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Saisonbilanz Phonak 2006

von Steamboat, Januar 2007

&copy Fotos: * www.cyclingimages.com, ** MrsFlax, *** www.capture-the-peloton.com, **** www.velo-photos.com, ***** Mani Wollner



Die letzte Saison der Equipe unter dem Namen Phonak stand bevor - soviel wusste man bereits zu Jahresbeginn 2006. Der Geldgeber wollte sich etwas zurückziehen. Das Ziel, welches er mit dem finanziellen Engagement bei einem Radrennstall verfolgte, nämlich die Steigerung des Bekanntheitsgrads, war aus der Sicht der Unternehmensverantwortlichen erreicht. Dass der geplante Teilrückzug – man plante, sich bei einem Nachfolgeteam als Co-Sponsor zu beteiligen - letztlich zu einer kompletten Demission wurde, bei der es zu einer Auflösung der Mannschaft kam, ließ sich zu Beginn des Jahres nicht erahnen, auch wenn Phonak in der Vergangenheit durch Geschichten in die Schlagzeilen kam, die fast als ehrenrührig zu bezeichnen sind.



Das Radsportteam wurde seit seiner Gründung von diversen Dopinggeschichten begleitet. Dennoch gab der Sponsor nicht auf, an seine Idee von einem erfolgreichen Engagement zu glauben. Nicht ganz ungefährlich, schließlich musste er auch fürchten, dass diese Stories langfristig auch Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit des Unternehmens haben könnten. Dennoch glaubte Andy Rihs, dass 2006 ein gleichsam erfolgreiches wie auch dopingfreies Jahr anstand. Ab 2007 würde dann das Team unter dem Namen "iShares" weiterhin Bestand haben, soviel kristallisierte sich während des Jahres heraus.



Es sollte jedoch alles ganz anders kommen:

Man hatte sich an diese Art von Nachrichten schon gewöhnt. Mal wieder hatte es jemanden aus dem Team erwischt. Der Begriff umschwirrte die Equipe. Wie eine Kloake zog Phonak all die Jahre dieses Diktum mit sich: Doping! Es erinnerte an die Fabel "Der Hase und der Igel". Phonak konnte machen, was es wollte, wohin man auch ging, das Dopinggespenst rief: "Ich bin schon da!" Doch die Auswirkungen im sportlichen Bereich waren im Vergleich zu den vorherigen Geschichten verheerend – für den Fortbestand des Teams und sicherlich auch in erheblichem Maße für die Glaubwürdigkeit des Radsports.



* Das Giro-Podium - im Nachhinein wird der Jubel zu Kopfschütteln


Wie konnte das passieren?

Im Mai gelang Jose Enrique Gutierrez überraschend de zweite Klassementplatz beim Giro. Wenige Wochen später geriet er unter Verdacht, dass er bei diesem Erfolg nachgeholfen habe. Im Zusammenhang mit der Fuentes-Affäre tauchte auch sein Name auf der berüchtigten Patientenliste auf. Dieser Schlag traf die sportliche Leitung schon herbe. Nach Santiago Perez, der 2004 bei der Vuelta sensationell den zweiten Rang belegte, um dann des Dopings überführt zu werden, war Gutierrez der nächste Fahrer des Teams, dessen starkes Resultat bei einer GT danach nicht mehr viel wert war.



Aber auch Santiago Botero, Gewinner der Tour de Romandie 2005, stand neben den beiden Gutierrez-Brüdern auf der ominösen Fuentes-Liste. Damit gerieten auch seine Meriten in zweifelhaftes Licht. Wie zuvor 2004 auch Tyler Hamiltons Erfolge in schlechtem Schein erstrahlen, da auch dieser des Dopings überführt wurde – und ein Tagebuch in der Fuentes-Affäre gibt die Auskunft, dass er vermutlich regelmäßiges Doping seit 2003 betrieb, so schmälerte alleine die Nennung von Boteros Namen dessen Erfolge im Jahr 2005.



Die anderen Namen, die im Laufe der Teamgeschichte in Zusammenhang mit Doping gerieten sind schnell aufgelistet: Matthias Buxhofer (2002), Reto Bergmann (2003), Oscar Camenzind (2004), Tomasz Nose, Santos Gonzalez (2005) und Sascha Urweider (2006). Aber wer glaubte, eine Steigerung zum bisher Geschehenen sei nicht möglich, wurde bei der Tour de France 2006 eines Besseren belehrt.



