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Saisonbilanz: Phonak Hearing Systems 2004

Beitrag von Steamboat, 7.2.2005

 

Vor ein paar Tagen begann ich bereits, eine Einleitung für Phonak zu entwerfen. Dass diese Einleitung nach den neuesten Ereignissen keinen Bestand mehr haben würde, damit konnte ich nicht rechnen. Ich war der festen Überzeugung, dass Phonak auch nachträglich die Lizenz zur Pro Tour nicht erhalten würde, aber da habe ich mich gründlich getäuscht.

 

Der Tenor der ersten Version war freilich ein düsterer. Auf Grund der angefallenen Dopingfälle, der daraus resultierenden Verhaltensweisen der Verantwortlichen und der Ablehnung seitens der UCI konnte man keine Zusammenfassung in goldenen Lettern verfassen.

Jetzt scheint sich die Situation geändert zu haben, und dennoch kann man die vielen Vorfälle nicht vergessen, die die unschöne Seite des Radsports prägten. Von daher gibt es meines Erachtens nicht viel zu bejubeln.

 

Das Blatt lässt sich drehen und wenden, wie man will. Man kann das olympische Gold im Zeitfahren anführen, man kann den zweiten Platz bei der Vuelta oder den Sieg bei der Tour de Romandie nennen. Wie man sich es auch besieht, unter dem Strich war Phonak bisher der große Verlierer der Saison, da es im Lizenzierungsverfahren nicht mit der Pro Tour Teilnahme in Folge diverser Dopingfolge bedacht wurde. Es waren nicht nur die erwischten Übeltäter, die zu diesem Schritt der UCI führten, Phonak zweifelte das Testverfahren öffentlich an und wollte sich zunächst von Hamilton und Perez nicht trennen. Bei der Monopolstellung der UCI war das sicherlich kein kluger Schachzug. Mit einem blauen Auge ist man noch einmal davon gekommen.

 

Der Sieg der Tour de Romandie durch Hamilton bleibt dem Schweizer Team erhalten, das Gold des Amerikaners im Zeitfahren wahrscheinlich auch. Perez muss damit rechnen, dass ihm der zweite Platz der Vuelta wieder aberkannt wird. Von den Teambetreuern Freuler und Pino trennte man sich, um den Modergeruch des systematischen Dopings zu vertreiben. Von Camenzind, der des EPO-Dopings überführt wurde, hatte man sich schon vorher getrennt.

 

Sofern eine nüchterne und objektive Rückbetrachtung möglich ist, so sollen die Erfolge des Teams für 2004 doch erwähnt und beleuchtet werden.

 

Phonak wurde 2004 auf die Neuerwerbung von CSC, Tyler Hamilton, in der Hauptsache ausgerichtet. Hamilton bestimmte einige Teile der Transferpolitik. Auf sein Betreiben wurden unter anderem Jalabert (CSC) und Sevilla (Phonak) verpflichtet. Der Amerikaner galt als einer der ernsthaftesten Herausforderer seines ehemaligen Chefs, Lance Armstong, bei der Tour de France.

 

Bei der Tour ereilte ihn aber ein ähnliches Schicksal wie im Jahr zuvor, als er früh in einen Sturz verwickelt wurde. Zwar biss er noch einmal zusammen, aber auf dem berüchtigten Anstieg nach La Mongie gehörte er zu den vielen Fahrern, die endgültig ihre Chancen auf den Gesamtsieg begruben. Auch der Ersatzkapitän, Oscar Sevilla, konnte nicht in die Bresche springen, um die Kastanien aus dem Feuer zu reißen. Hamilton gab letztlich auf.

 

Dafür startete er später bei der Vuelta und gewann auch eine Etappe im Zeitfahren. Allerdings bekam er tags drauf auf dem Weg zum Alto de Aitana eine ordentliche Packung, als er viel Zeit verlor, so dass er keine Chancen mehr auf einen Gesamtsieg besaß. Einige Tage später stellte man bei ihm offensichtlich Blutdoping fest. Sowohl die A- als auch die B-Probe stellte eine Unregelmäßigkeit fest. Die A-Probe bei den olympischen Spielen förderte ebenso Blutdoping zu Tage, allerdings konnte keine B-Probe erstellt werden, weshalb Hamilton die Goldmedaille wohl behalten darf.

