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Rund um Wiesbaden 2007

<b>von Discman</b>



Vorbereitung

Diesmal hatte ich nicht einen Monat wie den April als Vorbereitung wie vor dem "Henninger Turm". Kaum 1000 Kilometer hatte ich in den letzten beiden Monaten abgespult, aber es gibt ein schönes Sprichwort – "Qualität vor Quantität" – auf das ich diesmal alle Hoffnungen setzte. Doch der Termin lag ungünstig, eine Woche vorher hatte ich meinen Abschluss der Realschule gemacht, was soviel heißt wie frühere Ferien, saufen und Partys. Naja, irgendwie werde ich die angegebenen 57 km schon überstehen. Jede Runde war mit 19 km angegeben, allerdings waren wohl die Kilometerzähler eines Großteils der Teilnehmer defekt, denn die meisten, um nicht zu sagen alle, zeigten eine Runde von etwa 17,5 km an – ergibt eine Gesamtdistanz von 53,5 km. Zwei Wochen vorher besichtigte ich die Runde mit Ulli und mumpitz aus einem Nachbarforum. Vielen Dank von dieser Stelle für die Tour!



Die Strecke

Kurz vor dem Start wurde durchgesagt, dass die Startaufstellung am Dorint-Hotel erfolgen würde. Leider wusste niemand (zumindest niemand von den Leuten, die ich befragte), wo sich eben dieses Hotel befinden sollte. Ein Offizieller schickte mich durch ein Labyrinth von Kreuzungen in irgendeine Straße, allerdings folgte ich nur den ersten 200 Metern des beschriebenen Weges, der sich natürlich als falsch herausstellen sollte. Erst später wurde mir klar, dass es ganz einfach am Teufelslappen liegen sollte. Na ja. Von dort aus den ersten Kilometer bis zu Start / Ziel der Profis am Ende der Wilhelmstraße „neutralisiert“, dann sollten wir aber nicht wie die Profis links, sondern rechts Richtung Sonnenberg abbiegen. Schon hier begann es langsam anzusteigen, allerdings wurde die Steigung erst Ausgang Wi-Rambachs steiler. Die Ortsdurchfahrten waren zum Teil eng und winklig, zudem der Asphalt in der Regel mäßig bis schlecht. Die Straße führte dann Richtung Erbsenacker, allerdings markierte die Strecke kurz vorher den Wendepunkt, als es auf eine gutbefahrbare Bundesstraße ging. Nun galt es also, die erklommenen Höhenmeter wieder wett zu machen, leider mit ein paar Wellen, die man aber allesamt mit dem großen Ritzel "übersprinten" kann (natürlich vom Idealfall ausgegangen, die Realität sah anders aus). Mit Vollgas geht es aber weiter bergab wieder nach Wiesbaden rein über die New Yorker Straße und mit einer 90° Kurve zurück auf die Friedrich-Ebert-Allee, die in die Wilhelmstraße übergeht.

 



