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Radlerprosa



etc. PP - Posers Prosa

Ernstes, Lustiges, Skurriles von Radsportfan Manfred Poser



Fahrrad und Psi

lebt er?

Wenn man zwei enge Freunde hat, die sich kaum kennen, möchte man sie zusammenbringen. Ich habe zwei große Passionen: die Parapsychologie und das Fahrrad. Da wird es schwierig. Was könnte das Fahrrad mit der Geisterwelt und dem sogenannten Übernatürlichen zu tun haben? Ich werde in den vergangenen 15 Jahren hunderte Psi-Bücher gelesen haben, und dabei bin ich auf immerhin zwei Beispiele gestoßen, die freilich erklärt werden müssen.



Der erste Fall

Andrew Mackenzie ist ein britischer Autor, der von 1968 bis 1997 zehn Bücher mit geheimnisvollem Inhalt veröffentlichte. Mein erster Fall entstammt seinem Buch Apparitions and Ghosts (Erscheinungen und Geister, 1971). Wer über Geister schreibt, will natürlich Geschichten dazu präsentieren. Und wer nicht die Zeit hat, selbst Hunderte Menschen zu befragen, muss in Archiven oder in alten Zeitschriften suchen. Die „Society for Psychical Research“ aus London, gegründet 1882, hat mit großen Forscherfleiß Tausende von Zeugenaussagen gesammelt und abgedruckt. Die Episode wird wohl von dort stammen und vermutlich hundert Jahre alt sein.

 

Eva Orchard aus Southend-on-Sea in Essex erzählte:

 

„Ich fuhr mit dem Rad auf einer Landstraße zwischen Witham in Exxex und Faulkbourne, als mir aus der Gegenrichtung ein Mann entgegenkam, der auf einem altmodischen Rad fuhr, und mir fiel besonders auf, dass er einen großen Hut trug. Ich bin kein Mensch, der leicht aus der Fassung zu bringen ist, und mein einziger Gedanke war also, dass er kein Licht an seinem Rad hatte, und ich überlegte, ob ich ihm sagen sollte, dass ein Polizist normalerweise an der Straße Posten schiebt, als er geradewegs auf mich zukam, ich bremsen musste und von Fahrrad fiel, als ich den Zusammenstoß noch vermieden hatte. Ich wollte ihn gerade fragen, was das zu bedeuten hätte, aber zu meiner großen Überraschung war nirgendwo eine Seele zu sehen. Seitdem habe ich von mindestens zwei Leuten gehört, die an derselben Stelle dasselbe Erlebnis hatten. Es war sehr real, und ich muss sagen, dass ich mich hinterher sehr geängstigt habe.” (S. 53)

 

Das ist die einzige Geistererscheinung auf einem Fahrrad, die mir bekannt ist. Am häufigsten sind Erscheinungen im Augenblick des Ablebens oder kurz danach; ein Verstorbener „meldet“ sich bei einem nahen Angehörigen, sieht traurig aus und verschwindet. Der Zeuge weiß sofort, dass dieser Mensch gestorben ist. Gesehen hat er aber nicht ihn selber, sondern nur eine Hülle, ein Gedankenbild, ein Phantom, vielleicht einfach den bekleideten Astralkörper, der jedoch real da war. Dann gibt es die „ortsgebundenen“ Geister, bekannt aus alten Spukschlössern. Das sind Tote, die sich nie richtig von der irdischen Szenerie lösen konnten. Bekannt sind die Phantomanhalter, die sich an dem Ort aufhalten, an dem sie ihr Leben ließen, oft durch einen Verkehrsunfall.

