Nachdem es nach seinem Sieg beim Giro d’Italia etwas ruhig um ihn geworden war, meldete sich der Jungspund im Oktober eindrucksvoll zurück. Zuerst wurde er von Franco Ballerini in das Aufgebot Italiens für die Weltmeisterschaft im italienischen Verona berufen, dann krönte er seine schon bis dato herausragende Saison mit seinem ersten Weltcupsieg seiner Karriere: Im Rennen der fallenden Blätter war er am Ende der cleverste und gewann den Giro di Lombardia vor Michael Boogerd und seinem italienischen Landsmann Ivan Basso. Italiens Radsportzukunft hat einen Namen: Damiano Cunego! Co-Helden:Oscar Freire: Eins, zwei, drei, Oscar fährt vorbei! – Wollte man das diesjährige WM-Rennen der Herren Radprofis mit einem Kinderreim beschreiben, wäre die genannte Variante wohl eine gute Möglichkeit. Denn der Spanier Oscar Freire, in Lohn und Brot beim niederländischen Rennstall Rabobank, trug sich am 3. Oktober in Verona in die Geschichtsbücher ein. Bereits zum dritten Mal gewann der Spanier das Regenbogentrikot und ließ die Konkurrenz im Sprint ziemlich alt aussehen. Zur Belohnung gab´s übrigens nebst Medaille und Trikot auch 64 Kilogramm Parmesankäse. Plus einer Strafe über 200 Schweizer Franken wegen unweltmeisterlichem Urinieren vor Publikum. Prost! Paolo Bettini: Zwar gewann er 2004 kein einziges Weltcuprennen, wusste aber aufgrund seiner Konstanz auf den vorderen Plätzen dennoch zu überzeugen und fing dadurch noch den lange führenden Davide Rebellin in der Wertung des Gesamtweltcups ab. Mit seinem dritten Sieg im Gesamtweltcup schrieb Bettini zudem Radsportgeschichte: Bisher war es keinem Fahrer gelungen den Weltpokal dreimal zu gewinnen und schon gar nicht dreimal in Folge. Dieser Rekord ist ein Rekord für die Ewigkeit, denn 2005 wird es keinen Weltcup mehr geben – aus Angst der kleine Italiener aus der Toskana könnte zum vierten Mal zuschlagen? Gratulazione, Paolo! Deutschsprachiger Held: Matthias KesslerWer immer dem lieben Matze den Beinamen „Pitbull“ gegeben hat, er hatte irgendwie Recht. Nicht nur das knuffige Gesicht, nein, die ganze knuffige Gestalt des Jungen lässt doch stark vermuten, dass seine Eltern bei seiner Produktion ein Heimspiel der Georgetown Hoyas gesehen haben. Schon im Frühjahr hatte er während den rebellinschen Festspielen eine gut dotierte Nebenrolle. Amstel, Wallonien und Lüttich beendete er unter den absolut Besten. Bei der Tour sah er in einer Abfahrt einen Pfeiler, den er in guter Pitbull-Manier beschnuppern wollte. Er vergaß zu bremsen und wickelte sich ungefähr in Leberhöhe um die Wegbegrenzung. Erst in den Herbstrennen kam Matthias wieder langsam in Form. Einige gute Auftritte als Helfer für Diva Ullrich und ein sehr starker Auftritt bei der großen Preisverleihung der Festspiele in Verona ließen auf eine gute Lombardei hoffen. Aber der Höhepunkt kam früher als der geneigte Zuschauer ahnen konnte. Eine Klasse Performance am französischen Edelboulevard in Tours, eine Remake der Darstellung Christian Henns aus dem Jahr 1992, versüßte den Fans seinen mäßigen Auftritt in der Lombardei. Letztendlich hat Kessler aber bewiesen, dass man keinen Hals haben muss, um gut spielen zu können! Heldin des Monats: Judith ArndtUnsere Heldin des Monats ist niemand geringeres als die erste deutsche Weltmeisterin im Straßenrennen der Frauen seit mehr als 20 Jahren: Judith Arndt. Sie ist einer breiteren Öffentlichkeit erst seit den Olympischen Spielen, wo sie bärenstark fuhr, Silber gewann und schließlich provokant ihren Unmut über die Nichtnominierung ihrer Freundin und Lebensgefährtin Petra Rossner zum Ausdruck brachte, bekannt. Dabei war sie auch schon in früheren Jahren Weltranglistenerste und gewann bei der WM 2003 Silber im Einzelzeitfahren. Nicht zu vergessen ihre großen Bahn-Erfolge, unter anderem ein Weltmeistertitel und eine Bronzemedaille