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Henninger Turm 2007

<b>von peso</b>, <i>Fotos von MrsFlax</i>



Motivation

Showdown der Sachsen: Henninger-Bergwertung

So ganz eigentlich ist es natürlich kompletter Unsinn, über 400 km durch die Republik zu fahren und drei herrliche Mittelgebirge auf dem Weg zu ignorieren, nur um an ein paar lausigen Taunushügeln die Hobbyfahreregos zu kreuzen. Nur wird Checkers Gejammer, wieder schwächer trainiert zu sein als im Vorjahr, von Henninger zu Henninger stärker und ich fürchtete um den Eindruck, den man von uns Sachsen westlich des stillgelegten Kaltkriegerlimes haben mochte. Würde man noch immer von der Ankunft der Kannibalen reden, gelänge es uns weiterhin, das Weiß ins Auge der Opfer zu schrecken?



Vorbereitung

pesos Winterpokal

Zum ersten Mal überhaupt legte ich keinen mehrmonatigen Winterhiatus ein und fuhr brav für den Winterpokal durch die dauergefrostete Eislandschaft, wo sich Polarfüchse und Eisbären gerne mal bei der Hobbyfahrertreibjagd ein bißchen aufwärmen. Mit reformatorischer Konsequenz ignorierte ich die Irrlehre von der Grundlagenausdauer und mußte mir bald die ersten Warnungen anhören, irgendwann keine Freunde mehr zu haben. Schließlich beginne ich auch mit der erniedrigendsten Art menschlicher Fortbewegung, dem Laufen, finde doch tatsächlich Gefallen daran und darf nun mit verschiedenen Saisonzielen im Trainingsplan jonglieren. Hinzu kam meine alte Liebe für mittelgebirgsakkumulierenden Aberwitz, welche an so manchem Wochenende die Trainingstheorie dem Höhenmeterrausch opferte.

 

Kurz, ich war so gut in Form wie noch nie!



Vorspiel

Mit der schwäbischen Ausgabe von Checker (Donishäusle) hatte ich mich für den Montag zur laktatlauen Rekognoszierung verabredet, brachte meinen Trainingsprimus aus Leipzig (Barus) mit, der mir sowohl Yakovlev als auch Rodriguez sein sollte, und sammelte auf dem Weg nach Eppstein noch ein orientierungsblindes Leipziger Rennhuhn ein.



Yakovlev-Rodriguez-Barus


Das berüchtigte Pflaster erwies sich als angenehm harmlos und hätte so manchen Bürgermeister im Burgenlandkreis verbittert nach insfrastrukturellen Transferleistungen rufen lassen.

Was hätte ich ohne Steigungsmesser am Rad nicht gewettet, daß dieser Schulberg nie und niemals > 15%...ok, es waren doch 19%, die wir flott bis zum "Plateau" absolvierten. Von den aufgestellten Strohballen in der ausladenden Rechtskurve war ich doch einigermaßen schockiert, hier würden morgen sicher echte Fans ihren Klappstuhl in die erste Reihe stellen und mit Popcorn zur Action rascheln...



Ruppertshainer und die Steile Wand in Meerane haben eines gemeinsam - ihr Mythos übertrifft die Steilheit des Anstiegs bei weitem. Den Beginn hielt ich für die von Wilfried angekündigte Rampe, welche man "schön mit dem großen Blatt..." Na ja...



Vorspiel II

Eine "gute Idee"?

Eine goldene Überlebensregel lautet: "Iß nie eine Bratwurst nördlich des Rennsteigs." Leipzig, Rennsteig, Frankfurt...müßte klargehen!

Nachdem man sich reihum eine Partie im invertierten "Hobbyfahrerreizen" - Wer stapelt ungerührten Blickes die Erwartung noch ein paar Jahreskilometer und km/h tiefer ? - gönnte, quakte Peso so ehrlich wie vorlaut von der genialen Form und hängte die Ergebnislatte mindestens in Checkers luftige Höhe. So ein Vodka wäre vielleicht doch nicht schlecht...?



