmen hatten kleine Reklamezettel drucken lassen, die an Wegekreuzungen auf den richtigen Weg gestreut wurden. Mit dieser Zettelklappe schlugen die Firmen zwei Fliegen, denn erstens wiesen sie die Fahrer auf den rechten Weg und zweitens machten sie für ihre Fabrikate eine wirkungsvolle Reklame.

 

Dieses Schnitzelsystem wurde von einigen skrupellosen Fahrern zu einer List ausgenutzt. Sie beschafften sich eine Anzahl Reklamezettel und streuten diese  bei Wegekreuzungen auf den falschen Weg, so dass sich die nachfolgenden Fahrer verfahren mussten.

 

>>> Fortsetzung


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