Es gibt Erinnerungen, die kommen und gehen. Die immer wieder kommen und immer wieder gehen. Einfach so.
Und es gibt Erinnerungen, die prägen.
Fünf Minuten, 23 Sekunden. Keine Ewigkeit. Eine kleine Zeitspanne, vollbepackt mit Emotionen und Erinnerungen.
Ein Lied, das für andere so bedeutungslos ist wie die Erinnerung selbst.
Es ist mein Lied, meine Emotion, meine Erinnerung.
Nautilus
Der Name verrät nichts von dem was dahinter steht, ist eigentlich völlig unpassend. Und der Schreiber, der Komponist, dachte dabei sicher eher an die Weite des Meeres als an ein Radrennen.
Aber ich sehe die Bilder immer wieder:
Ein strahlend schöner Tag im Juli. Sommer, Sonne, blauer Himmel. Ein Freitag, Urlaub. Es ist heiß. Die Maisfelder, die Autobahnbrücke die die Straße überspannt, die Menschen am Straßenrand. Fahrräder, Fahnen verschiedener Nationen, Transparente. Den Jubel, wenn ein Auto um die Kurve biegt, dahinter ein Radfahrer. Der Jubel kommt wie eine Welle und entfernt sich genauso auch wieder. Fotoapparate klicken, Fahnen werden geschwenkt. Der Jubel ebbt in einer Welle wieder ab. Man unterhält sich mit Leuten, die man nicht kennt. Aber die Begeisterung vereint. Kontakt findet man immer. Bis zum nächsten Fahrer, bis zur nächsten Welle der Begeisterung. Stundenlang das gleiche Spiel, die gleiche Begeisterung, die gleiche Faszination.
Auf dem Weg nach Hause dröhnt aus dem Radio dieses Lied. Zufällig auf Kassette aufgenommen, zufällig eingeschoben, zufällig lief eben jenes Lied. Und zufällig hat es sich eingeprägt.
Nautilus
Einfach ein Lied, ein unbekanntes Gitarrenstück. Es hätte auch ein Popsong sein können.
An jenem Tag wurde aus diesem Lied mehr. Es wurde zur Erinnerung. Zur Erinnerung an einen unvergesslichen Urlaub, zur Erinnerungen an ein Radrennen, zur Erinnerung an meine erste Tour de France. Immer wieder.
Fünf Minuten, 23 Sekunden abtauchen, den Alltag draußen lassen, die Sorgen vergessen.
Fünfeinhalb Minuten Tour-Feeling.
Ich kann machen was ich will. Wenn ich dieses Lied höre ist es plötzlich warm obwohl es kalt ist, sehe ich die Sonne obwohl es bewölkt ist, spüre ich die Atmosphäre obwohl ich allein im Auto sitze. Plötzlich bin ich wieder bei der Tour de France.
Es gehört einfach dazu. Wann immer mir danach ist leiste ich mir fünfeinhalb Minuten Tour de France.
Es gibt Erinnerung, die prägen.
Nautilus
von Tine