 

Bei der Vuelta wurde der Verlust von Hamilton durch Santi Perez aufgefangen. Der Spanier gewann 3 Tagesabschnitte. Die 14. Etappe von Malaga nach Granada schaffte er im Alleingang, das Bergzeitfahren in der Sierra Nevada gewann er ebenso wie das Abschlusszeitfahren in Madrid. Dadurch belegte er in der Rundfahrt überraschend den zweiten Platz. Für viele Beobachter wie auch Fahrer war das die Sensation der Saison schlechthin, war Perez doch bei der TdF überhaupt nicht in Erscheinung getreten und nun bei der Vuelta wie Phoenix aus der Asche gestiegen. Man rechnete nach, dass Perez, wenn er das erste Zeitfahren ambitioniert gefahren wäre, vor Roberto Heras gelandet wäre. Der verhinderte Vuelta-Sieger hatte aber nicht viel Zeit, seinen zweiten Platz zu feiern, da auch bei ihm Blutdoping festgestellt wurde. Phonak muss nun auch damit rechnen, dass die vier genannten Etappensiege und der zweite Platz im Gesamtklassement von Perez aberkannt werden. Ein weiterer Etappensieg von Jose Gutierrez von Alcobendas nach Puerto de Navacerrada behält aber auf alle Fälle seine Gültigkeit.

 

Etappensiege bei GTs konnte Phonak keine weiteren mehr erzielen. Am besten bei der Tour war Pereiro als Zehnter gelandet. Der Slowene Valjevac wurde beim Giro Neunter. Valjavec, Moos und Usov konnten als beste Tagesplatzierungen je 3. Plätze für Phonak einfahren. Bei der Tour zeigte der Franzose Ambitionen mit einem 2. Rang von Carcassonne nach Nimes. Außerdem kamen Gutierrez, Sevilla, Grabsch, Gonzalez und Hamilton beim Mannschaftszeitfahren hinter US Postal am schnellsten im Zielort an.

 

Phonak triumphierte, wie bereits erwähnt, durch Hamilton bei der Tour de Romandie. Der Amerikaner sicherte sich das abschließende Zeitfahren in Lausanne sowie die Punktewertung. Sein Teamkollege Moos war auf der Etappe von Romont nach Morgins erfolgreich. Da das Team gründlich war, ging auch die Mannschaftswertung auf das Konto der Schweizer.

 

Kurz danach folgte ein zweiter Platz im Gesamtklassement bei der Dauphine Libere von Hamilton. Sevilla wurde Dritter - noch vor Armstrong. Es entstand kurzzeitig die Hoffnung, dass man auch bei der Tour den Texaner in seine Schranken weisen kann. Allerdings stellte man fest, dass die Vortour eben nicht die Haupttour ist und somit blieb nichts außer dem Wunsch. Von Bron nach Saint Etienne setzte sich im Rahmen der Dauphine Libere Gutierrez in Szene. Diesen Abschnitt konnte er im Gegensatz zur Punkte- und Bergwertung (jeweils Zweiter) gewinnen.

 

Bei anderen HC-Rundfahrten konnte man nicht mehr auf das Podium steigen. Ohne Etappensieg blieb man bei Paris-Nizza, als Oscar Pereiro sein Potential als Siebter andeutete. Martin Elmiger erreichte bei Tirreno-Adriatico den 11. Platz. Bei der Baskenland-Rundfahrt reichte es für Hamilton nur zum 14. Rang. Besser machte es Oscar Camenzind, der bei der heimischen Tour de Suisse einen 9. Gesamtplatz ansteuerte. Neben dem Sieg in der Teamwertung hatte Phonak weitere Erfolge zu feiern. Niki Aebersold holte die Bergwertung und die Etappe von Frutigen nach Linthal.

