Wie erreicht man Glaubwürdigkeit? Mit der Abgabe eines Eides, so die Überlegung, könnte ein hohes Maß gelingen.
Der Eid gegen Doping wurde damit das Kernstück von Cleanrace. Er verlangt von den Sportlern Offenheit, Ehrlichkeit und aktives Eintreten gegen Doping und Unsportlichkeit.
Wer ihn leistet, übernimmt Verantwortung für sich selbst und für andere. Es geht nicht allein darum, nicht zu dopen, also darauf zu achten keine Medikamente zu nehmen, die auf der Verbotsliste stehen, sondern die Grundeinstellung ist wichtig. Clean sein beginnt viel früher. Gesunde Ernährung, intelligentes Training und das Kennenlernen und Respektieren der eigene Fähigkeiten und Grenzen, physisch und mental, sind die Basis der Leistung. Diese Haltung gilt es auch nach außen zu tragen und dafür zu werben. Seine Einstellung zeigen kann man mit dem Cleanrace-Logo. Wer den Eid geleistet hat, bekommt einen Aufkleber, der auf jedes Fahrradrohr passt. Teams, die sich zur Initiative bekennen, tragen das Logo auf den Trikots, mittlerweile sind es fünf. Und wer es offensiv will, kann mit einem eigens gefertigten Cleanrace-Trikot auftreten. Bemerkenswert ist, dass der Sächsische Radsportverband als einziger Landesverband das Logo auf seiner Interneteingangsseite hat. Der Versuch hingegen, mit dem Bund Deutscher Radfahrer zu kooperieren, ist gescheitert. Die Gründe dafür sind unklar, möglicherweise liegt es an der offenen und klaren Sprache der Cleanrace-Leute, insbesondere Achim Schmidts, denn Kritik an Strukturen und Verhaltensweisen wird häufig geübt und ist auch gewünscht: "Kritisch die Dopingpolitik der Verbände hinterfragen und ggf. Forderungen artikulieren", so ist es unter Aufgaben im Cleanrace-Leitbild formuliert. wie es begann - EntwicklungenDie Tour de France 2006 beseitigte bei vielen Fans aber auch bei vielen aktiven Radsportlern letzte Zweifel daran, dass dieser schöne Sport zutiefst dopingverseucht ist. Nicht alle resignierten, manche wollten kämpfen. So auch Luc Rooms, Michael Schmidt, Roland Siegbert und Achim Schmidt. Es war höchste Zeit für sie eine Antidoping-Initiative von Radlern für Radler zu gründen und offen für einen sauberen Radsport einzutreten. Die Gesamtproblematik war erkannt und viele Ideen wurden geboren, entsprechend umfangreich gestaltete sich ihr für notwendig erachtetes Maßnahmenpaket - es durfte geträumt werden. Doch die Realität holte die vier wieder auf den Boden zurück. Die Frage lautete jetzt: Was ist mit wenigen Mitteln machbar ? Eine Plattform für saubere FahrerDie sauberen Sportler-/innen sollten sich finden und sich zeigen können. Man sah und hörte sie nicht, aber es gab sie, nur wo? Achim Schmidt: "Wir wollten einfach eine Plattform für die Fahrer bieten, mehr nicht. Mit Prävention war nichts geplant. Wie sollten wir das auch hinbekommen. Erst einmal nur zeigen, diese Leute sind alle der gleichen Überzeugung. Sie haben alle versprochen ohne Mittel auszukommen, möchten zeigen, dass man keine Medikamente nehmen muss, um schnell zu sein. Und nach außen hin zeigen sie das mit einem kleinen Aufkleber." Der Name Cleanrace war bald gefunden, die entsprechende Domain für eine Internetpräsenz war noch frei und so konnte gestartet werden. AnlaufschwierigkeitenDie ersten Mitstreiter und Unterzeichner kamen schnell hinzu. Die Mitglieder des Pulheimer SC, aus dessen Reihen drei der vier Initiatoren stammten, Aktive des Lübecker RST, die seit einiger Zeit einen strikten Antidopingkurs verfolgten und ähnlich Überzeugte schlossen sich umgehend an. Bald gesellten sich auch Triathleten hinzu. Skepsis gab es unter den etablierten Dopingkontrollexperten. Das wahre Ausmaß des Dopings wurde von