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Saisonbilanz Liquigas 2006

Text von Steamboat, Februar 2007

Layout & Bildredaktion: maki

&copy Fotos: * cyclingimages.com, ** Mani Wollner, *** capture-the-peloton.com, **** www.velo-photos.com



Der Rennstall Liquigas hatte für 2006 eine hohe Bürde für 2006 auferlegt bekommen. Auch wenn Pro Tour (PT) Gesamtsieger Danilo Di Luca zu Saisonbeginn formulierte, dass eine Verteidigung dieses Titels für ihn nicht anstehen würde, rückte der Fokus der Öffentlichkeit schnell auf seine Ergebnisse – und dadurch geriet schnell auch der Rest der Equipe unter Beobachtung. Das Quartett der italienschen Rennställe in der PT hatte sich um eines reduziert, damit konzentrierte sich die Öffentlichkeit stärker auf die verbliebenen Teams.



Wollt ihr was von mir?
Danilo di Luca ***

Durch Di Lucas Triumph blieb Liquigas gar nichts Anderes übrig, als dass man im Mittelpunkt des Interesses stand. Nur: Ein Blick auf die Saisonbilanz des Vorjahres zeigt, dass man sich auf das Abschneiden Di Lucas konzentrierte. Die anderen Mitstreiter konnten vergleichbare Erfolge nicht vorweisen. Von daher bestanden schon Zweifel, ob die Equipe in der Lage sein würde, die von Di Lucas Saisongestaltung entstandenen Lücken mit Inhalt zu füllen. Das hätte bedeutet, dass gerade bei den Veranstaltungen im Frühjahr jemand die Rolle des Kapitäns bei den Rundfahrten oder z.T. auch bei den Klassikern in den Ardennen hätte übernehmen müssen. Nicht nur an dieser stelle sollte es 2006 hapern.



immer freundlich
Stefano Garzelli ***

Die Saison begann für das Team nicht ohne Reibungsverluste. Siege blieben zunächst fast gänzlich aus, während die anderen beiden italienischen PT-Rennställe besonders durch ihre Sprinter (Alessandro Petacchi, Daniel Bennati, Danilo Napolitano) von Erfolg zu Erfolg eilten. Die Fahrer von Liquigas sammelten eher Rennpraxis und kaum Pokale. Di Luca bereitete sich auf den Giro als Saisonhöhepunkt vor. Galt der vierte Gesamtrang im Vorjahr als Nebenprodukt einer gelungenen Vorbereitung auf die Rennen in den Ardennen, so spekulierte er 2006 darauf, bei gezieltem Giro-Training aufs Podium zu kommen bzw. die dreiwöchige Rundfahrt gar als Sieger zu beenden. Nebenbei verdrängte Di Luca Stefano Garzelli von der Position des Giro-Kapitäns.

 

Während die Konkurrenz im eigenen Lande besonders auf ihre endschnellen Fahrer vertraute, musste Liquigas etwas hinten anstehen. Man hatte erkannt, dass es der Equipe nach dem Rücktritt von Marco Cipollini an endschnellen Fahrern mangelte. Zu diesem Zweck war Luca Paolini verpflichtet worden, nur, der kann zwar auf der Zielgeraden stark beschleunigen, aber der Sprinter par excellence mit eingebauter Sieggarantie ist er eben nicht. Er zählt er zu den Fahrern, die die Auslese bei Klassikern überstehen können, um dann mit dem nötigen Punch bei der Ankunft einer großen Gruppe zu glänzen. Damit hatte der Rennstall zumindest eine Alternative für die Klassiker wie Mailand-San Remo.

 

Des Weiteren war Vincenzo Nibali geholt worden, der auf lange Sicht für die Rolle des Rundfahrtkapitäns aufgebaut werden soll. Zudem erhoffte man sich von Franco Pellizotti, Dario Cioni und auch von Garzelli ansprechende Leistungen, so dass nach den Planungen der Teamleitung um Roberto Amadio die veränderte Saisonvorbereitung von Di Luca keine negativen Effekte auf die Resultate bei den anderen Veranstaltungen haben sollte.



Vincenzo Nibali
***
Luca Paolini
***
Franco Pellizotti ***
Dario
Cioni
***

Dieser Wunsch wurde jedoch nur unzureichend in die Tat umgesetzt. Die Siege von Di Luca fehlten an allen Ecken und Enden. Nur mühsam fanden die Akteure in eine Saison, die mehr Wünsche offen ließ, als dass sie welche erfüllte. Bis Ende April, also zu einem Zeitpunkt, bei dem Di Luca 2005 alleine schon vier PT-Siege zu verzeichnen hatte, gab es gerade mal einen Sieg zu vermelden. Im Laufe der Saison wurden die Fahrer erfolgreicher, aber die Saison 2005 konnte nicht getoppt werden.



