Das Fazit der Autoren: „Das Gesetz war und ist sehr wichtig, da die Verbände allein die Integrität des Sports nicht schützen können. Der Staat fördert den Sport wegen seiner sozialen Funktionen Jahr für Jahr finanziell und ideell, daher ist es auch richtig, dass er diese gemeinschaftsstiftende Institution vor korrupten Verhaltensweisen schützt. Auch die Sport- und Athletenverbänden erkennen die präventiven Wirkungen des Gesetzes an.“ In einem der rund 24 Experteninterviews, die die Studienautoren führten, sagte ein Athlet, das Anti-Doping Gesetz habe gerade bei jüngeren Sportlern zu einem Umdenken geführt.
Dennoch hat die Studie nach Einschätzung von Kubiciel und Hoven auch eine Schieflage deutlich gemacht. Die Auswertung sämtlicher Akten zu Verfahren, die deutsche Staatsanwaltschaften wegen des Verdachts des Selbstdoping geführt haben, zeige, dass der Großteil der Ermittlungsverfahren eingestellt wird. „Nur drei Sportler haben in den letzten Jahren wegen Selbstdopings einen Strafbefehl erhalten, die Verurteilung des Berufsboxers Felix Sturm durch das Landgericht Köln zu Anfang des Jahres ist die bislang einzige.“ Die Studienautoren führen dafür zwei Gründe an: „Es fehlt im Sport an Whistleblowern, daher wäre über eine Ausweitung der Kronzeugenregelung nachzudenken.“ Selbstdoping falle in der Regel nur durch positive Trainings- und Wettkampfproben auf. Diese reichten aber für den Tatnachweis und eine Bestrafung nicht aus, da das Gesetz weitere Strafbarkeitsvoraussetzungen habe, deren Nachweis den Staatsanwaltschaften schwerfalle. Kubiciel und Hoven schlagen daher vor, den Straftatbestand zu überarbeiten, um das Gesetz stärker auf die Bekämpfung des Selbstdopings im Wettkampfsport auszurichten.
Stärkerer Fokus auf Wettkampfsport
Dies sei auch aus einem anderen Grunde wichtig: „Bislang betrifft der Großteil der Ermittlungsverfahren Bodybuilder, bei denen anabole Steroide oder andere Dopingpräparate aufgefunden werden. Diese nehmen aber typischerweise nicht an Wettkämpfen teil.“ Dass das Gesetz den Besitz von Dopingmittel kriminalisiere, diene – so Hoven und Kubiciel – nicht der Integrität sportlicher Wettkämpfe. Vielmehr begründe der Gesetzgeber die Besitzstrafbarkeit mit der Vermutung, dass Personen, die Dopingmittel besitzen, diese auch an andere weitergeben oder damit Handel treiben. „Das mag vorkommen, jedoch haben uns viele Experten gesagt, dass die aufgefundenen Mengen oft so gering seien, dass kaum davon ausgegangenen werden könne, dass der Beschuldigte mit diesen Handel treibe oder sie weitergebe.“
Auch an dieser Stelle schlagen die beiden Professoren eine Feinjustierung des Gesetzes vor. „Strafrechtliche Ermittlungen und Sanktionen sind zur Sicherung zentraler Werte und Normen des Sports wichtig, sie sind aber auch aufwändig und teuer. Daher halten wir es für sinnvoll, das Anti-Doping-Gesetz stärker auf strafwürdige Fälle von Doping im Wettkampfsport zu fokussieren.“