Angesichts des Nebels und der Kälte in den Hochlagen erschien unser Plan, zum Cirque de Troumouse zu fahren, wenig verheißungsvoll, und so beschlossen wir schnell ein alternatives, tiefer gelegenes, aber mindestens genauso attraktives Ziel: Luz-Ardiden. Zur allgemeinen Konfusion wählte ich den Umweg über die Pont Napoleon, immerhin auf der originalen TdF-Strecke . Der Anstieg nach Luz-Ardiden misst 13 Kilometer bei durchschnittlich 7,5% Steigung. Die ersten drei Kilometer bis Sazos stiegen recht gemächlich mit etwa 5% an, bevor die ersten Serpentinen standesgemäß den Beginn der steileren Rampen einläuteten. Vorbei an der Lance-bleibt-hängen-Stelle führt der Weg weiter durch Grust, danach verlässt man vorerst die Zivilisation und fährt auf einer relativ breiten, kurvenreichen Straße durch den Wald nach oben. Der Anstieg ist recht hart, mehrere Kilometer haben eine Durchschnittssteigung von 9% und mehr. Ich schwanke ein wenig zwischen den beiden Zielen, einerseits Kräfte fürs Rennen zu sparen, andererseits Basti auf Distanz zu halten , der den Tourmalet erstaunlich gut verdaut sowie Andi hinter sich gelassen hat und nur wenige Sekunden hinter mir fährt. Etwa fünf Kilometer vor dem Ziel wird der Abstand dann aber doch größer, und im beginnenden Nebel verliere ich meinen Verfolger so langsam aus den Augen.
Stichwort Nebel: bis hierhin waren die Witterungsbedingungen okay – im unteren Teil des Anstiegs hatte man sogar schöne Blicke ins Tal von Luz-St-Sauveur. Aber je höher die Reise ging, desdo schlechter die Sicht und feuchter die Luft. In den Schlussserpentinen beglückte uns sogar leichter Sprühregen, und die Temperatur lag bei weniger als 10°C. Es war wirklich kein Vergnügen mehr, hier hinauf zu fahren. Angesichts der Tatsache, dass ich schon beim Bergauffahren leicht fror, wollte ich gar nicht an die Abfahrt denken. Letzter Kilometer, die Kurven kenne ich von den TdF-Videos in- und auswendig , nach der „Zielgerade“ geht es in 2 Serpentinen noch mal ein paar Meter weiter nach oben. Hier auf 1715 m ü.N.N. gibt es nichts: keine Menschen, keine Autos, kein Leben, keine Sicht. Ein paar Häuser stehen verlassen da und warten auf die Wintersaison. Ein trostloser Ort.
Schnell ziehe ich mich um (habe zum Glück genügend Wechselsachen eingepackt) und warte noch auf Basti, der als Zweiter oben ankommt. Dann nichts wie weg von hier! Meine warmen Wollhandschuhe habe ich in Barèges an Corny verliehen, und die anderen sind mit kaltem Wasser vollgesogen. Also bremse ich mit barhändig bergab, treffe bald Andi und Geralf, die die letzten Meter noch vor sich haben. Schnell werden die Finger klamm. Knapp drei Kilometer weiter unten warten Corny und Konrad. Letzterer ist einen Kilometer vor Ende umgekehrt, Corny wurde bereits weiter unten zur Kehrtwendung überredet. Es hat auch nicht wirklich Sinn, da oben gibt es nichts außer sch...lechtem Wetter. Nach fünf Kilometern wird die Abfahrt erträglicher – die Witterung war die gleiche wie beim Aufstieg, der Nebel verschwindet. Die steilen Geraden und vielen Serpentinen machen sogar richtig Spaß. Unten angekommen warte ich zunächst, setze mich nach ein paar Minuten doch wieder aufs Rad und fahre noch mal ein Stück nach oben, bis die Nachhut entgegen kommt.
Die Rückfahrt zum Campingplatz bei Préchac läuft, abgesehen von ein paar Kilometern im Renntempo , recht unspektakulär ab. Die 300 Meter lange Rampe mit 12% hinauf zum Campingplatz lässt zwar noch einmal ein wenig Laktat in die Beine schießen, aber danach wartet schon die wohlverdiente Erholung. Und hier lässt es sich definitiv aushalten.