Pro Tour

Zum ersten Mal für Aufsehen sorgte Liquigas bei Mailand-San Remo. Paolini erspurtete sich als Dritter eine Platzierung auf dem Podium, während Garzelli überraschend den Sprintern als Siebter Paroli bot.

 

Bis zum Beginn der Rennen in den Ardennen blieben das aber auch bisher die einzigen exzellenten PT-Ergebnisse. Sicherlich trug diesbezüglich das verletzungsbedingte Fehlen von Magnus Backstedt bei den Kopfsteinpflasterklassikern zur Malaise bei. Dennoch muss man die Ergebnislage mit Ernüchterung kommentieren. Die Distanz zu den Punkterängen bei den Klassikern war immens und bei den Rundfahrten herrschte Tristesse.

 



Außerhalb der PT standen nur ein Sieg und lediglich 11 Platzierungen unter den besten fünf (gleich, ob es sich um ein Eintagesrennen, Etappenergebnisse oder um das Abschlussklassement von Rundfahrten handelte) bis zum Amstel Gold Race zu Buche. So spärlich an Resultaten stand kein anderes PT-Team zu diesem Zeitpunkt dar.

 

Bei Tirreno-Adriatico, wo man als italienische Equipe unter besonderer Beobachtung war, musste man sich mit dem 17. Klassementplatz von Garzelli begnügen. Keine Tagesplatzierung unter den besten Fünf. Das war nicht der erwünschte Auftakt. Besonders von Paolini war wenig zu sehen. Eigentlich war ihm eine ähnliche Rolle zugedacht, wie sie sein Mentor Paolo Bettini bei den ersten beiden Etappen der Rundfahrt spielte.

Zumindest gestaltete Di Luca die Punktebilanz in den Ardennen freundlicher. Sein sechster Rang beim Fleche Wallone war im Vergleich zur Vorsaison zwar ein Rückschritt, aber er schien in die Form für den Giro zu finden. So gesehen nützte ihm dieses Resultat mehr, als dass es für seinen Arbeitgeber wünschenswert gewesen wäre. Zumindest strich der erste PT-Gesamtsieger ein paar Zähler ein. Weitere kamen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich durch einen neunten Rang dazu.

 

Amstel Gold Race **
Paris-Roubaix **


Der Kapitän erzielte somit akzeptable Resultate, aber wie sah es mit den wichtigsten Helfern auf dem Weg zum Giro aus? Andrea Noé, Cioni und Vladmir Miholjevic wiesen bei der Tour de Romandie nach, dass ihre Formkurve mit Blickrichtung Giro nach oben zeigte. Vor dem abschließenden Zeitfahren lag Noé auf dem sechsten Rang, während Cioni 11. war. Nach dieser Spezialprüfung brachten die beiden das Kunststück fertig, diese Plätze zu tauschen. Der Kroate Miholjevic belegte den 17. Rang.

 



Von den Giro-Begleitern Di Lucas wies bis zum Beginn der Corsa Rosa niemand einen Tageserfolg vor. Lediglich Pellizotti hatte zwei Podiumsplatzierungen auf der Habenseite. Neben ihm, Noé, Cioni und Miholjevic komplettierten Dario Andriotto, Patrick Calcagni, Alessandro Spezialetti und Charles Wegelius das Aufgebot. Auf Garzelli wurde verzichtet, er sollte bei der Tour als Kapitän starten.

 



guten Appetit! Andriotto & Cioni *


Die erste ernsthafte Hürde beim Giro bestand im Mannschaftszeitfahren, einer Disziplin, die nicht unbedingt zu den Domänen von Liquigas gezählt werden darf. Der Kader hielt sich wacker und den erwarteten Rückstand gegenüber CSC und Ivan Basso sowie Paolo Savoldelli in erträglichen Grenzen. Liquigas belegte überraschend den vierten Rang.

 



Tschopp und Di Luca am Berg *
Pellizottel *

Im Boxerjargon würde man zum Auftritt Di Lucas folgendes resümierend zusammenfassen, er hat zu keinem Zeitpunkt die richtige Distanz zum Gegner gefunden. Schon bei den ersten Anstiegen des Giros geriet er in Turbulenzen. Ständig büßte er Boden im Vergleich zu seinen Konkurrenten ein. Schon früh wusste man, dass er mit dem Ausgang der Rundfahrt nichts zu tun haben würde. Am Ende belegte er den enttäuschenden 23. Rang. Die Idee, alles für einen Giro-Sieg zu opfern, trug keine Früchte. Doppelt ärgerlich für ihn, dass er die Klassiker in Wallonien und die Baskenland-Rundfahrt ausließ oder vernachlässigte. Er war einer der größten Verlierer der Corsa Rosa.

