Alles begann so vielversprechend und eigentlich hätte Tyler zufrieden sein können. Denn eigentlich hatte Tyler alles, was ein echter Champion braucht:
Eine treusorgende Ehefrau
Allerdings nicht ganz so toupiert wie Cordula, nicht ganz so fromm wie Kik, nicht ganz so leidensfähig wie Edita (dafür aber mindestens so verständnisvoll wie Gabi).
Einen Hund
Allerdings kein lebendes Dopingmitteldepot wie bei VdB, sondern jemand, der ihm – mit Augustinus zu reden – „näher war als er sich selbst“.
Eine eigene Charity-Organisation
Allerdings ist MS nicht ganz so spektakulär wie Krebs, aber doch etwas öffentlichkeitswirksamer als Aufrufe zu Organspenden...
Eine „selbstlose Fair-Play-Tat“
Allerdings lässt sich über sein „Hold on!“ noch immer trefflich diskutieren...
Einen unleugbaren Beweis seiner Leidensfähigkeit
Allerdings waren Aldags Rippenbruch und O’Gradys Puls von 235 Schlägen/min schwer zu toppen. Aber hat er das nicht doch geschafft, als er sich mit einem Schlüsselbeinbruch in die Reihe der „harten Kerle“ gefahren und dabei endlich die Bewunderung der Massen auf sich gezogen hatte?
Einen selbsterteilten „Auftrag“ in der Nachwuchsförderung
Allerdings war seine Anti-Doping-Initiative nicht ganz so erfolgreich wie das „Team Jan Ullrich“ (in dem Peter Becker hoffnungsvollen jungen Talenten langfristig den Spaß am Radfahren nahm) oder Vater Thurau (der einst seine Söhne über schroffe Taunushöhen peitschte). Dafür waren seine Ziele höher gesteckt: „Believe Tyler. Support Tyler. And support his dream to change the face of US Cycling” (klingt das jetzt etwas zynisch oder bilde ich mir das nur ein? großes Grinsen )
Fans, die zu bedingungsloser Hingabe fähig sind
Allerdings wissen wir nicht, wie sie reagiert hätten, wenn er betrunken Fahrradständer umgenietet, Diskopillen mit Wodka-Red-Bulls runtergespült, sich an Weihnachten alljährlich 15 kg Übergewicht angefressen und alle zwei Wochen seine Saisonvorbereitung wegen Erkältungen oder Trainingsrückstand komplett umgestellt hätte...
Wie gesagt: Eigentlich hätte Tyler zufrieden sein können, denn eigentlich hatte Tyler alles, was ein echter Champion braucht.
Dummerweise gibt es da einen Landsmann, der ihm immer einen Schritt voraus ist (und aus dessen Schatten er vielleicht nun mit einer olympischen Medaille treten wollte?).
Dummerweise überschätzte er sich jedoch etwas und hielt sich wohl für „unerwischbar“. Über die Gründe dafür kann man spekulieren.
Dummerweise erinnert sein fortwährendes „I’m innocent“, in seiner hilflosen Impertinenz auch nur an peinliche Vorgänger wie Johann „Warten-wir-die-B-Probe-ab“ Mühlegg oder Christoph „Ich-habe-ein-absolut-reines-Gewissen“ Daum.
Und das Fazit? Vielleicht ist es die traurige Erkenntnis, der „Willy Loman des Radsports“ zu sein, mit der es nun umzugehen gilt: „He's liked, but he's not well liked“. Nicht „beliebt“ genug, um nicht aufgeflogen zu werden. Und am Ende gescheitert.
Text von MrsFlax und Elborn