Streckenprofil


Der Start und die erste Runde

Das vorher angesprochene Chaos vor der Startaufstellung stellte im ersten Augenblick ein Problem dar, hatten sich schon eine halbe Stunde vor Start die meisten Fahrer eingefunden. Trotzdem konnte ich über einen Parkplatz abkürzen, mich einfach ins Getümmel quetschen und so noch eine Startposition im vorderen Drittel erobern. Zwar war der erste Kilometer als neutralisiert gekennzeichnet, doch hieß das nicht, dass man diesen Kilometer auch in langsamem Tempo nehmen musste! So konnte ich ganz links viele Positionen gut machen, die ich aber wenige hundert Meter, hinter der ersten Kurve in der beginnenden Steigung wieder einbüßte, denn mein Gabelmagnet (siehe Henninger-Bericht) hatte sich schon wieder etwas gelöst. Diesmal war das Problemkind schneller als vor zwei Monaten beseitigt, trotzdem bleibt es ein waghalsiges Unterfangen bei Tempo 45, Puls von über 200 Schlägen und einer holprigen Straße mit jeder Menge Baustellen nicht in die Speichen zu greifen. Weiter preschte ich mit immer noch gefühlten 250 Herzschlägen pro Minute über den Asphalt, spürte ich doch schon etwa 3 km, dass ich wohl gleich schwarz werden würde. So nahm ich etwas raus, konnte mich aber noch lange nicht erholen – ich mag diese Rollerberge einfach nicht. Immer wieder schaute ich mich ängstlich nach hinten um, die Gruppen wurden immer kleiner – ich würde wohl nicht ganz ans Ende zurückfallen? Ängstlich wie ich war, fragte ich natürlich bei von hinten kommenden Fahrern nach. Die Aussage, dass ich so weit hinten noch gar nicht war, konnte mich dann doch etwas ermuntern. So fand ich zu Beginn der Abfahrt eine prächtige Gruppe, wollte in meinem Übermut eine Einlage à la Savoldelli hinlegen und die nächste Gruppe erreichen. Nix da! Der Puls schoss zwar wieder gewaltig in die Höhe, doch ich landete dann doch wieder in der Ausgangsposition. Übrigens schoss in der Mitte der Abfahrt ein "Gerolsteiner"-Fahrzeug mit offener Heckklappe und einem Fahrer im Schlepptau an unserer Gruppe vorbei (wir hatte dort ungefähr ein Stundenmittel von 70 km), wenn ich aber "schoss" schreibe, dann meine ich das auch. Da war nicht viel mit hinten dranhängen. Die Krönung kommt aber noch: angesprochener Gerolsteinerprofi (der kein anderer als Fabian Wegmann hätte sein können), hatte natürlich keinen Helm auf! Naja, auf jeden Fall erreichte ich irgendwo am Ende der Gruppe die Ziellinie.



Die zweite Runde - das Leiden geht weiter

Gut, ich bin viel zu schnell angegangen. Aber es war doch nicht schon alles verloren? Hinter der ersten Kurve warteten etwa drei Helfer, die Wasserflaschen reichen sollten, allerdings zu blöd oder zu unaufmerksam waren, einfach einen Schritt nach vorne zu meiner augestreckten Hand zu machen und die Flasche zum Zielpunkt zu befördern. So bekam ich langsam Durst, doch hatte ich Angst, mit meinen 750 ml nicht über die Distanz zu kommen. Die Gruppe zerbrach in der Steigung nun wieder und ich verabschiedete mich nach hinten. Immer wieder versuchte ich kleinen Gruppen zu folgen, doch meine Kraft reichte nie, um mich irgendwo einzuklinken. Doch traf ich einen schnaufenden Einzelkämpfer, der schon sichtlich mehr litt als ich, obwohl meine Beine schon angefangen hatten, richtig weh zu tun. Zusammen erreichten wir den Gipfel und schnell hatte sich auch wieder eine Gruppe gefunden, in der die Abfahrt problemlos überstanden werden konnte. Trotzdem hatte ich immer wieder Angst um meinen Gabelmagneten, denn trotz oder wegen der Gruppe konnte ich nicht allen Gullydeckeln ausweichen, die hier sehr weit aus dem Asphalt guckten.