 



Giro Prolog **
Giro 4. Etappe **

Statt seiner rückte Pellizotti in der Gunst des Teams auf. Bei der zehnten Etappe von Termoli nach Peschici gehörte er einer Verfolgergruppe des Führenden Axel Merckx an. Der lockige Blondschopf konnte buchstäblich auf dem letzten Drücker den Sieg des Belgiers verhindern und sicherte sich selbst den Tageserfolg. Während die Aussichten von Di Luca schwanden, setzte sich Pellizotti unter den ersten Zehn fest. Ähnliche Tagesplatzierungen blieben aber im weiteren Verlauf aus. „Pellizottel“ errang als Bester den achten Rang. Neben Di Luca enttäuschte auch Cioni, während Noé – obwohl er in aussichtsreicher Position für einen Platz um die ersten Zehn – auf der 19. Etappe von Pordenone zum Passo San Pellegrino gänzlich einbrach. Di Luca übrigens lag nach dem 19. Abschnitt noch auf Rang 10. Die Folgeetappe führte von Trento nach Aprica, wo Di Luca ein ähnliches Schicksal ereilte. Das Ziel Podium oder gar Gesamtsieg war eindeutig und klar verfehlt worden.

 



Matej Mugerlj ***

Für positive Nachrichten während des Giros sorgte ein weiterer Etappensieg. Er wurde von Matej Mugerlj allerdings bei der Volta A Catalunya erzielt, als er frühzeitig einen Sprint ansetzte und vor dem Hauptfeld einen knappen Vorsprung ins Ziel rettete. Manuel Quinziato komplettierte an diesem Tag das gute Abschneiden mit dem dritten Rang in Lloret de Mar. Der Slowene Mugerlj ist im Klassement auf dem 18. Platz als bester Akteur des Rennstalls zu finden.

 

Nach dem Giro ließen die Aktivitäten von Liquigas wieder nach. Bei der Tour de Suisse erwarb kein Fahrer PT Punkte. Michael Albasini gewann allerdings die Bergwertung.

 

Die Grande Boucle zählte für das italienische Team nicht unbedingt zu den Saisonhöhepunkten. Dennoch sorgte die Delegation von Liquigas für Schlagzeilen während der diesjährigen Austragung. Zunächst stieg Di Luca entkräftet schon bei der zweiten Etappe vom Rad. Offenbar nicht von einer Erkrankung genesen, entschloss er sich folgerichtig zum Ausstieg. Dennoch muss ihm erneut konstatiert werden, dass 2006 nicht sein Jahr war und das Verlassen der Tour nur ein weiteres Mosaiksteinchen für diese Erkenntnis wurde.



da waren sie noch alle vereint ***


Bei der achten Etappe (Saint Meen Le Grand nach Lorient) sorgte jedoch Kjell Carlström für positive Momente. Er gehörte zu einer sechsköpfigen Spitzengruppe, die sich vom Hauptfeld absetzte. Schließlich erreichte er den zweiten Platz, als er im Finish gegen den Mitstreiter Patrice Halgand die Oberhand behielt. Da Sylvain Calzati sich schon früher aus dem Sextett löste und nicht mehr eingeholt werden konnte, blieb der Sieg für den Finnen Illusion.

 

Bei der 13. Etappe von Béziers nach Montélimar befand sich Quinziato in einer fünfköpfigen Fluchtgruppe. Diesem Quintett gelang eine erfolgreiche Fahrt, bei dem sich der Abstand zum Feld stets vergrößerte. Quinziato hatte aber im Finale nicht das Glück des Tüchtigen. Ihm, der sich zumindest zum Ende der Etappe am wenigsten in die Führungsarbeit einbrachte, blieb nur der vierte Platz.

Kjell Carlström ***
Manuel Quinziato ****


Garzelli besaß bei der Königsetappe nach Alpe D´Huez mehr Fortune. Er gehörte einer frühen Ausreißergruppe an, von der er sich sogar zeitweise löste, aber diese Führung nicht hielt. Im Schlussanstieg konnte er sich den aufgerückten Floyd Landis und Andreas Klöden anschließen und erspurtete den dritten Tagesrang. Jedoch war das Glück von vorderen Platzierungen nur partiell für den ehemaligen Giro-Sieger realisierbar. Im Endklassement war er zwar bester seiner Truppe, aber der Platz 55 war etwas dürftig. Dafür, dass er sich gezielt auf die Tour de France vorbereiten konnte, ist sein Abschneiden als enttäuschend einzustufen. Ein Etappensieg gelang dem Team nicht.