Überraschenderweise zeigten sich die Anwesenden allesamt als zynisch gewordene Dopinggegner, so daß kein rechter Streit beim wichtigsten Thema überhaupt aufkommen wollte. Nach Raktas leckerem Zuckerkuchen und etwas Tomatensalat verabschiedeten wir uns früh in die warmen Hotelfedern.



Ausführung

In meinem Startblock traf ich noch unseren Winterpokalkapitän Niggel, der sich trotz letztem Geheimtraining auf der Sonneninsel überaus bescheiden gab und dem ich sogar sein TREK nachsehen konnte. Wir unterhielten uns noch kurz über die kommenden Alpenpläne, lauschten konzentriert der Ansprache des Bruchpiloten mit der BDR-Lizenz zum Dampfplaudern und konnten ca. 20-30 Sekunden nach der Spitze endlich auf die Strecke.



Traum-Wetter beim Henninger 2007


So ein echtes Feld gab es ja nicht, eher einen Strom überholender und überholt werdender Fahrer, wobei sich beide Rollen nach jeder Kurvenkombination vertauschen konnten. Anfangs kam ich nicht richtig nach vorne, aber irgendwann sah ich mehr "A"-Startnummern als Block-B-Fahrer und legte motiviert noch einmal nach. Dabei entstand auch bei mir der Eindruck, daß so wahnsinnig schnell gar nicht gefahren wurde, auch meine Atmung meckerte noch nichts von wegen Überanstrengung und Belastungsabbruch. Tatsächlich fuhr ich die ersten 10 km in einem 45er Schnitt, bis nach Eppstein waren es immernoch 42 km/h. Auf einer fürchterlich breiten Straße, wo das Tempo noch etwas zu sinken schien, konnte ich dann endlich die leuchtturmartige Haar-Helm-Kombination erkennen und wußte mich an der Spitze bei Checker und Donishäusle.



Bis zum Schulberg wollte ich dann locker mitrollen, aber es war schon schwer genug, nur die Position im Feld zu halten. Links fuhren immer wieder Leute an die Spitze und man versackte so allmählich im gefährlichen Niemandsland, in dem keine Reaktion auf eventuelle Tempoverschärfungen mehr möglich gewesen wäre. Also durfte man sich alle paar km wieder zum Feldrand arbeiten und kleine Sprints im Gegenwind bis zur Spitze unternehmen, wo man trotzdem aufpassen mußte, sich unauffällig wieder einzuordnen, schließlich wollte man ja auf gar keinen Fall zur Führungsarbeit rekrutiert werden. Ich hatte ausgesprochenes Glück, als in der Anfahrt zum Kopfsteinpflaster ein Teamknecht seinen Helden links am Feld vorbei bugsierte und lange aus dem Wind hielt. Da hängte ich mich an und fuhr sehr weit vorne in die Linkskurve, welche sich allerdings noch schneller mit dem schwarz-weißen Trikot von Donishäusle füllte, der mir so richtig nett die Tür vor der Nase zuschlug. Egal, ich war dort, wo ich sein wollte. Im flachen Teil des Schulberges mußte man bei 6,4% lausige 26 km/h treten, trotzdem kam Checker an mir vorbei und wir stiefelten bergan. Auf dem Plateau war ich völlig blau, hatte ein paar Sekunden Rückstand und überzeugte mich nur mit Mühe, das 42er aufzulegen und die Verfolgung anzugehen. In der Abfahrt bekomme ich schon einen Eindruck davon, was mir später in Glashütten noch deutlicher passieren wird - bergab kann ich kaum ein Rad halten, obwohl ich bestimmt ein guter, risikofreudiger Abfahrer bin.



