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Der Col du Tourmalet

ein Bericht von Maniroller (Teil 1)



Der Tourmalet wird 100

Aus La Mongie tönt ein kakophonischer Männerchor herauf, auf der Passhöhe grölen die Franzosen, vom Hang nebenan erschallt die gemischte englischsprachige Gemeinde. Die Gipfelbar ist wie eigentlich die gesamte Alm fest in baskischer Hand. Und natürlich geben auch die Basken ihre Lieder zum Besten. 6° Celsius und eiskalter Wind, dazu eine ungesunde Schräglage. Unter uns nerven ewig die Generatoren. Das Zelt ist schon beim Aufbau beinahe weggeflogen, der Versuch, die Firststange mit einem Schraubenschlüssel und Gaffa-Tape zu schienen, ist misslungen. Der Kocher funktioniert: NICHT. Meine Freundin macht sich Sorgen, elendig zu verhungern. Wo sind wir da nur wieder reingeschliddert?



 

Südfrankreich am Sonntag, dem 20.7.2003

 

Für 6 Tage haben wir unseren Lebensmittelpunkt in die Nähe von Toulouse verlegt. 6 Tage mit 6 Tour-Etappen im Umkreis von gut 180 Kilometern...

Rechtzeitig zum Beginn der Fernsehübertragung der 6-Pässe-Etappe von St.Girons nach Loudenvielle ist das Auto für die Fahrt in die Pyrenäen gepackt. Wir verfolgen die Bildung der Spitzengruppe, deren Vorsprung kurz nach der ersten Sprintwertung stabil zu sein scheint. High Noon, ab ins Auto, auf zum Tourmalet!

 

Wir (ver-)fahren nach unserer bereits bewährten Strategie und bezwingenden Berg gegen die Fahrtrichtung der Tour, um von der Passhöhe herunterkommend den erstbesten und am höchsten gelegenen Punkt, auf den das Auto und das Zelt passen, in Beschlag nehmen zu können. So landen wir an einem wohlbekannten Ort ca. 100 Meter von unserem letzten Standort bei der Tour `99 entfernt, knapp 70 Höhenmeter unterhalb der Passhöhe, gut 800 Meter vor der Bergwertung.



Die Ruhe...
...vor dem Sturm!


Die Bergbewohner kommen

Auf dem Berg ist es so windig, dass es fast aussichtslos erscheint, unser angeschlagenes Zelt aufzubauen. Also heisst es: abspannen, abspannen und nochmal abspannen. Zusätzlich sichern wir Innen- und Aussenzelt an einem Felsbrocken, damit es nicht komplett wegfliegen kann.

 

Im Laufe des Nachmittags und des frühen Abends erscheinen die Bewohner des Berges, um mal nach dem Rechten zu sehen: zuerst die Esel, dann die Pferde. Die Kühe und Schafe halten sich dieses Jahr erstaunlicherweise zurück.



Gegen 18 h beginnt das uns bereits bekannte Naturschauspiel: Aus Richtung La Mongie ziehen vom Tal her Wolkenfetzen den Berg herauf, überwältigende Bergsicht und undurchschaubarer Nebel wechseln im Minutentakt. Bei blauem Himmel ist es ein herrlich warmer Sommerabend, Sekunden später fühlt es sich an wie ein Nordischer Winter. Dazu ist es immer noch tierisch windig...

Der Berg in Wolkenschwaden


Der Weg zur "Toilette" - wegen der dünnen Luft und der Tatsache, dass es nur bergauf geht, sowieso schon beschwerlich genug - wird tückisch: Bei klarem Himmel gestartet, fällt die Orientierung auf dem Rückweg im Nebel schwer.

Unterwegs begegne ich den ersten besonders besoffenen baskischen Bergbesuchern, denen die Orientierungslosigkeit allerdings großen Spass zu machen scheint: sie lassen sich den Berg einfach runterrollen - in irgend einem Zelt werden sie schon landen!



Der Abend bricht an...
...und der Nebel zieht auf


Punkt 20h: Wir haben den Startschuss fürs Abendessen nicht gehört, aber ringsum werden Grills und Kocher angeworfen, Flaschen geöffnet. Nur unser Kocher funktioniert nicht - beim Anschliessen der Flasche hören wir trotz des Windes wieder diese merkwürdigen Zischgeräusche. Also bleibt bei uns die Küche kalt.

 

Mit einbrechender Dunkelheit erstrahlt der Hang im Licht unzähliger Lampen und Feuer - die durchziehenden Wolken verleihen jedem Licht eine sich ständig verändernde Aura. Dazu setzen die ersten Gesänge ein - nun wird es endgültig mystisch am Tourmalet.



Die ersten Lagerfeuer werden entzündet...
...und es wird Nacht


Gegen 23 h muss meine Freundin aus Kältegründen dringend eingesackt werden und verschwindet im Zelt.

Und so sitze ich unter einem nie gesehenen Sternenhimmel mit einer unglaublichen Tiefe - als schwebte irgendwo über mir eine gigantisch grosse, funkelnde, dunkelblaue Blubberkugel, an deren Rändern mit riesengrossen Blitzgeräten Unmengen von Fotos gemacht werden. Eine riesige Musicbox unterhält mich in dieser gewaltigen Open-Air-Arena - Chorgesänge in Wolkenschwaden. Von den angekündigten Gewittern bleiben wir in dieser Nacht auf dem Tourmalet verschont.

 

 

HIER geht´s weiter zum nächsten Tag - dem Tag des Rennens...


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