Beitrag von Steamboat, 30. Januar 2005
Am Jahresanfang 2004 schien noch alles in bester Ordnung für Cofidis zu sein. In den eigenen Reihen befanden sich zwei Weltmeistertrikots, die Millar beim Zeitfahren und der spanische Neuzugang Astarloa beim Straßenrennen im kanadischen Hamilton errungen hatten. Die Vorzeichen für die Saison konnten optimaler doch eigentlich gar nicht sein. Siege bei Weltcuprennen und Etappenerfolge bei Rundfahrten rückten in den Fokus.
Am Jahresende befand sich kein Weltmeister mehr im Team, auch die beiden ehemaligen Träger gehörten nicht mehr zur Cofidis-Equipe. Freilich nicht aus den gleichen Gründen. Von einem trennte sich Cofidis umgehend, dem anderen wollten sie keine Steine in den Weg legen, die dieser nicht zu verantworten hatte. Und auch wenn ein schwarzer Schatten auf der Saison von Cofidis liegt, es gelang dem Team selbst, Licht ins Dunkel zu bringen und sich konsequent dem Ungemach entgegen zu stellen.
David Millar, zu Saisonbeginn angetreten, um alles im Zeitfahren zu gewinnen, was sich ihm in den Weg stellt, musste zugeben, dass sich einige seiner Erfolge in der Vergangenheit nur ergaben, weil er selbst unerlaubte Mittelchen verwendete. Er wurde daraufhin vom Team entlassen und seine Weltmeisterehren wurden ihm aberkannt. Millar blieb allerdings nicht der einzige Dopingsünder. Zuvor wurde auch Gaumont überführt, der umgehend seine Karriere beendete, und auch der Italiener Lelli musste Dopingmissbrauch eingestehen. Zudem verließ auch Clain das Team. Außerdem wurde dieser Skandal so sorgfältig aufgearbeitet, dass Teammanager Alain Bondue Cofidis verlassen musste und auch ehemalige Fahrer von dem Verfahren erfasst worden.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, ob das Team vom systematischen Doping dominiert wird, wurde der Rennbetrieb im Frühjahr für ein paar Wochen eingestellt. Folglich konnte z.B. der ambitionierte Astarloa bei Weltcuprennen nicht starten, für die er eigens verpflicht wurde. So wurde ihm die Freigabe erteilt, damit er sein Vorhaben dennoch umsetzen konnte (mit mäßigem Erfolg allerdings). Von den Vorwürfen der Manipulationen mit Dopingmittel war auch mindestens noch ein Fahrer betroffen. Allerdings konnte sich der betroffene Vasseur freischwimmen. Dennoch verwehrten ihm die Tour de France-Organisatoren später die Teilnahme an der Grand boucle.
Auch wenn das Team durch diese Affäre arg gebeutelt schien, erholte es sich schnell von dem Schlag. Trotz des massiven Eingriffs in die Teamstruktur konnte sich dennoch eine neue Ordnung in der Mannschaft entwickeln, der einige Früchte trug. So lässt sich letztlich dennoch von einer erfolgreichen Saison sprechen.
Den größten Saisonerfolg sicherte sich hierbei der australische Neuzugang Stuart O´Grady, der zu Beginn der Saison von Crédit Agricole kam. Ihm gelang etwas unerwartet der Erfolg bei den HEW-Cyclassics, als er sich gegen Bettini und Rebellin durchsetzen konnte. Mit einem solchen Sieg konnte man von ihm nicht unbedingt rechnen, da er im Vergleich zu den anderen Sprintern in den letzten Jahren eher etwas abgebaut hatte. Das führte zwar dazu, dass er dennoch bei Etappen weiter vorne landete, im direkten Sprint aber gegen Petacchi, Mc Ewen, Freire & Co eher den kürzeren zog. In Hamburg kam allerdings eine größere Gruppe an, bei denen aber die ganz starken Sprinter fehlten bzw. Hondo hatte sich in der entscheidenden Rennphase in den Dienst seines Kapitäns Rebellin gestellt. Dennoch ein schöner Sieg für den Australier.
