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Es geschehen noch Zeichen und Wunder

oder Die Einladung zur Team Coast Mannschaftspräsentation



Nachdem ich die Hoffnung, von den Verantwortlichen bei Coast jemals richtig wahrgenommen zu werden, schon fast begraben hatte, flatterte mir per E-Mail eine Einladung zur offiziellen Teamvorstellung 2002 ins Haus. Beflügelt von der Euphorie, meinen größten Helden Alex Zülle endlich wieder einmal zu sehen, machte ich mich am Nachmittag des 8.1. 02 auf den Weg von Slowenien ins Ruhrgebiet.

Das Erste, was mir kurz nach meiner Ankunft in Essen positiv auffiel, waren die vielen Jugendlichen, die mit einer Art Rucksack von Coast über der Schulter herumliefen. Da ich von essener Regionalgeographie keinen blassen Schimmer habe, wollte ich, einem ersten, irrationalen Impuls folgend, einen dieser Rucksackträger ansprechen, ob er denn auch zur Mannschaftsvorstellung gehe, bis mir rechtzeitig einfiel, dass ich wahrscheinlich die einzige Verrückte bin, die an einem normalen Arbeitstag in aller Herrgottsfrühe auf einem betriebsamen deutschen Bahnhof steht und überlegt, wo ihre Radhelden jetzt wohl sein könnten. Da ich mich sowieso mit einem bekannten Radsportfan verabredet hatte, um gemeinsam zum Ort des Geschehens zu fahren, vertrieb ich mir die Zeit also ein wenig mit Nahrungsaufnahme und Studium der S-Bahnpläne. Leider musste ich beim Geldwechsel feststellen, dass ich nicht nur einen, sondern mindestens eine halben Teich voll Frösche im Hals hatte. Da gegen halb zehn Stephan, mein "Chauffeur", immer noch nicht aufgetaucht war, beschloss ich also, das Wagnis "S-Bahnfahrt als Nichteinheimischer" auf mich zu nehmen und hatte Glück: Ich sass in der richtigen Bahn, die auch in die gewünschte Richtung fuhr. An der Station "Kettwig-Stausee", die mich ein bisschen an den letzten sibirschen Aussenposten erinnerte, stieg ich aus und machte mich dann auf zur August-Thyssen-Strasse. Unterwegs sammelten mich zufällig Stephan und sein Freund Wolfgang auf, so dass ich den Rest des Weges im Auto zurücklegte.

In der hübschen kleinen Wasserburg "Schloss Hugenpoet" angekommen, waren schon einige "Kollegen" da, die kollektiv Neujahrswünsche verteilten und nach einiger Zeit begaben wir uns ein Stockwerk höher, wo die eigentliche Präsentation stattfinden sollte. Gegen 11 Uhr kamen nach und nach die Hauptpersonen des Tages, in feinen, hellgrauen Zwirn gekleidet, recht unbeachtet durch eine Seitentür in den Raum und liessen sich auf ihren Stühlen nieder. Die beiden Sitzreihen füllten sich, es waren nur noch wenige Plätze frei aber... Nein, ich versuchte verzweifelt, diesen Gedanken zu verdrängen, es durfte, es konnte doch nicht wahr sein, aber Alex war nicht auszumachen, obwohl ich mit übermüdeten Argusaugen auf diese verheissungsvolle Tür gestarrt hatte. Mit hektischem Blick überflog ich die Stuhlreihen abermals, wo zum Teufel steckte dieser Kerl?

Mit schweissnassen Händen umklammerte ich meine Kamera, während in meinem Geiste Marcel Wüst schon zum Mikro ging um die Abwesenheit Alex Zülles zu entschuldigen, da er leider nach einem schweren Unfall in einem Schweizer Spital liege und mir immer wieder dieser horrende Preis der Deutschen Bahn durch den Kopf ging, den ich investiert hatte, nur um jenen gewissen Ostschweizer zu sehen. Doch plötzlich entdeckte ich ihn, ganz hinten links, in der Ecke sass er und hatte sich geschickt den Blicken der Anwesenden entzogen. Der Stein, der mir vom Herzen fiel, hätte grösser nicht sein können...

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Durch's Programm führten Marcel Wüst und Dr. Jürgen Emig, die die Fahrer und Manager im Einzelnen vorstellten. Nachdem dies erledigt war und niemand seine Fragen in aller Öffentlichkeit stellen wollte, ging man direkt zum Photoshooting über. Man hatte dafür eigens einen kleinen Raum eingerichtet, wo sich die Fahrer in den neuen Trikots für die photographierende Zunft in Pose werfen konnten.

