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Stevens-Cup in Hamburg: Leicht und cross

Text: <font size=1><b><a href="mailto:svenm_alesi@web.de">Sven</a></b></font>; Fotos: <b>cycling4fans</b>



Der Stevens-Cup der Querfeldein-Spezialisten, welche im Fachjargon auch „Crosser“ oder „Schlammwühler“ genannt werden, war zweite Station im so genannten Deutschland-Cup. Jener wurde 2003 ins Leben gerufen, offenbar als Ergebnis einer Reminiszenz des BDR an die große alte Cross-Tradition in Deutschland, schließlich besaßen „wir“ mit Klaus-Peter Thaler und Mike Kluge in den 70er und 80er Jahren äußerst erfolgreiche Athleten, die beide mehrfach den WM-Titel holen konnten. Das war zu Zeiten, als in Deutschland Straßentristesse Überlauf nahm und an jedem Ende eines Didi Thurau gezerrt und gezogen wurde, bis dieser buchstäblich in die Luft flog.



Hamburger Cross-Panorama

Radsport-Deutschland war froh um seine populären und siegverwöhnten Crosser. Da aber auch der Radsport keine Nostalgie-Veranstaltung ist, verließen die zahlreichen Schulterklopfer mit dem Ende der Karriere von Mike Kluge die Schlammbühne. Das kurze Aufflackern des Lichtleins Ralph Berner in den 90er Jahren wirkte hingegen wie ein Glühwürmchen inmitten der Abendsonne.

Erst mit Hanka Kupfernagel und der Weltmeisterschaftsaustragung in Sankt Wendel Anfang des Jahres 2005 ist wieder ein Hauch von Aufschwung in der Crossjunktur zu konstatieren.

Und so ist die Hanka nun das deutsche Aushängeschild, mit dem sich der Deutschland-Cup gut propagieren lässt. Dabei handelt es sich im übrigen um eine allwöchentliche Serie von Cross-Rennen in ganz Deutschland, die mit dem Höhepunkt der deutschen Meisterschaft Anfang Januar 2006 in Hamburg ihr Ende findet. Gerade für den Nachwuchs eine durchaus angemessene Plattform, um sich elitär zu messen, auch wenn die ganz große Konkurrenz aus Italien, Belgien oder den Niederlanden nicht am Start ist.

 



Streckenanalyse

Radsport oder Tragsport? Das ist hier die Frage...

Und wo wir gerade bei Hamburg waren - wir, d.h. Hanna und ich, befinden uns an jenem zweiten Oktoberwochenende auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn, Austragungsort für das „Deutsche Derby“ der Galopper, wen es interessiert. Viel ist nicht los, muss man leidlich zugeben, denn die gähnende Leere auf der großen Tribüne spricht nicht gerade für ein außergewöhnliches Sport-Event...

 

Cross-Rennen implizieren in der Regel knackige Strecken über Stock, Stein und mitten durch den Wald.



Wer sein Rad liebt, der schiebt

Da die Rekultivierung nach Bau der Galopprennbahn hauptsächlich aus grünen Wiesen und grünen Wiesen bestand, musste der Veranstalter Improvisationstalent an den Tag legen: Ein paar wenig furchteinflößende Holzplanken stellten sich den Rennern ebenso in den Weg wie ein erbärmlicher Kieshaufen, dessen Dichte so minimal war, dass sich langsamere Crosser nur mit Müh’ und Not wieder daraus befreien konnten. Richtig bösartig hingegen war die quadratisch praktische Sandbank, deren Flächeninhalt nicht gerade gering war und deren Überwindung auch noch insofern erschwert wurde, als dass der Kurs darauf mit zwei 180-Grad-Kehren künstlich verlängert wurde.



Frauen-Rennen: Hanka! Oder wer sonst?

Betätigung als Sandpflug: Daphny van den Brand

Die Augen der spärlichen Meute richteten sich auf Weltmeisterin Hanka Kupfernagel, die in ihrem Regenbogentrikot ein echter Blickfang war. Ein Blickfang im konventionellen Sinne war aber auch ihre Hauptkontrahentin, die Niederländerin Daphny van den Brand, ihrerseits Ex-Weltmeisterin und Vorträgerin des Regenbogentrikots. Im Gegensatz zu Hanka ein zierliches Persönchen, was nicht nur an den blonden Zöpfen lag. Leicht und cross also - umso erstaunlicher ihre Power in den Beinen, von denen sich so mancher Herr im Nachfolgerennen ein Scheibchen abschneiden hätte können. Sowohl Hanka als auch Daphny fegten wie ein Wüstentornado über die schweren Abschnitte im Treibsand. Zunächst sah alles nach einem deutlichen Sieg der Weltmeisterin aus, die in ihrem typischen Stil bereits nach wenigen Minuten zuckte und der Konkurrenz mit einer ihrer bekannten und gefürchteten Frühattacken den Wind aus den Segeln nehmen wollte.