bei Olympia 1996. Bei der WM in Verona gewann sie zunächst Silber im Einzelzeitfahren, ehe sie im Straßenrennen zum großen Schlag ausholte und sich nach einer cleveren taktischen Leistung, nicht zuletzt dank einer starken Mannschaftsleistung, auf der letzten Abfahrt aus einer Spitzengruppe absetzte und in beeindruckender Manier solo das Ziel erreichte und somit den Weltmeistertitel errang. zukünftige Helden:Die lieben Kleinen – freuen wir uns nicht alle über sie, wenn wir sie zum Beispiel bei den Henninger Turm-Kinderrennen auf ihren viel zu großen Rädern die Darmstädter Landstraße hochfahren sehen und wenn einige aus lauter Unbeholfenheit in der letzten Kurve noch einen Schwan bauen? Einige von diesen Kiddies werden jetzt Profis – und man mag es kaum glauben, aber auch wenige, selektierte Deutsche kommen wieder zu dieser Ehre. Zuerst wäre da natürlich der putzige Marcus Burghardt zu erwähnen, der nach seinem Praktikum bei T-Mobile gleich übernommen wurde. Sein Praktikumskollege, der fluffige Heinrich Haussler, war sogar so gut, dass die Konkurrenz aus Herrenberg ihn abgeworben hat. Statt mit Wasser werden der flauschige Christian Müller und der schnuckelige André Greipel, die kleinen Racker, bei Wiesenhof sicher mit lecker Hähnchen gefüttert. Der knuffelige Marcel Sieberg war für die kleinen Pucky Räder sowieso schon zu klein, deswegen hat er schnell einen Vertrag bei Lamonta unterzeichnet. So ist er zwar offiziell kein Neo, aber er kriegt vermutlich trotzdem ein Rad in seiner Größe und muss nicht in der letzten Kurve vor dem Ziel auf die Nase fallen. Der zuckersüße deutsche Meister Linus Gerdemann scheint an seinem roten Kinderzweirad Gefallen gefunden zu haben. Er scheint sich nur schwer trennen zu können und ein Transfer ist noch nicht bekannt. Seine Eltern machen sich aber noch Hoffnung, dass sie Klein Linus doch noch zu einem Wechsel überreden können. Sonderkategorie: Pechvogel des Monats - merke: Nicht alle Pechvögel können fliegenDie meisten Unfälle passieren im Haushalt. Das hat in diesem Monat auch Erik Zabel gelernt. Der T-Mobile-Profi stürzte von einer Leiter und brach sich dabei die Ferse des linken Fußes. Inoffizielle Quellen behaupteten, er habe sich eigentlich beim Tragen der Stöckelschuhe seiner Frau Cordula verletzt. Tja, mit den Dingern an den Füßen steigt man ja auch nicht auf eine Leiter! Sonderkategorie: Literatur-Nachwuchspreis für Sebastian PaddagsDie Mehrzahl der Homepages deutschsprachiger Radsportler hat eines gemeinsam: Sie sehen schick aus, der Inhalt lässt aber zu wünschen übrig. Als „Tagebuch“ getarnte Endlos-Rennberichte („Bei Kilometer 15,234 … Kurve, … immer geradeaus…, Verkehrsinsel… blabla…“) haben schon so manchen ahnungslosen, unschuldigen Radsportfan vor dem Computer innerhalb von Sekundenbruchteilen einschlafen lassen! Gut, dass die Szene zumindest eine Ausnahme hervorgebracht hat: Sebastian Paddags, im Web zu sehen unter www.paddi-mit-i.de . Der kleine Hüpfer mit den recht eigenwillig gezupften Augenbrauen vom Teag Team Köstritzer kann schreiben, bis die Schwarte kracht. Wir lernen bei näherer Betrachtung der Lektüre: als U23-Fahrer hat man es nicht leicht, besonders, wenn ausgedehntes Partyleben und Radsport unter einen Hut gebracht werden müssen! Außerdem sind Hotels im Ausland meist schlecht, die Rennen viel zu anstrengend (weil alle anderen Fahrer gedopt oder Herr Paddags wahlweise zu fett/untrainiert ist), das Essen mies aber immerhin die Frauen billig! Ergänzt wird die Homepage durch eine schier unglaubliche Anzahl peinlicher Fotos von Teamkameraden und Herrn Paddags himself (unter anderem von Markus Fothen´s WM-Patry 2003… sehr aufschlussreich). Kurzum: genau das, was das sensationsgeile Radsport-Fan-Pack sehen will. Danke, Paddi, wenigstens einer, der zeigt, wo der Frosch die Locken hat!
