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Saisonbilanz Bouygues Telecom 2006

Text von Steamboat, Januar 2007

Layout & Bildredaktion: MrsFlax

&copy Fotos: * www.capture-the-peloton.com, ** www.velo-photos.com, *** MrsFlax, **** Mani Wollner





"Stellen Sie sich vor, Sie müssten mit Giovanni Bernaudeau, Oliver Bonnaire, Sébastien Chavanel, Stef Clement, Andy Flickinger, Yohann Genè, Arnaud Labbe, Yoann Le Boulanger und Laurent Lefèvre versuchen, den Giro d'Italia zu gewinnen"

Bouygues Telecom verkörpert, ohne dass die Equipe exemplarisch in der Diskussion genannt wird, einen Teil des Steins des Anstoßes um den Sinn der Pro Tour (PT). Die Equipe gehört ob ihrer wirtschaftlichen Situation der Rennserie an. Unerheblich bleibt dabei, dass die sportliche Konkurrenzfähigkeit auf der Strecke bleibt. Durch die Aufblähung der PT bei deren Einführung von 18 auf 20 Teams - unter gleichzeitiger Ausschaltung sportlicher Relegation - ist die Zukunft der Equipe in der Topliga für die nächsten Jahre gesichert. Damit darf Bouygues in jedem Fall bei den wichtigsten Rennen der Saison starten. Gleichzeitig wird durch diese Garantie den Organisatoren vieler PT-Rennen die Flexibilität genommen oder diese stark eingeschränkt, ihr Teilnehmerfeld dem Leistungsgedanken entsprechend zu bestücken. Dadurch bleibt häufig ambitionierten Formationen nur die Rolle des Zaungasts.



* Teampräsentation beim Criterium International:
einfach sauberer oder unmotiviert und faul?


Der Ärger der Veranstalter von Giro und Vuelta wird umso verständlicher, wenn die Ergebnislisten und Teilnehmerfelder betrachtet werden. Fahrer von Bouygues Telecom zeigen diesbezüglich eine meist homogene Performance. Sie tauchen beinahe grundsätzlich unter 'ferner liefen' auf. In Anbetracht der vielen italienischen und spanischen Professional Teams, die sich um ihre Saisonhöhepunkte gebracht sehen, wird aus der Sicht der Veranstalter und der Rennställe außerhalb der PT sehr verständlich, dass die PT Rennserie nicht nur auf Wohlwollen und Zustimmung stößt.



* Xavier Florencio: Zufallstreffer in San Sebastián?

Bouygues Telecom vegetierte bei den Rundfahrten und Klassikern meist im Fahrerfeld herum. Die zweite Saisonhälfte hatte längst begonnen und nicht ein Top Ten Rang konnte bei den PT-Wettbewerben bis dahin erzielt werden. Bei der Clásica de San Sebastián konnte niemand ernsthaft damit rechnen, dass ein Paukenschlag den Rennstall aus dieser Lethargie befreien würde. Als sich ein größeres Feld kurz vor der Zielankunft zusammen fand, war auch Xavier Florencio darunter. Überraschend setzte er sich im Finale gegen vermeintlich sprintstärkere Konkurrenz durch und gewann das Rennen. Mit einem Pedalschwung schien fast vergessen, dass die Mannschaft ansonsten gerade mal drei PT-Siege einfahren konnte.



* Sieg in der "Coupe de France"-Teamwertung - erfolgreich nur 'zu Hause'


In letzter Konsequenz muss sich das Management dennoch fragen lassen, ob sein Ehrgeiz mit dem Leistungsniveau seiner Akteure kompatibel ist. Welche Motivation vermitteln Plätze im hinteren Teil des Pelotons? Wäre ein behutsamer Aufbau vorhandener Talente nicht geeigneter, anstatt diese bei den Anforderungen sehr schwerer Rennen zu verheizen, ohne dass sie ihr Können jemals zur Entfaltung kommen lassen?

 

Alleine der Blick auf die Ergebnisse 2006 vermittelt wie schon im Vorjahr den gleichen Eindruck. Im Vergleich zur schier übermächtigen Konkurrenz sind sie in allen PT-Segmenten hoffnungslos überfordert und unterlegen. Siege bei Eintagesrennen und Etappen wurden meist außerhalb der PT bei kleineren französischen Rennen möglich, wenn die ausländischen Teams größtenteils nicht am Start waren.