Die Weltmeisterin in action.

Die Niederländerin ließ sich jedoch nicht verleiten und fuhr zunächst an der Seite von Birgit Hollmann, danach alleine ihr Tempo und rückte somit immer näher an die müde werdende Kupfernagel heran. In die letzte 2,5 Kilometer lange Runde gingen beide Frauen gemeinsam. Im Ziel jedoch war von der Weltmeisterin nichts mehr zu sehen – mit einem großen Vorsprung sicherte sich van den Brand den Sieg. Kupfernagel kam erst gut eine halbe Minute später gemeinsam mit Birgit Hollmann ins Ziel. Es stellte sich heraus, dass Kupfernagel in der Sandpassage gestürzt war und das Vorderrad wechseln musste. So blieb lediglich Rang zwei, dachte man… im Nachhinein wurde die Berlinerin vollends aus dem Rennen genommen, da sie das Rad abseits der regulären Wechselzone austauschte. Im Hinblick auf die Weltmeisterschaft Anfang nächsten Jahres bleibt jedenfalls festzuhalten, dass es keinesfalls ein Selbstläufer für die amtierende Weltmeisterin werden wird.



van den Brand siegt...
... und sieht gut aus.


Männer-Rennen: Stevens! Und sonst niemand!

Jens Schwedler: Cross-Urgestein

Hanna und ich versammelten uns vor den Holzplanken und warteten auf das Männer-Rennen. Als sensationsgeile und blutrünstige Zuschauer lauerten wir natürlich auf spektakuläre Stürze an dieser Stelle und es dauerte nicht lange, da erwischte es Elmar Hantzsch vom Team Heinz von Heiden… fast. Beim Sprungansatz mit geschultertem Rad über die künstlichen Hindernisse hätte es ihn beinahe aus den Schuhen und gegen die Bretter geschmissen, aber irgendwie, ich weiß nicht wie, verhinderte er gerade so den sicher geglaubten Sturz. Kurioserweise passierte dies ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als ich ihm ein paar Grüße von unserer c4f-Svenja zugerufen habe. Ob das jetzt im Zusammenhang mit dem Sturz steht? Ich jedenfalls weise jedwede Schuld von mir.

Beim Rennen selbst spielte er hingegen keine Rolle, im Gegensatz zu der geballten Stevens Racing Team-Macht, die wie eine Heuschreckenplage über die deutschen Crossfelder einfällt. Zum Leidwesen der deutsche Fans spielen die einheimischen Fahrer wie der amtierende Champion Jens Schwedler, der mit seinen 36 Jahren seine letzten Cross-Rennen in Angriff nimmt, oder Malte Urban im Stevens-Team nur die zweite Geige. International gar nur die dritte, aber immerhin im Deutschland-Cup die erste. Na gut – da werden die ausländischen Fahrer auch nicht gewertet, aber jeder hat bekanntlich mal klein angefangen...



Das Stockerl: Heule, van den Bergh, van Gils (v. links)

Dominiert wurde das Galopp-Crossing von einer Vierergruppe um die beiden Schweizer Christian Heule und Simon Zahne sowie die beiden Niederländer Camiel van den Bergh und Wilant van Gils. Allerdings gab es keine nationalen Koalitionen, wie zu vermuten gewesen wäre, da van den Begh und Heule jeweils in einem Team, ja, ihr wisst schon – im Stevens-Team fahren. Schlussendlich setzten sich beide auch durch und verbuchten einen weiteren Doppelsieg für die erfolgsverwöhnte Equipe. Es siegte Camiel van den Bergh vor Heule.

Im Deutschland-Cup geht es weiter mit dem Rennen in Güstrow am 16.10. und während man sich im benachbarten Hamburg-Harburg bereits auf die DM freut, will man auf der Galopprennbahn hoch hinaus. Organisator Werner von Hacht beabsichtigt, in Zukunft ein Weltcup-Rennen nach Hamburg zu holen. Ob ein solches Event auch die große Tribüne füllen wird, bleibt abzuwarten. Letztlich kommt es auf die Promotion an. Ein Versuch wäre es allemal wert, denn Cross gehört definitiv zu den zuschauerfreundlichsten Radwettbewerben.

 


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