Leistungsverbessernde Effekte von Doping seien zu vernachlässigen sagt Harm Kuipers, Mitglied der Medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
Es ist wenig bekannt darüber, wie Doping funktioniert und wirkt, gerade bei den Sportlern selbst; deshalb weiß man auch noch zu wenig über die wirklichen Gefahren des Dopings. "Das ist eine schlechte Sache", sagt Harm Kuipers. Der das sagt, ist kein Geringerer als Harm Kuipers, 60 Jahre alt, Professor für Bewegungswissenschaften an der Universität Maastricht. ...
Kuipers ist der Überzeugung, dass der Schlüssel zur Lösung des Doping-Problems beim Sportler selbst liegt, in der Offenheit und im Wissen im Sport selbst.
Der Kampf gegen Doping artete in den vergangenen Jahren besonders im Radsport und in der Leichtathletik in einer Art Hetzjagd aus. Prominente Sportler wie Floyd Landis und Marion Jones wurden erwischt und mussten ihre gewonnenen Medaillen und Preise abgeben. In der Tour de France mussten im vergangenen Sommer Radrennfahrer Anti-Doping-Erklärungen unterzeichnen, Fahrerhotels wurden auf den Kopf gestellt wie bei einer Razzia, das deutsche Fernsehen weigerte sich, die Berichterstattung über die Tour fortzusetzen, nachdem Alexander Winokurow überführt worden war und als besonderer Tiefpunkt sah sich Sponsor Rabobank genötigt, seinen Top-Fahrer und Träger des gelben Trikots, den Dänen Rasmussen, aus dem Rennen zu nehmen.
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Aus diesem Blickwinkel sind die Erkenntnisse des Doping-Experten Harm Kuipers aus den Niederlanden zumindest bemerkenswert zu nennen. "Doping wirkt nicht leistungsfördernd", so lautet sein Urteil.
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Die ersten Hinweise darauf, dass Doping nicht leistungsfördernd sei, erbrachten Untersuchungen, die er im Eisschnelllaufen durchführte. "Bei Blutmanipulation mittels EPO werden mehr rote Blutkörperchen produziert. Das darin befindliche Hämoglobin sorgt für mehr Sauerstoff, und mehr Sauerstofftransport bedeutet eine Ausdauerleistung. Wenn das so ist, sollte man meinen, dass es besondere Effekte in einer Sportart an erster Stelle hätte, also im Eisschnelllaufen. Untersuchungen legten anderes nahe. Seit 2000 halten wir Datenbanken aller Top-Läufer auf dem neuesten Stand, und dabei stellen wir überhaupt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Hämoglobin-Gehalt und Erfolgen fest. Auch nicht über die verschiedenen Jahre gemessen. Bei der WADA haben wir weil unsere Untersuchungsergebnisse so überraschend waren dann beschlossen, dies in mehreren Sportarten zu testen. Zusammen mit diversen Fachverbänden haben wir danach geschaut, welche Datenbanken verfügbar sind zum Beispiel bei der UCI, der Internationalen Radsportunion, und der IAAF, dem internationalen Leichtathletik-Verband ergaben Tests ähnliche Resultate besser gesagt: überhaupt keine Zusammenhänge wie beim Eisschnelllaufen."
Früher erkannte man schon, dass die leistungsverbessernden Effekte von Amphetaminen in den 80er-Jahren ein sehr populäres Mittel, um sich zu dopen, zu vernachlässigen waren. Kuipers: "Inzwischen wissen wir, dass Amphetamine das maximale Leistungsvermögen sogar herabsenken, anstatt es zu heben. Ich habe sogar schon mal gesagt, dass man Leuten, die mit Amphetaminen erwischt worden sind, ihre Medaillen nicht abnehmen sollte, sondern eigentlich sogar eine zusätzliche Medaille mitgeben sollte weil sie trotz des Gebrauchs der Amphetamine gewonnen haben. Das ist eigentlich eine sehr gute Leistung."
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"EPO-Untersuchungen haben ergeben, dass die maximale Sauerstoffaufnahme zwar nach oben geht, aber das Ganze hat keinen Einfluss auf die Leistung. Die höchste Hämoglobin-Aufnahme sorgt sogar für die geringste Leistungssteigerung." Das Leistungsvermögen steigt zwar ein bisschen. Beim Eisschnelllaufen wäre das wahrscheinlich der Unterschied zwischen Platz eins und Platz drei .... Dasselbe gilt übrigens auch für Wachstumshormone. Das ist nun ein Mittel, das zurzeit gefragt ist, um beispielsweise Muskelwachstum zu fördern und das sehr schwer aufzuspüren ist. Es gibt sehr viele Pistolengeschichten, die die Runde machen, aber alle Untersuchungen belegen, dass es eher kontraproduktiv wirkt. Es ist sogar so, dass Menschen, die von Natur aus zu viele Wachstumshormone produzieren, zum Arzt kommen und dort über Ermüdungserscheinungen klagen.