** Floyd hinter Merckx in La Toussuire: Pflaster vergessen?


Floyd Landis hatte bei der 16. Etappe einen leistungsmäßigen Super-GAU erlitten. Der Träger des Gelben Trikots verlor beim Anstieg den Anschluss an die Favoritengruppe und zehn Minuten zur Klassementspitze. Damit hatte sich der Mennonitensohn die Chancen auf den Gesamtsieg verspielt – so meinte man. Landis kam am nächsten Tag aber wie Phoenix aus der Asche zurück. Er startete einen frühen Angriff und erradelte sich in einem einem Zeitfahren ähnlichen Parforceritt einen großen Vorsprung, so dass er nach der Etappe wieder in der Lage war, das Gelbe Trikot anzugreifen. Die Story war wirklich zu schön, um wahr zu sein. Dem Amerikaner, dem nach dieser Saison ein neues Hüftgelenk eingesetzt werden musste, gelang eine nahezu unglaubliche Leistung.



Es ist in dieser Sportart nur zu weitläufig bekannt, dass man mit dem Gebrauch des Superlativs vorsichtig sein sollte. So gab es nicht wenige Zweifler, die diesem Auftritt nicht das Attribut "unglaublich" sondern "unglaubwürdig" verpassten.



Nach der Tour wurde bekannt, dass die Dopingprobe, die Landis nach der 17. Etappe abgab, synthetisches Testosteron in großen Mengen enthielt. Damit war erstmals ein Gewinner der Tour des Dopings überführt. Landis beteuerte seine Unschuld, wurde aber postwendend von seinem Team entlassen.



* Da war die Welt noch rosarot: Sieg in der Mannschaftswertung des Giro d'Italia


Hatte man 2004 noch mit dem Austausch der Mannschaftsleitung reagiert und John Lelangue als Manager eingesetzt, ging man jetzt in die Knie. Es war nicht gelungen, in Teilen der Equipe die regelwidrige Zufuhr von leistungsfördernden Produkten zu verhindern. Glaubt man den Fakten, dann lässt sich wohl weniger vom systematischem Doping von seiten des Teams sprechen, sondern eher sollte man davon ausgehen, dass sich die Sportler selbst organisierten – vermutlich ohne Wissen des Rennstalls. Phonak gab folgerichtig auf und iShares zog seine Bereitschaft zum Sponsoring zurück. Die Fahrer, die sauber sind – oder soll man besser sagen, die bisher das Glück hatten, nicht überführt zu werden? - müssen sich andere Geldgeber suchen.



Landis hat im übrigen den Kampf um das Gelbe Trikot der Tour de France noch nicht aufgegeben. Mit allen Mitteln versucht er, die Öffentlichkeit zu überzeugen, oder auf Verfahrensfehler bei der Dopingprobe hinzuweisen, so dass wohlmöglich das Ergebnis des positiven Befundes keinen Bestand mehr hat. Erst 2007 wird auf gerichtlichem Wege der Sieger der Tour de France 2006 ermittelt.



Dann existiert der Rennstall Phonak nicht mehr und die Mannschaftsangehörigen haben sich in alle Windrichtungen verteilt. Zuvor aber, um der Pflicht zu genügen, das Jahr in der Retroperspektive.



*** Floyd Landis beim Criterium International


Kapitän: Floyd Landis

Landis startete glänzend in die Saison. Nach dem Gesamtsieg bei der Tour of California (2.1) strebte er auch den ersten Platz bei Paris-Nizza an. Diesem Ziel kam er nach der dritten Etappe schon sehr nahe, als er aber dem Spanier Francisco Vila den Vortritt ließ. Der Amerikaner übernahm jedoch die Führung in der Gesamtwertung. Sein Team unterstützte ihn entsprechend auf den Etappen nach Nizza. Damit war der erste Erfolg in der PT in trockenen Tüchern.



Nach einer Pause kehrte Landis bei Dauphine Libéré ins Renngeschehen zurück. Er galt nach seinem zweiten Platz im Zeitfahren als Aspirant für den Gesamtsieg. Allerdings musste er leidvoll erfahren, dass sein Team im Vergleich zu 2005 deutlich an Qualität eingebüßt hatte. Mit Gutierrez, Botero sowie Oscar Pereiro fehlten tatkräftige Helfer. Dieser Verlust musste erst einmal kompensiert werden. Ob das mit ein Grund war, dass er auf dem Weg zum Mont Ventoux nicht nur neun Minuten sondern auch gleichzeitig diese Rundfahrt verlor?



