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Niniels Tour de Pologne 2005

von Niniel, Januar 2006

 



Oh ja, es wird regnen...

Für meine Chicks und den Kapuzentypen aus Jelenia Góra

 

Hach, die Polenrundfahrt! Gerühmt unter den Fahrern, geliebt von den Chix. Es gibt zwei Dinge, ohne die die TdP unvorstellbar wäre: außergewöhnliche Abenteuer und Regen. Noch in Deutschland fing es an. Sowohl mit Regen, als auch mit Abenteuern.

 

 



Es war der 17. September 2005, ein Freitag.

Ninchen, Momo und ich, früh um 5 im Auto Richtung Sonnenaufgang. Noch war es dunkel, als wir kurz nach Dresden feststellten, dass der Tank leer war. Und da zwischen Dresden und Bautzen absolut nichts ist, fuhren wir von der Autobahn ab, schon in Panik aufgelöst, und schlichen durch die Dörfer, mit verzweifeltem Blick auf die Tankanzeige und mit banger Erwartung des Momentes, an dem alles zu Ende sein würde. Schließlich: Licht in einem Haus. Wir klingelten. Früh um 5 irgendwo im Nirgendwo. Der nette Herr bekam angesichts unserer Lage erst einmal einen Lachkrampf, half uns dann aber weiter. Noch 8 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle, meinte er. 8 grausame Kilometer, die sich endlos hinzogen. Uns war inzwischen einfach nur noch schlecht, und ich fragte mich, welche Tankstelle so blöd sein würde, hier im Nirgendwo früh um 5 geöffnet zu haben... Und dann: grüne Leuchtschrift. Licht. Zivilisation. Unsere Rettung. Unser Auto machte einen Hüpfer, und unseren beglückten, entzückten Aufschrei muss man bis Görlitz gehört haben... Ich habe sogar ein klein wenig geflennt, weil mein Magen arg unter der mir vom Herzen fallenden Steinlawine gequetscht wurde. Schließlich zurück auf die Autobahn, und was sehen wir drei Kilometer weiter? Eine Tankstelle... So kamen wir über Görlitz nach Polen, wo sich Ninchens „jaja, nach Wroclaw, das geht jetzt schnell“ durch die spontan nicht vorhandene Autobahn schnell als schlicht fehlkalkuliert erwies. Mit Tempo 30 und wachsendem Zeitdruck, gestresst und entnervt wie Tausendfüßler beim Schuheputzen, kamen wir endlich nach Wroclaw.



Für mein Polonistinnenherz eine wahre Freude.

 Schön. Und groß. Zu groß für drei planlose, aufgelöste Chix. Aber kurz bevor die Nerven reißen wollten, tauchte am Horizont ein Fassa-Bus auf, und alles wurde gut. Der Regen ließ nach, und die TdP begrüßte uns mit einer ganz besonderen Überraschung: Das erste, was wir sahen, als wir aus dem Auto steigen, war der Polengnom. Der Polengnom heißt Pawel, ist Fotograf und hatte das Vergnügen, Ninchen und mich die gesamte Hessenrundfahrt über ertragen zu dürfen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, sein Blick war einfach zu herrlich... Diesen Blick sah ich an diesem Morgen noch oft. Zuerst von diversen Intels, obwohl die sich langsam daran gewöhnen, dass ich bei Radrennen wohl zusammen mit dem Startbogen aufgestellt werde. Selbiges bei Frösi, der sich ein bisschen über das Wetter beschwerte und sein wundervoll tussig-rosa Trikot zur Schau stellte. Wenigstens Rene Andrle hatte mich vermisst, aber an den Typen hab ich ja sowieso spätestens seit der D-Tour mein Chickherzchen verloren.



Nach dem Start...

Kalt!