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"Ein bedeutend größerer Teil der Effekte von Doping ist durch die Vorstellungskraft zu erklären, die mit der Dopingeinnahme einhergeht. Bei Tests haben wir Menschen Mittel gegeben, ohne dass sie sehen konnten, was sie bekamen; wenn man die Vorstellungskraft, die mentale Seite, ausschließt, kommt heraus: Doping hat keinen Einfluss. Die Leistungen der Gruppe, die Placebos (Pillen ohne Mittel) genommen hat, waren sogar noch einen Tick besser als die Leistungen der Gruppe, die EPO erhalten hatte.
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Man sagt, dass das Publikum betrogen würde, aber man wird viel weniger beschummelt als man denkt. Sportler, die Dopingmittel zu sich nehmen, betrügen sich eigentlich selbst. Kein einziges Mittelchen macht aus einem mittelmäßigen Athleten einen Gewinner, und das Ergebnis eines Wettkampfes wird nicht durch pharmazeutische Mittel bestimmt. Man kann davon ausgehen, dass die Nummer 1 bis 10 zum Beispiel der Tour de France auch ganz einfach die zehn Besten sind; die Reihenfolge wird bestimmt durch mentale Faktoren."
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"Anabole Steroide bei Frauen zeigen Effekte. Sie schaffen männliche Eigenschaften. ... Siehe Florence Griffith. Weil Anabole nur die männlichen Eigenschaften verstärken, hat es bei Männern einzig und allein im Kraftsport Auswirkungen. Das ist dann auch gleich die Erklärung dafür, dass die frühere DDR immer in Frauensportarten dominierte. Das Ausdauervermögen wird bei Männern eben reduziert. Man sagt, Anabole würden den Regenerierungsprozess beschleunigen, aber auch das stimmt nicht. Die Herzfrequenz steigt zwar etwas, aber im Erholungsprozess ist keine Verbesserung zu sehen."
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"Die Einnahme anaboler Steroide ist sehr gefährlich. Es kann einen höheren Cholesterinspiegel verursachen und vergrößert die Gefahr von Herz- und Gefäßerkrankungen. Daneben können Leberschäden auftreten; auf die Dauer kann dies sogar zu Leberkrebs führen. Wenn man EPO nicht kontrolliert, können hoher Blutdruck, Trombose oder Herzschmerzen die Folge sein. Daran sind auch schon Sportler gestorben.
Amphetamine können die Körperwärmeregulierung komplett aus dem Rhythmus bringen, wodurch der Körper sich selbst nicht mehr kühlt, man überhitzt wird. ... Und das ist auch der Grund dafür, weswegen Leute im Nachtleben, auf der Piste, bei der Einnahme von XTC (Ecstasy) sterben. ... Auch die Einnahme von Wachstumshormonen ist gefährlich. Es kann das Knochenwachstum gefährden und einen erhöhten Blutzucker und erhöhte Blutzuckerwerte zur Folge haben.
... Leider gibt es im Sport sehr viele Scharlatane, die mit großen Versprechungen Sportler wissentlich in Gefahr bringen.
Beispiel Fuentes: An den Geschichten, die über diesen Mann kursieren, kann man sehen, wie sehr er betrogen hat und welchen Risiken er die Sportler ausgesetzt hat. Es sind Fälle bekannt geworden, bei denen er Sportlern Blut verabreicht hat, das möglicherweise mit BSE verseucht war, und Blutkonserven, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen war. Das ist wirklich Quacksalberei. Aber der Mann hat Flair also glaubt man ihm. Das hat wiederum mit der Unsicherheit der Sportler zu tun; sie wollen gern glauben.
Solange man einen Heiligenschein hat, kann man viel hinkriegen. Bis der erlischt. Diejenigen, die am meisten betrogen werden, sind die Sportler. Mancebo stürzte nach einer Bluttransfusion vom Rad, weil er falsches Blut bekommen hatte. Das muss bei Winokurow auch passiert sein, denn wenn er sein eigenes Blut bekommen hätte, wäre er nie aufgefallen. Das sind Fehler erster Klasse, die wirklich gefährlich für den Sportler werden können. Dass man in einigen Ländern als Sportler nichts zu sagen hat, ist ein echter Skandal. Sportler müssen mündiger werden, will man diesen Scharlatanen Einhalt gebieten."
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