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Saisonbilanz Volksbank-Vorarlberg 2006

von Steamboat, Januar 2007

&copy Fotos: * capture-the-peloton.com, ** velo-photos.com, *** Mani Wollner



Mit ELK Haus-Simplon und dem Team Volksbank Vorarlberg bewarben sich gleich zwei österreichische Radrennställe um eine Lizenz als Professional Team. Einerseits verbanden die Verantwortlichen beider Teams damit die Hoffnung, den Rückstand der "Ösis" zur Weltspitze im Peloton zu verkürzen. Zum anderen kann es ebenso eine Motivation gewesen sein, dass Georg Totschnig, als Gewinner einer Etappe der Tour de France 2005, und Bernhard Eisel einen Boom des Radsports in der Alpenrepublik ausgelöst haben, den es auszunutzen galt, um möglichst vielen junge Männern (und Frauen) ein Ziel zu geben, für das es sich zu trainieren lohnt.

 

Aber im heutigen Sport reicht Idealismus alleine meist nicht aus, um an die Spitze zu gelangen. Mit dem Schritt, in den Rang eines Professional Teams aufzusteigen, werden die Funktionäre, allen voran Manager Thomas Kofler und Sportdirektor Lukas Zumsteg, die Hoffnung verbunden haben, zu den größeren Veranstaltungen wie den Pro Tour Eventen eingeladen zu werden. Ansonsten hätte man sich diese Mühe und das damit verbundene Risiko, sich finanziell zu verkalkulieren, sparen können.

 

Der Kreis möglicher PT-Starts blieb im Großen und Ganzen überschaubar. Letztlich wirkte sich die Streckenführung der Deutschland-Tour positiv auf das Vorhaben und die Wünsche der Teamleitung aus. Weil diese Rundfahrt wieder in Österreich Station machte, lag die Vermutung nahe, dass dann auch eines der beiden Professional Teams aus dem Lande der alpinen Skifahrer die Gipfel der Berge im Sommer unsicher machen dürfte. Deshalb bevorzugten die Veranstalter der D-Tour auch eines der genannten Teams gegenüber vorhandenen Mitbewerbern.

 

Aber noch eine weitere Teilnahme an einer PT-Veranstaltung erreichte Kofler. Dabei kam wohl zum Tragen, dass er zwei Schweizer Profis beschäftigte - zudem ist auch Zumsteg Eidgenosse. Eine Tatsache, die wohl die Organisatoren von Züri-Metzgete vermutlich bewog, die positive Nachricht in Form einer Wildcard nach Vorarlberg zu senden.

 

Die Mitglieder der Equipe gerieten unter Zugzwang, sich sowohl bei diesen Teilnahmen als auch bei den anderen Starts so teuer wie möglich zu verkaufen. Die Konkurrenz im eigenen Lande schlief schließlich nicht, und selbst wenn das der Fall wäre, durfte dennoch nicht der Besenwagen zum anteilig am stärksten frequentierten Vehikel werden.

 

Für die Saison schien man nach der Verpflichtung von Gerrit Glomser und Andreas Matzbacher, die von Lampre kamen, gut gerüstet zu sein. Es war klar, dass Glomser damit bei den Rundfahrten für die Aufgabe auserkoren war, die Kapitänsrolle zu übernehmen. Außerdem wurde Sven Teutenberg, der einst zu den weltschnellsten Sprintern zählte, während des Jahres zur Equipe geholt.



Pro Tour

Das Debüt bei einem PT-Wettbewerb sollte nach den Planungen der Verantwortlichen zum Saisonhighlight werden. Leider aber gelang es dem Team nur relativ wenig, sich entsprechend bei der Deutschland-Tour in Szene zu setzen. Teutenberg griff bei keiner Etappe in die Entscheidung ein. Es machte sich bemerkbar, dass er mehrere Jahre nicht mehr im direkten Wettbewerb mit den schnellsten Fahrern der Zunft stand. Bester Fahrer der Mannschaft wurde im Klassement erwartungsgemäß Glomser als 31. Angesichts der Konkurrenz und Blessuren ist dieses Resultat nicht schlecht, allerdings wird man in Anbetracht seiner vergangenen Leistungen mehr erhofft haben.

