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18.08.2004 - Coppa Agostini

Die Coppa Agostini ist nur eines vieler spätsommerlicher Halbklassiker in Italien und traditionell das zweite Rennen der Trittico Regione Lombardia. Von den lombardischen Halbklassikern der Trittico ist die Coppa Agostini das schwerste der drei Rennen. Man durfte also gespannt sein, wie viele Fahrer das Ziel in Lissone erreichen würden.

 

Der Start- und Zielort des Rennens, Lissone, liegt nördlich von Mailand, unweit von Monza, bekannt durch die Formel 1. Da ich mein Quartier in Mailand aufgeschlagen hatte, war frühes Aufstehen angesagt. Wer schon einmal im Hochsommer zur Haupturlaubszeit der Italiener in Italien unterwegs und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, weiß, dass zu dieser Zeit öfters Verbindungen gestrichen werden. Das hieß für mich auf Nummer sicher zu gehen, um nicht möglicherweise zu spät anzukommen. Also entschied ich mich für so frühe Verbindungen, dass ich selbst einen Zugausfall noch verkraften würde. Das ist wohl typisch deutsch, denn trotz aller Sorgen fuhren alle Züge wie laut Fahrplan angekündigt und ich war bereits kurz nach acht Uhr in Lissone. Selbst für einen Fan wie mich ist das doch ziemlich früh, wenn der Start auf 10.30 Uhr angesetzt ist...

 

Wie kommt man zum Start, wenn alles, was man von dem Startort weiß, der Name der Stadt ist? Man fragt ein paar kompetent aussehende Italiener, nur um festzustellen, dass der eine einen nach links schickt, der nächste wieder zurück nach rechts. Viel gewonnen hat man dadurch nicht, aber Gott sei dank war Lissone eine kleine, überschaubare Stadt und irgendwann fand ich dank meines Radrennenspürsinns die richtige Straße, die nur unweit des Bahnhofs lag. Nächstes Jahr weiß ich es dann...

 



Radsportler - eine bedrohte Tierart?

Simeoni und Pospyeyev
Copyright: Cyclingimages

Nachdem ich überrascht festgestellt hatte, dass in Lissone nicht nur der VIP Bereich, sondern auch das Fahrerlager hermetisch abgeriegelt war (das gab’s doch nicht einmal beim Giro d’Italia), weil die Organisatoren intelligenterweise bzw. fanunfreundlicherweise das Fahrerlager mitten in dem VIP Bereich platziert hatten, kam ich zu dem Schluss, dass diese Maßnahme dazu dienen sollte, die bedrohte Tierart der Gattung Radprofi vor Außeneinflüssen zu schützen. Lissoner Italiener scheinen ernsthaft um den Fortbestand der Radprofis besorgt zu sein...

 

Aber es gibt immer Wege und Möglichkeiten und so fand ich mich irgendwann im Innenraum des VIP Bereichs mitsamt Fahrerlager wieder. Irgendwann kamen auch die ersten Teams, die von streng dreinblickenden Ordnern Zufahrt zum Fahrerlager durch ein schweres Eisentor gewährt bekamen (oder auch nicht, wenn man mit einem Megabus anreiste wie Saeco). Meine Favoriten bekamen aber alle eine Zufahrtserlaubnis, aber trotzdem hielt sich an diesem Tage meine Fotografierlaune in Grenzen, auch wenn ich meiner Pflichtübung für die Old Chicks nachkam und ein paar Ü-30-Fahrer ablichtete.

 

Nachdem man bei der Tour de France den Eindruck vermittelt bekam, dass im Peloton kein großes Interesse an einer Konversation mit Filippo Simeoni aufgrund seiner Aussage im Doping Prozess gegen Dottore Ferrari besteht, konnte ich in Italien dennoch ein paar intensive Gespräche zwischen Simeoni und Fahrern anderer Teams beobachten (z.B. mit Kyrylo Pospyeyev von Acqua e Sapone). Der Inhalt der Gespräche ist (leider) unbekannt.