Außerdem feierte der Australier bei den olympischen Spielen eine Goldmedaille, die er auf der Bahn gewann. Aber auch bei der Tour de France sicherte er sich im Trikot von Cofidis eine Etappe. Zusammen mit Casar, Voeckler, Backstedt und Piil Sorm war er auf der Etappe von Amiens nach Chartres ausgebrochen und konnte den Sprint (mit der Hilfe seines ehemaligen Teamkameraden Backstedt) siegreich abschließen. Im Rahmen der TdF stellte er seinen neuen Arbeitgeber mit je einem 2. und 3. Etappenplatz zufrieden. In der für ihn bedeutsamen Punktewertung reichte es zum 4. Platz.
Ebenfalls einen Sieg bei einem Abschnitt der Großen Schleife konnte sein Teamkamerad David Moncoutie feiern. Er war zusammen mit den Spaniern Flecha und Martinez geflüchtet. Kurz vor dem in Figeac, der Start war in Saint Flour, entkam er seinen beiden Widersachern und freute sich über die Siegerzeremonie. Als bester seines Teams landete er in der Gesamtwertung auf einem allerdings etwas enttäuschenden 34. Platz. Eine Sonderwertung – nämlich die roter Laterne – ging auch an einen Cofidis-Fahrer. Casper wurde im Gesamtklassement Letzter.
Bei der Vuelta schnitt dann Teamkollege Luis Perez als Neunter besser ab. Tagessiege gab es aber keine zu verzeichnen. O´Grady wurde je zweimal Zweiter und Dritter bei Etappenankünften. Zudem bot er Erik Zabel lange Zeit Paroli im Kampf um die Punktwertung.
Der Australier, der bei der Straßenweltmeisterschaft den vierten Platz belegte, feierte zudem zwei Etappensiege im Rahmen der Dauphine Libere und den Sieg in der Punktewertung. Der Etappensieg bei der Post Denmark Tour (2,2) soll ebenso erwähnt werden. Einen weiteren Sieg bei einem Ein-Tages-Rennen verzeichnet er auch noch, den GP Viller Cotterets (1,3) gewann er. Bei den Klassikern kam er bei Mailand-San Remo als Dritter aufs Podium und immerhin wurde er bei Paris-Tours Fünfter. Zusammen waren das 186 Punkte. Da er aber nicht bei sechs Weltcuprennen startete taucht er in der Gesamtwertung des Weltcups nicht auf.
Auch andere Fahrer strichen bei Weltcuprennen Punkte ein. Zunächst sei ihr der hervorragende 4. Platz von Fofonov aus Kasachstan bei Züri-Metzgete erwähnt. Vasseur wurde 17. bei der Lombardei-Rundfahrt. Moncoutie kam auf den 19. Platz in Zürich und White wurde für seine Helferdienste in Hamburg mit einem Punkt als 25. belohnt. In der Gesamtwertung des Weltcups schlägt natürlich zu Buche, dass Cofidis bei Paris-Roubaix, beim Amstel Gold Race und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nicht an den Start gingen. Allerdings gab es noch Achtungserfolge durch den 5. Platz von Casper bei Gent-Wevelgem und durch den 3. Platz von Trentin beim GO Ouest-Plouay.
Wie erwähnt startete Cofidis erfolgreich bei der Dauphine Libere. Hier erreichte zudem David Moncoutie einen 11. Gesamtplatz. Zu einem vierten Rang reichte es in der Endabrechnung für Igor Astarloa (O´Grady wurde Fünfter), als er zu Saisonbeginn bei Tirreno-Adriatico startete. Allerdings gab es dort keine Tagessiege zu bejubeln.