einigen noch lange geleugnet, das Kontrollsystem konnte doch nicht lügen. Erst langsam kam auch hier die Einsicht, dass Schein und Sein weit auseinander klafften. Heute wird Cleanrace weitgehend anerkannt und als wertvolle Ergänzung zum repressiven Antidopingsystem gesehen. GegenwindDie Reaktionen der Fahrer auf Cleanrace reichten von offener Zustimmung bis hin zu klar ausgesprochener Ablehnung. Die Motive können vielfältig sein, Gleichgültigkeit und Fatalismus sind nicht selten, aber auch Angst vor Repressionen und ein schlechtes Gewissen lassen auf Distanz gehen. Die negativen Reaktionen zeigten sich darin, dass die Initiatoren von Cleanrace, die selbst erfolgreich Rennen fahren, von Konkurrenten geschnitten wurden oder im Falle von Achim Schmidt, sich von ihm nicht mehr wissenschaftlch betreuen ließen. Doch so langsam scheint sich etwas zu verändern. Achim Schmidt: "Mittlerweile merke ich so ein bisschen was anderes. Dass ich schon wieder von Leuten wahrgenommen werde, die mich nicht wahrgenommen haben. Nicht wahrnehmen wollten. Ich weiß nicht, jeder kann sich ja auch ändern, aber vielleicht merken sie ganz klar, sie kommen nicht mehr darum herum. Kommen nicht mehr daran vorbei, das Thema wahrzunehmen und damit vielleicht auch mich wieder ins Blickfeld rücken zu lassen und nur zu grüßen – um viel mehr geh es ja gar nicht."
Im Frühjahr 2007 hatten ca. 700 Athleten und Athletinnen unterzeichnet. Ein Jahr später Anfang Mai 2008 sind es über 1600 Einträge, viele haben allerdings den Eid nicht abgelegt. Längst sind sehr unterschiedliche Sportarten vertreten wie Basketball, Reiten, Kanu, Unihockey, wenn auch nur vereinzelt. Die Radsportler bilden die überwältigende Mehrheit. Pro Woche kommen zur Zeit 10-15 neue Namen hinzu. Doch noch immer sucht man Profisportler fast vergebens. Prävention - ja oder nein?Im Cleanrace-Leitbild heißt es: "Doping beginnt oft schon bei jungen Sportlern, die - über welche Beziehungen oder Tipps auch immer - von leistungssteigernden Mitteln Kenntnis erhalten und sich davon eine kurzfristige Leistungsverbesserung versprechen, ohne die Nebenwirkungen zu betrachten, geschweige denn zu kennen. Häufig stehen harmlose Wirkstoffe am Beginn einer Kette von zunehmend stärkeren und gefährlicheren Mitteln." Da liegt der Gedanke nahe, Prävention zu betreiben und entsprechende Maßnahmen breit anzubieten. Doch mangels zeitlicher Möglichkeiten musste dieses Vorhaben nach langer Diskussion vorerst aufgegeben werden. Im Verein, dem Pulheimer SC, in der täglichen Trainer-Arbeit spielt diese Vorbeugung jedoch eine wichtige Rolle. Schmidt: "Das heißt wir machen keine Seminare mit Ihnen, aber wir diskutieren ständig mit ihnen, es gibt bei uns viele so Leute wie mich. Wir sind nicht der klassische Radsportverein. Viele Leute, die sich Gedanken machen, die schon so lange fahren wie ich, teilweise auch länger. Ich sage mal, dass alle bisher auch sauber gewesen sind. Aber das weiß man halt nie."
Cleanrace hat zwar keine eigenen Präventionmaßnahmen entwickelt, die Akteure bieten aber Unterstützung an. Wer Rat sucht, Konzepte, Präventionsangebote, Weiterbildungsveranstaltungen, kann sich an Cleanrace, bzw. direkt an Achim Schmidt wenden. Die bestehenden Angebote der verschiedenen Institutionen, Initiativen und Personen sind bekannt und können vermittelt werden. Die häufigsten Anrufer sind übrigends Väter, deren Söhne von einer Radsportlerkarriere, möglichst als Profi, träumen. Die Väter sind beunruhigt von den Zuständen im Profisport und wissen nicht, ob es verantwortbar ist, ihrem Kind den Weg in eine entsprechende Zukunft zu ebnen.
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