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Tour d'Energie von den Terrassen 2006

von Raktajino, 29.04.2006



 

Hallo, ich bins - die Henninger-Versagerin vom letzten Jahr!

Was ich hier in der Abteilung "Selberfahrten" mache? Nun, ich hab es wieder getan: eine Selberfahrt! Diesmal ohne Absteigen und mit Zieldurchlauf. Wie das, fragt ihr? Mit Training, meine Lieben! Ich habe das Prinzip von "Trainieren und besser werden" nun auch richtig für mich entdeckt. So folget mir auf meinem beschwerlichen Weg ins Ziel der Tour d'Energie von den Terrassen 2006!



Der Plan war...

...ein zweites Mal den Henninger zu fahren. Da die fähigen Organisatoren die Strecke jedoch auf 100km verlängerten und den Mindestschnitt bis km 61 auf 28 km/h anhoben, zog ich für mich den einzig richtigen Schluss: nicht mitfahren! So konnte ich dieses Jahr leider noch keine Rache am Rennen üben... Die Rechnung wird um ein weiteres Jahr offen bleiben müssen.



Stattdessen...

...bot sich das Jedermann-Rennen der Niedersachsen-Rundfahrt so sehr an, dass ich nicht widerstehen konnte. Eine Probefahrt mit Stephan und Sven zwei Wochen vor Renntermin beseitigte dann auch alle meine Befürchtungen, sodass ich mich zum Rennen anmelden konnte mit der Gewissheit: ich würde am Hohen Hagen nicht absteigen müssen!

 

Der Tag des Rennens begann mit Regen. Man traut es sich gar nicht zu sagen, aber - ich hab mich drüber gefreut! Sengende Hitze, Wasserknappheit und das Gefühl, man wäre ein hilfloses Spiegelei in der unbarmherzigen Teflonpfanne - all das wurde auf einen Schlag ausgeschlossen. Sehr gut. So also in zwei Trikots und 3/4-Hose mit Stephan eine kurze Runde zum Aufwärmen: den Nikolausberg in Göttingen herunterrollen, wieder hochfahren und sich danach über die nassen Klamotten ärgern.



Mehr frierend als warmgefahren...

Am Start waren wir noch alle beisammen

...kam ich am Start an. Angst und Panik inklusive. Diese verstärkten sich, als ich den Anschluss zu Stephan und Sven schon in der neutralen Zone () verpasste. Dem folgte die erste, relativ flache Steigung. Man möchte sich an so etwas gar nicht zurückerinnern. Nein, nein. Wie viele Fahrer mich überholt haben, kann ich nicht genau sagen. Es waren circa vier gefühlte Startblöcke, inklusive langsamer, dicklicher Herren und Trekkingrad-fahrender Damen. Irgendwie frustrierend.

Der kleine Stich in Meensen war die erste Stelle, die Spaß gemacht hat: denn ich war ausnahmsweise nicht die langsamste im Feld. Ein Lob auf meine neue Kompaktkurbel!



Die Strecke bis zum Brahmwald verlief ganz gut, ich hielt mich in kleinen Gruppen auf und schmarotzte ausgiebig im Windschatten eines Fahrers mit Schrank-Statur. Als ich mich revanchieren wollte, konnte er mir nicht folgen. Schade...



Der etwa 5km lange Anstieg im Brahmwald war Balsam für die Seele.

"Die kommen alle wieder" - wie sehr sich dieser Spruch bewahrheitet! Viele derer, die mich vorher überholt hatten, klebten nun an der Steigung und sahen alles andere als glücklich aus. Ich fuhr nebem einem Fahrer mit schicken hellblauen Reifen in die Steigung hinein und blieb die ganze Zeit neben, vor oder hinter ihm. Zusammen äh rollten wir das Feld von hinten auf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hat unglaublich viel Spaß gemacht. Ein Jüngelchen versuchte sich in kurzen Bergsprints, wodurch er einige Male an uns vorbei schoss, irgendwann langsamer wurde und dann wieder hinter uns zurück fiel. Sah irgendwie stressig aus. Am Ende der Steigung war die Verpflegungsstelle aufgebaut, wo es Bananen und Getränke gab. Ich fühlte mich jedoch zu gut, als dass ich da hätte anhalten wollen und fuhr weiter. Ich kramte mein am Vortag gekauftes Powergel heraus (es war das erste, welches ich je zu mir nahm), riss den Schnipsel ab und wusste erst gar nicht, wie ich mit dem Zeug umgehen sollte. Runterschlucken? Im Mund mit Wasser verdünnen? Ich entschied mich für ersteres, steckte das klebrige Tütchen wieder in die Trikottasche und setzte die Trinkflasche an. Da fuhr ein Alter, ein richtig Alter, ein Alter, der ganz sicher immer mit weißen Socken fährt, an mir vorbei, hob den Daumen und sagte: "Super Fahrstil!" Oh, wie fühlte ich mich geehrt! Mit Powergelresten zwischen den Zähnen und Honig ums Maul begab ich mich in die Abfahrt.