 

Während der Tour gelang es Matzbacher, auf sich aufmerksam zu machen. Bei der zweiten Etappe schloss er sich mit Antton Luengo zu einem Ausreißerduo zusammen. Sie fuhren 140 Kilometer an der Spitze, ernteten den verdienten Ertrag ihrer Bemühungen aber nicht, da beide eingeholt wurden. Allerdings war es richtig, dieses Unterfangen einfach mal zu probieren. Einige Beispiele in dieser Saison haben gezeigt, dass man auch als Professional Team den PT-Formationen einen Strich durch die Rechnung machen kann. Mit einem Schlage hätte die Jahresbilanz qualitativ aufgewertet werden können, wenn Matzbacher ein größerer Erfolg beschieden gewesen wäre.

 

Neben den drei genannten Fahrern wurden Christoph Girschweiler, Pascal Hungerbühler, Patrick Riedesser, Harald Morscher und Werner Riebenbauer aufgeboten. Keinem von ihnen gelang es, während des Etappenrennens einen Top Ten Tagesrang einzufahren.

 

Die zweite Teilnahme beim Klassiker Züri-Metzgete wurde offensichtlich durch die Beschäftigung der Eidgenossen Hungerbühler und Gregor Gut im Trikot der Vorarlberger möglich. Dem Anschein nach wollte der Veranstalter möglichst vielen Landsleuten die Chance geben, sich in der Heimat zu präsentieren. Beide hatten mit den anderen Startern aus ihrem Rennstall (Morscher, Glomser, Girschweiler, Matzbacher sowie Josef Benetseder und Fraser McMaster) hinterher gemeinsam, dass sie das Ziel nicht erreichten.

*Hungerbühler
**Glomser


Outside Pro Tour

*** Riebenbauer in Rheinland-Pfalz

Bis Ende April sollte es dauern, dass die Mannschaft erstmals auf einem Podium mit einem Fahrer vertreten war. Routinier Riebenbauer erreichte bei der vierten Etappe der Rheinland-Pfalz Rundfahrt (2.1) den dritten Rang, als er sich im Sprint des Hauptfeldes in Koblenz der Doppelwaffe Greipel und Pollack von T-Mobile geschlagen geben musste.

 

 

 



Bei der Österreich-Rundfahrt (2.HC), setzte sich bei der Auftaktetappe neuerlich Riebenbauer in Szene und belegte wieder den dritten Rang. Ansonsten blieben die Akteure weit hinter den Erwartungen beim eigentlichen zweiten Höhepunkt der Saison zurück. Der Delegation von ELK Haus unterlagen sie deutlich, die ihrerseits einen Tagessieg sowie den dritten und vierten Platz in der Gesamtwertung einstrichen.

 

Glomser, 2003 Gewinner dieser Tour, kam über den achten Rang im Endklassement nicht hinaus. Mit diesem Resultat blieb er im Rahmen seiner Möglichkeiten. Durch Verletzungen und gesundheitliche Einschränkungen gehandicapt, konnte er nicht entscheidend in den Kampf um den Gesamtsieg eingreifen. Unter diesem Aspekt ist das Abschneiden als respektabel zu bezeichnen. Ein anderer Stallgefährte konnte jedoch nicht den Taktstab schwingen, um Glomser gleichwertig zu ersetzen. Selbst einen Trostpreis in Form eines Erfolgs in der Punkt- oder Bergwertung wurde nicht verbucht. Diese Veranstaltung geht in die Annalen als misslungene Eigenwerbung ein.

*** Gerrit Glomser bei RuK


*** Mc Master

Zuvor bei der Friedensfahrt (2.HC) hatte sich Glomser besser in Szene gesetzt. Seine Bemühungen mündeten bei der siebten Etappe in einen vierten Rang. Allerdings passierte ihm bei dieser Rundfahrt ein Malheur, als er einem Begrenzungsposten nicht mehr ausweichen konnte. Er haderte in der Saison mit seinem Schicksal, wohl auch, weil er nicht für die WM in Salzburg nominiert wurde. Der Neuseeländer McMaster nutzte diese Friedensfahrt zu einer Formüberprüfung. Er belegte den fünften Platz bei der sechsten Etappe.