Dennoch zählte Landis zum Kreis der Mitfavoriten für den Sieg bei der Tour de France. Als einer der wenigen Topanwärter gab er sich im Zeitfahren von Saint Gregoire nach Rennes keine Blöße. Er kurbelte seine Pedale erfolgreich im Kampf gegen die Uhr und belegte am Ende den zweiten Platz, wodurch er sich gegenüber vielen Konkurrenten einen Vorsprung im Klassement erarbeitete. Diese Gegner wie z.B. Levy Leipheimer verloren mitunter viel Zeit.



Nun ließen sich natürlich die Entwicklungen der Tour vorzüglich nacherzählen. Da aber letztlich die entscheidenden Etappen für Phonak die 16. und die 17. sind, reicht es, sich mit diesen ausführlich auseinanderzusetzen, während die anderen nur am Rande gestreift werden.



** Axel Merckx in Alpe d'Huez


Bei der ersten Bergankunft bei der 11. Etappe von Tarbes nach Val d'Aran / Pla-de-Beret beschränkte sich Landis auf die Kontrolle der Spitzengruppe. Im Schlusssprint unterlag er zwar Menchov und Leipheimer, jedoch wanderte das Leadertrikot bereits kurzfristig auf seine Schultern. Sein Manko auf dem Weg zum Gesamtsieg schien aber in der Konstellation seiner Mannschaft zu bestehen, da diese ihn meist frühzeitig in der Spitzengruppe allein ließ. Bei der Königsetappe von Gap nach Alpe d'Huez eroberte er dennoch das an Pereiro offenkundig absichtlich verlorene Gelbe Trikot zurück. Nach diesem Abschnitt gab es kaum noch Zweifel an seinem Gesamtsieg.



Die 16. Etappe verbarg dann jedoch die offensichtlichen Probleme endgültig nicht mehr. Dieser wohl schwerste Abschnitt, der eine geschlossen starke Mannschaftsleistung erforderte, offenbarte, dass die Helfer von Landis der Etappe und der Aufgabe nicht gewachsen schienen. Landis hatte im Schlussanstieg nur noch Axel Merckx als Helfer dabei. Zum Vergleich: Fünf T-Mobiler nahmen den letzten Berg in Angriff. Auf dem Weg nach La Toussuire war Landis bald alleine. Dennoch trauten ihm viele zu, sich als Einzelkämpfer durchzubeißen. Dafür war sein Auftreten in Alpe d'Huez zu dominant und eindrucksvoll gewesen. Ein Einbruch schien undenkbar.



Er ereilte ihn dennoch. Im Nachhinein lässt sich schwer sagen, was der Auslöser für das Debakel war. Hatte das Tempodiktat von T-Mobile & Co ihn zermürbt? War ein Hungerast verantwortlich? Später gab er zu, dass es ihm schlecht gegangen sei. Es sah fast so aus, als würde er vom Rad fallen. Er drückte nur noch kraftlos die Pedale. Markus Fothen meinte später: "Der Gelbe stand fast!" Man konnte mitfühlen, dass diese Momente schrecklich waren. Wie ein Häufchen Elend erreichte er zehn Minuten nach dem Sieger desillusioniert das Ziel. Ein Verlassen der Tour hätte niemanden verwundert.



*** Das Phonak-Schiff: auch nicht "unsinkable"


Das vermeintliche Comeback ließ nur einen Tag auf sich warten. Nach ca. 60 km attackierte er aus dem Hauptfeld heraus. Die Favoriten folgten zunächst, entschieden sich aber bei diesem Unterfangen, das einem Himmelfahrtskommando glich, angesichts der noch verbleibenden Strecke nicht mitzufahren. Drei schwere Berge (Col de Saisies, Col des Aravis und Col de la Colombière) und nach einer flacheren Passage abschließend der Col de Joux-Plane lagen auf dem Weg ins über 140 Kilometer entfernte Ziel nach Morzine.



Die Kontrahenten vermuteten, dass sich Landis für die Schmach vom Vortag rehabilitieren wollte und zu allem Überfluss einen Bluff inszenierte. Man ließ ihn gewähren und zu einer Ausreißergruppe vorfahren. Diese zerlegte er und arbeitete sich beinahe neun Minuten Vorsprung zu den anderen Favoriten heraus, ehe diese ihre Teams anwiesen, gemeinsam die Verfolgung aufzunehmen. Aber selbst der konzertierten Aktion hielt Landis stand. Er setzte seine Alleinfahrt fort und büßte nur wenig Zeit auf die Verfolger ein. Absolut verwunderlich diese Leistung angesichts der am Vortag erlittenen Schmach. Sowohl moralisch als auch physisch hätte er eigentlich sprichwörtlich am Boden liegen müssen.



