Wer ist eigentlich der größte Verlierer der Saison aus spanischer Sicht? Man könnte auf Manolo Saiz kommen, da er seinen Rennbetrieb – wie wir jetzt wissen – vorübergehend einstellen musste. Vielleicht würde die Wahl auf die Equipe von Comunidad Valenciana fallen, die sich zu Saisonbeginn glücklich schätzte, Wildcards für Vuelta und Tour zu bekommen und dann - im Zuge der Fuentes-Affäre - beide verlor und letztlich aus dem Peloton verschwand. Aber muss man jemanden bejammern, der sich vom Verdacht des systematischen Dopings bisher nicht wirklich freisprechen konnte?
"Nach der Pro Tour und vor Fuentes" hatte sich aber das eigentliche Debakel vollzogen. In Spanien wurden wie üblich von der Vuelta zwei Tickets vergeben. Kaiku machte sich nach einigen Erfolgen und akzeptablen Resultaten berechtigte Hoffnungen, eine der begehrten Wildcards zu bekommen. Allerdings gab es einige Nebenbuhler, wenn man mal von der Mannschaft von Comunidad Valenciana absieht, die schon ob ihrer Tradition und gutem Abschneiden bei der Vuelta 2005 kaum übergangen werden konnte.
Allerdings setzten die Rundfahrtorganisatoren ganz auf die Karte "Tradition" und offenkundig auf alte Verbundenheiten. Deshalb erhielt das eher farblose Team von Relax-GAM eine Startberechtigung, während Kaiku nebst Andalucia-Paul Versan und 3 Molinos Resort leer ausgingen. Man kann die Bevorzugung von Relax getrost als Benachteiligung für Kaiku werten, die sich 2005 und 2006 redlich mühten, sportliche Akzente zu setzen, während Relax eher durch Unscheinbarkeit auffiel. Es wird ebenso kolportiert, dass Relax als ehemaliger Mitveranstalter der Vuelta bei "Laune gehalten" und nicht als potentieller Rennsponsor verprellt werden sollte. Damit waren also sportliche Erfolge unbedeutend. Vielleicht gefiel den Organisatoren aber auch das gewöhnungsbedürftige rosa-graue Kaiku-Outfit nicht.
Dadurch waren die Teilnahmen an der Volta a Catalunya und an der Baskenland-Rundfahrt sowie an der Klasika San Sebastian die Höhepunkte im Kalender. Dem Sponsor, sonst beschäftigt in Sachen Milchwaren, war das nach zweijährigem Engagement zu wenig. Er kündigte bereits früh im Jahr bei der Teampräsentation an, das Sponsoring zum Saisonende einzustellen- falls keine Einladung zur Vuelta erfolge.
Daran änderte auch die Aussicht nichts, dass 2007 die Karten neu gemischt werden könnten. Der Rennstall Comunidad Valenciana wurde infolge der Verwicklungen in die Fuentes-Story aufgelöst, und der Auftritt von Relax-GAM bei der Vuelta muss als so schwach bezeichnet werden, dass man sich kaum noch vorstellen kann, dass jemand diese Equipe 2007 ohne einschneidende Modifikationen wieder an den Start bitten möchte.
Zudem blieb der Ausschluss von Comunidad Valenciana von der Vuelta wirkungslos, d.h. es wurde kein anderer Rennstall gebeten, eine Delegation zu entsenden. Man kann diese Haltung des Veranstalters ruhig als Skandal titulieren, wenngleich auch Kaiku nicht frei von Verdächtigungen schien. Da die Bereitschaft, sich im spanischen Radrennsport als Geldgeber nach den Enthüllungen in Sachen Doping zu betätigen, ohnehin gesunken ist, trug die Vorgehensweise der Vuelta-Leitung nicht zur Linderung bei, da ein Ticket eventuell dem Kaiku-Rennstall das Überleben zugesichert hätte. Demzufolge hat sich die Zahl der spanischen Professional Teams von fünf auf drei reduziert, wobei – sollte die Vuelta 2007 nach den PT-Statuten veranstaltet werden - sich ausrechnen ließe, das kaum eine andere Mannschaft dem bisherigen Kaiku-Team das Ticket streitig machen könnte.
Dennoch, Kaiku gibt es 2007 definitiv nicht mehr, das wurde bereits nach der Präsentation der Mannschaft 2006 bekannt.
Die Mühen, die sich Carlos Castano, Ricardo Serrano, Pablo Urtasun und Jon Bru stellvertretend und federführend für den Rennstall gemacht haben, mündeten in den Fällen einiger Akteure in neue Anstellungen bei anderen Teams - nicht selten auch bei PT-Mannschaften, für den Geldgeber im Aus.
Die Organisatoren der Vuelta, die Relax-GAM dem baskischen Rennstall vorzogen, wurden für ihre Entscheidung auf sportlichem Wege jedoch mehr als nur einmal abgewatscht. Und sich auf diese Art - nämlich im Rennen - für eine erlittene Schmach zu revanchieren, verdient sicherlich Respekt.