Sonderkategorie: Uf widerluegen, Alex!Alex Zülle sagt Goodbye: Still und leise ohne viel Getöse nahm der Schweizer bei der Lombardei-Rundfahrt Abschied vom Profi-Radsport. Zülle war einer der herausragenden Rundfahrer der 90er Jahre, gewann zweimal die Spanien-Rundfahrt (1996 und 1997), war zweimal Zweiter der Tour de France (1995 und 1999) und trug knapp zwei Wochen lang das Rosa Trikot beim Giro d’Italia 1998. Erinnerungen bleiben: Sein unvergleichlich schmerzverzerrtes Gesicht bei höchster Anstrengung, das selbst beim so abgehärteten Fernsehzuschauer Mitleid erregte. Unvergessen auch sein Sturzpech bei der Tour de Suisse 1997: Er brach sich das Schlüsselbein gleich mehrfach, welches daraufhin mit mehreren Schrauben zusammengeschustert wurde, damit Alex auf Gedeih und Verderb zu seinem großen Ziel, der Tour 1997, antreten konnte. Dass er nicht lange durchhalten sollte, war offensichtlich. Spötter orakelten, dass bei Bruchpilot Zülle nicht nur in der Clavicula „einige Schrauben locker seien“… Machs gut, Alex! Antiheld: "Hein-Schlau"„Pro Tour“… soso. Naja, klingt echt cool, was sich der „Hein Schlau“ da ausgedacht hat. Dumm nur, dass seine Hirngespinste sonst von fast niemandem nachvollzogen werden können. Doch was kümmerts „Hein Schlau“, setzt er sich doch schließlich am Ende des Jahres in seinen warmen Sessel vor’n Kamin und kann sich im kommenden Jahr genüsslich sein Werk vor der Glotze anschauen. Doch keine Angst, Kinder – der Hein, der macht das schon richtig. Er hat die „Pro Tour“ erfunden, wo die gaaanz wichtigen Rennen nur für die gaaanz wichtigen Mannschaften bestimmt sind. Hmm, aber die gaaaaaaanz gaaanz wichtigen Rennen wie die Tour de France, die zicken noch so’n bisschen rum, denn die kommen sich ähnlich wie der Hein furchtbar wichtig vor. Die haben nämlich keinen Bock, sich von Hein und seinen Komparsen irgendwie in die Suppe spucken zu lassen. So’ne geschlossene Serie auf mehrere Jahre mit Fixstartern ist nämlich uncool, wenn mal wieder einer von denen seinen Pharmazeuten kontaktiert und dabei erwischt wird. So Verträge auf Ehrenkodex und so zu gestalten, ist ja gar ein schwieriges Unterfangen. Naja, jedenfalls wollen die Franzosen eben noch nicht so, wie der Hein will, aber so recht wissen sie wahrscheinlich auch nicht warum. Der Hein aber, schlau wie er ist, weiß was er will – nämlich in Rente gehen. Nach mir die Sintflut, Kinder… Das Team der Oktober-Helden bestand diesmal aus abcpflaster, Cyclist, ogkempf, Tourmalet und Sven.
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