In Zeiten, in der Wunderdinge im Radsport meist eine sehr simple Ursache haben, mischte sich Skepsis in die Beurteilung dieses phantastischen Comebacks. Landis kletterte auf den dritten Rang der Gesamtwertung und meldete sich im Kampf um die Krone zurück. Die Position des Favoriten beim Zeitfahren reklamierte er auch noch für sich. Dort wurde er Dritter und übernahm erneut die Gesamtführung. Der Rest ist bekannt.



***Unterwegs.. Gutierrez
... beim ... Merckx
... Giro-Prolog: Peña


Landis zog sich nach der Bekanntgabe des Dopingbefunds auch den Missmut der Stallgefährten auf sich. Denn durch seine Überführung mussten sie erhebliche Einbußen der Prämien einstecken. Phonak entließ ihn umgehend. Er aber kämpfte um seinen Sieg. Für seinen deutlich erhöhten Testosteronwert fand er zunächst einen merkwürdigen Grund: Er gab an, dass dieser durch übermäßigen Genuss von Whisky verursacht worden sein müsse. Danach setzte eine unwürdige Posse und Kakophonie ein, in der er und seine Berater dem Dopinglabor unzulängliche Arbeit nachsagten. Letztlich fand man heraus, dass eine Probe falsch beschriftet worden war, wobei es sich offensichtlich um einen Übertragungsfehler einer Ziffer auf der Probe handelte. Der Ausgang dieser Story ist ungewiss, der Radsport hat aber verloren.



Pro Tour

Bei Tirreno-Adriatico konnten sich die Fahrer während der Entscheidungen wenig in Szene setzen. Bert Grabsch belegte als Bester der Equipe den 15. Platz. Dafür ereilte Phonak während dieser Rundfahrt eine Hiobsbotschaft – Urweider wurde zuvor positiv getestet, anschließend umgehend suspendiert und schließlich entlassen.



Mailand-San Remo war der erste Klassiker der Saison. Reelle Siegambitionen hatte kein Fahrer, auch wenn Koos Moerenhout einer Fluchtgruppe nach Überquerung der Cipressa angehörte. Im Finale konnte sich aber Martin Elmiger auf den neunten Platz vorschieben und sicherte sich somit erste PT-Punkte. Elmiger war auch bei den nächsten drei Klassikern der Beste seines Teams. Allerdings kam ihm das jeweilige Geläuf (Kopfsteinpflaster) nicht entgegen. Zumindest reichte es für Elmiger zu keinem Platz unter den besten Zehn. Bei Gent-Wevelgem wurde er Sechzehnter, bei Paris-Roubaix Achtzehnter. Auch im Herbst beim Heimklassiker Züri-Metzgete erreichte er als Neunzehnter keine Topplatzierung.



* José Gutierrez am Start des Giro-Prologs


Miguel A. Martín Perdiguero machte bei der Baskenland-Rundfahrt auf sich aufmerksam. Er zählte zum Kreis jener 16 Fahrer, die auf der letzten Etappe den Gesamtsieger im Zeitfahren unter sich ausmachten. Perdiguero landete schließlich auf dem siebten Rang im Klassement. Mit der identischen Platzierung beendete er auch das Amstel Gold Race. Einen erneuten siebten Rang hoffte der Spanier bei Lüttich-Bastogne-Lüttich zu verhindern. Er zählte wieder zu einer Spitzengruppe und versuchte, mehrfach auf dem Weg zum Ziel zu attackieren. Aber man ließ ihn nicht ziehen und der Sieg ging an andere. Allerdings konnte er einen Teilerfolg verbuchen, da er nicht den siebten sondern den sechsten Rang erreichte.



Beim ersten Heimspiel der Saison stand die Equipe unter besonderem Erfolgsdruck. Immerhin trat man mit der Intention an, den Vorjahressieg zu wiederholen. Da Botero nicht startete, sollten sich andere der Aufgabe – Titelverteidigung - annehmen. Alexandre Moos deutete bei der zweiten Etappe an, dass er in der Romandie der Anführer sein könnte, auch wenn es für ihn nur zum dritten Tagesrang langte. Bei der vierten Etappe wusste er als Zweiter zu gefallen. Moos belegte am Ende den achten Platz.



Phonak startete mit Gutierrez als Kapitän beim Giro. Der Spanier begann diesen auch gleich mit einem Paukenschlag – Platz drei beim Prolog. Es gab einige Betrachter, die dem Spanier in dieser Rundfahrt Großes zutrauten, dennoch rechnete das Gros weniger mit einer Top-Ten-Platzierung.



