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Krank Soulbroucke's Tagebuch der Tour de France 2002

<typohead type=3>Tagebuch Teil I, Kranke Toureinsichten</typohead>

 

Freitag 5.7. – Heute war die Präsentation, in einer Halle, so viele Leute, mußte das wieder sein? Zuerst wollte ich mich drücken, nach einer einstündigen Sitzung mit meiner Ärztin war ich dann doch bereit. Den Vormittag konnte ich wenigstens sinnvoll nützen. Ich eröffnete ein Nummernkonto für meine Katze, sie entwickelt sich immer mehr zum Werbestar und das Geld gehört gut angelegt.

 

Samstag 6.7. – Der Prolog, Marcella sprach noch kurz vor dem Start mit mir. Sie wollte, dass ich auf Sieg fahre. Die Frau ist mir zu ehrgeizig, was erwartet sie von mir? In einer Hauptstadt, in den engen Straßen, die vielen Leute, sie muß doch wissen, dass ich mich da nicht wohl fühle. Am Ende war ich 20ster, und wenn man berücksichtigt, dass ich immer in der Mitte der Straßen gefahren bin, ich war der Beste.

 

Sonntag 7.7. – Im ersten Feld im Ziel, die Arbeit mit Dr. Saki trägt schön langsam Früchte. Ich hatte während der Etappe auch keine Panik und Angstzustände mehr. Meine Frau hatte eine geniale Idee vor der Tour. Die Taktik probierte ich sofort aus und sie war ein Erfolg. Wenn es im Feld um mich herum zu eng wurde, fahre ich jetzt kurz zickzack, da halten sofort alle einen Abstand zu mir. Nur einer, ein grün-weißer Franzose drohte mir nach dem Zieleinlauf. Das kurze, laute Fauchen meiner Katze, die mit meiner Frau im Ziel auf mich wartete, beruhigte den Verrückten aber schnell.

 

Montag 8.7. – Die Deutschen sind verrückt. Wahnsinn, wie viele Fans auf den Straßen waren. Es bereitet mir auch Sorgen. Haben die keinen Job, dass sie an einem Werktag die Tour besuchen können? Nicht umsonst ist Deutschland Schlußlicht in der EU. Die Etappe war kein Problem. GMD sorgte mit seinem 11ten Platz für gute Stimmung unter uns Fahrern. Nur unsere sportlichen Leiterrinnen bereiten mir Sorgen. In Taktikfragen scheinen sie sich nicht einig zu sein.

 

Dienstag 9.7. – Heute passierte es, es kam zum Krach zwischen unseren beiden Frauen. Sie konnten sich am Abend im Hotel nicht über unseren Speiseplan einig werden. Die eine wollte unbedingt Reis, die andere Nudeln für uns. Das Ergebnis, sie stritten so lange, bis die Küche schloß. Meine Teamkameraden gingen darauf ins nächste McDonnalds. Ich hatte keine große Lust auf ein überfülltes Imbißrestaurant und teilte mir eine Dose mit der Katze.

 

Mittwoch 10.7. – Mannschaftszeitfahren, ein neunter Platz, eigentlich sensationell für uns. Ich bin trotzdem stinksauer. Die ganzen 68 Kilometer mußte ich führen. Alle anderen hatten vom Vortag noch einen so schweren Magen, dass sie nicht in der Lage waren, mich zu unterstützen. Alex Klödi war so angefressen, dass er nach 2 km aufgab. Ich mache erst mal einen Spaziergang mit Dr. Saki und der Katze............