 



Bei den Vattenfall Cyclassics erfüllte Paolini die in ihn gesetzten Erwartungen nicht. 2005 war er in Hamburg noch Zweiter, dieses Mal schaffte er nur den 14. Platz. Cioni blieb mit seinem 18. Rang bestenfalls im Rahmen seiner Möglichkeiten

 

Mehr Erfolg hatte Garzelli bei der Klasika San Sebastian. Er, der sich in der Saison offensichtlich zum Klassikerfahrer mauserte, erreichte in einem Sprint der Spitzengruppe den zweiten Platz. Im Endspurt erwies sich Xavier Florencio als zu stark. Zehnter wurde übrigens Pellizotti.

 



Enrico Gasparotto ***

In seiner Entwicklung schien Enrico Gasparotto etwas zu stagnieren. Nachdem er in seiner Neosaison 2005 bereits zu einem Etappensieg bei der Volta A Catalunya sowie zu den Ehren einer italienischen Straßenmeisterschaft gekommen war, folgte 2006 kein spürbarer Fortschritt, der an neuerlichen Triumphen gemessen werden könnte. Es dauerte bis Mitte August, bis er erstmals in dem Jahr auf einem Tagespodium landete. Dieses Resultat ergab sich bei der ersten Etappe der Tour Benelux, als er nach einer Massenankunft Dritter wurde.

 



Quinziato und Nibali ***

Einem Sprint Royale ging Quinziato geschickt bei diese Rundfahrt aus dem Wege. Er setzte sich kurz vor dem Ziel der zweiten Etappe vom Feld ab und rettete einen Vorsprung vor dem Peloton zu seinem größten Karriereerfolg.

 

Nibali überraschte die Konkurrenz beim Zeitfahren, als er nur knapp George Hincapie unterlag. Damit katapultierte sich der hoffnungsvolle Nachwuchsfahrer auf einen vorderen Platz im Klassement. Am Ende blieb ihm der Gesamtsieg zwar vergönnt, aber er belegte den dritten Rang. Quinziato wurde Fünfter bei der Tour durch die Staaten, die zu den Benelux-Nationen zählen. Auf alle Fälle hatte er Geschmack gefunden. Die letzte Etappe der Polen-Tour beendete er als Zweiter und im Klassement der Rundfahrt reichte es zu einem guten achten Rang.

 

Eine wirkliche Sensation gelang Nibali schließlich beim GP Ouest-France-Plouay. Dort zählte er am Ende zu dem Trio (Juan Antonio Flecha und Manuele Mori), das den Sieg bei dem französischen Klassiker unter sich ausmachte. Flecha zog den Sprint etwas zu früh an und eröffnete damit dem Sizilianer die Möglichkeit, das Rennen zu gewinnen. Wer hatte ernsthaft zu Saisonbeginn damit gerechnet, dass ein 21-jähriger die Jahresbilanz von Liquigas halbwegs retten würde, während Di Luca und Paolini nicht den richtigen Pedaltritt fanden?

 



sie kennen sich gut
Bettini und Paolini bei der Vuelta ***

Paolini hingegen suchte seine Chance für einen Etappenerfolg bei der Vuelta A Espana. Bei der zweiten Etappe von Malaga nach Cordoba wurde er Dritter, nachdem er bei einer Massenankunft eine gute Figur gegen die Riege der Sprinter abgab. Die 12. Etappe von Aranda de Duero nach Guadalajara war dann seine. Er gehörte einer starken Spitzengruppe an, die aus einem Dutzend Fahrern bestand. Paolini behielt die Nerven und krönte seine Leistung mit einem Sieg.

 

Bei der fünften Etappe von Plasencia zur Skistation Estación de Esquí La Covatilla (Béjar) gab Di Luca seine Visitenkarte ab. Er gewann diesen Abschnitt, nachdem er sich mit Janez Brajkovic ein Duell lieferte. Er übernahm mit dem Erfolg kurzfristig das Leadertrikot. Länger als geplant blieb er bei der Vuelta, weil er sich im Vorderfeld halten konnte. Allerdings verabschiedete er sich, nachdem er aussichtslos zurückgefallen war. Zwar hatte sich bei der spanischen GT die Chance eröffnet, sich für eine etwas enttäuschende Saison mit Lorbeeren der Vuelta zu trösten. Allerdings schloss sich diese Möglichkeit, als die wirklichen Favoriten ernst machten. Bester Liquigas-Akteur wurde dadurch Cioni - als 38. im Abschlussklassement.





Bei den Herbstklassikern galt das Augenmerk wieder Di Luca. Er sollte seine Chancen bei Zürich-Metzgete sowie der Lombardei-Rundfahrt suchen. In der Schweiz glückte ihm der Sprung in die Top Ten. Als Neunter konnte er aber nur den Sprint einer Verfolgergruppe gewinnen. Mit der Tagesentscheidung hatte er nichts zu tun. Das galt auch für Paolini, der Platz 15 belegte.