Pro Tour

** Jérôme Pineau bei den Vattenfall Cyclassics: 'graue Maus' in Türkis

Jérôme Pineau sorgte für das erste kleine Erfolgserlebnis in der neuen PT Saison. Der dritte Platz auf der fünften Etappe von Paris-Nizza erbrachte dem Team die erste Podiumsnotierung. Ansonsten fand sich das Team beim "Rennen zur Sonne" sowie bei Tirreno-Adriatico mit der Rolle ab, die es auch 2005 inne hatte – die der grauen Maus. In den Gesamtklassements der Rundfahrten muss man schon Geduld aufbringen, bevor man den ersten Fahrer meist weit abseits der PT Ränge und nicht selten im Hinterfeld findet.

 



Zumindest einen Tagessieg gab es für das Team bei der Baskenland-Rundfahrt zu feiern. Dieser stellte damit das Highlight des Frühjahrs dar. Thomas Voeckler schloss sich einer neunköpfigen Ausreißergruppe an, die bis ins Ziel auf zwei Fahrer schrumpfte. Im direkten Duell gegen Jens Voigt behielt der Elsässer die Oberhand. Gleichzeitig stellte dieser Sieg den ersten Erfolg eines Franzosen in der Rennserie 2006 dar. Voeckler blieb es zudem vorbehalten, die nächste Podiumsplatzierung einzufahren. Er wurde bei der ersten Etappe der Dauphine Libéré Zweiter.

 

Top-Ten-Ränge stellten sowohl bei den Klassikern als auch bei den Rundfahrten eine Rarität dar. Im Frühjahr blieben diese gänzlich aus. Franck Rénier erzielte das beste Ergebnis als 15. bei Gent-Wevelgem, auch Anthony Geslin erreichte einen Platz unter den besten zwanzig. Er wurde 18. bei der Flandern-Rundfahrt und erreichte den 21. Rang bei Paris-Roubaix. Routinier Didier Rous konnte immerhin den 17. Platz bei der Baskenland-Rundfahrt einfahren Rous steigerte sich so gesehen noch, da er bei der ENECO Tour Benelux gar 15. wurde. Damit sind in einem Absatz die wichtigsten und erfolgreichsten Fakten der ersten Saisonhälfte zusammengefasst.



** Nicht nur... Anthony Geslin
... Erfolg... Matthieu Sprick
... macht sexy. Stef Clement


** Franck Renier: Durchblick?


Nimmt man an dieser Stelle Bezug auf das Eingangsstatement, muss auch ein kurzes Review zum Giro folgen. Wie nicht anders zu erwarten war, spielte die Equipe keine Rolle. Das beste Etappenresultat lieferte Laurent Lefèvre mit einem neunten Platz. Im Gesamtergebnis wurde er als Bester seines Teams Fünfzigster. Schon das Abschneiden dieses Teams war Wasser auf die Mühlen der Kritiker der Pro Tour. Es ist nur zu verständlich, dass man in Italien lieber Acqua & Sapone oder Naturino mit einer Starterlaubnis versehen hätte.

 

Das französische Team warf sich bei der Tour de France in der ersten Woche im Kampf um das Bergtrikot sowie bei der Besetzung von Ausreißergruppen in Pose. Pineau sammelte in der Bergwertung genügend Zähler, um bei der dritten Etappe in den Besitz des rotgepunkteten Dresses zu kommen. Recht erfolgreich verteidigte er diese Führung bis zu den Pyrenäen.

 

Jedes Jahr mutiert garantiert ein französischer Fahrer dieses Teams zum Helden. 2004 war es Voeckler, der das Gelbe Trikot mühsam Tag für Tag verteidigte. 2005 belegte Geslin bei der WM den dritten Platz.

 



* Pierrick Fédrigo: Mal wieder nicht das 'Richtige' im Beutel?