 

<typohead type=3>Tagebuch Teil II, Für alle Fans, er fährt noch! </typohead>

 

Donnerstag, 11. Juli – Heute, das war einfach ein vollendeter Radsporttag. Ich hatte einfach keine Lust im Feld zu fahren und ließ mich gleich nach dem Start zurückfallen. Marcella schimpfte natürlich sofort wie ein Waschweib, ich, ein verzogenes Talent, solle mich einmal nicht so anstellen. Ich schaute sie dabei nur an und bemerkte kurz: “Na heute wohl Nudeln statt Reis gefrühstückt?“ Da stieg sie aufs Gas und dampfte wütend ab und ich genoß meine Alleinfahrt. Zur Hälfte des Rennens hatte ich einen Rückstand von 15 Minuten, im Ziel 5. Gibt es einen besseren? So für heute ist Schluß, ich muß zu einer Team-Aussprache, Marcella hat Probleme .......

 

Freitag, 12. Juli – Wieder eine der langweiligen Sprintetappen hinter uns. Der Grüne von den rosaroten Jungs gewann. Ich kam sogar mit dem Feld ins Ziel. Da alle Fahrer einen Respektabstand zu mir hielten, war es kein Problem. Ich war sogar zu Scherzen aufgelegt. Einmal bin ich knapp hinter den grün, weißen Franzosen gefahren und begann laut zu miauen. Ihn hätte es fast vor Schreck vom Rad geschmissen ...........

 

Samstag, 13. Juli – Die heutige Etappe wollte Peter für eine Attacke nutzen, um etwas von seinem Rückstand, den er seit dem Prolog und dem Mannschaftszeitfahren gegenüber den Texaner hat, wettzumachen. Er spekulierte sogar mit einem Etappensieg. Angegriffen hat er, mit dem Sieg, da hatte er nichts zu tun, aber 27 s holte er gegenüber den Texaner auf, genauso wie ich.

 

Sonntag, 14. Juli – So jetzt noch kurz ein Eintrag in mein Tagebuch und dann ab ins Bett. Ich komme gerade von einem langen Spaziergang, mit der Katze, ohne Dr. Saki. Heute verzichtete ich auf meine Therapie und schickte sie zu den Zwillingen. Sie benötigen eine Psychologin einfach dringender als ich, sie sind so deprimiert, dass sie nicht mal mit den Hostessen flirten. Der eine leidet, weil er nicht fahren darf, der andere weil es seinem Bruder schlecht geht. Aber ich bin mir sicher, Dr. Saki wird ihnen helfen das Problem in den Griff zu bekommen.

 

Montag, 15. Juli – Ein super Tag für das Team, für mich ganz und gar nicht. Stefan Zwilling fuhr auf den 3. Platz, er wirkte so frisch. Ich versagte und das bei einem Einzelzeitfahren. Ich kann es nicht glauben, schon an der Startrampe, ich sah die Leute und bekam sofort meine Panikzustände. Mit höchster Konzentration schaffte ich es doch noch loszufahren. Am Ende war ich 54.. Als mir Marcella danach begegnete, sah sie mich nur kopfschüttelnd und verärgert an. Von Inga bekam ich wenigstens ein Lob, dass ich gestern zu Gunsten von Stefan auf meine Therapie verzichtete. Das sei wahrer Teamgeist. Na toll, aber was habe ich jetzt davon, das passiert mir sicher kein zweites Mal, die Zwillinge sollen ihre Problem das nächste Mal alleine lösen.

 

Dienstag, 16. Juli – Ruhetag, nur von einer Ruhe bekam ich nichts mit, zumindest im Hotel. Auf unsere Etage schwirrten die ganze Zeit Hostessen vor den Zimmern mit den Zwillingen und GDM herum. Dann war noch die ganze Familie Italiano zu Besuch. Sie quartierte sich auf der Etage (oder waren es mehrere?) über uns ein, was für ein Lärm und Trubel. Da setzte ich mich aufs Rad und fuhr die morgige Etappe schon mal ab, ich kam auf einen 42er Schnitt.

