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USA Doping Geschichte(n)



Affairen, Skandale



2016 Missbrauch medizinischer Ausnahmegenehmigungen?

Im September 2016 begann die Hackergruppe Fancy Bears damit, Dokumente zu veröffentlichen, die sie in der ADAMS-Datenbank der WADA und im System der US-Anti-Doping-Agentur USADA gefunden hatte.

 

U.a. handelte es sich dabei um medizinische Ausnahmegenehmigungen (TUE) von Sportler*innen verschiedener Länder. Besondere Beachtung wurde dabei USamerikanischen Athleten zuteil, nachdem etlichen Medien von Fancy Bears die Einsicht in gehackte interne Emails der USADA gewährt wurde. (Fancy Bears, 13.9.2016, Seiten 1-4).

 

Die Dokumente beweisen kein Doping, sie zeigen lediglich auf, ob und wann Sportler*innen die Erlaubnis erhielten, verbotene Medikamente aus gesundheitlichen Gründen für kurze Zeit oder dauerhaft einnehmen zu können. Diese TUE (Therapeutic Use Exemptions) sollen es Sportler*innen ermöglichen, bei leichten Krankheiten, Allergien oder chronischen Beschwerden trainieren und Wettkämpfe ausführen zu können.

 



Mit diesen TUE werden verbotene Mittel und Methoden erlaubt. Damit ist immer eine Missbrauchsmöglichkeit gegeben. Beispiele hierzu gibt es aus allen Sportarten zuhauf, doch insbesondere aus dem Radsport liegen viele Zeugnisse vor. Die bekanntesten Substanzen sind Corticosteroide, die seit Jahrzehnten missbräuchlich über medizinische Ausnahmegenehmigungen konsumiert wurden. Die jüngsten Kontroversen 2016/2017 betreffen Bradly Wigginss und das Team Sky.

 

Die mutmaßlich russische Hackergruppe sprach unmissverständlich von Dopingfällen, die mit Hilfe der TUE wissentlich verschleiert wurden. Die USADA widersprach heftig.

 

2015 hat die USADA 136 TUE ausgestellt für ca 2500 Athleten, die in Testpools gelistet waren.

 

Brisant gestaltete sich die Angelegenheit für die USADA durch die gehackten USADA-internen Emails, die nahe legen, dass vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 kurzfristig viele Anträge auf TUE gestellt wurden.

Am 30. Juni 2016 versendete die für Ausnahmegenehmigungen zuständige Usada-Mitarbeiterin Shelly Rodemer eine E-Mail an ihre Kollegen. "Es hört nicht auf", schrieb Rodemer. "Ich bekomme Anträge für ADHS/Prednison-TUEs von Leichtathleten und Schwimmern, die zurzeit bei den Ausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spiele sind. Ich nehme an, dass ich die Anträge trotzdem bearbeiten werde, obwohl die Wettbewerbe schon begonnen haben, oder?"

Prednison ist ein entzündungshemmendes Steroid, das bei chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn und Rheuma eingesetzt wird und im Wettkampf verboten ist. Rodemer beklagte in ihrer E-Mail, dass die Sportler die Ausnahmegenehmigungen "auf den letzten Drücker" beantragen würden und dass dies nicht zum ersten Mal vor Olympischen Spielen passiere. "Doch dieses Mal scheint es noch viel schlimmer zu sein als vor den Spielen 2012 in London! Du lieber Himmel!"

 

Es sei "wirklich anstrengend für unser Team" die Masse an Anträgen zu bewältigen, antwortete ihr Matthew Fedoruk, der Wissenschaftsdirektor der Usada. Die Sportler müssten in Schulungen dringend besser über die Formalitäten und Fristen aufgeklärt werden.

 

Schon im Januar 2016 schlug Fedoruk bei der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada Alarm. Die meisten US-Athleten würden sich bezüglich der TUE nicht an die Regeln halten, teilte er in einer E-Mail an die medizinische Abteilung mit. Ausnahmegenehmigungen müssen nach den Vorgaben der Wada mindestens 30 Tage vor Einnahme des Medikaments beantragt werden - doch daran hält sich offenbar kaum ein Sportler.

 

"In der Realität ist es so, dass wir viele Anträge von Athleten erhalten, die bereits damit begonnen haben, ein Medikament zu nehmen, das im Wettkampf verboten ist", schrieb Fedoruk. "Ich würde sagen, dass bei den wenigsten Anträgen die Richtlinie 'Erst anfragen, dann einnehmen' eingehalten wird. In den allermeisten Fällen kümmern sich die Sportler niemals 30 Tage im Voraus darum."

(spiegel online, 1.12.2016

 

Travis Tygart von der USADA erklärte zu der hohen Zahl erteilter TUE und den Fällen der Olympischen Spiele:

"In unserem Olympia-Team in Rio hatten wir 538 Athleten. Und weniger als zwei Prozent hatten Ausnahmegenehmigungen. Sie müssen einberechnen, dass wir in den USA einen großen Zuständigkeitsbereich haben. 15 Millionen Menschen. Es geht nicht nur um Elite-Athleten, die nach Ausnahmegenehmigungen fragen. Es schließt auch Freizeitsportler mit ein. Ungefähr 67 Prozent unserer Ausnahmegenehmigungen, also etwa 400 Menschen, sind für Athleten, die nicht auf der nationalen oder internationalen Ebene Wettkampf betreiben.” Deutschlandfunk, 11.12.2016

 

Ein überzeugende Entgegnung auf die in den Emails geäußerten Feststellungen und Befürchtungen ist das nicht. Unabhängig davon wie glaubwürdig das Bemühen der USADA, nur gerechtfertigte TUE auszustellen, ist - die Emails lassen den klaren Verdacht aufkommen, dass im USamerikanischen Hochleistungssport versucht wird, das Antidoping-System mit TUE zu umgehen. Es liegt zudem der Verdacht nahe, dass die Mittel, für die die TUE beantragt werden, bereits im Vorfeld schon lange ausgiebig getestet und damit angewandt wurden. Dafür spricht nicht nur die zu kurze Antragszeit. Manche Substanzen davon mögen in Trainingszeiten erlaubt sein, doch einige könnten durch Trainingskontrollen nicht erfasst worden sein.

 




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