2006 war es Pierrick Fédrigo vorbehalten, diese Rolle zu übernehmen. Er gehörte einer Fluchtgruppe bei der 14. Etappe an, die auf den Weg in den Zielort Gap war. Zwar reduzierte sich diese Gruppe von ursprünglich sechs auf zwei Akteure, aber dieses Duo ließ sich den geringen Vorsprung vor dem Hauptfeld nicht nehmen. Die Fahrer von Bouygues Telecom schlossen am Ende dieses Abschnitts ihren Teamkollegen in die Arme. Er hatte im Ziel die Nase vorn und sorgte für den Etappensieg. Für die Mannschaft, die Gefahr lief, ebenso wie bei vielen anderen PT Veranstaltungen auch bei der heimischen Tour zur Staffage zu verkommen, Balsam auf die empfindlichen Wunden.



In der Nachbetrachtung fällt das Urteil nämlich nicht sehr positiv aus. Jener Fédrigo war bester seiner Mannschaft als Neunundzwanzigster. Kein Akteur errang neben ihm Punkte für die PT-Wertung. Selbst einstellige Etappenränge blieben rar. Bei anderen Rennställen würden diese gar nicht erwähnt werden. Geslin belegte beim Schlussakt der Tour den sechsten Rang, während Pineau bei der 18. Etappe einer Spitzengruppe angehörte. Am Ende wurde auch er Sechster.

 

Danach kehrte Tristesse in die Reihen der Franzosen zurück. Rony Martias versuchte sie bei der Deutschland-Tour zu durchbrechen. Bei der Abschlussetappe reichte es aber nur zum undankbaren vierten Platz.



* Rony Martias: Andere siegen, er winkt.

 

Dafür meldete sich Fédrigo mit einem schönen Erfolg vom GP Ouest-France-Plouay zurück. Er erreichte bei dem Klassiker in der Bretagne einen respektablen siebten Rang und konnte die Saison als erfolgreich bezeichnen.



Sébastien Chavanel erreichte schließlich auch ein nennenswertes Ergebnis, als er die vierte Etappe der Polen-Rundfahrt als Dritter beendete. Im Sprint zeigte er eine gute Leistung, die er aber nur selten in der Saison abrufen konnte, um gegen die Spitze der Zunft zu bestehen. Immerhin erreichte er so einen Punkt für die PT-Einzelwertung.



* Auch beim... 149. Lefèvre
*..Giro-Prolog... 82. Labbe
** ...rumgeeiert: 27. Chavanel


Bei der Vuelta a Espana schien sich das Team auf Florencio zu konzentrieren. Der Spanier des Teams erreichte bei der zehnten Etappe immerhin einen dritten Platz, als er als Mitglied einer Fluchtgruppe bis zum Schluss um die Entscheidung mitkämpfte. Wenige Tage nach diesem Erfolg stieg er aus. Der im Gesamtklassement Beste wurde demnach Walter Bénéteau – auf Rang 83.

 

Die Saison ging mit den Herbstklassikern zu Ende. Erwähnenswert ist diesbezüglich der 12. Platz von Geslin bei Paris-Tours.



Outside Pro Tour

* Praktikerlicher Einsatz bei der TdS: Anthony Geslin

Überschäumende Siegesfeiern sind nicht das Kennzeichen des kleinen französischen Teams. Das war schon in der Vergangenheit so und man muss kein Prophet sein, um auch für die Zukunft vorherzusagen, dass sich der Rennstall auch mit einer Nebenrolle im Peloton bescheiden muss. Die Truppe musste auch 2006 wieder hoffen, dass ein paar Brotkrumen übrig blieben, damit man selbst auch einige Erfolge feiern kann.

 

Allen voran wurde Geslin aufgrund seiner Bronzemedaille bei der WM in die Pflicht für exzellente Resultate genommen. Dieser gewachsenen Erwartungshaltung wurde er kaum gerecht. Er zelebrierte einen Sieg bei dem für französische Verhältnisse prestigereichen Paris – Camembert Lepetit (1.1), als er sich im Sprint einer kleineren Gruppe durchsetzen konnte. Ferner schaffte er zu Saisonbeginn bei der GP d´Ouverture Marseillaise (1.1) und bei der Route Adélie de Vitre (1.1) jeweils dritte Plätze. Ob er durch den dritten WM-Platz wirklich ein anderer Fahrer geworden war, wie er selbst kurz nach der Austragung behauptete, muss mit Blick auf die Ergebnislisten ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

 

Rous sorgte bei der Trophée des Grimpeurs - Polymultipliée (1.1) für einen weiteren Sieg bei einem Eintagesrennen. Gemeinsam mit Bénéteau hatte er frühzeitig attackiert. Sein Stallgefährte fiel schließlich noch hinter eine Verfolgergruppe zurück, während Rous einen Vorsprung von 15 Sekunden vor Philippe Gilbert rettete.



