Doping im Leistungssport in WestdeutschlandStellungnahme der Hochschullehrer der deutschen Sportmedizin und des Wissenschaftsrates der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
Die Hochschullehrer der deutschen Sportmedizin und der Wissenschaftsrat der DGSP nehmen die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) in Auftrag gegebenen Studie zur „Geschichte des Dopings in der Bundesrepublik Deutschland“ und das vom 12. - 14. September 2011 in Freiburg abgehaltene Symposium „Sportmedizin und Doping in Europa“ zum Anlass für die folgende Stellungnahme.
Angesichts des Verbotes der Anwendung anaboler Steroide im Sport durch die IAAF (Internationaler Leichtathletikverband, 1970), den DLV (Deutscher Leichtathletikverband, 1971) und das IOC (Internationales Olympisches Komitee, 1974) und der aktuellen Gesetzeslage halten wir für nicht zu rechtfertigen:
Es ist bekannt, dass Dopingmethoden zur Zeit der politischen Blockkonfrontation von der Politik teilweise gefordert und auch finanziell unterstützt wurden. Dieser Umstand kann das genannte Verhalten aus unserer Sicht allerdings keinesfalls rechtfertigen. Der Deutsche Sportärztebund (DSÄB, später Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention, DGSP) hat sich 1977 und 1988 klar gegen eine Rechtfertigung jeglicher Abgabe von anabolandrogenen Steroiden oder anderen leistungssteigernden Medikamenten mit Begriffen wie „Substitution“ oder „Therapie“ gestellt und diese Position seither immer nachdrücklich vertreten. Wir vertreten die selbstverständliche Position, dass ein nachgewiesener Verstoß gegen die Anti-Dopingbestimmungen (WADA-Code) von Ärzten, medizinischem Hilfspersonal, Trainern und Funktionären nicht mit einer weiteren Tätigkeit im Leistungs- und Spitzensport und, wenn es sich um Ärzte handelt, auch nicht mit einer Mitgliedschaft in der DGSP vereinbar ist. Wir weisen darauf hin, dass deutsche Sportmediziner in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen einen wichtigen Beitrag zur Dopingprävention, zur weiteren Entwicklung von Dopingnachweisverfahren, zur Verbesserung der Kenntnis der Nebenwirkungen von Dopingsubstanzen und zur Erfassung der Verbreitung des Dopings im Leistungs- und Freizeitsport leisten. Wir machen darauf aufmerksam, dass die ärztliche Betreuung von Leistungssportlern nur ein Teil der Aufgaben der Sportmedizin ist. Die Entwicklung und Evaluation von Trainingsprogrammen zur Prävention, Therapie und Rehabilitation bei Herzkreislauferkrankungen, Krankheiten des Stoffwechsels, des Bewegungsapparates und der Lunge sowie bei Tumorerkrankungen haben traditionell ebenso große Bedeutung in unserem Fach. Wir vertreten die Meinung, dass die Leistungsphysiologie und die Betreuung von Leistungssportlern zur Kernkompetenz des Faches Sportmedizin gehören und dass im Leistungssport auch Trainingskonzepte entwickelt werden, welche in Bewegungsprogramme zur Prävention, Therapie und Rehabilitation verschiedenster Krankheiten einfließen. Wir sind der Ansicht, dass die qualifizierte medizinische Betreuung im Wettkampfsport zu den Aufgaben der universitären Sportmedizin zählt. Dabei müssen die Fortentwicklung und Umsetzung eines evidenzbasierten Gesundheitsmanagements und die frühzeitige Dopingprävention im Vordergrund stehen. Die Entwicklung einer Einbindung der medizinischen Betreuung von Hochleistungssportlern in Non-Profit-Organisationen wie den öffentlich-rechtlichen Hochschulen ohne eine direkte persönliche und/oder finanzielle Abhängigkeit vom Leistungssport bietet hierbei eine wichtige Grundlage gegen die Mitwirkung von Ärzten beim Doping. Um Interessenskonflikte im sportmedizinischen Umfeld zukünftig besser kontrollieren und nach Möglichkeit gänzlich vermeiden zu können, wird der Wissenschaftsrat der DGSP als eine der ersten Sportinstitutionen weltweit die Erarbeitung einer „Conflict of Interest Policy“ in Angriff nehmen. Dies schließt ausdrücklich sportärztliche Tätigkeiten im Leistungssport ein, bei denen ein Konflikt zwischen Tätigkeiten im Anti-Doping-Bereich einerseits und der Betreuung von Leistungssportlern andererseits entstehen kann.
