Sergey Chernetskiy
Russland
09.04.1990
Fahrertyp: Rundfahrer
Wichtigster Erfolg: 2. Giro Valle d’Aosta 2012
Team/Verein 2012: Itera-Katyusha (CT)
Stagiaire: -
Team 2013: unbekannt
Beste Mock-Platzierung: neu
Web: -
Richtigerweise hätte Sergey Chernetskiy (bei der Schreibweise des Namens gibt es diverse Varianten, ich bleibe bei dieser) auf Platz 2 der Liste landen müssen. Wohl kein anderer Fahrer in der diesjährigen Mocklist ist so oft ganz knapp an Siegen vorbeigeschlittert wie dieser junge Russe.
In der Summe aller Platzierungen hat er uns aber auch so überzeugt und es in die Top 10 geschafft.
Über Chernetskiys Vergangenheit ist wenig bekannt, als Junior trat er nicht in Erscheinung und war vor allem auf der Bahn unterwegs. Irgendwie fand er aber auch so seinen Weg in die russischen Radsportförderprogramme im Katyusha-Dunstkreis. Schon seit einigen Jahren ist nicht nur das Profiteam, sondern auch diverse Katyusha-Nachwuchsteams bei Rennen und Trainingslagern in Spanien zu finden (Team Lokosphinx). Mitunter waren so auch erste Einsätze bei Profirennen möglich – und Chernetskiy nutzte die Chance und fuhr beim GP Primavera (1.1) 2010 aus dem Nichts kommend auf Platz 8, mitten unter gestandenen Profis. Auf Amateurlevel waren sogar Siege drin, so Etappen- und Gesamtsieg bei der Vuelta a Palencia (NE) und dritte Etappenplätze bei der Vuelta a Navarra (NE). Auf der Bahn war Chernetskiy Teil des siegreichen russischen Teams bei der EM in der Mannschaftsverfolgung.
Trotz dieser Erfolge blieb der Russe ein weiteres Jahr im nicht-UCI-kategorisierten Katyusha-Farmteam. Chernetskiys Reaktion: er verbesserte das Vorjahresergebnis beim GP Primavera auf einen spektakulären vierten Platz, im Sprint um den Sieg nur von Jonathan Hivert, David Lopez und Nick Nuyens geschlagen. Wieder folgten gute Rundfahrtergebnisse in Spanien (5. Vuelta a Bidasoa, Etappensieg Vuelta a Zamora) und der Bahn-EM-Titel im Vierer. Daher stand 2012 für das letzte U23-Jahr endlich der Wechsel ins Itera-Katyusha-Continental-Team an. Mit diesem hatte Chernetskiy zur Abwechslung mal einen französisch-italienischen Rennkalender – ansonsten hätte er den GP Primavera wohl schon in diesem Jahr gewonnen. Bei der Rhône-Alpes-Isère Tour (2.2) fuhr der Russe auf Platz 4 der Gesamtwertung, eine Woche vor dem Start der Ronde de l’Isard. Dort wurden ihm nun durchaus Chancen eingeräumt.
Seiner Form gewiss attackierte Chernetskiy gleich auf der ersten, überwiegend flachen Etappe – und wurde nicht mehr gesehen. Fast anderthalb Minuten nahm er dem halb staunenden, halb spöttelnden Feld ab. Entgegen allen Erwartungen verteidigte Chernetskiy die Führung an den beiden folgenden Tagen problemlos in den Pyrenäen. Sollte es einen russischen Isard-Sieger geben? Auf der infernalischen letzten Etappe nahm der blutjunge Pierri-Henri Lecuisinier als einziger das Heft in die Hand, erkämpfte sich auf Abfahrten im strömenden Regen Sekunde um Sekunde, überließ dem Belgier Vandyck den Tagessieg und wusste schließlich: er hatte den Russen genug Zeit abgenommen. Um zehn Sekunden verpasste der bravourös, aber ohne mannschaftliche Unterstützung völlig allein im Regen kämpfende Chernetskiy den Gesamtsieg.
Immerhin: beim Giro Valle d’Aosta (2.2U) war der Schmerz nicht ganz so groß, da der Abstand zum Sieger Fabio Aru deutlich größer war. Doch auch hier war Chernetskiy nur Zweitbester, trotz einer engagierten, attackenreichen Fahrweise. Auch hier profitierte der Gegner davon, dass Chernetskiy in den entscheidenden Momenten auf sich allein gestellt war. Bei der einzigen Gelegenheit, bei der es nur um den Kampf Mann gegen Mann ankam – dem Bergzeitfahren zum Abschluss – besiegte Chernetskiy sie alle, auch den großen Aru, der auf 12 km fast 40 Sekunden auf den Russen verlor und damit immer noch Zweiter wurde. So gut wie allen anderen nahm Chernetskiy Minuten und mehr ab.
Beim GP Citta di Camaiore (1.1) kämpfte eine illustre Spitzengruppe um den Sieg – doch die Sellas, di Lucas, Pozzovivos und Pellizottis wurden im Sprint von zwei Jungspunden besiegt. Dem kolumbianischen Sieger Esteban Chaves – und Chernetskiy. Platz 2 bei einem stark besetzten 1.1-Rennen – und damit doch wieder knapp an einem Sieg vorbei.
Bei der Tour de l’Avenir gehörte Chernetskiy (1,76 m, 63 kg) ebenfalls zu den allerstärksten und war bei allen drei Bergetappen immer vorn dabei, ohne die ganz große Rakete zu zünden, auch wenn er es im Schlußanstieg nach Le Grand Bornand auf der letzten Etappen auch mal probiert hat. Immerhin Platz 4 in der Gesamtwertung sprang heraus. Ein letztes Rennen noch vor der WM – das Chrono Champenois (1.2). Hier markieren in der Regel die großen Zeitfahrmaschinen ihr Revier in Blick auf die nahende U23-WM. Und so überraschte der Sieg des wohl stärksten U23-Zeitfahrers, Rohan Dennis, nicht. Wohl aber der Zweitplatziert: natürlich, Chernetskiy. Am Ende einer langen Saison zeigte sich der Russe nun auch noch in der Weltspitze der Einzelzeitfahrer.
Noch ist nichts offiziell – aber alles anders als die Berufung ins große Katyusha-Team würde doch sehr überraschen. Vielleicht setzt die WM noch einen letzten Anreiz – und wenn es ein erneuter zweiter Platz ist…
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