Unspektakulär...

...verstrichen die nächsten Kilometer. "Scheden 5km" - dieses Schild macht mir besonders Spaß, denn bei Scheden hatte ich letztes Jahr gestanden und C4F-Namen auf die Straße geschrieben. Diese überfuhr ich nun auch und konnte sie sogar alle noch lesen. Ein Werk für die Ewigkeit...

Die kurze und knackige Steigung danach konnte ich nutzen, um eine weitere Frau hinter mir zu lassen. Eine der wenigen, die ich nach dem Brahmwald noch gesehen hatte.

So verging die Zeit und irgendwann hörte ich einen Fahrer schräg vor mir zu seinem Teamkollegen sagen: "Da ist schon Dransfeld!" - und prompt nahm ich wohlweislich ein paar Gänge raus. Während der Probefahrt hatte ich gemerkt, wie es sich anfühlt, wenn man mit schmerzenden Beinen in den Hohen Hagen hineinfährt. Ich eierte also so langsam wie möglich auf den Beginn der Steigung zu - eine kleine fiese Rampe.



Der Hohe Hagen...

...hat wohl zwei Stellen mit über fünfzehn Prozent Steigung, sagt das Höhenprofil. Am Anfang und am Ende. Den Anfang bekam ich relativ gut hin. Die vielen Zuschauer sorgten immerhin für gute Stimmung. Das etwas flachere Stück danach machte nicht unbedingt Spaß, aber es tat auch nicht weh. Das letze Steilstück war komplett mit Zuschauern umsäumt. Und vor allem: Oftmals waren es Gruppen von Mädels und Frauen, die, sobald sie sahen, dass ich auch eine war, mich ganz besonders anfeuerten. Das ist genau das, was dieser männerdominierte Sport braucht!

Ganz am Ende des Berges standen radsportfan und zabelfan. Ich hatte sie schon viel eher vermutet und dachte die ganze Zeit: "Wo sind sie denn bloß?" und dachte schon, sie hätten uns Jedermänner als nicht interessant befunden und wären gar nicht da. Umso mehr hab ich mich dann gefreut.

Der letzte Teil der Strecke war größtenteils flach bis abschüssig. Da ich die Befürchtung hatte, meine Durchschnittsgeschwindigkeit wäre unterirdisch und damit peinlich, machte ich nun wie bekloppt Tempo. Rechts tauchte ein "noch 20km"-Schild auf. Noch zwanzig kilometer? Wie unangenehm. Ein paar Meter danach allerdings stand noch ein Schild: "noch 10km". Na bitte, das klingt besser.



Die letzten Kilometer durch die Stadt fuhr ich komplett alleine. Hinter mir war niemand zu sehen. Beunruhigend. Sollte ich tatsächlich die letzte gewesen sein? Nun, zu ändern war es sowieso nicht und so fuhr ich gehetzt weiter, erblickte das Ziel und fuhr zum ersten Mal über eine richtige Ziellinie! Ein erhebendes Gefühl.

Stephan fand ich ziemlich schnell - er war schon seit längerem da. Ich stopfte mir heißhungrig meine beiden Stücke Schokikuchen in den Mund, die ich noch im Trikot hatte. Genau das Richtige nach so einem Rennen.

 

...nach dem Rennen...
(Foto von radsportfan)


Was bleibt, ist ein 29ster Platz in der Frauenwertung und ein Schnitt von 26,97km/h, den man natürlich großzügig auf 27 aufrunden kann.

 


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