* Gutierrez am Mortirolo


Allerdings wuchs er nach und nach über sich hinaus. Bei der siebten Etappe nach Saltara trat er neuerlich in Erscheinung. Im Finish um den dritten Platz musste er Luca Mazzanti den Vortritt lassen. Bei der achten Etappe allerdings sollte es zum dritten Rang reichen, als er auf dem Weg zum Passo Lanciano mit Damiano Cunego mithielt. Im Einzelzeitfahren konnte er sich bei der 11. Etappe gegenüber der direkten Konkurrenz, die in der Hauptsache in Gilberto Simoni und Cunego bestand, mit einem sechsten Rang behaupten. Er verteidigte seine Position wacker. Bei der 13. und der 17. Etappe legte er weitere dritte Tagesplatzierungen nach. Gutierrez war es gelungen, sich meist an Ivan Basso zu hängen und somit die Konkurrenten abzuschütteln. Lediglich Simoni lag noch in aussichtsreicher Distanz und schien dem Spanier den zweiten Gesamtplatz streitig zu machen. Er konnte ihm zwar noch Zeit abnehmen, diese reichte aber nicht aus, um in der Schlusswertung Gutierrez zu überflügeln.



Ansonsten war beim Giro noch ein Auftritt von Merckx erwähnenswert: Die zehnte Etappe von Termoli nach Peschici entsprach offensichtlich seinen Fähigkeiten, da er mit einem beträchtlichen Vorsprung in den Schlussanstieg fuhr. Ca. 200 Meter vor dem Ziel wurde er von einer Verfolgergruppe gestellt und belegte schließlich den elften Rang. Den Sieg hätte er nach dieser Leistung eigentlich verdient gehabt. Phonak gewann zudem die Mannschaftswertung beim Giro. Wesentlich zu diesem Erfolg trug neben Gutierrez im besonderen Maße der Kolumbianer Victor Hugo Peña bei, der im Klassement den neunten Rang erreichte. Damit konnte der Giro zunächst als Erfolg verbucht werden.



* Phonak-... Elmiger
..... Fahrer.... Rast
...beim Giro: Tschopp


Bei der Volta a Catalunya zeigte Robert Hunter einen erfreulichen Aufwärtstrend, nachdem es bei ihm 2005 nicht so gut lief. Bei der dritten Etappe erspurtete er den dritten Platz. Auch Botero befand sich bei der Katalonien-Rundfahrt im Aufwind. Er kam bei der Bergetappe nach Andorra auf den dritten Rang. Im Gesamtklassement landete er auf dem zweiten Platz und verpasste den Sieg nur um zwei Sekunden. Als etwas überraschend ist der vierte Rang von Ryder Hesjedal einzustufen. Der Kanadier lieferte ein beachtliches Ergebnis zudem bei der Dauphine Libéré ab, wo er den 17. Platz in der Endabrechnung belegte.



**** Heimspiel: Phonak bei der Tour de Suisse


Das Heimspiel, die Tour de Suisse, stand unter keinem guten Stern. Botero und Gutierrez waren kurz zuvor suspendiert worden, während Landis die Dauphine vorzog. So bestand die eigentliche Multi-Kulti-Truppe Phonak neben Merckx nur aus Schweizern. Da Moos aber die Leaderrolle nicht übernahm, mangelte es an Kandidaten für das Klassement. Steve Morabito wollte aber nicht tatenlos den ausländischen Gästen alle Rosinen überlassen. Bei der fünften Etappe schloss er sich einer frühen Ausreißergruppe an. Er überstand die Strapazen einer langen Etappe und siegte im Finish vor einem seiner Mitausreißer Jürgen van Goolen.



Von den Wunden des positiven Dopingbefundes nach der Tour de France hatte sich das Team sicherlich noch nicht erholt, als die Vattenfall Cyclassics auf dem Programm standen. Gregory Rast war im Finale dieses Klassikers im Vorderfeld dabei und beendete das Rennen als Sechster. Beim GP Ouest-France-Plouay schaffte der Eidgenosse erneut eine Platzierung unter den besten Zehn, er wurde Neunter.



* Fabrizio Guidi


Bei der Polen-Tour setzte sich Fabrizio Guidi mehrfach gut in Szene. Es reichte für ihn zu zwei zweiten Plätzen, die er bei der ersten und vierten Etappe schaffte. Schließlich gelang ihm ein Tagessieg. Dieser kam bei der dritten Etappe zustande, als er sich im Finish vor der Sprinterzunft behauptete. Im Klassement hielt sich Rast mit einem respektablen Ergebnis als Zwölfter schadlos. Zuvor waren bei den anderen Rundfahrten nach der Grande Boucle zwei nennenswerte Ergebnisse von Phonak-Akteuren erzielt worden. Johann Tschopp beendete die Deutschland-Tour als Siebzehnter und Guidi beschloss mit identischem Resultat die ENECO-Tour.