...standen wir noch eine Stunde in Wroclaw, um der hiesigen Bevölkerung ein ganz besonderes Schauspiel zu bieten. Wir hatten für unser Auto eine halbe Tonne TdP-Aufkleber bekommen. Anscheinend rief irgendetwas an uns das Mitleid der Breslauer hervor, jedenfalls boten uns unzählige Leute ihre Hilfe an, während ich zusah, wie sich unser Chickauto in ein schiefbunt beklebtes Etwas verwandelte. Sodann machten wir uns auf nach Szklarska Poreba zum Ziel. Und die TdP hält, was sie verspricht: strömender Regen. Während Ninchen und Momo irgendwie verschollen waren und das Rennen ewig nicht enden wollte, stand ich nass und frierend herum und sah zu, wie das Wasser von oben in meine Schuhe lief. Und was tut ein Nini in einer solchen Situation? Genau: es besinnt sich auf die wichtigen Dinge im Leben und darauf, dass es in Polen ist, und beguckt sich die Jungs von Szklarska Poreba. Direkt auf der anderen Straßenseite hinter der Absperrung stand ein beachtenswertes Wesen der Sorte ‚knubbeliger Slave’, der fortan zur Ablenkung mit meiner eigens erzeugten Chickstrahlung bestrahlt wurde... Dann bekam ich Gesellschaft von einem jungen Herrn, der sich anbot, meinen Regenschirm zu halten und mir Polnisch-Vokabelnachhilfe gab.



Irgendwann gewann Fabi Wegmann dann die Etappe...

...und mit abgestorbenen Füßen, nass bis auf die Knochen und mit heißem CSC-Tee ging es zurück nach Görlitz. Dort suchten wir unsere Jugendherberge und fanden statt dessen ein Schloss. Inzwischen wunderte ich mich über gar nichts mehr... Jedenfalls: es war ein Schloss. Wunderschön. Leer. Irgendwo ein kleines Zimmerchen, darin ein junger Kerl mit langen Haaren und erweitertem Bewusstsein, der uns, nach ein wenig gepflegter Konversation, die Zimmerschlüssel aushändigte. Nachdem wir Cyclist am Bahnhof aufgelesen hatten, fanden wir in meiner Lieblingsgeisterstadt Görlitz eine Pizzeria, aßen, gingen schlafen. Außer den üblichen Geistern ohne Kopf, rasselnden Ketten, heulenden Wölfen und Gespenstern unterm Kopfkissen verlief die Nacht ruhig. Duschen im Burggraben und Frühstück in der Folterkammer, oder so ähnlich.



Und ab nach Piechowice,

sogar die Siegerehrungs-Mädels sind hübscher...

same procedure as last year. Ewige “Hach, wisst ihr noch…”-Seufzer, und “da saß voriges Jahr Xabi!”… „Da hab ich den Bodnar getroffen und bin umgekippt!“ usw... Sozusagen doppeltes Chickvergnügen, das vergangene und das gegenwärtige. Letzteres bestand Walter Beneteau und Konsorten. Und aus Dominik Raza. Wer mich kennt, kennt mein Dominik-Raza-Trauma... An seiner Seite schlenderte übrigens Adek Koper, mein Radsport-Fotografen-Vorbild (von mani mal abgesehen ;) ). Ansonsten eben die üblichen Chick-Aktivitäten, von denen ihr sowieso nichts wissen wollt. Ich möchte nur am Rande erwähnen, dass ich das erste Mal auf einem Rennen mit sowohl Rene Andrle als auch Tomas Konecny war, und es war einfach nur rührend *schnüff*. Mit dem üblichen Regen ging’s nach Karpacz. Die Bilder vom Rennen haben was von Direkt-Berichterstattung aus dem Krieg, und irgendwie fühlten wir uns auch so. Schließlich wurden wir mit der Siegerehrung entschädigt (siehe voriges Jahr – ich liebe TdP-Siegerehrungen!). Mit meinem Held Bartosz Huzarski. Und Frösi. Mit Raupe. Dazu später mehr. An dieser Stelle einen lieben Gruß an den Kameramann, der es für amüsant hielt, uns nasse, frierende Mädels zu filmen, und einen lieben Dank an das Team vom polnischen TV, die diese Szene dann auch noch ausstrahlen mussten... Den Bodnar zu Hause vorm TV wirds gefreut haben... Naja, und als ob das alles nicht schon genug gewesen wäre, muckte unser Chickauto auf. Ich glaube, die Luft da oben in Karpacz bekam ihm nicht so gut. Irgendwann war es dann aber wieder brav. Für uns ging es zurück nach Görlitz zum Pizza-Mann und mit einer Träne im Knopfloch angesichts der Tatsache, dass die Hälfte des Feldes ausgestiegen war, ins Bett.



Und nach einer viel zu kurzen Nacht...

