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Saisonbilanz Miche 2006

von Steamboat, Dezember 2006

&copy Fotos: * capture-the-peloton.com, ** velo-photos.com



Miche ist einer der kleineren italienischen Rennställe. Knapp ein Dutzend Akteure versammelten sich zu Saisonbeginn um den Teammanager Marco Tozzi, der vom Sportdirektor Todor Kolev Dzhabarski unterstützt wurde und auch in Zukunft an Bord sein wird. Hauptsächlich beschäftigte Miche in der Saison 2006 Italiener. Eine Fraktion von vier Polen füllte den Kader neben einem Dänen, einem Usbeken und einem Argentinier auf. Damit deutete man an, dass man neben den Wettbewerben in Italien, auch im osteuropäischen Markt ein Standbein errichten wollte.

Die Struktur der Mannschaft war im Großen und Ganzen auf eine zentrale Person ausgerichtet. Der Erfolg von Miche war eng mit dem Leistungsvermögen von Przemyslaw Niemiec verbunden. Neben ihm hatten sich vor allem Bo Hamburger und Mauro Gerosa bereits einen Namen im Radsport gemacht, dennoch galt das Interesse dem Polen. Diese Strategie trug 2005 bereits einige Früchte. Er gewann die Slowenien-Tour und war auch bei einer Etappe des Giro del Trentino erfolgreich. Daneben schaffte er weitere bemerkenswerte Platzierungen.

Eine derartige Strategie bringt Vor- und Nachteile mit sich. Auf der einen Seite bedeutet eine eindeutige Leaderfigur, dass das Team sich klar ausrichten kann und es zu wenigen Komplikationen hinsichtlich der Zuordnung und der Rangordnung kommt. Andererseits bringt eine entsprechende Ausrichtung einige negative Punkte mit sich. Bei Misserfolgen des 'Häuptlings' bleibt den Domestiken die Alibifunktion, alles für den Chef getan zu haben. Außerdem behindert eine Taktik wie diese die Stallgefährten in dem Bestreben, selber Verantwortung zu übernehmen.

Ein anderes Problem dieser Equipe bestand aber auch darin, sich für die PT-Veranstalter interessant zu machen. Der italienische Markt ist ein recht enger, der einer Mannschaft wie Miche nicht viel Platz zur Entwicklung und zur Verwirklichung eigener Vorstellungen gewährt. Mit der Erteilung einer Wildcard an ein Team, das sich auf einen polnischen Kapitän ausrichtet, tun sich die italienischen Organisatoren eher schwer, wenn Alternativen vorhanden sind. Inwiefern ein Rennstall unter solchen Voraussetzungen auf Dauer existenzfähig bleiben kann, hängt dann doch sehr mit den Erfolgen zusammen, die die Mitglieder einfahren.



Pro Tour

** Slawomir Kohut bei der Bayern-Rundfahrt

Der Saisonhöhepunkt des Rennstalls lag zeitlich sehr nahe am Ende der Saison. Wie 2006 durfte Miche bei der Polen-Tour starten. Es machte sich bezahlt, dass man nicht nur auf die Karte "italienische PT" setzte, sondern sich eine Ausweichoption offen hielt.

Als Ziel galt natürlich ein einstelliger Platz im Klassement oder gar ein Tagessieg. Besonders Niemiec stand unter Beobachtung. Ihm war es in der Saison mehrfach gelungen, auf sich aufmerksam zu machen. Daher waren die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden recht groß.

Bei der Rundfahrt konnte er trotz eines respektablen fünften Ranges bei der Abschlussetappe, einer Bergankunft, die in ihn gesetzten Erwartungen nur ansatzweise erfüllen. Er belegte als bester Fahrer seines Rennstalls den 19. Platz im Klassement. Andere Akteure von Miche nutzten nicht die Gelegenheit, sich durch ein starkes Tagesergebnis zu empfehlen. Der Teamerfolg stand und fiel oft mit Niemiec. Das machte auch die Polen-Rundfahrt unmissverständlich deutlich, daran änderten seine Unterstützer Slawomir und Seweryn Kohut, Arkadiusz Wojtas, Giuseppe Di Grande, Pasquale Muto, Eddy Serri und Leonardo Caneschi nichts.