Die dritte Runde - das Leiden hat (k)ein Ende

Man lernt eigentlich grundsätzlich in jedem Augenblick dazu. So macht man normalerweise selten dieselben Fehler wie vorher. Das Tempo war bei Passieren der Zielgerade zwar hoch, aber noch lange nicht am Anschlag. So arbeitete ich mich an die Spitze, führte die Gruppe über die spätere Ziellinie und konnte nach der ersten Kurve schnell eine Flasche ergattern. Die nächsten 500 m fuhr ich dann von vorne, um in Ruhe trinken zu können, ließ mich danach aber schnell wieder ins Getümmel zurückfallen. Nicht viele Kilometer später war dann auch der Schwanz dieser Gruppe erreicht und ich verabschiedete mich ins Nichts. Denn es folgte erstmal keine Gruppe. Ich konnte also die nächsten Kilometer alleine zurücklegen. Im Wald nach Rambach, wo die Steigung moderater wird (dort etwa 4 - 5 %) überholten mich dann schwatzend zwei Profis. Sie düsten förmlich an mir vorbei, sodass ich ihnen gerade noch hinterher rufen konnte, dass sie mal nicht so schnell machen sollten. Natürlich hielt der Windschatten der beiden für mich nicht lange, da sie viel zu schnell unterwegs waren, doch fanden sich kurze Zeit später einige nützliche Hinterräder. Zusammen mit zwei anderen passierten wir den Wendepunkt sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Sicht. Ich schoss die Abfahrt hinunter als ob es kein Morgen geben würde, wollte ich doch die größere Gruppe erreichen, die noch nicht ganz aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Jetzt kam einem jeder kleine Hubbel wie ein ewig langer Alpenpass vor. Optimistisch nimmt man sie auf dem großen Blatt und hinten auf dem kleinsten (14 Zähne), muss man doch schnell erkennen, dass die Beine die geforderte Kraft trotz des Schwungs nicht mehr auf die Pedale bringen wollen. Allem zum Trotz glaubt man zu wissen, dass man noch irgendwo Körner gespeichert hat, um die letzten 5 km in diesem Tempo auch noch überstehen zu können. Oder man hat einfach Glück und man wird von einem älteren Mann überholt, der einen auffordert sich dranzuhängen und mitzuarbeiten. Das Hinterrad brachte zwar keine Erholung, man kann aber wenigstens ein wenig Kraft sparen. Trotzdem fuhr ich irgendwie immer noch voll auf dem Zahnfleisch, erstaunlicherweise konnte ich aber mein eigenes Tempo noch erhöhen, als ich die Führung übernahm. Ein paar mal durchgewechselt, haben wir das Glück, wieder von einer größeren Gruppe aufgefahren zu werden. Etwa 2 km weiter machte sich allgemeine Verwirrung breit, weil wohl niemand mehr zwei Runden dranhängen wollte, aber auch niemand wusste, ob und wo die Drei-Ründler abzubiegen hatten. Irgendwoher hatte man es doch kurz hinter dem Teufelslappen erfahren (man sollte nämlich gar nicht abbiegen, einfach nur nach der Ziellinie ohne Behinderung der anderen von der Straße fahren), konnte man anfangen, noch die letzten Sekunden rauszuholen. So setzte ich mich an die Spitze der Gruppe und machte die letzten 300 - 400 m ordentlich Dampf, bei etwa 200 m vor dem Ziel ging ich aus dem Sattel um anzutreten, beschleunigte und fuhr über ein Stück Klebeband, welches auf meinem Mantel kleben blieb und somit einen bremsenden Effekt hatte. Natürlich fluchte ich laut, fuhr dann aber trotzdem mit erhobenen Armen über die Ziellinie. Froh, dass die elenden Muskelschmerzen endlich ein Ende haben sollten.



"Rahmenprogramm"

Natürlich stand an einem Wochenende Wiesbaden mehr auf dem Programm als nur selbst Radrennen fahren. So hatte ich am Samstag morgen die steil ansteigende Idsteiner Straße mit "fans-gegen-doping.de"-Schriftzügen beschmiert (natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen noch einen billigen Spruch, wie "Doper raus!" da drüber zu hauen ;-) ) und schon einige interessante Reaktionen von Profis, die die morgige Strecke erkundeten, bekommen: Die Frauen sagten eigentlich alle, dass das eine gute Sache sei und es "recht so" sei, kamen doch auch einige Beschwerden von Lamontafahrern ("Nicht schon wieder sowas!"), ein Grinsen und ein Gruß von Linus Gerdemann und den Galgenhumor von Stefan Schreck, der auch ziemlich genervt klang ("Na, stehen die EPO-Ampullen schon bereit?" - "Ja, alles fertig für morgen." - "Dann kann für den Titel nix mehr schief gehen!?").



Straßenmalereien


Am nächsten Tag hatte sich das ZDF angekündigt - und zwar wollten sie die Initiative irgendwie im Fernsehen präsentieren. Heraus sprang aber nur ein kurzes Bild vom Banner innerhalb eines Dopingberichts.

Später musste ich natürlich im Rennen der Männer Elite noch unseren Lokalmatador Florian Salzinger anfeuern, als Gag kritzelte ich seinen Namen auch noch irgendwo weiter unten auf die Straße.



Ergebnis-Auswertung

165. mit einer Zeit von 01:34:16.739 ergibt laut meinem Tacho einen Schnitt von 33,33 km/h.

Die Rundenzeiten (1. 28:10 – 35,85 km/h; 2. 31:20 – 32,99 km/h; 3. 35:35 – 31,33 km/h) beweisen meine Gefühlslage während des Rennens, dass ich viel zu schnell angegangen bin und mir somit (fast) hinten raus die Puste ausging.


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