*** Mittelspurschleicher im Grupetto: Didier Rous

 

Im August triumphierte er bei der zweitägigen Rundfahrt Paris-Corrèze (2.1). Den ersten Tag beendete er als überlegener Sieger, als er als Solist den ersten Teilabschnitt gewann und einen Vorsprung sich herausgearbeitet hatte, der keinen Zweifel mehr an seinem Gesamtsieg ließ.



Yoann Le Boulanger feierte auch einen Sieg bei einem Eintagesrennen. Die Tour du Doubs (1.1), die in Frankreich traditionell während des Auftakts der Tour de France stattfindet und durchaus als Trostpflaster für die daheim gebliebenen Franzosen gilt, sah ihn als überlegenen Gewinner, der als Solist das Ziel erreichte.

 

Chavanel erreichte einen Sieg durch seinen Etappenerfolg beim GP Costa Azul (2.1).



**** Formationsflug ohne Siegchance:
** TTT mit Bouygues in Eindhoven


Fédrigo und Rous sorgten für einen der seltenen Doppelsiege des Teams. Bei der vierten Etappe der Vier Tage von Dünkirchen, setzte sich Fédrigo gegen die Konkurrenz mit einem Soloritt durch, während sein Teamkollege den Sprint eines Verfolgerduos gewann. In der Endabrechnung schob sich Rous damit unumstößlich auf den dritten Rang.



*** Auch ohne Testo-Pflaster in La Toussuire vor Landis: Pierrick Fédrigo

Fédrigo gehörte zu einer sechzehnköpfigen Spitzengruppe, die das Bild der ersten Etappe der Tour du Limousin (2.1) prägte. Im Finale behielt er die Übersicht und zwang auch den sprintstarken Kolumbianer Leonardo Duque in die Knie. Dieser drehte aber auf der Abschlussetappe den Spieß um und verdrängte den Franzosen noch vom ersten Platz der Gesamtwertung. Einen weiteren zweiten Rang schaffte Fédrigo bei der Tour du Finestere (1.1).



Rony Martias durfte dann auch mal gewinnen. Bei der Tour de Picardie (2.1) ließ er sich den Tagessieg nicht nehmen, als er zwei Begleiter, die sich knapp vor dem nahenden Hauptfeld in das Ziel retteten, hinter sich ließ.

 

Die restliche Ausbeute an weiteren Podiumsplätzen ist rasch zusammengetragen.



**** Frankreichs WM-Hoffnung: Thomas Voeckler

Bénéteau erradelte bei der Boucles de l'Aulne (1.1) einen zweiten Rang. Er konnte dem Antritt des Siegers Johan Coenen nicht Paroli bieten und folglich begnügte er sich mit dem Platz hinter dem Sieger.

 

Voeckler, der 2005 nicht die Erwartungen erfüllte, setzte früh in der Saison durch seinen dritten Gesamtplatz bei der Etoile des Besseges (2.1) ein Ausrufezeichen. Bei der Route du Sud (2.1) feierte er einen Tageserfolg, als er sich mit Julien Mazet (Auber) vom Feld absetzen konnte und mit mehr als zwei Minuten Vorsprung die erste Etappe gewann. Bei der zweiten Etappe untermauerte er die Ansprüche auf den Gesamtsieg durch einen zweiten Platz. Im Klassement gab es einen Doppelsieg. Fédrigo erreichte bei der Abschlussetappe, einer Bergankunft, den zweiten Platz und rückte auf die gleiche Position in der Gesamtwertung vor. Dieses Abschneiden mehrte die Hoffnung auf eine stärkere Performance bei der Großen Schleife.



* 'Helden der Landstraße' sehen anders aus: Matthieu Sprick und Pierre Drancourt

Florencio kam kurz vor seinem Husarenstreich in San Sebastian bei der Tour de L'Ain (1.1) in den Genuss, vordere Plätze zu belegen. Er siegte bei der ersten Etappe bei der Ankunft eine Verfolgergruppe, da sich Cyril Dessel schon im Ziel befand. Am Ende der Rundfahrt war der Spanier auf Platz Drei.