Diese ausgearbeitete Stellungnahme von den Mitgliedern des Wissenschaftsrats der DGSP unter Beteiligung von weiteren Hochschullehrern der deutschsprachigen Sportmedizin wird von den hier namentlich genannten Hochschullehrern für Sportmedizin vollständig unterstützt. Nach einer ausführlichen Diskussion der Ergebnisse der Symposien wurden Grundzüge einer Erklärung bei der Sitzung des Wissenschaftskollegiums der DGSP in Frankfurt am 8.10.2011 ausgiebig diskutiert. Einmütig wurde von den anwesenden Kollegen die weitere Ausarbeitung einer Stellungnahme unter Hinzuziehung juristischen Rates von H. Striegel, Stuttgart, unterstützt. Unter Sichtung umfangreichen weiteren Materials erfolgte die Ausarbeitung eines weiteren Entwurfs im Wissenschaftsrat, derdann den Mitgliedern des Wissenschaftskollegiums über den E- Mail-Verteiler zugänglich gemacht wurde. Die eingegangenen zahlreichen Stellungnahmen wurden dann – soweit wie möglich – berücksichtigt, wobei dabei die Abstimmung über Änderungen im Wissenschaftsrat erfolgte. Eine Version wurde dann am 24.10.2011 über doodle zur Zustimmung, zur Kommentierung oder zur Ablehnung freigeschaltet. Eine weitere geringfügig überarbeitete Version wurde am 26.10.2011 freigeschaltet. Die Deadline wurde auf den 27.10.11 festgelegt aufgrund der Aktualität und dem Redaktionsschluss der Zeitschrift. Es gab keine Ablehnung. Alle Nachzügler wurden bis zum 31.10.2011 in die gedruckte Liste aufgenommen, spätere Zustimmungen werden im pdf berücksichtigt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Nichtnennung eines Hochschullehrers keinesfalls als Ablehnung dieses Textes interpretiert werden darf. Es wurden nur Mitglieder des Wissenschaftskollegiums der DGSP um Zustimmung gefragt, das sind alle hauptamtlich im Fachgebiet Sportmedizin tätigen habilitierten Hochschullehrer. Unter Umständen hatten nicht alle Hochschullehrer Zeit und Gelegenheit, sich mit dem Text auseinander zu setzen, auch sind technische Schwierigkeiten trotz aller Sorgfalt nicht auszuschließen.
Wissenschaftsrat der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention
(Die Mitglieder des federführenden Wissenschaftsrates sind bei den Autoren mit * markiert). Das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention unterstützt diese Erklärung. Prof. Dr. Winfried Banzer, Frankfurt Prof. Dr. Peter Bärtsch*, Heidelberg Prof. Dr. Ralph Beneke, Marburg Prof. Dr. Aloys Berg, Waldkirch PD Dr. Gereon Berschin, Marburg Prof. Dr. Wilhelm Bloch*, Köln Prof. Dr. Dieter Böning, Berlin Prof. Dr. Klaus Michael Braumann, Hamburg Prof. Dr. Christof Burgstahler, Tübingen Prof. Dr. Hans-Hermann Dickhuth, Freiburg PD Dr. Birgit Friedmann-Bette, Heidelberg Prof. Dr. Dr. Christine Graf, Köln Prof. Dr. Hans-Christian Heitkamp, Tübingen Prof. Dr. Dr. Thomas Hilberg, Wuppertal Prof. Dr. Gerd Hoffmann, Frankfurt Prof. Dr. Andreas B. Imhoff, München Prof. Dr. Philip Kasten, Dresden PD Dr. Ulrike Korsten-Reck, Freiburg Prof. Dr. Yuefei Liu, Ulm Prof. Dr. Dr. Matthias Lochmann, Erlangen Prof. Dr. Frank Mayer*, Potsdam Prof. Dr. Tim Meyer, Saarbrücken Prof. Dr. Frank-Christoph Mooren*, Gießen Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, Salzburg Prof. Dr. Andreas Nieß*, Tübingen Prof. Dr. Petra Platen, Bochum Prof. Dr. Rüdiger Reer, Hamburg Prof. Dr. Kai Röcker*, Freiburg Prof. Dr. Walter Schmidt*, Bayreuth Prof. Dr. Arno Schmidt-Trucksäss, Basel Prof. Dr. Yorck Olaf Schumacher, Freiburg Prof. Dr. Dr. Perikles Simon, Mainz Prof. Dr. Jürgen Steinacker*, Ulm Prof. Dr. Dr. Klaus Steinbrück, Stuttgart Prof. Dr. Dr. Heiko Striegel, Stuttgart Prof. Dr. Uwe Tegtbur, Hannover Prof. Dr. Klaus Völker, Münster Prof. Dr. Karl Weber, Köln Prof. Dr. Burkhard Weisser, Kiel PD Dr. Bernd Wolfarth, München PD Dr. Jürgen Scharhag, Heidelberg Prof. Dr. Elke Zimmermann, Bielefeld 2007 Antidoping-Erklärung der DGSP<br>- Empfehlungen Ad-hoc-KommissionNach den Dopingvorfällen rund um das Team Telekom/T-mobile, in dem vor allem die Teamärzte aus Freiburg Aufsehen erregten, sah sich die DGSP 2007 angesprochen und gab untenstehende Erklärung ab. Sie richtete zudem eine Ad-hoc-Kommission ein, die Vorschläge zur Verbesserung der Anti-Doping-Maßnahmen der Ärzteschaft erarbeiten sollte - Näheres siehe weiter unten. die Erklärung"Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) hat sich wiederholt klar und eindeutig gegen Doping ausgesprochen (1952,1966, 1970,1989). Zuletzt erfolgte eine erneute Stellungnahme und Presseerklärung im September 2006, auf die auch angesichts der aktuellen Vorgänge um den Radsport verwiesen wird."
>>> Antidoping-Erklärung der DGSP, 29.05.07
Empfehlungen Ad-hoc-Kommission der DGSP 2007Im Juni 2014 legte die Steiner-Kommission des DOSB ihren Abschlussbericht mit Empfehlungen für den Anti-Doping-Kampf vor. Die siebenköpfige Kommission war 2013 eingerichtet worden nachdem die Studie "Doping in Deutschland...." vorgestellt worden war. Näheres siehe hier unter >>> Aufarbeitung der westdeutschen Dopingvergangenheit.
In dem Bericht der Steiner-Kommission wird ausführlich festgehalten, dass die DGSP 2007 eine Ad-hoc-Kommission eingerichtet hatte, die Empfehlungen zur Verbesserungen von Anti-Doping-Maßnahmen erarbeiten sollte. Die sei geschehen und einiges sei bereits umgesetzt worden.
|
Gazzetta durchsuchen:
|
|
|
| |