Diesen Raum verkniff ich mir aber, nachdem ich ein paar Mal von einigen ziemlich unfreundlichen Photographen rüde zur Seite gestoßen worden war und machte mich statt dessen wieder auf die Suche nach meinem Helden. Dabei konnte ich erneut feststellen, dass Alex ein unglaubliches Talent hat, einfach zu verschwinden. Ich fand ihn neben der besagten Seitentür, wo er, eingezwängt von Fernsehkameras, Photoobjektiven und Mikrophonen den Reigen der ewig gleichen Fragen nach letzter Saison, neuen Zielen und Motivation des Alex Z. eröffnete. Ich musste mir ziemlich Mühe geben, nicht ständig bei Alex zu stehen, der ab und zu kurz mit einem leichtem Lächeln zu mir herüberschaute, schliesslich gab es noch andere Fahrer, die man hier photograpieren konnte, einige davon waren sogar ganz überrascht, wenn jemand eine Kamera auf sie richtete. Allerdings zog es mich immer wieder wie ein Magnet zu "meinem" Ostschweizer zurück, der immer noch geduldig, in gutem Hochdeutsch und bewegtem Mienenspiel alle Interviewwünsche erfüllte, obwohl er auf mich ein bisschen den Eindruck eines kleinen Schuljungen machte, der zum ersten Mal auf einer Veranstaltung etwas für die Eltern zum Besten gibt.

 

Man begann, Appetithäppchen zu verteilen, da mich mein Hals aber recht schmerzhaft daran erinnerte, dass ich ihn an diesem Tag besser mit solchen Dingen wie Essen und Reden in Ruhe lassen sollte, lehnte ich freundlich mit dem Kopf schüttelnd ab.

Nach und nach verliefen sich die Leute ein wenig, als mich plötzlich ein Holländer ansprach, ob ich die Webseite von Alex kennen würde und ob ich ein grosser Fan von ihm wäre. Ich nickte und gab ihm heiser zu verstehen, dass diese Homepage meine wäre. Er war sehr nett, klärte mich noch über ein paar Dinge Alex betreffend auf und interviewte ihn dann auf Holländisch. Leider hatte ich meine eigenen Interviewpläne aufgrund meines desolaten stimmlichen Zustands begraben müssen aber als die beiden Niederländer fertig waren, zögerte Alex kurz, setzte sein strahlenstes Lachen auf, kam auf mich zu und fragte mich, als würden wir uns schon Jahre kennen: "Na, wie geht es dir?" Ich stand da wie vom Donner gerührt, Alex, den man bei Rennen kaum zu fassen bekam und der immer so schüchtern seinen Fans gegenüber wirkte, kam auf mich zu und sprach mich an und das alles noch von sich aus? Ich krächzte: "Naja, geht so, leider bin ich total heiser..." "Oh, heiser bist du...", meinte er und setzte ein tröstendes Lächeln auf. Ich brachte hervor: "Sorry, ich hab' ein bisschen viele Photos von dir gemacht." Wieso entschuldige ich mich eigentlich dafür, schoss es mir durch den Kopf. "Oh, das ist schon in Ordnung", grinste er. "Ja, ich bin der Webmaster von deiner Seite und brauche halt ein paar." fügte ich hinzu. "Oh ja, ich habe mir die Seite angeschaut..." Unfassbar, das zweite Wunder war geschehen, Alex hatte sich mein Werk angesehen! "Hm, ich hoffe, alles ist in Ordnung und ich habe nichts Falsches geschrieben?! War 'ne ziemliche Arbeit, die ganzen Infos zusammenzusuchen.", "Oh nein, nein,es ist ist alles richtig. Sie ist gut, wirklich, sie ist gut, aber leider kenne ich mich mit sowas überhaupt nicht aus", meinte er entschuldigend, wohl auf den langen Zeitraum zwischen Erstellung und Besichtigung der Seite anspielend. Ich war überwältigt und wahrscheinlich muss ich auch so ausgesehen haben, denn er schenkte mir noch mal sein schönstes Lächeln, verabschiedete sich und ging zum Essen. Ich krächzte ihm ein "Ciao!" hinterher und liess das erstmal wirken. Er hatte zwischendurch noch etwas gesagt, aber dieser Teil ist meinem Gedächtnis beim unruhigen Schlaf im Zug irgendwann zwischen Essen und Ljubljana abhanden gekommen.

Nach diesem Ereignis neigte sich die Veranstaltung langsam dem Ende zu und so machten Stephan, Wolfgang und ich uns wieder auf den Weg nach Essen, wo die beiden mich am Hauptbahnhof absetzten.Am 10.1.2002, um 5:55 Uhr war ich wieder in Ljubljana, zwar inzwischen richtig erkältet, hundemüde, hungrig, durstig, mich nach einer heissen Dusche und einem warmen Bett sehnend aber mit der Gewissheit: Alex Zülle kennt mich!

 

von Anne


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