Am 1. August 1865 informierten die beiden Brüder ihren Vater darüber, dass sie gemeinsam mit dem befreundeten Journalisten Georges De la Bouglise auf dem Rad von Paris nach Avignon fahren wollten. Der Freund, der dieselbe Schule wie die Brüder besuchte, hatte sich ebenfalls für das Fahrrad begeistert. Auch er soll sich mit neuen Entwicklungen beschäftigt und die Brüder Michaux unterstützt haben. Doch er verlor das Interesse, wurde Bergwerksingenieur mit dem Spezialgebiet Gold.
Die drei Freunde starteten am 25. August 1865 in Paris wahrscheinlich auf Michaux-Rädern in Paris nach Avignon, es könnten aber auch Entwicklungen von M. Gabert gewesen sein. Die Reise in die Heimatstadt der drei ging über 794 km und dauerte 8 Tage. Die zwei Brüder Avignon erreichten das Ziel ohne ihren Freund, der unterwegs aufgegeben hatte. Damit hatten sie im Durchschnitt 100 km am Tag zurück gelegt - eine bemerkenswerte Leistung angesichts der schlechten Straßen und eines Gefährtes, das auch Knochenschüttler genannt wurde. Diese Fahrt gilt als Beginn des Radtourismus. industrielle Fertigung der VelocipedeDie Nachfrage nach den Velocipeden stieg, so dass der erst zögernde Pierre Michaux ermutigt wurde im Mai 1868 in Paris in der Rue Goujon einen Werkstatt zu kaufen und gemeinsam mit den drei Brüdern Olivier die Société Michaux et Compagnie gründete. Mittlerweile waren jedoch schon weitere Konkurrenten auf dem Markt.
Michaux investierte 16 000 Francs, die Brüder Olivier 50 000 Francs. Geld war deren Problem nicht, hatten doch René und Aimé in wohlhabende Familien eingeheiratet. Der Name Michaux galt als Werbeträger, im Hintergrund brachten die Oliviers jedoch Verbesserungen und Konstruktionsänderungen ein und förderten Werkstätten für Zulieferer. Nach Keizo Kobayashi fertigte die Compagnie (Gesellschaft) zu dieser Zeit 12 Maschinen pro Tag und beschäftigte ca. 60 Arbeiter. Allerdings kam es zwischen Michaux und den Brüdern Olivier zu Unstimmigkeiten, da letztlich die Oliviers das Sagen hatten. Im April 1869 wurde die Firma aufgelöst und kurz darauf wieder von den drei Brüdern Olivier aufgekauft. Sie gründeten die Compagnie Parisienne des Vélocipèdes und begannen "nach dem Prinzip « Time is Monney »" zu produzieren. Pierre Michaux wurde durch Jean Baptiste Gobert ersetzt. Auf ihn geht die Gründung zweier Manegen in Paris zurück, in denen Anfänger das Radfahren erlernen konnten. Auch in Wien existierte bereits ein solches 'Vélcipéd-Gymnasium'. Angeblich konnte die Gesellschaft der Gebrüder Olivier im Jahr 1869 mit 150 Arbeitern 300 Räder von einfachen bis komplizierten Varianten, in über 80 Fabrikationsstellen, davon 15 in der Provinz, produzieren. Die Geschäfte liefen so gut, dass 6 Filialen in Großbritannien und einen in St. Petersburg gegründet wurden. Aufgrund ihrer finanziellen Stärke unterstützte die Compagnie Parisienne eine internationale Ausstellung im Pariser Viertel Pré-Catelan - les Fêtes de la Vélocipédie - die vom 30. Oktober bis zum 5. November stattfand. Fast 80 Velociped-Modelle wurden hier vorgestellt. Die Compagnie Parisienne glänzte mit einer Ausstellung zu der Entwicklung des neuen Gefährtes. Die Brüder Olivier initiierten (?) das erste offizielle Radrennen auf einer Bahn am 31. Mai 1868 im Pariser Park von Saint-Cloud und förderten großzügig das weltweit erste große Straßenradrennen, dass am 7. November 1869 von Paris nach Rouen über 123 km stattfand. 100 Teilnehmer und Teilnehmerinnen traten nach le cyclisme von 1912 am Morgen um 7.30 Uhr bei Regen auf den schweren Kopfsteinpflasterkurs zum Start an, 300 sollen sich gar zuvor eingeschrieben haben. Mit dabei waren auch Drei- und Vierräder. James Moore hatte das Ziel um 18.10 Uhr als erster erreicht. Als erste von fünf angetretenen Frauen traf Miss America am Morgen um 6.20 Uhr als 29. ein (nach Les Woodland war Miss America das Pseudonym einer Engländerin). 