 

Di Luca sollte auch in der Lombardei in die Röhre schauen. Als die Entscheidung bei diesem Klassiker heranreifte, befand er sich nicht unter den Fahrern, die um den Sieg stritten. Er konnte sich recht lange darauf vorbereiten, dass er den neunten Rang belegen würde.



Outside Pro Tour

Pelizzotti und Garzelli ***

Liquigas startete wie erwähnt bedächtig in die Saison. Nennenswerte Ergebnisse musste man anfänglich mit der Lupe suchen. Die erste Fundsache: Daniele Colli belegte einen zweiten Etappenplatz bei der Tour Down Under (2.HC).

 

Pellizotti versuchte sein Glück bei Milano-Torino (1.HC); er konnte sich im Finish gegen Igor Astarloa nicht durchsetzen und wurde Zweiter. Einen Platz schlechter war er beim GP Industria & Artigianato (1.1). Später im Jahr sorgte er noch für weitere Ergebnisse. Dazu zählt auch der dritte Rang bei der Coppa Agostini (1.1).

 



Garzellis Affinität zu Sprints ist nicht unbekannt. Alleine der siebte Rang bei Mailand-San Remo gilt als Beweis für seine speziellen Fähigkeiten. Allerdings übertraf er sich bei „Rund um den Henninger Turm“ (1.HC) selbst, als er den Sprint des Hauptfeldes vor der Konkurrenz endschneller Fahrer gewann. So kurz vor dem Giro deutete er an, dass es ein Fehler war, ihn nicht für die GT berücksichtigt zu haben. Allerdings muss man negativ anmerken, dass sein Zielsprint nur einen positiven Ausgang haben konnte, weil er gleichzeitig andere Kontrahenten mit seiner welligen Fahrweise etwas behinderte.

Rund um den Henninger Turm ****
Sprintsieger Garzelli
****


Es sollte aber nicht Garzellis einziger Geniestreich bleiben. Bei der Tour de Luxemburg (2.HC) fügte er seiner Palmares einen Etappenerfolg hinzu. In Luxemburg wurde ferner ein dritter Tagesplatz von Youngster Eros Capecchi verzeichnet.

Kjell Carlstrom während der Tour de Luxembourg **


Garzelli aber unterstrich noch mehrmals seine Fähigkeiten als Klassikerfahrer. Die Tre Valli Varese (1.HC) beendete er als Erster, als er sich gemeinsam mit Renaldo Nocentini etwas von der Spitzengruppe absetzte. Im direkten Duell ließ Garzelli seinem Gegner keine Chance. Es sollte noch ein Sieg folgen. Im Ausscheidungsfahren bei der Trofeo Melinda (1.1) siegte der Klassementfahrer vergangener Tage wieder.

Tre Valle Varesine: Sieger ***


Der erste Saisonsieg blieb Nibali vorbehalten, der eine Etappe von Settimana Internazionale (2.1) gewann. Zugleich war dieser Erfolg gleichbedeutend mit seinem ersten Profisieg. Im Klassement tauchte er auf dem zweiten Platz auf. Es bleibt abzuwarten, welche Rolle Nibali in Zukunft spielen kann. Am letzten Renntag der Rundfahrt gefiel Pellizotti mit dem dritten Rang.

 

Nibali versuchte bei der parallel zur Tour de France stattfindenden Österreich-Rundfahrt (2.1), einen weiteren Tagessieg zu feiern. Dieses Vorhaben gelang aber nicht, es reichte immerhin zum dritten Platz bei der vierten Etappe. Zudem wurde er Zweiter im Einzelzeitfahren.

 



Magnus Backstedt ***

Backstedts Sprintqualitäten sind hinlänglich bekannt. Diese verhalfen ihm jedoch nicht zum erhofften Saisonsieg. So musste er bei der letzten Etappe der Post Danmark Rundt (2.HC) mit dem dritten Platz vorlieb nehmen.

 



Paolini & Bonomi ***

Paolini feierte im August 2005 fast den Sieg eines PT-Klassikers in Hamburg, als Filippo Pozzato eine Reifenlänge vor ihm die Ziellinie passierte. Praktisch ein Jahr danach war es ein weniger bedeutsames Rennen als die HEW Cyclassics, an dem er teilnahm. Beim GP Citta di Camaiore (1.1) vermied er es, wieder nur Zweiter zu werden. Gemeinsam mit Ruslan Pidgornyy radelte er dem Ziel entgegen, als er den Ukrainer auf den letzten Metern abhängte und gewann. Ähnliches Glück hatte Paolini bei der Coppa Bernocchi (1.1) nicht. Dort setzte sich Napolitano vor Giosue Bonomi und dem Liquigas-Fahrer durch.

 

Albasini suchte sich den GP Fourmies (1.HC) als Highlight aus. In Frankreich erreichte er das Podium. Den Sieg musste er Philippe Gilbert überlassen, während der Eidgenosse den dritten Rang erreichte.