...und einer heißen Dusche brach der letzte Tag der TdP an. Und was für ein Tag! Immerhin ohne Regen, aber tierisch kalt. Start der ersten Halbetappe war in Jelenia Góra, und hier hüpften wir den Morgen um Pfützen und froren mit den Fahrern um die Wette. Ich hörte irgendwann auf zu frieren, ich war nämlich abgelenkt von einem jungen Typen in schwarzer Kapuzenjacke, der bei einem der Ordner stand (der auch höchstens 22 war). Wie auch immer, nachdem Ninchen und ich zum dritten Mal an ihm vorbeikamen und in sittlicher Entfernung stehenblieben, um ihn näher anzugucken, wurde es doch leicht auffällig... Übrigens, nur zu Erklärung: er hatte eine nicht geringe Ähnlichkeit mit dem Bodnar... Es war jedenfalls ein sehr romantischer Morgen, und schweren Herzens trennte ich mich, um zum Start zu gehen und noch ein paar frierende Hasis zu fotografieren. Auf dem Weg nach Karpacz überholten wir Piotr Wadecki, der wohl auch keine Lust mehr gehabt hatte. Nach dem Ziel der ersten Halbetappe blieben wir in Karpacz, um am Berg Fotos vom Einzelzeitfahren zu machen. Die ewig lange Wartezeit nutze ich, um mein Frieren mit Rumningeln zu übertönen, denn Wehmut hatte mein Chickherzchen erfasst, dass ich den Kapuzenmenschen nie wieder sehen würde, und dass wir ja hinunter nach Jelenia Góra fahren könnten, wo er gewiss noch immer stand...

typisch polnische Radrennen - außer der Sonne...


Nun, wir standen, warteten...

Frösi und seine geliebte Raupe

...laberten ein wenig mit den Zuschauern und froren. Die einzige, die nicht fror, war Ninchens Kamera, auf deren Display sowas wie „Bitte ausschalten, Betriebstemperatur zu hoch“ stand. Ich sag ja, die Luft von Karpacz... Naja. Irgendwann stand ich gerade neben Ninchen, als sich eine Horde jugendlicher Lärmbolzen näherte. Ich wollte mir gerade bewusst werden, dass der eine Typ aber doch ziemlich schöne Augen hat, als er eben in diesem Augenblick auf mich zukommt und mich anlabert. Irgendwie war ich damit wohl leicht überfordert, jedenfalls ließen mich meine nicht vorhandenen Polnischkenntnisse im Stich und viel mehr als dass ich kein Polnisch kann, bekam ich nicht artikuliert. Erst als Ninchen eine Bemerkung zu seinen Augen, die den Bodnar-Augen nicht unähnlich seien, machte, fiel es mir wie Schuppen von den eigenen Glotzerchen: das ist der Kerl von heute früh! Der Kapuzenmensch aus Jelenia Góra! Irgendwie benebelt und ungläubig sah ich zu, wie die Jungs sich in unserer Nähe niederließen, und bis heute bleibt es mir ein Rätsel, wie und wieso und wozu die überhaupt nach Karpacz gekommen sind und warum ausgerechnet an jene Stelle... Aber, um es kurz zu machen: Wir konzentrierten uns auf die Arbeit, machten artig Fotos, verabschiedeten uns von den Fahrern, die, brav winkend, den Berg wieder herunterfuhren und genossen schließlich die letzte Siegerehrung, bei der Frösi seine geliebte Kuschel-Raupe entgültig in die Arme schließen konnte, für die er sein pinkrosa Trikot so heldenhaft verteidigt hatte.



Mit Wehmut nahmen wir Abschied...

...vom Polengnom, von Karpacz, von der Tour de Pologne, und fuhren im Sonnenuntergang zurück Richtung Deutschland, vorbei an einer brennenden Scheune, wurden von einem winkenden Frösi überholt und an der Grenze vom Gerolsteiner-Bus, und stellten uns die Gesichter der Grenzposten vor, wenn sie den Bus öffnen würden und ihnen der Haufen Kuschelraupen in die Arme fiele – wahrscheinlich würden sie sie aufschlitzen...

An unserer Lieblingsraststätte (mit Kago-Kachelöfenwerbung) trafen wir die Fassas, die uns später auf der Autobahn einholten, und so wurde der entgültige Abschied ein klein wenig herausgezögert. Hach, die Polenrundfahrt!

Wieder in Leipzig gab es den Traditions-Chick-Döner, und mit ihm ging auch meine Saison (wenn man von ein wenig Bahn und Cross absieht) zu Ende.

 

PS: Das offizielle TdP2005-Chick-Lied war übrigens „You’re beautiful“ von James Blunt, und was könnte passender sein... Leb wohl, Kapuzentyp!


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