 

Darum wird es sich bei dem Radfahrer handeln, und darauf weist hin, dass zwei andere Menschen am selben Ort ein ähnliches Erlebnis hatten. Psychologen und Volkskundler versuchen ja immer verzweifelt, Geistergeschichten wegzuerklären, indem sie sagen, ein Zeuge hätte vielleicht eine Halluzination gehabt, ein anderer habe die Geschichte wiederholt ... Freilich sind Fälle vorgekommen, dass Scherzbolde etwas erfunden haben, aber muss man immer gleich Betrug annehmen? Es stellt sich immer die Frage, warum sich Eva Orchard, wenn sie nicht psychisch gestört war, sich so etwas ausdenken hätte sollen? Um sich wichtig zu machen? Von Geistern redet man eher ungern, weil man sich damit gleich in ein schlechtes Licht rückt.



Die Dämmerung, Zeit für Geister

Ungewöhnlich ist, dass der Geist ein Fahrrad fährt. Doch gibt es Berichte, dass etwa Zeugen auf einem amerikanischen Highway eine langsam fahrende Limousine sahen mit einem alten Paar darin, das dann plötzlich verschwand. Vielleicht ein Fahrzeug aus einer anderen Zeit? Auch dieses Auto war irgendwie „da“ und bestand eben auch aus ätherischer Substanz, und wenn man quasimaterielle Erscheinungen ablehnt, müsste man den Geistern auch Kleider verweigern. Sie sind eben in der Lage, sich so zu zeigen, wie sie kurz vor ihrem Tod gekleidet waren, damit man sie erkennen kann.



Der zweite Fall

Das zweite Beispiel ist im Buch Seelisches Erfühlen von Jakob Böhm erwähnt, erschienen 1921 in Pfullingen. Der Autor hat darin einen Versuch aus dem Buch Telepathie und Hellsehen von Waldemar von Wasielewski (Halle a. S. 1921) verwendet.

 

Es ging um einen Hellseh-Versuch:

 

II. Die Aufgabe lautete, mich zu einer bestimmten Stunde in meiner Tätigkeit oder Umgebung zu erblicken und die Eindrücke kurz aufzuzeichnen. Ich selbst befand mich in Sondershausen in Thüringen, Fräulein von B. an der italienischen Riviera.

 

Versuchszeit: 20. Mai 1913, abends 9 ½ bis 10.

Fräulein von B.’s Mitteilung:

 

20. Mai 1913, abends ½ 10 Uhr. Lange alles schwarz. Jetzt einen leuchtend hellen Flecken, so hell, dass meine Augen fast davon geblendet sind. Der Fleck bewegt sich, kommt immer näher. Jetzt Dunkel. W.’s Kopf. Hat etwas auf dem Kopf. Es ist, als ob er auf etwas säße, ich muss hoch sehen, um sein Gesicht zu sehen. Seine Umgebung ist ziemlich dunkel, nur sein Gesicht hell. Jetzt wieder der grelle Fleck, der näher kommt. Hoch darüber. W.’s Gesicht. Fast unheimlich. Er muss auf etwas stehen oder erhöht sitzen, ich habe das Gefühl, hoch sehen zu müssen.’

 

Meine Aufzeichnung:

Dienstag, 20. Mai 1913. Um 9 ¼ aufs Rad, durch die Stadt, kurz vor 9 ½ auf der Landstraße, bis kurz vor Berka gefahren, umgedreht ohne abzusteigen, kurz nach 10 wieder hier. Einen Wagen, zwei Fußgänger begegnet. Dämmrig, Himmel teilweise zart bezogen, doch Sterne sichtbar. Windstill, sehr kühl. Die ganze Zeit ohne anzuhalten gefahren. Am Rad brennende Acetylenlaterne.

 

Stempel des Sendebriefs: Pisa Genova 23. May 1913. Es ist noch zu bemerken, dass ich mich erst unmittelbar vor dem Versuch entschloss, eine Radfahrt mit angezündeter Laterne zu machen. (Versuch 16/ S. 93/94).