Jedermänner im Taunus


Nachdem dann alles wieder zusammengelaufen war, schlich es sich recht angenehm bei vorsichtigen Steigungsprozenten dahin. An einigen Rampen mit 4-7% wird kurz getestet, ob auch alle noch wach sind, aber der Streß hält sich in Grenzen. Erst in Kröftel beginnt der Spaß so richtig. Ich sehe die Spitze eine kurze Abfahrt hinabschießen und sie dann mit Schwung in den Anstieg fahren...weiter hinten kam der Anstieg natürlich auch, nur der Schwung war weg. Ah, das war bitter. Ich schaltete 30x19 und kurbelte, was ging und orientierte mich an den Trikots von C4F. Etwas später stürzen zwei bei 6% (?) und auf der Kuppe probiere ich das 42er Blatt und explodiere fast, man sollte hinten schon gegenschalten...



Die Abfahrt ist wieder der blanke Irrsinn. Ich kann kaum ein "Flachlandtier" halten, auch wenn meine Maximalgeschwindigkeit schon bei 84 km/h liegt. Viele Positionen gehen verloren, die scharfe Linkskurve bekomme ich dank der Streckenbefahrung ohne Probleme und dann folgt auch schon der Ruppertshainer. Im Steilstück bei 10-12% geht es mir blendend, meine 30x19 bringen mich weit nach vorne, auch wenn die Spitze schon hinter der Kuppe verschwunden ist.



"Willkommen, welcome, bienvenue - das MTZ erwartet Sie..."
grauenvoller Werbesong - beim Henninger aber immer wieder aktuell


Bis Frankfurt wird jetzt voll gefahren, immer nach schwarzen Startnummern spähend, da auch die 70-km-Fahrer jetzt auf die Strecke einbiegen und die Rennsituation unübersichtlich wird. Es gelingt mir, bis zur Spitze zu fahren und mich dort im Feld zu verstecken. Plötzlich bremst es vor mir bei 60-65 km/h, ich teste Reaktionsvermögen und Seilzugbremse, werde auch langsamer, da knallt, quietscht, schmirgelt, kracht und kreischt es hinter mir, daß mir Angst und Bange wird. Diese Klangwelle aus splitterndem Metall, Carbon (und wohl auch Hobbyfahrern) kommt näher, ich wäge kurz mein Sündenregister ab und bestehe, darf weiterfahren. Oh Mann. Keine 500m später legen sich direkt vor mir zwei Leute auf die Straße, die ich gerade noch so überspringen/überfahren kann.



In Frankfurt beginnt eine alberne Hetzerei über Radwege, an Straßenbahnschienen entlang, durch irrwitzige Kurvenkombinationen. Ich leide inzwischen schon ganz ordentlich, die Ziehharmonika schlägt unerbittlich zu. (5 km vorher war ich mir noch mit Checker einig - gehobenes RTF-Niveau ) Wir passieren das Profiziel auf der Darmstädter Landstraße (32 km/h bei 4,4%) und kommen endlich aus Frankfurt heraus, fahren zurück zum MTZ. Die Streckenführung ist eine Frechheit, einzelne Skater gondeln vergnügt auf der Fahrbahnmitte, kreuz und quer wird die Versorgungsstraße zum Einkaufszentrum zur Zielanfahrt. Auf einen Sprint lasse ich mich dann lieber nicht mehr ein.



Fazit

Form war grandios, aber selbst, wenn ich noch stärker gewesen wäre, hätte ich wohl kaum ein deutlich besseres Ergebnis erzielen können.



Der Massensturz in Richtung Frankfurt hat mich die Teilnahme an solchen Veranstaltungen noch einmal unbequem überdenken lassen. Jetzt ähneln sich die Beschwerden über die Organisation schon seit Jahren, aber geändert wird nichts...im Gegenteil - man läßt auch noch 500 Skater parallel auf die mitunter schlecht abgesicherte Strecke. Daß trotzdem so wenig passiert, ist vor allem ein Ausdruck davon, daß die meisten Leute im Zweifel doch zurückstecken und sich auch im Feld einigermaßen zurückhaltend bewegen.


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