 

Dritte Etappenplätze verteilten sich außerdem auf mehrere Fahrer des Teams. Der Holländer Stef Clement stellte seine Zeitfahrkünste bei der Tour de Langkawi (2.HC) unter Beweis. Im Laufe dieser Rundfahrt gelang Le Boulanger eine identische Platzierung. Martias nutzte die Tour Down Under (2.HC) ebenfalls für einen. Anthony Ravard hat auch welche anzubieten. Bei der Circuit de la Sarthe (2.1) schaffte er zwei dritte Etappenplätze. Einen weiteren steuerte Matthieu Sprick bei der Tour de Luxemburg (2.HC) nach der zweiten Etappe bei.



** Bouygues-... Christophe Kern
... Helme ... Xavier Florencio
... bei der WM: Stef Clement


Beim Zeitfahren der Tour du Poitou Charentes (2.1) freute sich Clement über den zweiten Platz. Er musste sich nur seinem Landsmann Rick Flens (Rabobank Espoirs) geschlagen geben.



**** Rückendeckung vom Chef: Sprick

Auch bei der Tour de l'Avenir (2.1) zeigte er eine gute Leistung im Einzelzeitfahren. In dieser Disziplin feierte er den einzigen Sieg der Mannschaft bei dieser Tour. Bei der fünften Etappe der Zukunftstour zählte er zu einem Spitzentrio, dass die Entscheidung untereinander ausmachte. Ihm blieb der dritte Rang.

 

Ebenfalls den dritten Platz belegte Sprick bei der achten Etappe, allerdings hatte er im Finale keine Chance, das Rennen für sich zu entscheiden. Hingegen knapp einen Tageserfolg verfehlte sein Stallgefährte Alexandre Pichot, der sich nach der dritten Etappe im Sprint geschlagen geben musste.

 

Zum Ende der Saison hin stand das Rennen Paris-Bourges (1.1) auf dem Programm. Die allgemeine dürftige Bilanz erfuhr eine Aufwertung, da Voeckler gewann. Er hatte sich einen kleinen Vorsprung erarbeitet, den er vor dem nahenden Feld verteidigte.



Nationale Meisterschaften

Nach den nationalen Titelkämpfen gab es auch im Team von Bouygues Telecom einen Fahrer, der sich über Titelehren freuen konnte. Clement war der beste Zeitfahrer im Land der Windmühlen und darf bei Rennen gegen den Chronometer das Trikot des niederländischen Meisters überstreifen.



**** Bei LBL noch Landesmeister: Pierrick Fédrigo
**** In diesem Jahr abgehängt: die Bouygues-Fahrer


Nach den französischen Titelkämpfen ließ sich für die Equipe folgendes Resümee ziehen: Die Mannschaft war zwar der erfolgreichste Rennstall, da vier von sechs Podiumsplätzen erreicht wurden, aber Siege feierten ausschließlich die anderen. So erreichten beim Einzelzeitfahren Rous und Christophe Kern den zweiten und dritten Rang hinter ihrem ehemaligen Mannschaftskameraden Sylvain Chavanel. Beim Straßenrennen blieben Voeckler und Rous gegenüber Florent Brard nur zweite Sieger.



Zwischen die Speichen gesehen...

**** Für seinen Teamchef das Ideal der "force mentale": Thomas Voeckler

Um die Saison bewerten zu können, kann man sich eine Bemerkung des Teamleiters Jean René Bernaudeau vornehmen. Der behauptete nach dem Sieg von Florencio bei Klasika San Sebastian, dass die zwei Erfolge von Florencio und Fédrigo (Etappensieg bei der Tour) gezeigt hätten, dass das Team erwachsen geworden sei. Dieses Argument ist schnell zu widerlegen. Erstens: Den dritten Sieg von Voeckler hatte er scheinbar vergessen. Zweitens: Da nahm er die Saison wohl sehr selektiv mit der rosaroten Brille wahr.