Spät in der Saison – in Hinblick auf die Teilnahme an der Deutschland-Tour – wurde Teutenberg dem Kader hinzugefügt. Der Düsseldorfer sicherte sich bei einem seiner ersten Einsätze den fünften Platz bei Veenendaal-Veenendaal (1.HC).

 

Morscher gelang das beste Ergebnis eines Teamfahrers bei einem Eintagesrennen. Bei "Rund um die Nürnberger Altstadt" (1.1) erreichte er im Sprint den dritten Rang.

 

Da die Menge an vorderen Platzierungen, wenn man die ersten fünf Ränge als Maßstab nimmt, überschaubar bleibt, werden einige weitere Rennergebnisse aufgelistet, die bei anderen Mannschaften bar einer Erwähnung blieben.

 

Zu den Fahrern, die öfter von sich reden machten, zählte Hungerbühler. Die Bayern-Rundfahrt (2.HC) beendete er als Zehnter, während er den achten Platz beim GP Kanton Aargau-Gippingen (1.HC) erreichte.

 

Der andere Heimkehrer, Matzbacher, machte mit zehnten Plätzen in Deutschland auf sich aufmerksam. Der eine kam bei Rund um Köln (1.1) zustande, den anderen erzielte er beim GP Schwarzwald-Triberg (1.1).

*** Matzbacher


Nationale Meisterschaften

Bei den Meisterschaften in Österreich schien die Equipe aussichtsreich im Kampf um den Sieg im Straßenrennen zu sein. Jedenfalls konnte man - verglichen mit den österreichischen Profis der PT Teams - mehrere Fahrer entsenden. Das hatte zur Folge, dass ELK Haus und Volksbank Vorarlberg zahlenmäßig die Oberhand hatten, da sie komplette Mannschaften entsandten. Nach Beendigung des Rennens hatte man zwar die Fahrer von ELK Haus übertroffen, aber Morscher wurde "nur" Zweiter. Der lachende Dritte sollte Bernhard Kohl sein, der sich trotz der angesprochenen Benachteiligung durchsetzte.



Zwischen die Speichen gesehen…

Anhand der Aufzählung der Resultate erkennt man, dass es nicht doll war, was das Team im abgelaufenen Jahr erreichte. Die Verpflichtungen von Glomser, Matzbacher und Teutenberg ließen sich nicht in Podestplätze ummünzen. Kein Sieg wurde gefeiert, und nur drei Treppchenränge gingen auf die Konten der Fahrer. Selbst das Minimalziel, in der Saison besser als ELK Haus abzuschneiden, wurde verfehlt.

 

Eine dezidierte Analyse, in welchem Segment die Equipe am besten war, muss ausbleiben, da sie nur wenig aussagekräftig wäre. In der UCI Mannschaftswertung landete man abgeschlagen auf dem 66. Rang. Der beste Akteur der Mannschaft war Morscher, der 281. in der UCI Europe Rangliste wurde. Glomser blieb gar nur der 700. Platz. Zwischen den beiden fanden sich aber noch Riebenbauer (358.), Teutenberg (578.) und Hungerbühler (682.) ein. In der UCI Oceania schnitt Riebenbauer in Relation zu dem Resultat in Europa erfolgreicher ab. Auf Rang 31 ist er in dieser Wertung zu finden.

*** Rund um Köln


Top Acht

Morscher – Riebenbauer – Glomser – Teutenberg – Hungerbühler – McMaster – Matzbacher - Anastopoulos

 

Morscher: Er besetzte bei einem Eintagesrennen den dritten Rang und landete somit als einer von zwei Akteuren des Teams auf einem Podest. Zudem wurde er Zweiter bei den nationalen Meisterschaften.