 

<typohead type=3>Tagebuch Teil III, Ein Bär, ein Skandal und ein Irrtum der sportlichen Leiterin! </typohead>

 

Mittwoch, 17. Juli – Guiseppe, ich verstehe es nicht, er war heute fix und fertig, er hat doch schon 6 Kinder. Er konnte sich keine 10 Kilometer im Feld halten. So mußte ich zurück und unsere Berghoffnung ziehen, dass er im Zeitlimit bleibt. Dahinter im Teamauto eine schimpfende Wurst. Sie soll sich endlich einen Mann suchen, damit sie uns in Ruhe läßt. Kurz vor dem Ziel ging es Beppo besser und er übernahm sogar öfters mal die Führungsarbeit, am Horizont konnte er die Pyrenäen sehen.

 

Donnerstag, 18. Juli – Ich bin mit meinen Nerven fast am Ende. Nicht wegen dem Rennen, es ist normal verlaufen, GMD stieg erwartungsgemäß am Col de Ausbique aus, sonder wegen der Katze. Meine Frau unternahm heute mit ihr einen Ausflug in den Nationalpark und ließ sie in den Bergen frei herumlaufen. Dabei wurde das arme Tier von Jägern beschossen. Nachdem sich meine Frau entsetzt und fuchsteufelswild bei den Schießwütigen beschwerte, führten sie als Entschuldigung an, dass die Katze gerade dabei war einen Bären zu jagen .......

 

Freitag, 19 Juli – Wieder ein Sturz, ich konnte nichts dafür. Es erwischte einen Teamkollegen, Stefan Zwilling. Zum Glück verletzte er sich nicht ernsthaft, nur Hautabschürfungen auf dem linken Arm und linken Bein, es gehört dazu. Meine Leistung, ich werde schön langsam müde, die Arbeit der letzten Tage, meistens alleine, nicht im Feld, beginnt sich negativ auszuwirken. Ich kam mit dem Autobus ins Ziel, zusammen mit Luftschloß. Wollte er eigentlich nicht in den Bergen eine Etappe gewinnen?

 

Samstag, 20. Juli – Stefan Zwilling wurde heute vor dem Start aus dem Rennen genommen und uns drohte die Disqualifikation. Ich habe keine Ahnung warum und wieso und wie gesagt, die Probleme der Zwillinge interessieren mich nicht mehr. Nur irgendwie störte der Verband an seinem rechten Arm und Bein die Verantwortlichen ........ Das Gelächter und Gespött im Feld war groß. Ein paar zickzack Einlagen meinerseits und es beruhige sich wieder sehr schnell.

 

Sonntag, 21 Juli – 4. Platz, am Mount Ventoux! Nach der Müdigkeit der letzten Tage, ich bin selbst von mir überrascht. Dabei konnte ich heute am Morgen keinen Bissen herunter bekommen und ich hatte schon Angst, dass ich die Etappe nicht mehr durchstehe. Unter der Fahrt bekam ich doch wieder meinen Appetit und Inga reichte mir was aus dem Auto. Wie sich später herausstellte, erwischte sie in der Hektik das Futter meiner Katze. Mich würde mal interessieren, was da alles drinnen ist, oder besser nicht. Beppo wurde 3., er soll dabei ja nicht vergessen, wer ihn nach Pau schleppte.

 

<typohead type=3>Tagebuch Teil IV, Über einen Texaner und Mannschaftspflichten </typohead>

 

Montag, 22 Juli – Der zweite Ruhetag, ich hätte ihn nicht benötigt. Ich hatte soviel überschüssige Energie vom Vortag in den Beinen, ich begann sofort nach dem Frühstück mit dem Training. Auf meiner Runde traf ich den zweitbesten Fahrer (nach mir) im Feld und wir plauderten ein bißchen. Dabei erzählte er mir von seinen Ängsten gegenüber den pöbelnden, Amerika hassenden Fans bei den Bergankünften. Ich schlug ihm die Anschaffung einer Katze vor, ein bißchen gemeinsames Training mit ihr im Winter, dass sie nächstes Jahr während der Anstiege neben ihm her sprinten kann, da würde nichts passieren. Außerdem zeigte er großes Interesse am Katzenfutter .....