 

Das lässt sich schon daran erkennen, wenn man nur die Top-Ten-Platzierungen bei Klassikern und in den Klassements untersucht. Man ist nämlich so wahnsinnig schnell fertig. Und auch die Siege sollte man überwiegend als glücklich bezeichnen, um ihnen in der Realität gerecht zu werden.



**** Die "Kellerkinder der ProTour"


66 PT-Einzelpunkte. So wenig sammelte kein zweites Team. Lediglich fünf Fahrer kamen in den Genuss, überhaupt ein Punktekonto zu eröffnen. Das sind die Superlative der Rennserie mit umgekehrten Vorzeichen. Im PT-Haus bewohnt man damit den Keller.

 

Lediglich Florencio und Fédrigo erreichten zweistellige Punktzahlen, wobei der Spanier Platz 60 der etwas modifizierten PT-Einzelwertung belegt. Der Franzose platzierte sich auf dem 106. Rang. Sonst lassen sich noch Voeckler (149.) sowie Chavanel und Rous (jeweils 204.) im Klassement finden. Darüber schweigt man sich besser aus. In der Teamwertung ließ man zumindest die Kollegen von Francaise des Jeux hinter sich. Dass es noch schlechter geht, möchte man lieber nicht heraufbeschwören, denn gerade diese Zahlen belegen doch recht deutlich, dass die Equipe den Anforderungen der Rennserie höchstens leidlich, aber eigentlich gar nicht gewachsen ist.

 

Bei aller Kritik an der Equipe, bei der sich der Autor vorwerfen lassen muss, den Pfad der Objektivität gelegentlich ausschweifelnd verlassen zu haben, muss positiv die ablehnende Haltung des Rennstalls in Bezug auf Doping hervorgehoben werden. Dafür scheint man in Kauf zu nehmen, dass die Pokale von den anderen gewonnen werden. Ob der Umkehrschluss mancher Betrachter allerdings zulässig ist, deswegen die Saisonresultate weniger kritisch zu betrachten, wird vermutlich erst in einigen Jahren, wenn sich die Methodik der Dopingerkennung verbessert hat, schlüssig zu beantworten sein. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

 



Top Acht

Florencio – Fedrigo – Voeckler – Rous – Pineau – Geslin – Le Boulanger – Chavanel

 



* Didier Rous - im Schatten von Hundebesitzern?

1. Florencio: Der Spanier gewann überraschend die Klasika San Sebastian. Ähnliche Erfolge konnte das Team nicht nur 2006 nicht verzeichnen. Das gilt ebenfalls mit Abstrichen für seinen dritten Platz bei einer Vuelta-Etappe.

2. Fédrigo: Bei einer Tour de France, bei der die Equipe bestenfalls die zweite Geige spielte, landete der Franzose einen Etappensieg. Teambester als 29. Zudem wurde er Siebter beim GP Ouest-France-Plouay.

3. Voeckler: Ein Etappenerfolg bei der Baskenland-Rundfahrt war der zweite Etappensieg eines Equipefahrers in der Pro Tour. Außerdem gewann er noch die Route du Sud und Paris-Bourges.

4. Rous: Der Routinier sorgte für einen zweiten Rundfahrtsieg – Paris-Correze. Er sorgte für akzeptable Ergebnisse bei einigen PT-Rundfahrten (ENECO Tour, Baskenland-Rundfahrt).

5. Pineau: Der vierte Akteur, der Punkte für die PT einfuhr. Bei Paris-Nizza wurde er Etappen-Dritter. Blieb aber 2006 hinter den Erwartungen.

6. Geslin: Sein größter Erfolg war der Gewinn von Paris-Camembert. Zwei dritte Plätze bei französischen Eintagesrennen gab es noch zu bestaunen. Die anderen Ergebnisse hielten nicht den Erwartungen stand.

7. Le Boulanger: Er gewann die Tour du Doubs. Da nicht viele Fahrer des Teams ein Rennen gewinnen konnten…

8. Chavanel: Er komplettierte das Quintett, das sich PT-Punkte für die Einzelwertung sichern konnte.



**** Am Ende? Der "Mann mit der Matte" Brochard
**** Nie richtig durchgestartet? Flickinger


Keine Aufnahme in die Top Acht fanden

 

1. Brochard: Eine ereignisreiche Karriere nähert sich unweigerlich dem Ende.

2. Flickinger: Kein nennenswertes Ergebnis von dem Franzosen, der wohl auch in der Kategorie 'ewiges Talent' bleiben wird.