Riebenbauer: Ihm gelangen zwei dritte Etappenränge. Er verkaufte sich bei mehreren Veranstaltungen teuer.

Glomser: Gerrit blieb verletzungsbedingt hinter den Erwartungen. Man muss ihm mehr als den achten Platz bei der Österreich-Rundfahrt und den 31. Rang bei der Deutschland-Tour zutrauen.

Teutenberg: Bei Veenendaal-Veenendaal blitzte alte Klasse wieder auf, aber zu mehr reichte es nicht.

Hungerbühler: Selten zeigte er, dass er zu mehr im Stande ist.

McMaster: Er zeigte sich kurz bei der Friedensfahrt.

Matzbacher: Zumindest bot er bei der Deutschland-Tour eine bravouröse Leistung. Sein Fluchtversuch blieb aber nur eine Episode in der Saison

Anastopoulos: Der Grieche komplettiert die Top Acht. Warum? Er findet sich als sechster Teamfahrer in der UCI Europe auf Platz 713 ein.

*** Anastopoulos


Ausblick

Das Gelbe vom Ei war es nicht, was die Teamakteure in der vergangen Saison aufboten, wenn man die Resultate als Bemessungsgrundlage nimmt. Das schrie schon förmlich nach personellen Konsequenzen. So gingen die zwei "Exoten" der Mannschaft, McMaster und Vasilis Anastopoulos von Bord.

 

Man hofft nun, dass ein weiterer Heimkehrer - Gerhard Trampusch - besser einschlägt als Glomser 2006. Womöglich wirkt sich die Anwesenheit von Trampusch positiv auf den Protagonisten und bisherigen Kapitän der Mannschaft Glomser aus, dem in entscheidenden Situationen eventuell ein starker Mitstreiter und Helfer fehlte. Positive Effekte erhofft man sich auch von der Verpflichtung des polnischen Straßenmeisters Mariusz Witecki.

 

Aus der Schweiz stoßen der Neo Simon Schärer und Florian Stalder, der aus der Liquidationsmasse von Phonak kommt, zur Equipe. Vielleicht spekuliert man durch die Verpflichtung der beiden Helvetier auf einen Start bei einer der beiden PT-Rundfahrten beim Nachbarstaat, da ja kein eidgenössisches Team der PT mehr angehört bzw. auch kein helvetischer Rennstall als Professional Team (wenn man von den mit obligatorischen Teams absieht, die sich aus juristischer Sicht um eine Lizenz in der Schweiz beworben haben) startet. Heimkehrer René Weissinger war in seinem Zwischenjahr bei Skil-Shimano recht erfolgreich und so hofft man, dass der Deutsche seine Erfolgsbilanz nahtlos fortsetzt.

* Trampusch
** Weissinger
* Schärer


Kritisch muss man anmerken, dass diese Aufrüstung nötig wurde. Nach der Papierform glaubte man bereits 2006 stärker zu sein – zumindest schien man der inländischen Konkurrenz überlegen. Das drückte sich jedoch nicht in den Ergebnissen aus. Die mageren Resultate konnten durchaus zum Bumerang werden, da interessierte Organisatoren von der Gewährung einer Wildcard Abstand hätten nehmen können. Die Veranstalter der Tour de Suisse ließen sich nicht schrecken. Sie stellten dem Team aus dem Nachbarland eine Wildcard zu. Das bedeutet Zuversicht, vielleicht ist das auch Ansporn für die Teammitglieder, es besser zu machen. Ob es jedoch aus Imagegründen richtig wäre, Jörg Jaksche zu verpflichten, der ob seiner möglichen Verstrickungen in die Fuentes-Affäre nicht frei von Verdächtigungen ist, sei dahingestellt. Eine derartige Transaktion könnte auch eine abschreckende Wirkung haben.

 

Sollte sich generell Ende 2007 die Situation nicht verbessert haben, kann der Aufstieg in die Professional Teams Klasse – kurzfristig betrachtet – kaum noch als geglückt bezeichnet werden. Dann muss man auf lange sicht darauf setzen, dass die jungen Burschen es besser machen…


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