Outside Pro Tour

* Niemiec

Eines vorweg: Es waren nicht viele Podestränge, auf die die Miche-Fahrer 2006 zurückblicken können. Von Siegen fast ganz zu schweigen. Deswegen ein kleiner Auszug aus den nicht sehr zahlreichen positiven Resultaten.

Niemiec sorgte für den ersten Glanzpunkt im neuen Jahr. Beim Giro di Toscana (1.1) sorgte er für die einzigen Sieg der Formation bei einem Eintagesrennen. Er rettete einen kleinen Vorsprung vor Giuliano Figueras ins Ziel. Einen anderen achtbaren Erfolg trug er bei der Route du Sud (2.1) in Frankreich davon. Das Bergzeitfahren gewann er deutlich vor der Konkurrenz. Dadurch rückte er im Schlussklassement der Rundfahrt schließlich auf den vierten Platz vor.

Weiterhin sorgte er für andere passable Ergebnisse:

Eine entscheidende Etappe der Slowenien-Tour (2.1) war die dritte. Niemiec errang hierbei den dritten Platz, der gleichbedeutend mit dem dritten Rang in der Gesamtwertung dieser Rundfahrt war. Außerdem kam auch noch ein vierter Etappenrang hinzu. Bei der Brixia-Tour (2.1) beendete er die zweite Halbetappe des dritten Austragungstages immerhin auf dem zweiten Rang. Beim Giro d'Oro (1.1) hingegen kam er über den fünften Rang nicht hinaus.

Muto konnte ebenso für positive Nachrichten sorgen. Er erreichte bei der fünften Etappe der Friedensfahrt einen erfreulichen dritten Platz. Bei der Trofeo Matteotti (1.1) war er nahe am Sieg dran. Dort machte ihm Ruslan Pidgornyy einen Strich durch die Rechnung, als beide die Ziellinie ansteuerten. Sie hatten sich zuvor von einer Spitzengruppe abgesetzt, in der auch der steckte. Der Skandinavier Hamburger erreichte bei diesem Event den fünften Platz.

Serri griff zwar nicht nach den Sternen, aber er hatte gute Chancen, die Trofeo Citta di Castelfidardo (1.1) zu gewinnen. Dass es nicht dazu kam, lag an Paolo Bossoni und Alessandro Bertolini, die noch schneller waren. Der dritte Platz ist aber nicht zu verachten.

Im Herbst beim Giro dell'Emilia (1.HC) gelang Di Grande, der erst im Juni zu Miche kam, noch mal ein erwähnenswertes Resultat und eine gute Leistung. Dieses prestigeträchtige Rennen beendete er hinter den beiden Topfahrern Davide Rebellin und Danilo Di Luca auf dem dritten Rang.

Kein Ergebnis auf dem Treppchen war folgenden Akteuren vorbehalten: Antonio D´Aniello, Gerosa und Slawomir Kohut. Dennoch fuhren sie einige akzeptable Ergebnisse ein. D'Aniello sorgte mit zwei vierten Etappenrängen bei der Mittelmeer-Rundfahrt (2.HC) und beim Giro del Trentino (2.1) für zwei erinnerungswürdige Resultate. Bei der Course de la Solidarité Olympique (2.1) in Polen gelang ihm ein fünfter Rang nach der sechsten Etappe, wo der jüngere der Kohut-Brüder immerhin den vierten Platz im Klassement schaffte. <n>Gerosa seinerseits musste sich mit einem vierten Rang beim vierten Abschnitt der Internationalen Bayern-Rundfahrt (2.HC) begnügen.



** Antonio D'Aniello


Zwischen die Speichen gesehen…

Die Betrachtung der Saison kann unterschiedlich ausfallen. Fans und Funktionäre der Equipe können sich ob der Erfolge der kleinen Mannschaft eventuell freuen, weil bei dem vorhandenen Potential vielleicht schon das Optimale erreicht wurde...

Eine objektive Beurteilung fällt da schon anders aus. Hier gelten identische Maßstäbe wie bei den anderen Rennställen auch. Sicherlich sind vier Podestplätze nach Eintagesrennen nicht zu verachten (auch wenn es nur zu einem Sieg reichte). Demgegenüber steht nur ein dritter Gesamtplatz bei den Rundfahrten. Bei den Etappen gelangen neben einem Sieg drei dritte Ränge. Insgesamt ist diese Sammlung von Podestplätzen als dürftig zu bezeichnen.