Die Ambitionen bei der Vuelta waren gering. Man hoffte auf gute Resultate von Hesjedal und Perdiguero. Beide verließen diese Rundfahrt aber frühzeitig. Uros Murn sorgte dann für ein gutes Tagesergebnis, als er die achte Etappe von Ponferrada nach Lugo als Dritter beendete.



Auf der Abschlussetappe gelang Aurélien Clerc der dritte Rang. Während man bei den beiden vorherigen GTs vor allem negative Schlagzeilen produzierte, wählte man den leisen, unauffälligen Abgang, den Clerc und Murn dezent mit dritten Tagerängen störten. Im Klassement findet sich der erste Schützling des Teams auf Rang 73 – Florian Stalder.



Outside Pro Tour

Phonak übte sich zu Saisonbeginn bezüglich der Erringung von Erfolgen in vornehmer Zurückhaltung. Das verwunderte nicht, da das Team sich schwerpunktmäßig auf die großen und kleinen Rundfahrten der PT festgelegt hatte. Da diese später im Jahr stattfinden sollten, überließ man Fahrern anderer Mannschaften die frühen Glücksmomente.



Eine Ausnahme stellte der Sieg im Einzelzeitfahren von Landis bei der Tour of California (2.1) dar. Diese Rundfahrt stand ganz besonders im Zeichen der US-Amerikaner und deshalb war das Rennen mit ambitionierten Amerikanern hochkarätig besetzt. Trotz namhafter Herausforderer setzte sich Landis durch und gewann die Tour an der Westküste.



*** Aurélien Clerc - oder wie "babelfish" sagen würde: Aurélien Gehilfe


Ein Déja-vu erlebte er beim zweiten Abstecher in die USA. Auch bei der Tour of Georgia (2.HC) beendete er das Einzelzeitfahren als Erster und gewann schließlich auch die Rundfahrt. Auf dem Weg zum Sieg erwehrte er sich der Angriffe seiner ehemaligen Teamkollegen von Discovery Channel. Bei der Bergetappe musste er zwar im direkten Duell Thomas Danielson gewinnen lassen, aber er verteidigte die Gesamtführung. Bei der letzten Etappe zeigte sich dann ein anderer Phonak-Fahrer auf dem dritten Rang – Clerc.



Elmiger hätte den ersten Saisonsieg des Teams schon früher realisieren können, hatte aber bei der Trofeo Mallorca (1.1) im Finish gegenüber Isaac Galvez nichts mehr hinzuzusetzen und wurde Zweiter.



Clerc konnte der ersten Garde seines Genres im allgemeinen nur selten die Stirn zeigen. Dennoch vermochte er aber schließlich der Jahresbilanz einen Sieg beizusteuern. Bei der an Sprintern nicht übermäßig zahlreich besetzten Rundfahrt Clasica de Alcobendas (2.1) setzte er sich bei der zweiten Etappe durch. Bei dieser tauchte Botero erstmals im Jahr auf der europäischen Bühne auf. Der ehemalige Zeitfahrweltmeister errang im Rennen gegen die Uhr den dritten Rang.



Für Clerc reichte es drüber hinaus zu einem dritten Gesamtrang bei der Tour of Qatar (2.1). Fünfter wurde Guidi, der immerhin ebenso wie Hunter einen dritten Etappenplatz im Rahmen des arabischen Abenteuers erreichte. Der Südafrikaner konnte an einem gewöhnungsbedürftigen Schauplatz für Radrennen einen zweiten Platz beim Doha International GP (1.1) erreichen.



**** Morabito und Hunter


Guidi ließ sich danach Zeit, bis er wieder ein gutes Resultat einfuhr. Bei der ersten Etappe der Österreich-Rundfahrt (2.1) realisierte er den zweiten Platz nach einem 'Sprint Royal'. Das machte er bei der letzten Etappe besser, als er der Konkurrenz keine Chance ließ und gewann. Auch bei der Tour de la Région Wallone (2.HC) erreichte er bei der ersten Etappe einen zweiten Rang, als Aitor Galdos schneller war. Am nächsten Tag ließ er seinen Gegnern jedoch keine Chance. Auch Clerc als Dritter vermochte nicht, seinen Mannschaftskollegen zu gefährden. Guidi siegte auch bei der vierten Etappe und machte mit einem dritten Rang beim letzten Abschnitt seinen Rundfahrtsieg perfekt. Ausgerechnet einem Sprinter war es vorbehalten, die Teampalmares mit einem Gesamtsieg zu bereichern.



