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Saisonbilanz Frankreich



Ganz anders als bei Italienern, Spaniern und Amerikanern sieht die Situation bei den Franzosen aus. 2005 war Frankreich mit vier Teams und 68 Akteuren in der Pro Tour vertreten. 2006 geht sogar ein fünftes Team regulär an den Start. Wenn die hohe Anzahl an Teams in der Pro Tour ein Gradmesser für den Erfolg der Fahrer dieses Landes wäre, müsste an dieser Stelle eigentlich eine Lobeshymne auf die fantastischen Siege der Fahrer folgen.

 

Das Problem aber ist, dass es entsprechende Erfolge nicht gibt. 

 



David Moncoutié

Während bei den GTs in Italien und Spanien die Gesamtklassements vor allen Dingen Angelegenheiten der einheimischer Fahrer waren, so übten sich die Franzosen bei ihrer Rundfahrt in der Rolle des großzügigen Gastgebers. Lediglich ein Fahrer platzierte sich in den Pro Tour Punkterängen und nur einen Etappensieg gab es zu vermelden. Siege und Podiumsränge bei Klassikern blieben genauso aus, wie es auch keine französischen Gesamtsiege bei den Rundfahrten zu loben gab. Nur eine Podiumsplatzierung konnte realisiert werden. Bei der Katalonien-Rundfahrt sicherte sich diesen David Moncoutié, der auch den Etappensieg bei der TdF zu verantworten hatte.

 

Wer vielleicht 2004 der Ansicht war, dass der französische Radsport seine Flaute überwunden hätte, weil drei Fahrern der Einzug in die Top Twenty der Tour gelungen war, der wurde 2005 wahrlich eines besseren belehrt. Einerseits schützt die Pro Tour durch die Integration von vier Equipen den französischen Radsport, auf der anderen Seite aber zeigt die Rennserie sehr deutlich das wahre Ausmaß der französischen Misere auf. Durch die Pflichtteilnahme aller Teams an den Pro Tour Eventen, sank die Wahrscheinlichkeit für ohnehin seltene französische Erfolge. Aufgrund der Verpflichtungen durch die Pro Tour gehen bei den wichtigen Rennen alle Teams an den Start – auch die, die ansonsten evtl. keine Einladung erhalten hätten oder zuvor nur mäßig besetzte Delegationen zu diesen Rennen (z.B. GP Ouest-Plouay) entsandten. Von der Konkurrenz kann man nicht erwarten, dass Rücksicht auf französische Begehrlichkeiten genommen wird, sondern eigene Siege stehen im Vordergrund.

 

Man kann das Ausbleiben von Siegen für Fahrer französischer Nationalität nicht dadurch begründen, dass sie sich in den Dienst der Legionäre stellen müssen. Auch die Teambilanzen und Siegertableaus belegen, dass keine französische Equipe einen Wettbewerb gewonnen hat und nur Hushovd von Crédit Agricole und Usow vom Professional Team Ag2r Prevoyance realisierten Podiumsplätze bei Pro Tour Klassikern.

 



Thomas Voeckler und Jerome Pineau
Arnaud Coyot

Schonungslos beweisen die Ergebnislisten, wo der französische Radsport wirklich anzusiedeln ist. Bei nur drei Klassikern konnten sich Fahrer aus Frankreich unter den ersten Zehn platzieren. Am besten schnitt Moncoutié bei der Klasika San Sebastian als Sechster ab.  Beim Amstel Gold Race reichte es für Jerome Pineau zum neunten Rang, während sein Landsmann Arnaud Coyot Zehnter bei Paris-Roubaix wurde. Dort wurde er von Florent Brard überflügelt, der hingegen für das Professional Team „Agritubel“ fuhr und somit keine Punkte zugesprochen bekam. Diese Bilanz muss man als erbärmlich bezeichnen

 

Bei sieben weiteren Eintagesrennen der Pro Tour reichte es zwar zu Platzierungen zwischen Platz 11 und 20, aber diese Ergebnisse werden den Anforderungen einer einstigen Radsportnation nicht gerecht. Vergleichsweise lesen sich die Rückblicke der Schweiz oder den Niederlanden (oder auch Luxemburgs) freundlicher, obwohl da auch niemanden Honig um den Bart geschmiert wird.

