|
Henninger Turm - Ruppertshainer - 1. Mai.... - seit Jahren legendenumrankt, und seit Monaten im Selberfahrerforum beworben, hatte sich doch niemand gefunden, der MrsFlax beim Bechicken der c4f-Armada unterstützen wollte.
Ein untragbarer Zustand, und zugleich eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Nach einigem Hin und Her, ob ich überhaupt Zeit haben würde und unter Vernachlässigung dringend zu erledigender Dinge fuhr ich halb spontan, halb geplant nach zu kurzer Nacht los. Auf beneidenswert leerer Autobahn und bei traumhaftem Wetter glitt ich wie auf Schienen Richtung FFM. Ein kurzer Schreck durchzuckte mich, als die gewünschte Abfahrt bereits rot/weiss gesperrt war, aber 100m weiter hinten kam ich dann doch noch runter. Ich fragte mich durch malerische Kleinstädte wie Kelkheim und Fischbach - " ... im Ort iss aber Tempo 30!" - zum Ruppertshainer und passierte kurz vor 10 Uhr die mythische Bergwertung.
Jetzt hieß es Augen offen halten und die Mrs. und ihr Auto erspähen bzw. den Strassenbelag nach urzeitlichen Kreidezeichnungen abzuscannen. Aaaahh, bingo!
Bei der 300m-Marke fand ich all dies, und ausserdem eine winkende Frau.
Kein Zweifel, ich war da! Etwas aufgeregt war ich schon, als ich aus dem Auto kletterte, schließlich lernt man nicht jeden Tag jemanden kennen, den man schon zwei Jahre kennt...
Flax stellte sich jedoch als mindestens so klasse heraus, wie vorher zu vermuten war und wir verbrachten die nächste halbe Stunde in unserem Basislager mit Kaffee, Brötchen und dem Austausch von Mitbringseln.
Dann bauten wir uns auf der anderen Strassenseite auf, als zusammenstehender Mob, um auf Masse zu machen. Wir wussten, dass wir mit c4f-Stars in der Spitzengruppe zu rechnen hatten, und trotzdem ging alles viel zu schnell: kaum hatte man sie erspäht, waren sie auch schon vorbei. Erkennen, klatschen, anfeuern und dabei Fotos machen führte zu folgendem Ergebnis:
Donishäusle? |
Checker?? |
Kein Wunder, dass die ambitionierte Fotografin mit ihrem Werk nicht besonders zufrieden war. Wir änderten unsere Taktik, und teilten uns auf: Flax stand nun etliche Meter hinter mir. Ich hatte die Funktion als Signalgeber übernommen und somit den Auftrag, die schwarz-weißen Trikots aus dem schier unendlichen Lindwurm aus Tausenden von Fahrern zu filtern. Voll konzentriert starrte ich ins Feld, um meinen Job so gut wie möglich zu erfüllen.
Da! Ich hatte gut aufgepasst, und ein c4f-Trikot samt dazugehörigen Fahrer inmitten der Massen ausgemacht. Sofort fuchtelte ich mit den Armen - Flax zu alarmieren - ich drehte mich um und beobachtete wie just in diesem Moment zwei als Bergwanderer getarnte Rowdys an Flax vorbeispazierten, und zwar zwischen ihr und dem rasenden Feld. Auf deren Frage "Oh, jetzt haben wir wohl gestört?" brachte sogar die sonst so schlagfertige Mrs nur eine Mischung aus Gegurgel und Schaum vorm Mund zustande.
Aber da! Der nächste unserer Heros! Niggel nahte, und diesmal klappte alles!
Jetzt waren wir ein eingespieltes Team. Ebenso wie blaho und fraenki, die kurz darauf locker und entspannt an uns vorbeirollten und sich offenbar blendend unterhielten. Nicht ganz so locker, und trotz mehrerer "Ein Arm war gesagt! EIN Arm!!"-Zurufe meinerseits mit beiden Händen am geraden Lenker kam dann Harzer in seiner modisch extravaganten Aufmachung den Hügel hinauf.
Laut Flax würde nun eine längere Pause folgen, bevor Raktajino zu erwarten wäre. Während wir uns Gedanken machten, welche Plätze wohl die bisher Gesehenen belegen werden, rief Flax auf einmal "Raktaaa!!" und riss die Kamera vors Gesicht - ich fuhr herum: tatsächlich! Wild winkend, grinsend und viel schneller als gedacht, war sie da.
Wir waren beeindruckt. Wo war der versprochene Abstand zu den Anderen? Nach ihr kamen noch viele, viele andere Fahrer. Zum Teil gab es dort auch aussergewöhnliche Anblicke zu bestaunen, und für einen Moment musste ich an Kalmits Avatar denken.
Bis zur ersten Durchfahrt des Profi-Feldes hatten wir jetzt erstmal eine Stunde Pause.