 

Spät in der Saison erinnerte sich Gasparotto daran, dass er noch kein halbwegs überzeugendes Resultat in Form eines Sieges im #Jahr 2006 erzielt hatte. Ende September verhalf ihm der GP Cimurri (1.1) zu einem solchen, als er dieses Rennen im Finish gegen eine größere Gruppe gewann. Bei der Coppa Sabatini (1.1) war ihm gleicher Erfolg nicht beschieden. Dort belegte er den dritten Rang.

 

Mittels des Giro dell´Emilia (1.HC) bereitete sich Di Luca auf die Lombardei-Rundfahrt vor. Die Generalprobe verlief akzeptabel, da er Zweiter wurde.

 

Beim Trofeo Città di Borgomanero (1.1) startete Nibali. Er wählte bei diesem Wettbewerb, bei dem jeweils zwei Fahrer ein Team bilden, Roman Kreuziger als Partner. Dieses Rennen, das als Zeitfahren ausgetragen wird, beendete das Duo auf dem zweiten Rang.



Nationale Meisterschaften

Quinziato ist ein Akteur mit Qualitäten im Kampf gegen die Uhr. Bei den italienischen Meisterschaften im Einzelzeitfahren wurde er Dritter. Ebenfalls den dritten Platz belegte Di Luca im Straßenrennen. Er musste Bettini und Mirko Celestino den Vortritt gewähren.



Zwischen die Speichen gesehen…

und was sieht Danilo? *

Über die Geschichtskenntnisse von Di Luca ist hierzulande nur wenig bekannt. Inwiefern er sich mit der griechischen Mythologie beschäftigt hat, weiß hier wohl nicht mal der eingefleichteste Fan von ihm. Sonst könnte er Di Luca nämlich etwas über Dädalus und Ikarus erzählen. Beide – Vater und Sohn – waren nach Kreta verbannt worden. Dädalus sinnierte über eine Fluchtmöglichkeit und baute für sich und seinen Filius Flügel. Er mahnte Ikarus, direkt hinter ihm zu bleiben. Sein Sprössling aber wurde übermütig und flog zu hoch, so dass seine Flügel durch die Sonnenstrahlen zum Schmelzen gebracht worden. Ikarus stürzte ab und fiel ins Meer.

 

Was will diese Geschichte Di Luca sagen? Nun, er hätte bei dem bleiben sollen, was er kann. Er kommt aus den Tälern und aus ihm wird trotz optimal scheinender Ansätze keine Bergziege. Auch wenn er 2005 knapp das Giro-Podium verfehlte, glich sein Versuch, 2006 bei der Corsa Rosa zu höheren Weihen zu gelangen, dem Unterfangen des Ikarus. Zu Lasten seiner Stärken verschliss er sich erfolglos bei der GT. Nachdem Überjahr 2005 folgte die Ernüchterung auf dem Fuße.

 



Und Garzelli? Die Gebirgsziege ist in die Täler gekommen und findet sich nicht mehr in den Pässen der Berge zurecht. Im Flachen setzte der einstige Klassementfahrer einige Maßstäbe, während er bei den dreiwöchigen Rundfahrten endgültig zum Kreis der „fallen angels“ zu zählen ist. Seine Erfolge reichten nicht aus, die mäßige Teambilanz in ein besseres Licht zu setzen, aber er avancierte zu einer der Stützen der Mannschaft.

 

Paolini? Der schien noch nicht mit den Freiheiten klar zu kommen, die er bei Liquigas im Gegensatz zu Quick Step vorfand. Übernahm dort noch Bettini die Verantwortung und musste mit dem Druck fertig werden, war Paolini nun auf sich alleine gestellt. Man muss Geduld mit ihm haben. Vielleicht wird er sich in der Zukunft besser mit der Situation und den Erwartungen arrangieren.

 

Anhand der Ergebnisse in der PT-Einzelwertung könnte man den Eindruck bekommen, dass die Truppe trotz Di Luca, Paolini, Garzelli und Noé dennoch recht führungslos blieb. Am besten schnitt Nibali als 26. ab. Im Mittelfeld platzierten sich die vermeintlichen Equipegrößen. Garzelli auf Rang 54 und Paolini als 56. folgen dem aufstrebenden Sizilianer in der Hierarchie, wenn die PT-Einzelwertung als Bemessungsgrundlage herhalten müsste. Pellizotti belegte den 72. Platz und platzierte sich vor Di Luca (79.). Noch ein Fahrer erreichte einen zweistelligen Rang – Quinziato wurde 87.. Cioni (101.), Carlström (149.), Mugelj (175.) zählen zu den Männern zwischen Platz 100 und 200, während Gasparotto das teaminterne Schlusslicht wurde – als 201.

gemeinsam sind wir stark **


Sie sammelten 307 PT-Zähler. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu den an deren PT-Teams den 14. Rang belegt hätten, wenn die erworbenen PT-Einzelpunkte für die Teamwertung maßgeblich wären. In der offiziellen PT-Mannschaftswertung wurde es allerdings der 13. Rang, wobei man nach den Klassikern im Vergleich den 9. Rang eingenommen hätte. Dieses Resümee ist etwas überraschend, wenn man bedenkt, dass diese Truppe eigentlich bei den Rundfahrten, speziell beim Giro, glänzen wollte.