 

 

Dabei handelt es sich eigentlich nicht um Hellsehen, sondern um Fernwahrnehmung. Solche Versuche habe ich selbst schon unternommen. Ich einigte mich mit meiner Mutter auf eine Uhrzeit und sagte ihr, sie solle bei einem Spaziergang etwa um 17 Uhr sich auf ein bestimmtes Objekt konzentrieren und an mich denken; ich saß derweil in meinem Zimmer, versuchte, an nichts zu denken, in einen Dämmerzustand zu kommen, und tatsächlich zeichneten sich dann Konturen ab, die ich später aufmalte. Sehr erfolgreich war das nicht, aber ich bin auch nicht besonders medial begabt.



Solche Versuche kann man auch über tausend Kilometer hinweg machen. Schöne Beispiele sind in dem Buch An den Rändern des Realen von Robert Jahn und Brenda Dunne (1999, Verlag 2001) zu finden. An der Universität Princeton machte man ganz methodisch Versuche. Der „Wahrnehmende“ saß im Labor, ein Umschlag wurde zufällig ausgewählt, und dann fuhr ein „Agent“ an den Ort, der in dem Umschlag angegeben war und sah sich dort intensiv um. Währenddessen beschrieb der Zurückgebliebene seine Eindrücke, und später entschied ein unabhängiger Richter, inwieweit die Ergebnisse den Fotos vom „Tatort“ entsprachen.

 

Das Fahrradbeispiel aus Thüringen/Italien ist überzeugend. Böhm hat auch einen zweiten Versuch mit Fräulein von B. verwendet, aus dem hervorgeht, dass diese Fähigkeiten als Medium besaß. Darum wäre es durchaus möglich, dass Fräulein von B. mit ihrem Astralkörper nach Thüringen gereist wäre und zugesehen hätte, wie der Experimentator (vermutlich Wasielewski) Fahrrad fuhr. Astralreisen sind nicht so einfach; auf Kommando können nur wenige ihren Körper verlassen. Aber Fräulein von B. hat, wie sie es schildert, einen Standpunkt und nimmt von ihm aus die Szene wahr. Es hat Fälle gegeben, in denen jemand intensiv an einen Freund dachte – und dann dort bei ihm in seiner ätherischen Gestalt gesehen werden konnte.

 

Der Engländer Robert Crookall ist der Ansicht, dass alle Medien einen „locker befestigten“ Vitalkörper habe, der ein geisterhaftes Duplikat des eigenen Körpers darstellt und daher auch als Wahrnehmungsorgan fungiert. Er ist es, der bei Nahtoderfahrungen den eigenen Körper liegen sieht und an die Pforten des Jenseits reist, mit der Silberschnur am Körper befestigt. Erst wenn diese Schnur reißt, ist der Tod eingetreten. Dann geht es hinüber in die andere Welt. Die wissenschaftlichen Vertreter der Parapsychologie glauben jedoch weder an Geister noch an Astralkörper oder die Silberschnur, und an das Weiterleben nach dem Tod sowieso nicht.



Spiel mit dem Gruseligen
Geister auf dem Münchner Oktoberfest

Wer immer nur Auto fährt, wird es nicht glauben, dass man mit Muskelkraft Tausende von Kilometer zurücklegen kann. Der deutsche Arzt Robert Koch, Entdecker des Erregers von Milzbrand, Tuberkulose und Cholera, sagte 1895 den Radfahrern Gelenkrheumatismus, Herzklappenfehler, Rückenmarkserkrankungen sowie Schädigungen der Unterleibsorgane voraus. 1905 bekam er trotzdem den Nobelpreis. Schon 1835 hatten Ärzte befürchtet, die ungeheure Geschwindigkeit der Eisenbahn in Höhe von 35 Kilometern in der Stunde werde nicht auszuhalten sein. Und so sagt der Naturwissenschaftler heute eben, wenn das Gehirn sterbe, sei sozusagen Sendeschluss; in Wirklichkeit ist nur der Fernseher unbrauchbar geworden und das Programm geht munter weiter; das Bewusstsein kann auf Reisen gehen und weit entfernte Dinge sehen oder sich als Geist bemerkbar machen.



 

Text und Fotos Manfred Poser, März 2009


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