 

Siege in Weltcuprennen wurden keine erzielt. Zwar schielte man darauf, dass Hamilton seinen Vorjahreserfolg von Lü-Ba-Lü wiederholen würde. Der Amerikaner kam aber nur auf den 9. Platz. Besser machte es der Schweizer Michael Albasini, der beim heimischen Weltcuprennen Züri-Metzgete einen hervorragenden 5. Platz holte sowie Murn bei Paris-Tour als Achter. Oscar Camenzind konnte auch noch Punkte erzielen. Bei den HEW-Cyclassics reichte es zu Platz 16. Beim Amstel Gold Race überfuhr er als Elfter die Ziellinie. Dort wurde Martin Elmiger 23. Tadej Valjavec kam in San Sebastian auf einen 16. Rang. Um die Weltcuppunkte vollständig zu erwähnen: Der Weißrusse Usov wurde 14, der Slowene Nose schaffte den 25. Platz bei der abschließenden Lombardei-Rundfahrt Besonders die belgischen Frühjahresrennen scheinen dem Team gar nicht zu liegen, da dort keine Punkte geholt wurden. Beim Giro del Lazio reichte es dann für den Italiener Fertonani immerhin zum siebzehnbesten Tagesergebnis.

 

Ein-Tages-Rennen waren nicht unbedingt die Spezialität von Phonak auch wenn Pereiro die Classique des Alpes (1,1) gewinnen konnte. Ferner schloss der slowenische Meister der Straße Murn den heimischen GP Krka (1,3) als Sieger ab. Und möchte man noch die Berner Rundfahrt (1,5) aufzählen, dann muss man auch sagen, dass Usov diese gewonnen hat. Der Weißrusse gewann zudem noch bei der Tour Volta a la Comunidad Valenciana (2,3) eine Etappe. In Vergessenheit gerät auch der Sieg bei einem Tagesabschnitt von Tour du Languedoc-Rousillon (2,1), der ehemaligen Midi Libre, nicht, den Elmiger erzielen konnte. Im fernen China reichte es dann zum Triumph von Fertonani auf einer Etappe der Tour of Qinghai Lake (2,3).

 

Das Gesicht der Mannschaft hat sich für 2005 erheblich verändert. Natürlich sind Hamilton und Perez nicht mehr an Bord. Die Schweizer Camenzind und Zülle haben ihren Rücktritt erklärt. Bei Zülle hatte man damit gerechnet, Camenzind blieb keine andere Wahl. Der endschnelle Weißrusse Usov wurde wie Fertonani, Albasini und Sevilla weggeschickt.

 

Dafür soll 2005 Floyd Landis zeigen, dass man im Trikot von Phonak doch die Tour gewinnen kann. Sicherlich, Landis hat sein Repertoire. Nicht umsonst trug er für ein paar Tage das Leadertrikot bei der Vuelta. Aber er dürfte noch nicht so weit sein, dass er ernsthaft nach den Sternen greifen kann. Im Tausch mit Sevilla kam Botero von T-Mobile. Dort konnte der Kolumbianer nicht überzeugen, vielleicht kann er 2005 bei Phonak wieder zu alter Stärke finden. Außerdem wurde ein weiterer starker Spanier zu den Eidgenossen gelockt. Perdiguero darf seine Fähigkeiten nun bei Phonak zeigen. Der Südafrikaner Hunter und der Kolumbianer Pena kommen ebenso. Weiterhin wurde die Schweizer Phalanx im Team durch die Verpflichtungen von Clerc (Quick Step) und Zampieri (Vini Caldirola) verstärkt. Hingegen wollte der Prologsieger der Tour, Cancellara, nicht dem Werben von Phonak erliegen und bleibt bei Fassa Bortolo. --> Team 2005

 

Einen Ausblick kann man für das Team kaum wagen. Sicherlich dürfte es durch die monatelange Ungewissheit sich in sich zusammengeschweißt haben. Aber es steht natürlich unter Beobachtung. Sollte das Team zu sehr spektakulären Erfolgen kommen, wird das Misstrauen zunehmen. Für das Team wird es daher wichtig sein, dass sie den Verdacht des systematischen Dopings abstoßen kann. Sollte jedoch ein neuerlicher Fall bei Phonak, wird dieser recht sicher der Todesstoss für das Team sein.



Anmerkung zum Kommentar oder zur Saison von Phonak:


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