 

Noch krasser fällt die Betrachtung der Gesamtsiege bei den Rundfahrten aus. Es gab nämlich keine. Lediglich ein zweiter und ein dritter Rang wurden über das Jahr verteilt erzielt. Stattdessen wurden sechs Eintagesrennen gewonnen. Der Sieg beim GP Ouest-Plouay neben Tre Valli Varese war der größte aus Teamsicht – ausgerechnet in Frankreich.

 

Mit 13 ersten Plätzen war die Ausbeute nicht sehr hoch. Es machte sich bemerkbar, dass es an einem echten Sprinter mangelt. Paolini und Garzelli verfügen zwar über entsprechende Fähigkeiten, aber ausgewiesene Spurter sind beide nicht. Dennoch schaffte Garzelli die meisten Saisonsiege, nämlich vier. Kurios dabei ist. Dass sechs Siege in der PT geholt wurden, aber Garzelli keinen davon feierte. Diese verteilten sich auf sechs Fahrer – Nibali, Di Luca, Pellizotti, Mugerlj, Quinziato und Paolini. Außerdem konnte auch Gasparotto einen Sieg im Jahr 2006 einfahren, so dass diese 13 Siege insgesamt von acht Fahrern erzielt wurden. Einerseits ließe sich von mannschaftlicher Geschlossenheit und Chancengleichheit sprechen, man könnte aber auch behaupten, dass kein effektiver Siegfahrer dem Rennstall angehört.

obwohl, ein wenig stärker wäre vielleicht schöner gewesen**


Mit einem Satz gesagt: Es gab mehr Schatten denn Sonne für Liquigas in der vergangenen Saison.



Top Acht

Nibali – Garzelli – Paolini – Pellizotti – Di Luca – Quinziato – Cioni – Mugerlj

 

1. Nibali: Der Youngster ist im Kommen. Sein Sieg beim GP Ouest-France-Plouay war der größte Saisonerfolg des Teams. Sein überraschendes Auftreten bei der Tour Benelux verspricht künftig noch viele gute Resultate.

2. Garzelli: Er hat seinen Status als Rundfahrtkapitänpraktisch eingebüßt. Seine Interessen scheinen stattdessen nun bei den Klassikern zu liegen. Zweiter in San Sebastian, dazu Siebter bei Mailand-San Remo sowie Siege bei Henninger Turm und bei Tre Valli Varese belegen diesen Eindruck. Allerdings verlässt er das Team.

3. Paolini: Er schlug zu wenig Kapital aus den Freiheiten des Klassikerkapitäns. Dritter in San Remo ist nicht schlecht und auch der Etappensieg bei der Vuelta ist sicherlich hervorhebenswert. Aber etwas mehr hatte man sich schon von ihm erwartet.

4. Pellizotti: Er verteidigte die Teamehre mit einem Etappensieg beim Giro und dem zehnten Rang bei der Corsa Rosa.

5. Di Luca: Die Enttäuschung der Saison. Seine Fokussierung auf den Giro war eine Fehlentscheidung. Die Platzierungen in den Ardennen und bei Zürich-Metzgete entschädigen nur wenig für das Jahr. Erst bei der Vuelta ließ er mit dem Tagessieg aufhorchen. Drei neunte Plätze bei Klassikern anstatt zwei Siege wie im Vorjahr – das sagt eigentlich alles.

6. Quinziato: Ein Etappenerfolg bei der Benelux-Tour sowie weitere gute Ergebnisse, die nicht immer mit dem finalen Erfolg gekrönt waren, ermöglichen ihm eine exponierte Stellung im Team. Außerdem wurde er Fünfter bei der Benelux-Tour.

7. Cioni: Der Routinier blieb deutlich hinter den Erwartungen. Zumindest bei der Tour de Romandie zeigte er eine akzeptable Leistung.

8. Mugerlj: In einer an Liquigas-Siegen armen Saison sticht sein Erfolg bei der Etappe bei der Volta A Catalunya schon hervor.

 

Nicht berücksichtigt wurde

• Backstedt: Er fiel bei seinen Lieblingsrennen verletzungsbedingt aus und fand danach nicht mehr zur alten Form zurück. Schade.