Das spiegelt sich auch in der UCI-Mannschaftswertung wieder, wo Miche den 38. Platz belegte und in den Niederungen der Continental Teams verschwand. Auch bei ihrer einzigen PT-Teilnahme konnte die Delegation von Miche keine Bäume ausreißen.

Niemiec unterstrich in der UCI Europe seine teaminterne Ausnahmestellung. Er landete auf dem 32. Platz. Muto kam auf den 267. Rang, während D'Aniello auf dem 442. Rang zu finden ist. Außerdem konnte sich auch Serri (477.) unter den ersten 500 Fahrern platzieren.



** Arkadiusz Wojtas


Top Acht

Niemiec – Muto – Di Grande – Serri – D'Aniello – Sl. Kohut – Gerosa – Hamburger

Niemiec: Die zwei Saisonsiege gingen auf sein Konto. Er konnte sich ordentlich austoben und Werbung in eigener Sache betreiben. Allerdings sollte er überlegen, ob ein kleines Team wie Miche das Nonplusultra für ihn sein kann

Muto: Dem Italiener ist es bei der Trofeo Matteotti gelungen, etwas aus dem Schatten von Niemiec hervorzutreten. Auf ihn sollte man in Zukunft achten.

Di Grande: Bei einem Herbstklassiker glückte ihm ein gutes Resultat.

Serri: Auch er nutzte mal die Gelegenheit, einen Podiumsrang nach einem Eintagesrennen zu erreichen.

D'Aniello: Auf das Podium kam er nicht, aber er stand einige Male sehr nahe vor dem Treppchen.

Sl. Kohut: Nach einer Rundfahrt in seiner Heimat blieb ihm der Gang zum Abschlusspodium verwehrt.

Gerosa: Auch ihm blieb einmal nur der undankbare vierte Platz

Hamburger: Er konnte einige gute Ergebnisse erzielen, ohne dabei Glanzlichter zu setzen.

Keine Berücksichtigung fand:

Borrajo: Der Südamerikaner blieb völlig unauffällig.

* Hamburger
* Gerosa


Ausblick

Für 2007 ändert sich an der Ausgangslage nicht viel. Weiterhin wird Niemiec die Person sein, um die sich alles dreht. Das Umfeld hat sich allerdings geändert. Die Kohut-Brüder sind aus dem Kader verschwunden, ebenso wird man auch Gerosa, Wojtas oder Hamburger vermissen. Auch D'Aniello hat sich verabschiedet - Richtung Cermaica Flaminia. Künftig werden Massimo Giunti, Krzysztof Szczawinski, Mariano Giallorenzo und Lorenzo Cardellini als erfahrene Kräfte dem Team zur Verfügung stehen.

Wenn sich das Rennsportgeschehen und die Struktur der Belle Etage nicht grundlegend bis zum Saisonbeginn ändern sollte, werden Zielsetzungen und Teilnahmen an PT-Rennen denen von 2006 entsprechen. Also, Start bei der Polen-Tour, einige Achtungserfolge etc. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten können die Schützlinge des Teams sicherlich mehr ausrichten, als es in der vergangenen Saison der Fall war. Darauf darf man gespannt sein.

Allerdings mangelte es an einem Emporkömmling, der Miche ein Profil neben der Figur Niemiec verleiht. Bezeichnend, dass man ohne weiteren Sieg blieb. Der Mannschaft sollte aber daran gelegen sein, sich stärker in Szene setzen zu können, da man ansonsten in Anbetracht der inländischen Konkurrenz in Vergessenheit geraten könnte. Und wenn man ehrlich ist, ist Niemiec bis dato sicherlich ein ambitionierter Fahrer mit einigen Erfolgen. Aber der ganz große Wurf war noch nicht dabei… und an dem muss sich das Team messen lassen, will es in dem Wust an Rennställen auf Dauer bestehen - auch wenn derart kleine Rennställe einen sehr sympathischen Charme entwickeln.


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