 



Christophe Moreau

Der Blick auf die Ergebnisse der Rundfahrten gestaltet sich nur wenig freundlicher. Moncoutiés Abschneiden bei der Volta à Catalunya wurde bereits hervorgehoben. Ferner wurde er bei der Dauphiné Libéré Sechster. Dafür konnte er bei der Tour de France mal wieder nicht in die Phalanx der ersten 20 vorstoßen. Bester Franzose bei der berühmtesten Rundfahrt der Welt wurde wieder einmal  Christophe Moreau als 13. Zuvor war er bereits bei der Volta à Catalunya als Neunter während der Saison in Erscheinung getreten.

 

Bei Tirreno-Adriatico zogen zwei Franzosen in die Top Ten ein. Fabrice Halgand belegte den neunten Rang, während der Routinier Laurent Brochard Fünfter der Rundfahrt wurde. Dieses war die einzige Platzierung des ehemaligen Weltmeisters, die ihm Pro Tour-Punkte einbrachte. Bei insgesamt acht Veranstaltungen der Pro Tour blieb er bester Franzose. Das mag gut für ihn klingen, reicht dem französischen Radsport aber bestimmt nicht und stellt einen deutlichen Hieb gegen die junge Generation seiner Landsleute dar, die ihm immer noch nicht das Wasser reichen konnten. Auch das ist kein Ruhmesblatt für die Grande Nation.

 



Sylvain Chavanel
Sandy Casar

Sylvain Chavanel schließlich wurde Neunter bei der Polen Tour. Sein Wechsel zu Cofidis bedeutete für ihn nicht den erhofften Karriereschub. Schließlich passte er sich dem dürftigen Niveau seiner Landsleute an. Die Platzierung im Gesamtklassement der Polen Tour steht unter dem Eindruck, dass aufgrund von Terminüberschneidungen mit der Vuelta und dem nahenden Saisonende eine deutlich schwächere Konkurrenz am Start war.

 

Andere Fahrer, auf die für 2005 große Hoffnung projiziert hatten, konnten sich nicht in den gewünschten Regionen etablieren. Thomas Voeckler, der bei der Tour 2004 kurzzeitig das Gelbe Trikot tragen konnte, hielt offenkundig dem Druck der Erwartungen nicht stand. Er hatte im Jahr zuvor das Glück, der richtigen Fluchtgruppe anzugehören, die einen komfortablen Vorsprung heraus fuhr, so dass er sich mehrere Tage im Glanz des Maillot jaune sonnen konnte.

 

Auch Sandy Casar befand sich in derselben Gruppe. Er konnte 2005 im Gegensatz zu Voeckler zwar zweimal in den Kampf um einen Tour-Etappensieg eingreifen, aber auch für ihn hing die Latte (Platz unter den ersten 20) eindeutig zu hoch.

 



Anthony Charteau

Ebenso blieb bei den Etappenerfolgen im Rahmen der Pro Tour Zurückhaltung Trumpf. Moncoutié ergatterte noch einen bei der Baskenland-Rundfahrt, womit er neben Etappensieg bei der Tour fast für die Hälfte der französischen Tagessiege in der Pro Tour sorgte. In Erinnerung blieb der Tageserfolg beim Giro durch Christophe Le Mevel, der kurz vor dem Ziel erfolgreich aus einer Fluchtgruppe attackierte und gewann.

 

Der junge Anthony Charteau schaffte einen Etappensieg bei der Katalonienrundfahrt, während Samuel Dumoulin bei der heimischen Dauphiné Libéré einen Tagessieg feiern konnte. Bei der anderen kleinen Rundfahrt in Frankreich, Paris-Nizza, blieben die Franzosen bar jeden Tagessieges und ohne Top Ten-Platzierung ein höflicher Gastgeber.