Ausblick

* Fragwürdige Transfers? Walter Bénéteau muss gehen

Das Konzept der letzten Jahre wird vermutlich fast unverändert fortgesetzt. Die Variation besteht darin, dass der Anteil ausländischer Fahrer angestiegen ist. So gesellen sich zu den zwei bisherigen Fahrern nicht-französischer Nationalität ein Este und zwei Schweizer. Erki Pütsep kommt von Ag2r Prévoyance. Er wusste bei Gent-Wevelgem zu gefallen, während Aurélien Clerc und Johann Tschopp von Phonak wohl für die Rundfahrten eingeplant sind.

 

Clerc könnte in der Lage sein, bei Sprintentscheidungen die eine oder andere Platzierung zu erreichen, während Tschopp seine Chancen im Klassement erhalten wird. Allerdings wird die Verpflichtung der neuen Fahrer niemand dazu verleiten, mit einem weitaus erfolgreicheren Abschneiden zu rechnen. Im Großen und Ganzen gelten die Zugänge als Ergänzungen.



Eine dringend benötigte Führungsfigur ist auch in den anderen beiden Verpflichtungen nicht zu sehen. Saïd Haddou hat zwar auch Stärken im Massensprint und Nicolas Crosbie hat 2006 für einen Aufsehen erregenden Ausritt bei Paris-Nizza gesorgt, aber den Kader wird er auf Anhieb ebenso wenig weiterbringen wie Haddou. Man kann konstatieren, dass lediglich die abgegebenen Fahrer Ravard, Chavanel, Hary, Kern und Beneteau ungefähr gleichwertig ersetzt worden.

 

Auch 2007 bleibt der Mannschaft die Rolle des Pelotonauffüllers. Man wird sich wieder in Lauerstellung begeben und hoffen, dass man sich möglichst lange im Feld verstecken kann, um sich dann unbemerkt an anderen Teams vorbeizumogeln, um den einen oder anderen Erfolg zu sichern.



**** Auch 2007 wieder an Bord: Yohann Genè
**** Nur "Pelotonauffüller in Lauerstellung"?


Bei aller Liebe zu dieser Mannschaft: Sollte diese Equipe wieder in der Mannschaftswertung mit Francaise des Jeux um den letzten Platz ringen und nur eine Handvoll Fahrer in der PT-Einzelwertung platzieren, sollten sich die PT-Verantwortlichen Gedanken über die weitere Behandlung von Bouygues Telecom machen.



** & *** Auf dem Kamel durchs Nadelöhr? Nicht um jeden Preis!

Denn 2007 gilt nur als Vorbote für die Haltung der Rennveranstalter. Demnach darf man sich noch auf Teilnahmen bei allen PT-Rennen, die auch 2006 zum Kalender gehörten, freuen. Wenn die ablehnende Haltung der Veranstalter gegenüber der Serie aber bleibt, müssen gerade die Verantwortlichen und Aktiven von Bouygues befürchten, 2008 nicht mehr allzu häufig eingeladen zu werden.

 

Diese Entwicklung war zu erahnen, weil sich die PT-Initiatoren um eine Fehleranalyse der Rennserie zu wenig mühten, um auch mal weniger angenehmere Punkte in Angriff zu nehmen. Dass sich der französische Radsport nämlich derzeit in der Talsohle befindet, ist keine neuartige oder aktuelle Erkenntnis. Dass er aber mit fünf Rennställen in der Belle Etage protegiert wird, während führende Nationen deutlich weniger Formationen stellen, ist eine Fehlentwicklung, die als solche identifizierbar ist. Davor werden die Augen aber offensichtlich verschlossen. Der Bumerang für diese Nachlässigkeit ist aber schon unterwegs - ob man will oder nicht.

 

Aber vielleicht gelingt es ja den Fahrern von Bouygues Telecom, ihre Skeptiker zu widerlegen, und sie schaffen einen enormen Leistungssprung, der damit endet, dass man sich im Mittelfeld der Mannschaftswertung etablieren kann. Das neueste Gerücht ist aber, dass Kamele Kurse belegen, wie man am einfachsten durch das Nadelöhr kommt…


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