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Passo dello Stelvio / Stilfser Joch

von Blaireau



Blaireau hat zusammen mit seiner Beatrix das Stilfserjoch vor gut 10 Jahren befahren und zwar im Laufe einer alpinen Fernfahrt Zürich-Wien. Die damalige Tagesetappe führte von Santa-Maria nach Meran und entsprechend wurde das Stilfserjoch ohne Spompernadeln über den Umbrail erklettert.

 

Mitten aus dem Ort Santa-Maria (eine kleine Nusstorte, Spezialität des Münstertals und des Unterengadins sei als kulinarischer Leckerbissen und eine Art mittelalterlicher Powerbar zur Wegzehr empfohlen) steigt die Umbrailstraße sofort an. Nach ein paar hundert Metern verschwindet sie in einem dichten Lärchenwald. Nach wenigen Kilometern und Haarnadelkehren gibt einen der Wald wieder frei, und in einem veritablen Hochgebirgseinschnitt schlängelt sich eine feste, gut befahrbare Schotterpiste der Passhöhe entgegen. Nach zwei, drei lohnenden Blicken zurück in die Gipfel über dem Münstertal und über die letzten paar, wieder asphaltierten Kilometer erreicht man die Passhöhe (ca. 2.500 m) des Umbrail. Radfahren oberhalb von 2.000 m/üM hat - und die Gelegenheiten sind selten genug - immer einen Touch von Alpinismus, und hier am Umbrail herrscht die entsprechende, fast schon nordische Einsamkeit. Auf dem 13 km Anstieg sind uns vielleicht eine Handvoll Leute begegnet.

 

Von den italienischen Zöllnern durchgewunken gelangt man nach einer kurzen Schussfahrt auf die veltlinseitige Strasse des Stelvio. Ein Blick nach links und nur noch ca. 300 Höhenmeter trennen einen von diesem Monument der Passstraßen. Der nach dem Col de l´Iseran zweithöchste aller alpinen Passübergänge (die "Cime" de la Bonette ist - wie der Name andeutet - ohne straßentechnische Notwendigkeit künstlich etwas höhergeführt) liegt einen Katzensprung vor dem Lenker, das Kurbeln fällt auf der mäßigen Steigung auf einmal bemerkenswert leicht, und entpannt lächelnd winkt man den Carpassagieren auf den letzten Kehren zum Stilfserjoch zu.

 

Und dann ist man oben auf diesem Rummelplatz, der "Passo dello Stelvio" heißt. Ein Gewusel von Skifahrern, Alpinisten, Motorradfahrern, Velotretern, Mountainbikern und Autotouristen empfängt einen. Dahinter haben geschäftstüchtige Südtiroler eine ganze Kette von Souvenir- und Devotionalienständen am Straßenrand aufgestellt. Schnell ein Kleber oder eine Anstecknadel erstanden und mit Flucht, Flucht, Flucht in eine majestätische, nicht enden wollende Abfahrt hinab stürzt man sich gegenüber dem eindrücklich vergletscherten Ortler in die Tiefe. Mit einem Halt in einer Kehre hier und auf einer Aussichtsbank da kann man im betörenden Geruch von Fichtennadeln den Genuss dieses Countdowns (die Kehren sind bekanntlich numeriert) auf dieser gigantischen "Treppe" gebührend in die Länge ziehen, bevor man viele Kilometer später vor Spondinig in die Ebene und Sommerhitze des Vinschgaus entlassen wird.

 

So erschlägt man genussreich und mit verhältnismäßig wenig Aufwand zwei "dicke alpine Fliegen" mit einer Klappe und kann - wie das legendäre Schneiderlein - bei Bedarf hemmungslos renommieren. Eine bescheiden abwinkende, durchaus ehrlich gemeinte Handbewegung "Ach, das war doch nichts" hilft auch nicht. So oder so - wer das Stilfserjoch beradelt hat, ist für Otto-Normalradfahrer in den velozipeden Olymp aufgestiegen."


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