*** Gregory Rast und Aurélien Clerc bei den Cyclassics


Beim GP Schwarzwald-Triberg (1.1), dem vermutlich schwersten Eintagesrennen auf deutschem Boden, hatten die favorisierten Teams gegenüber der slowenischen Equipe Perutnina Ptuj das Nachsehen. Lediglich Morabito durchbrach die Phalanx, die andernfalls das komplette Podium besetzt hätte. Der Neo schob sich zwischen die drei Fahrer auf den zweiten Platz.



Beim GP Kanton Aargau-Gippingen (1.HC) erreichte Rast beim Heimspiel auf eidgenössischen Boden den dritten Rang. Er gehörte einer Spitzengruppe an, die in der entscheidenden Phase des Rennens zu einem Trio zusammen geschmolzen war. Schließlich musste er sich seinem Landsmann Beat Zberg sowie Nick Nuyens beugen. Beim Giro del Piemonte (1.HC) machte Rast es besser. Allerdings hatte er Daniele Bennati in der Sprintentscheidung nichts mehr entgegen zu setzen.



Nationale Meisterschaften

***** Abgelöst: Elmiger

Die Schweizer Meisterschaften gestaltete Rast erfolgreicher. Er zählte zu einer Spitzengruppe bei dem Rennen in Aarau. Zusammen mit Marcel Strauss löste er sich aus dieser und setzte sich dann im Sprint gegen seinen Mitstreiter durch. Damit hielt die Serie, die nun schon zum fünften Mal in Folge einen Phonak-Fahrer als eidgenössischen Titelträger erlebte. Dritter wurde Clerc, der damit den Erfolg des Teams komplettierte.



Zwischen die Speichen gesehen...

In der PT ist die Erfolgsstory von den Namen Landis, Botero und Gutierrez abhängig. Das Trio verweist auf die Podestplätze des Teams. Alle drei gerieten aber auch in die Fänge der Dopingfahnder und haben dem Ansehen des Radsports erheblich geschadet.



Vernachlässigt man sie bei der Betrachtung und Würdigung der Saisonausbeute, bleibt nicht viel, was man positiv begutachten könnte. Lediglich Guidi und Morabito wiesen demnach Siege vor. Allerdings lässt sich erkennen, dass Phonak seine Stärken trotz aller Kritik bei den Rundfahrten hatte, da fünf Gesamtsiege erreicht wurden. Jedoch steuerte Landis dem vier bei, wobei ihm der TsF-Sieg wohl aberkannt werden wird. Zudem war Guidi bei einer Rundfahrt erfolgreich.



***** Fast zeitgleich...
**** ... ausgelöst!


Kein Eintagesrennen wurde gewonnen. In der PT reichte es immerhin zu zwei sechsten Plätzen bei Klassikern. Während bei der Mannschaftswertung Phonak von guten Resultaten der Etappenrennen notierte, blieb nur das Dasein als Mauerblümchen bei den Klassikern, wo sie in einer gesonderten Wertung nur Siebzehnter bei den PT-Klassikern geworden wären. In der offiziellen PT-Mannschaftswertung belegte der Rennstall den siebten Platz.



**** Robert Hunter


Zählt man jetzt nur die Punkte der Einzelwertung zusammen und berücksichtigt, dass Landis zumindest kein Fehlverhalten bis zur 17. Etappe der Grande Boucle nachgewiesen werden kann, reichte es zu 317 Zählern, zu denen Gutierrez (35.) und Landis (42.) am meisten Zähler beitrugen, bevor Perdiguero als 60. aufgeführt wird. Botero (63.) und Hesjedal (83.) sowie Peña (97.) folgen. Insgesamt lassen sich 14 Fahrer in der Einzelwertung finden, die 2006 das Dress von Phonak trugen. Zumindest das is ein versöhnliches Ergebnis. Rast (114.), Moos (115.), Guidi (138.), Elmiger (149.), Morabito (175.), Clerc (186.), Murn (186.) sowie Hunter (201.) sind in der Wertung auch zu finden.



Siege waren in der abgelaufenen Saison nicht sehr zahlreich - 14. Insgesamt vier Sieger lassen sich zählen. Neben Landis und Guidi wurden nur Clerc und Morabito Siegerlorbeer aufgesetzt. Demnach finden sich in den Top Acht auch Akteure, die in anderer Form während der Saison 2006 auffielen.