 



Verpflegung auf Italienisch

Verpflegung
Copyright: Cyclingimages

Irgendwann rückte der Start näher und es sah schon so aus, als ob ich mehrere Stunden auf Radsportentzug gesetzt werden würde, weil ich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war und die Orte entlang der Strecke für mich so nur schwer oder gar nicht zu erreichen waren. Durch eine glückliche Fügung in Person einiger Italiener mit fahrbarem Untersatz änderte sich die Situation schlagartig. Ich wurde freundlicherweise mitgenommen und unser Ziel hieß Verpflegung. Aber wer denkt, dass Italiener wie wir Deutsche die Verpflegung direkt ansteuern, der irrt. Man ja noch massenhaft Zeit und außerdem welcher Italiener kann einen Tag ohne seinen morgendlichen Espresso überstehen? Also wurde zuerst die Lage an der Verpflegung ausgekundschaftet und dann die nächstbeste Kaffeebar angesteuert um sich persönlich mit Espresso und einem Brioche (Croissant) zu verpflegen. Anschließend waren wir wieder fit für den Radsport...

 

An der Verpflegung (d.h. der für die Radsportler) traf ich auf den Phonak-Betreuer James, den ich vor ein paar Jahren bei der Sachsen-Rundfahrt kennengelernt hatte (ich erinnere mich noch an seine Wasserspritzattacken auf wehrlose Fans). Er schien nicht einmal überrascht zu sein, mich bei einem italienischen Rennen anstatt in Deutschland zu treffen. Gut, bei mir würde mich auch gar nichts mehr überraschen, höchstens, wenn ich zu einem Rennen nach Australien fliegen würde... Obwohl: ich habe Verwandtschaft in Australien, da könnte man ja vielleicht mal... Bevor ich zu weit abschweife: Rennen wurde auch gefahren. Wie gesagt, zeichnet sich die Coppa Agostini durch ein ziemlich hügeliges Profil aus und so war es – auch aufgrund der schwülen Hitze – nicht verwunderlich, dass viele Radprofis beschlossen, die Verpflegungsstelle, an der sie während des Rennens, fünfmal vorbei kommen sollten, zum Ende ihres Rennens zu bestimmen. So hatte Michele Scarponi wesentlich mehr Spaß mit seinen Betreuern das Rennen zu verfolgen als selbst mitzufahren. Wie ihm ging es vielen: Besonders die Gerolsteiner Fahrer schienen eine Anti- Coppa Agostini Allergie entwickelt zu haben: sieben von acht Fahrern stiegen aus, legten aber immerhin noch eine Trainingseinheit zurück nach Lissone ein. Vermutlich hätte man aber auch nicht alle Fahrer mit dem Auto zurücktransportieren können (oder man hätte sie stapeln müssen).

 

Nach mehreren Runden fuhr auch ich mit meinen Begleitern wieder zurück nach Lissone, das wir gerade noch rechtzeitig zur Zielankunft erreichten. Es war auch noch genug Zeit sich zum Arrivo (=Ziel) zu begeben und dort einen guten Platz zu ergattern. Das verbliebene Peloton, d.h. die Fahrer, die nicht ausgestiegen waren, war – sagen wir es mal so – sehr übersichtlich. Dank einer Aufgabequote von gut 80% erreichten gerade mal 39 Fahrer (von 189 Gestarteten) überhaupt das Ziel in Lissone. Und von diesen 39 wackereren Helden war Leonardo Bertagnolli der Oberheld, denn er gewann das Rennen und er und Saeco feierten überschwänglich, schließlich ist Bertagnolli nicht gerade als Seriensieger bekannt. 

 



Ergebnis

Leonardo Bertagnolli
Copyright: Cyclingimages

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Leonardo Bertagnolli (ITA, Saeco)

Dario Frigo (ITA, Fassa Bortolo)

Ponzalo Bayarri Esteve (ESP, Phonak)

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weiter (Coppa Bernocchi)


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