Ausblick

2007 will man sich neu zusammenfinden. Jedenfalls deuten darauf die Transferbewegungen hin. Viele Routiniers wurden aussortiert. Garzelli, dem man nicht unterstellen kann, 2006 ein schwaches Jahr gehabt zu haben, musste sich genauso einen neuen Arbeitgeber (Acqua & Sapone) suchen wie Cioni oder Zanini, die es zu Predictor-Lotto zog. Loda und Milsei stellten ihr Vehikel sogar für immer in die Ecke.

 

Die bedeutendste Neuerwerbung ist Filippo Pozzato. Der Gewinner von Mailand-San Remo ist mit großen Erwartungen verpflichtet worden. So darf man auf seine Leistung bei Tirreno-Adriatico ebenso gespannt sein wie auch bei Mailand-San Remo, wo er nicht mehr ein so starkes Team an seiner Seite hat wie bei Quick Step. Allerdings konnte auch Guido Trenti losgeeist werden, der bei der Austragung der abgelaufenen Saison bei der Primavera einige Akzente setzte. Vielleicht reicht es ja gemeinsam mit Di Luca und dem endschnellen Paolini, um das Unmöglich möglich zu machen.

 

Zudem wurde eine Spitze für die Kopfsteinklassiker gefunden. Roberto Petito wechselte von Tenax zu Liquigas. Vielleicht findet er in dem Team die Unterstützung, die man benötigt, will man in Flandern oder in der Hölle des Nordens bestehen. Zumindest Backstedt weiß auch, wie man diese Monumente besteht.

Filippo Pozzato ***
Guido Trenti ****
Roberto Petito ****


Für Di Luca möchte man hoffen, dass er wieder zu seiner Domäne zurückkehrt. Er ist ein sehr starker Klassikerfahrer, wenn es welliges Profil zu bezwingen gilt. Eventuell kann Nibali ihn entlasten. Aber man muss vorsichtig sein, wenn man dem jungen Fahrer bereits die Bürde eines Kapitäns auferlegen will. Zwar hat er die Saisonbilanz maßgeblich positiv gestaltet, aber auch er hat einen Anspruch auf Zeit, sich zu einer Stütze zu entwickeln. Er wäre nicht der erste, der mit den frühen Erfolgen nicht fertig geworden wäre.

Vincenzo Nibali **
Danilo Di Luca **


Und wer übernimmt das Kommando bei den GTs? Es wird vermutlich bei den alten Zöpfen bleiben. Pellizotti muss sich beweisen. Vielleicht nützt es ihm ja, wenn man ihm das Vertrauen beim Giro ausspricht. Er wird dabei sicherlich von Leonardo Bertagnolli unterstützt, dem man zwar auch mal zutraute, im Klassement der GTs die Kapitänsrolle erfolgreich auszuüben, aber bei Cofidis konnte er nicht zeigen, dass er diese Aufgabe erfüllen kann. Deswegen darf er im neuen Gewand helfen, dass ein Teamkollege es besser macht. Überdies kommt auch Manuel Beltran als Edeldomestike, der, wenn es nötig ist, aber auch die Verantwortung als GT-Kapitän übernehmen kann.

 

Man kann Liquigas nicht unterstellen, untätig der Entwicklung zugesehen zu haben. So wurden mehrere Fahrer mit Potential verpflichtet, um Schwachpunkte im Team auszumerzen. Dennoch werden Murilo Fischer, Alessandro Vanotti, Aleksandr Kuschynski, Francesco Chicchi und der Belgier Frederik Willems ihren Platz in der Equipe suchen müssen. Inwiefern einer der neuen Fahrer in der Lage ist, die etwas verwaiste Position des Sprinters zu besetzen, wird sich zeigen. Man darf auf Vanotti und Chicchi gespannt sein, auch wenn sie zuletzt in dieser Rolle kaum eingesetzt wurden.

Leonardo Bertagnolli ****
Manuel Beltran ***
Alessandro Vannotti ****
Francesco Chicchi ****


Bliebe noch das Thema Doping. Der Sponsor hatte einstmals seinen Einstieg in das Peloton mit der Bedingung verknüpft, dopingfrei zu bleiben. Beziehungen von aktuellen Fahrern zum Arzt Fuentes konnten nicht belegt werden. Kritisch kommentieren muss man aber, dass der Vertreter von Liquigas bei der ICPT sich nicht für einen Ausschluss von Discovery Channel durchringen konnte. Man möchte hoffen, dass dieser Fauxpas der einzige in Sachen Doping bleibt.

 

Sportlich möchte man der Equipe Glück wünschen. Das Potenzial ist da, die Saison erfolgreicher als 2006 zu gestalten. Es muss ja nicht gleich ein erster Platz in der PT-Einzelwertung sein.

Franco Pellizotti **

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