Top Acht

Perdiguero – Hesjedal – Rast – Peña – Guidi – Elmiger – Morabito – Moos

 

1. Perdiguero: Er kam gut bei den schweren Klassikern zurecht. Sechster bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, Siebter sowohl beim Amstel Gold Race als auch Sechster bei der Baskenland-Rundfahrt.

2. Hesjedal: Der Kanadier belegte den vierten Platz bei der Volta a Catalunya. Das war nach Abzug der Resultate der des Dopings verdächtigen Fahrer die beste Platzierung bei einer Rundfahrt.

3. Rast: Der Eidgenosse fuhr auf einen starken sechsten Platz bei den Vattenfall Cyclassics und wurde Schweizer Straßenmeister. Aber auch beim GP Ouest-France-Plouay zeigte er sich und wurde Neunter.



*** Fühlt sich mittlerweile in Kolumbien "sicherer" als in Europa: Botero


4. Peña: Der Kolumbianer wurde Neunter beim Giro.

5. Guidi: Wenn die erste Garde der Sprinter andernorts beschäftigt war, schlug die Stunde des Italieners. Er gewann eine Etappe der Polen-Tour, entschied zwei Etappen der Wallonien Rundfahrt für sich und sorgte neben Landis für einen Rundfahrtsieg.

6. Elmiger: Zum Auftakt der Klassiker erreichte er den neunten Rang bei Mailand-San Remo.

7. Morabito: Dem Neo gelang nehmen Landis der einzige Etappenerfolg bei einer PT-Rundfahrt – und der fand in der Heimat bei der Tour de Suisse statt.

8. Moos: Der Routinier belegte den achten Rang bei der Tour de Romandie.



Keine Berücksichtigung fanden:

Landis: Trotz Sieges bei Paris-Nizza verdeckt der Dopingbefund bei der Tour vielleicht auch saubere Leistungen. Ein Bärendienst für die Sportart

Gutierrez: Dem alten Phonak-Szenario fügte er ein weiteres Kapitel hinzu. Erst über den Erfolg jubeln und dann gibt es Dopingstories.

Botero: Zwar Zweiter bei der Volta a Catalunya - aber was ist das wert, wenn man dann mit Fuentes in Zusammenhang gebracht wird.

Hunter: Er war auch 2006 ein Schatten seiner selbst.



Ausblick

Die Mannschaft zerfällt in alle Einzelteile. Eine dezidierte Auflistung an dieser Stelle wäre zu aufwändig. Die Gefühle bezüglich Phonak bleiben ambivalent. Einerseits ist das Verschwinden nicht so bedauerlich, da der Rennstall – meist unfreiwillig – häufig mit dem Thema Doping konfrontiert wurde. Allerdings ist mit der Auflösung des Rennstalls verbunden, dass die Schweiz frei von PT- und auch Professional-Teams ist.



Diesbezüglich ist ein Rüffel an die Beteiligten der diversen Dopingskandale nötig. Landis, Hamilton, Botero, Gutierrez & Co. mögen sich mal Gedanken darüber machen, dass ihre Versuche, die Leistung durch externe Mittel zu steigern, Konsequenzen unterschiedlichster Natur hervorrufen. Ihre eigenen Folgen seien nur am Rande erwähnt. Die Gesundheit könnte in Mitleidenschaft gezogen werden, was aber scheinbar das Gefühl eines dicken Bankkontos auszugleichen vermag. Die Verantwortung, die sie gegenüber anderen tragen, ist viel entscheidender. Ihre Stallgefährten, die ihnen ihre eigenen Ziele opferten und sich in ihre Dienste stellten, werden dadurch bestraft, dass ihre Gehaltsschecks unter der Aberkennung der Erfolge deutlich kleiner ausfallen. Die Mühen stehen dazu in keinem Verhältnis. Der Geldgeber investiert in gutem Glauben in eine starke Mannschaft und riskiert Imageverlust.



**** Kampf gegen Windmühlen?


Viel wichtiger aber ist, dass der Ruf einer ganzen Sportart ramponiert ist. Viele weitere Vorfälle der vorgenannten Art lassen sich nicht mehr folgenlos verdauen, bis es zu einem Super-Gau kommen wird. Das Fernsehen zieht sich jetzt schon in Teilen zurück, sobald sich die sportlich ermittelten Resultate ständig als unhaltbar erweisen. Ohne Berichterstattung aber werden sich auch die Sponsoren verabschieden. Dann werden die Rennställe aufgeben müssen, und schließlich wird es Radsportler ohne Anstellung zuhauf geben. Das mögen die Herrschaften auch mal bedenken, bevor sie versuchen, auf recht plumpe Art ihre Unschuld zu beteuern, nachdem sie positiv getestet wurden.


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