1870 stoppte der Krieg den wirtschaftlichen Aufschwung Frankreichs. Die Niederlage von Sedan stürzte das Land in große ökonomische Schwierigkeiten. 1874 musste die Compagnie Parisienne des Vélocipèdes mit einem Verlust über 1 Million Francs aufgeben. Die Oliviers zogen sich daraufhin aus der Fahrradproduktion komplett zurück und wandten sich hinfort der familiären Chemieproduktion zu. Begünstigt wurde der Niedergang der Fahrradproduktion der Brüder Olivier wohl auch durch die Konkurrenz bezüglich der Weiterentwicklungen des Fahrrades. So soll zwar die Entwicklung von Rädern mit Kautschukbändern auf sie zurück gehen, doch Beweise gibt es nicht. Sie hatten wahrscheinlich versäumt sich ihre Erfindungen patentieren zu lassen, so dass andere die weitere Geschichte des Fahrrades bestimmten. Der König von KahelKurze Zeit später starb (?) René Olivier nach einem Reitunfall. Über Marius sind keine Informationen mehr bekannt. Aimé machte weiterhin auf sich aufmerksam. Er wurde in Marenne Direktor einer Chemiefabrik und Bürgermeister der Stadt. Seine Liebe zum Velociped zeigte sich hier dadurch, dass er die Briefträger der Gemeinde mit Rädern ausstattete.
Von 1880 bis 1919 widmete sich Aimé seiner großen Liebe Afrika. Kurz nach dem Tode seines Schwiegervaters verließ er 1880 Frau und Kind und brach zu seiner ersten von insgesamt fünf Expeditionen in das damalige Königreich Fouta Djalon, einer Bergregion im heutigen Guinea auf, die von dem Volk der Peul bewohnt wird. Hier gelang ihm anscheinend ohne koloniales Gehabe ein gleichberechtigter Dialog mit dem Ergebnis, dass die Peul ihm anboten, ihr König zu werden. Mit lokalen Kräften schloss Aimé Handelskontrakte ab, die ihm aber Konflikte mit fränzösischen Kolonialbehörden einbrachten, die seine auf Gleichberechtigung basierenden Vorstellungen nicht teilten. Unterstützt wurde er durch Ferdinand de Lesseps und Louis Faidherbe, Gouverneur des Senegal. Aimé, der gerne König dieser Region werden wollte, hatte ein entsprechendes Angebot der Peul für das Kahel-Plateau über 20 km Länge, mitten in Fouta Djalon liegend, erhalten und konnte so einige Zeit bis zur Eroberung durch die Franzosen als Monarch residieren. Er hatte auch davon geträumt, das Land mittels der Einführung der Eisenbahn zu entwickeln, doch dieses Projekt war zum Scheitern verurteilt. Auf adelige Würde musste er jedoch nicht ganz verzichten. Während einer seiner frühen Reisen wurde dem Franzosen von Luis I. von Portugal der Titel Vicomte von Sanderval verliehen. Nach ihm wurde ein Ortsteil von Conakry, der Stadt, die 1887 von den Briten an die Franzosen übergeben und die Hauptstadt von Französisch-Guinea wurde benannt, noch heute gibt es einen Stadtteil mit dem Namen Sandervalia (oder hieß der Ort vor der Gründung Conakrys Sandervalia und erhielt Aimé davon den Namen?). Unter dem Titel "Der König von Kahel" (Le Roi de Kahel) erschien 2008 ein preisgekrönte Roman von Tierno Monénembo. Aimé starb 1919. * Aimé Olivier wird gelegentlich als Erfinder der Fahrradbremse erwähnt. Es gab aber schon wesentlich früher mindestens eine entsprechende Konstruktion, wie folgende Abbildung einer Laufmaschine des Jahres 1817 zeigt:
* Hans-Erhard Lessing wies 2015 daraufhin, dass die ersten Radtouristikreisen schon früher stattfanden: "So hat ein ungenannter Brite die 800 Kilometer London - Falkirk wohl bereits 1819 mit der Laufmaschine zurückgelegt. Auch Karl Drais selbst ist im Oktober 1818 per Laufmaschine 630 km nach Paris gefahren, und zuvor im März seine Mannschaft ohne ihn denselben Weg."
von Monika, Januar 2011
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