Die 'Cofidis'-Affaire sorgte 2004 für großes Aufsehen. Etliche Fahrer gingen ins Netz der Fahnder. Mit dabei Philippe Gaumont, kein ganz unbeschriebenes Blatt, der von einem Teamkollegen beschuldigt wurde, Mittel beschafft zu haben. Philippe legte ein umfassendes Geständnis ab, mit dem er weitere Fahrer belastete und auch den Teamarzt in ein schiefes Licht rückte. Wie glaubhaft war Gaumont? Die Cofidis-Teamchefs bestritten schnell jegliche Verantwortung oder Mitwisserschaft.
Jetzt hat sich Gaumont seine Erfahrungen in einem Buch von der Seele geschrieben bzw. niederschreiben lassen.
Philippe schildert seinen Weg in die Abhängigkeit, in die Normalität des Missbrauchs. Es war ihm immer klar, dass das Dopen auf ihn wartete, lediglich das erste Mal galt es hinauszuzögern: Je später, um so besser war die Kondition, das Talent und damit die Zukunftsaussichten.
Er erzählt die immer gleiche Geschichte, eine Geschichte, die vergleichbar ist mit den Geständnissen von Boyer, Chiotti, Menthéour. Er hebt die Gruppenrituale, die Initiationsriten hervor, die alle, die dazu gehören wollten, erleben 'durften' sowie die Bedeutung der ersten Spritze, eine Cortisonspritze, die ihn zum 'echten Mann' machte. Und als dann endlich 'die Taufe' mit dem Pot belge anlässlich der Hochzeit von Laurent Roux stattgefunden hatte, war er am Ziel seiner Träume angelangt.
Mit penibel angewandtem, wissenschaftlich fundiertem Doping als rein leistungsteigernder Methode hatte das wenig zu tun. Hier bricht eine allgegenwärtige Drogenkultur durch, der sich nur wenige Radsportler entziehen konnten. Die Stimulanzien gehörten zum täglichen Leben. Selbstverständlich wurden sie während des Trainings und der Rennen konsumiert. Nicht offen vor den sportlichen Leitern, doch verborgen blieb diesen natürlich nichts und dagegen sprachen sie sich auch nicht aus. Wenn es denn hilft ... und schließlich war es nie anders. Wenn die Aufputschwirkung zu stark war, gab es eben Beruhigungs- oder Schlafpillen - so wie es für und gegen alles irgendwelche Mittel gibt.
Die Fahrer gingen recht offen miteinander um, auch als die Leistungsanforderungen Mitte der 90er Jahre in der EPO-Hochzeit stiegen und die französischen Fahrer sich langsam den Dopingstandards anderer Nationen anpassen mussten. Sie halfen sich gegenseitig mit Adressen und Anwendungstipps aus. Diese Offenheit verschwand nach der Festina-Affaire.