 

In medias res gesprochen heißt es für 2005, dass man über keinen Anwärter für eine GT-Gesamtwertung verfügt. Es gibt keinen Sprinter für Etappengewinne, es existiert kein Aspirant für die Frühjahresrennen in Belgien und in der Hölle des Nordens. Auch fehlt es an dem Fahrer, der die Nachfolge von Laurent Jalabert und Richard Virenque in der Bergwertung der Tour de France antreten könnte. Mit David Moncoutié gibt es einen Akteur, der an guten Tagen evtl. ein Ergebnis bei kleinen Rundfahrten bzw. Hügelklassikern erzielen kann.

 

Die Kapitänsrollen der französischen Teams sind für ausländische Fahrer offensichtlich nur begrenzt lukrativ. Vermutlich sind einerseits die Finanzen und Teametats zu gering, andererseits erkennt der interessierte Fahrer auch, dass die zu erwartende Unterstützung der Teams nicht schlagkräftig genug ist. Eine Ausnahme stellt künftig vielleicht der „Aufsteiger“ Ag2r Prevoyance dar, der Mancebo verpflichtete.

 

Aber es gibt in der Not doch Lichtblicke:

Erst als die Franzosen gezwungen waren, mit ihren Besten als Team zusammen zu arbeiten, gab es ein positives Ergebnis zu vermelden. Bei der WM war es einer Fluchtgruppe gelungen, das Hauptfeld abzuhängen. Daraufhin spannten sich sämtliche Franzosen vor das Peloton und führten es wieder heran. Dieses Engagement trug entschieden dazu bei, dass Anthony Geslin die Bronzemedaille erringen konnte.

 

Aus diesem Erlebnis muss aber auch auf Seiten der Verantwortlichen das richtige Fazit gezogen werden. Erst durch eine Bündelung der Kräfte konnte die angeschlagene Grande Nation mit einem guten Resultat aufwarten. Dieses wäre eigentlich der Fingerzeig und Diskussionspunkt, unter dem sich die Funktionäre zusammensetzen sollten, um nach Lösungen und Wegen aus dem Dilemma suchen. Es mutet zwar erfreulich an, dass man mittlerweile fünf französische Rennställe in der Pro Tour hat. Angesichts der fehlenden Erfolge wäre es aber sicherlich besser, wenn es weniger wären. Denn derzeit streuen sich die Kräfte und teilen sich auf. Bei einer Reduzierung durch Fusionen auf drei Mannschaften bei Beibehaltung der jeweiligen Etats würde zwar kein neuer Bernard Hinault kreiert werden, aber vielleicht hätten es andere Fahrer leichter, auch wieder brauchbarere Ergebnisse vorzuweisen. Zudem würden junge Fahrer, die leistungsmäßig mit der Pro Tour überfordert scheinen, Zeit zur Entwicklung in unterklassigen Teams bekommen.

 

Man muss es so deutlich formulieren: Derzeit sind die französischen Teams meist Füllmaterial im Peloton, um das Wort Fallobst zu vermeiden. 

 

Vermutlich wiederholen die Franzosen aber alte Fehler. Ein neuer Stern am Himmel heißt Geslin und Ende 2006 ergibt sich voraussichtlich wieder Ernüchterung, dass Monsieur Geslin wie andere zuvor hinter den Erwartungen und Wünschen zurück geblieben ist.

 

Ein neuer Sponsor (Caisse d’Epargne) aus Frankreich hat sich für 2006 gefunden. Er unterstützt aber lieber das spanische Team Illes Balears. Als französische Mitgift sollten möglichst die sechs besten des Landes verpflichtet werden. Dass diese Zahl hernach auf vier reduziert wurde, war dann eine angebrachte Maßnahme. Und dass Eric Berthou, Florent Brard, Mathieu Perget und Nicolas Portal Aushängeschilder des französischen Radsports sein sollen, wäre nicht jedem Fan gleich aufgefallen. 



Teambilanzen:

 

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Bouygues Telecom 

Francaise des Jeux 

Crédit Agricole 

Cofidis 

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