Bei der Katalonienrundfahrt wollte auch der Spanier Atienza zeigen, dass er ambitioniert ist. Er erreichte insgesamt einen 10. Platz. Tagessiege waren aber Fehlanzeige ebenso wie Erfolge in den Sonderwertungen, die ja Perdiguero abräumte. Ebenso wenig wurden Etappensiege bei der Baskenland-Rundfahrt und bei Paris-Nizza gefeiert. Atienza wurde dabei in Spanien 22., während Fofonov bei der heimischen HC-Rundfahrt nur einen 33. Gesamtplatz belegte. Insbesondere das schlechte Abschneiden bei dem Rennen zur Sonne muss als eine Enttäuschung gewertet werden. Darüber tröstet auch der 3. Platz in der Bergwertung von Moncoutie nicht hinweg.
Cofidis zeichnete sich bei Rundfahrten meist durch Tageserfolge aus, Gesamtsiege waren rar gesät. Ausgerechnet Casper, eher für eine hohe Endschnelligkeit bekannt, sicherte dem Team den einzigen Sieg bei einer Rundfahrt. Die Circuit Franco-Belge (2,3) ging auf sein Konto, wo er auch noch eine Etappe gewann. Weitere Tagessiege feierte er im Rahmen der Tour de Picardie (2,2), bei „4 Tage von Dünkirchen“ (2,1) und bei der Post Denmark Tour. Dort gewann auch der Este Tombak eine Etappe für Cofidis. Casper konnte noch einen weiteren Sieg einfahren, als er die Kampioenschap van Vlaanderen (1,3) gewann.
Ebenfalls ein Ein-Tages-Rennen sicherte sich Bessy, der beim GP Lugano (1,3) zuschlug. Da wollte dann Vasseur, nach den Negativschlagzeilen, die er ungewollt produzierte, nicht nachstehen und fügte zwei Etappenerfolge dem Team zu. Einen gab es bei der Tour du Limousin (2,3), den anderen bei der Tour de l´Ain (2,3). Zu guter Letzt gab es 2004 einen Neuseeländer im Team, der eine Etappe bei der Tour de la Region Wallone (2,3) holte. Ferner steuerte er einen Tageserfolg bei der Tour of Southland (2,5) bei.
Die Saison muss nach den Entwicklungen im Frühjahr doch noch als erfolgreich eingestuft werden. Trotz des Wirbels und der tumultartigen Einschnitte fand sich das Team schnell wieder und schaffte als Team in der Endplatzierung noch einen neunten Rang. Maßgeblichen Anteil hieran trug Stuart O´Grady. Er schlüpfte in eine Rolle, die ihm nicht unbedingt zugetraut werden konnte. Im Rahmen seiner Möglichkeiten blieb Moncoutie, der erneut nachwies, kein Mann für das Gesamtklassement der Tour zu sein. Casper wusste zu gefallen. Fahrer wie Perez und Trentin haben nicht ganz das Potential abgerufen, dass man ihnen eigentlich zutraute. Von Enttäuschungen im Team kann man eigentlich weniger sprechen. Niemand enttäuschte so sehr wie David Millar und die anderen Dopingsünder.
Für 2005 wurde der Kader aufgefüllt, um für eine anstrengende Saison mit drei Rundfahrten gewappnet zu sein. Besonders die Neuverpflichtungen von Sylvain Chavanel und Leonardo Bertagnolli wecken Hoffnungen auf größere Erfolge. Chavanel wird möglicherweise der Kapitän für die Tour sein. Meines Erachtens wird er nicht in der Lage sein, unter die Top Ten zu kommen, allerdings bringt er Potential mit, dass ihm Erfolge bei kleinen Rundfahrten bescheren kann. Bertagnolli soll Kapitän für den Giro sein. Man darf schon gespannt sein, wie er sich nun als verantwortlicher Mann seiner Rolle stellt. Bei der Vuelta wäre Perez als Kapitän denkbar. --> Team 2005
Dem Team von Cofidis muss man alles Gute wünschen. Es ist zu hoffen, dass der Dopingsumpf wahrlich freigelegt wurde. Denn Meldungen von Siegen sind besser als die aus dem Labor.