Zeit und Gelegenheit für uns, hoch zur Bergwertung zu marschieren und uns ein wenig umzugucken. Mit routiniertem Blick entdeckte ich sofort den Bierstand samt Grill. Eine grosse Leinwand war ebenfalls aufgebaut und wir durften Marcel Wüst geniessen, der rein optisch gegenüber seinem Auftritt in Köln nochmal nachgelegt hatte. Fachmännisch erörterte er gerade, warum die Gruppe vorn spätestens nach der zweiten Befahrung des Mammolshainers keine Chance habe.
Inzwischen bewunderte ich die liebevolle Gestaltung des Kuchenbasars durch die Spielerfrauen des ansässigen Dorffussballvereins.
Noch ist alles friedlich |
Also wir haben Kirsch, Pfirsich, Quark... |
Inzwischen hatten wir auch den Trainer einer hier nicht näher zu beschreibenden Hobbyradlerin getroffen, und zu dritt machten wir uns auf den Weg zurück zum Basislager. Seltsamerweise wurde es jetzt immer voller am Strassenrand, obwohl doch der Höhepunkt des Events schon vorbei war. Viele waren mit dem Rad da, aber mindestens genauso viele sahen nur so aus, als ob. Gerolsteiner hat scheinbar nicht nur was sportliche Erfolge angeht, T-mobile inzwischen überflügelt. Massenweise tummelten sich die hellblauen Outfits am Berg. Eine Kolonne Motorräder kam durchgeschossen und anschliessend folgten Jean-Marie Altig und das Fahrerfeld.
Vom Zuschauen ganz durstig geworden, trabten wir wieder zurück Richtung Bierstand. Leider waren wir mit dieser Idee nicht allein. Der gebotene Anblick war grauenhaft. Der Kuchenbasar war geplündert und das Gastronomie-Laien-Ensemble verschanzte sich hinter seinen nicht funktionierenden Bierzapfanlagen aus denen "leider nur Schaum" kam. Hunderte Halbverdurstete kämpften um einen Platz in der ersten Reihe, dort, wo man schon Geld abgeben durfte, für Bier, das man nicht bekam. "Leider nur Schaum" wurde zum geflügelten Wort, dass sich die Massen von vorne nach hinten zuraunten, damit auch jeder informiert ist. Auch ich gehörte zu den Privilegierten, die das Ausmass der Katastrophe aus nächster Nähe bewundern durften. Dabei fiel mir auf, dass dort hinter dem einen Zapfhahn verdächtig volle Gläser standen. Auf meine Frage, was mit denen sei, erfuhr ich "des iss Radler". Tja, da nehm ich doch glatt drei! Triumphierend und unter den ungläubigen Blicken der Umstehenden trug ich meinen Schatz davon.
Diese kleine Showeinlage hatte deutlich länger gedauert als geplant. Wir tranken aus und eilten im Sauseschritt zurück zur 300m-Marke um die bedeutungslose Spitzengruppe, inzwischen um einen Sinkewitz verstärkt, und ihr sinnfreies Unternehmen zu beobachten.
Den ganzen Tag über war mir bereits aufgefallen, dass mich das Profifeld doch um einiges kälter lässt als bei früheren Rennbesuchen. Es ist halt nicht so einfach, das Thema Nr.1 zu verdrängen. Vor allem nicht dann, wenn jemand ein paar Meter von dir entfernt "Voigt - dich kriegen sie auch noch!!!" eben diesem ins Ohr brüllt. Die Reaktion war deutlich, das halbe Fahrerfeld stöhnte auf. Das war eine krasse Aktion, aber jetzt, ein paar Wochen und ein Sportschau-Interview später, gehe ich davon aus, dass es nicht den Unschuldigsten getroffen hat.
Eines muss man der Henninger-Orga zugestehen: Kaum war der Besenwagen durch, wurde die Strecke freigegeben, und so konnten wir schnell Richtung Main-Taunus-Zenrum aufbrechen. Dort trafen wir die Helden Cerebellum und Raktajino, die sich auf dem sonnendurchglühten Parkplatz fühlen mussten wie Würstchen auf dem Grill, und auch teilweise nicht mehr den allerfrischesten Eindruck machten. Kein Wunder, wurden sie doch von einer Coverband beschallt, die ihren bis dato größten Auftritt ordentlich abfeierte. Trotzdem unterhielten wir uns noch eine Weile und schauten uns gemeinsam an, wie Sinkewitz das Rennen gewann.
Danach war dann Aufbruchsstimmung. Bereitwillig ließ ich mich überreden, Rakta bis Jena mitzunehmen, natürlich nur, um meine Umweltbilanz zu verbessern.
Das Wetter war toll, die Autobahn leer, das Rennen Legende... und am Ende dieses schönen Tages kannte ich ein paar sehr sympathische Menschen mehr als vorher.
|
Gazzetta durchsuchen:
|