 

Dienstag, 23. Juli – JJA kam heute zu spät zur Einschreibung und wurde disqualifiziert. Wurst war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Ich weiß nicht, was sie mehr geärgert hat, dass wir wieder einen Fahrer verloren haben, oder, dass er die Zeit bei einem Interview mit dem weißhaarigen Doktor übersah, auf das sie schon seit der Deutschland-Tour scharf war (nachdem er aber nicht mehr im Rennen war, strichen sie bei der Übertragung das Interview). Meine Leistung heute, die Energie ist wohl wieder aus den Beinen.

 

Mittwoch, 24. Juli – Heute wollte ich als Energiespender wieder eine Dose Katzenfutter zu mir nehmen, Inga verbot es mir. Das Team könne sich nach den Zwillingen keinen zweiten Skandal leisten. Da sie noch immer traurig und enttäuscht von JJA’s gestrigen Verhalten war, akzeptierte ich ihr „Nein“. Ich kam auch so ins Ziel. Dafür Peter nicht, es soll bei der Abfahrt vom Galibier gestürzt sein. Ich bemerkte nichts, außer einen Glatzkopf mit unserm Outfit, der am Straßenrand saß.

 

Donnerstag, 25 Juli – Geschafft, die Alpen liegen hinter uns. Ich kam als Vorletzter ins Ziel. Letzter war Andreas Steffens. Er wollte den ganzen Tag aufgeben, er hatte einfach genug von den Strapazen. Aber er durfte nicht. Er ist zur Zeit der wichtigste Mann im Team, da mußte ich ihn über die 4 Pässe schleppen. Wer sollte sonst die Funksprüche von Wurst und Jinx ins Italienische und Flämische übersetzen?

 

<typohead type=3>Tagebuch Teil V, Alles Walzer! </typohead>

 

Freitag, 26. Juli – Heute am Morgen bei der Taktikbesprechung sagte mir Inga, ich solle nichts riskieren, nur versuchen im Feld zu bleiben, dass ich Paris sehe. Ich hielt mich daran. Das galt nicht für Andreas, er war in einer Gruppe und beendete die Etappe als 7.. Er hatte wohl seine Anweisungen von Marcella ....

 

Samstag, 27. Juli – Verrat!!! Ich sah heute nach der Etappe Dr. Saki in einem Gespräch mit so einem kleinen untalentierten Spanier. Ich dachte mir, ich bekomme die Krise. Sie ist meine Ärztin!!!! Außerdem soll sie nicht ihre Fähigkeiten bei solchen zweitklassigen Durchschnittsfahrern vergeuden. Kurz danach sprach ich sie darauf an, was er von ihr wollte. Sie sagte irgendwas von einer Schweigepflicht ..... Darüber muß nochmals nach der Tour gesprochen werden!

Meine Leistung heute, ich hatte wieder meine Anweisungen .....

 

Sonntag, 28. Juli – Ich hatte heute noch zu Beginn eine Stinkwut und riß sofort aus. Kurz vor Paris hatte ich mich aber wieder unter Kontrolle und ließ mich vom Feld einholen. Im Ziel war der Ärger ganz vergessen. Wir lagen uns alle in den Armen und heulten wie die Kinder. Wir hatten unsere Erwartungen weit übertroffen, 3 Fahrer beendeten die Tour, Wahnsinn! Hätte uns das vorher jemand gesagt, ich hätte ihn von Dr. Saki einweisen lassen. Dass ich es drauf habe, das war klar, aber die anderen 2, das hätte ich nie gedacht. Nach der Ehrenrunde ging es zu einer Abschlußfeier in einer Pizzaria, das ließen sich selbst die Katze und ich uns nicht nehmen. Kurz vor dem Morgengrauen tanzte ich, der Flame, sogar mit Marcella, einer Deutschen, einen Wiener Walzer in einem italienischen Lokal im Herzen von Frankreich!

 

 

Beitrag von Susan und Werner


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